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85. Jahr-«-.

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Dienstag, den 31. Mai 1910.

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Tsaesnenirkeites.

* Calw 31. Mai. Die Erbauung des städtischen Elektrizitätswerkes kann in Bälde erfolgen. Der elektrische Teil ist an die Firma Siemens Schuckert Werke in Nürnberg um 75 006 ^vergeben worden; in dem Preis find die Kosten der Installation inbegriffen. Außer Siemens Schuckert hatten noch Offerten eingereicht die Felten Guilleaume Lahmayer Werke mit einem Ausführungsangebot von rund 83 000 ^ und die Eßlinger Maschinenfabrik mit rund 76000 Schuckert Werke stellten das billigste Offert und die günstigsten Zahlungsbedingungen. Die inländische Industrie mußte somit leider unterliegen. Die Turbine liefert Voith in Heidenheim um rund 13 500 den Dieselmotor die Maschinenfabrik Augsburg um 19 375 ^ und die Zentralpumpe die Gebrüder Sulzer in Ludwig-Hafen um 1755 Das Elektrizitäts- gebäude selbst kommt auf die Insel zwischen dem Kanal und der Nagold zu stehen und sind die Pläne von Stadtbaumeister Hohnecker ent­worfen. Der Sachverständige für Denkmalpflege und Heimatschutz Architekt Prof. Schuster in Karlsruhe wurde zur Begutachtung der Pläne herbeigezogen, damit das neue Gebäude sich der Umgebung anpaßt und den Forderungen des Heimatschutzes gerecht wird.

* Calw 31. Mai. Die Blütezeit der Obst bäume ist fast vollständig vorbei und es lasten sich die Obstaussichten in unserem Bezirk übersehen. Das heurige Jahr wird, wenn keine besonderen Ereignisse hindernd eintreten, ein gutes Obstjahr werden. Die Apfelbäume, die im Ertrag den Hauptausschlag geben, stehen größtenteils voll mit Früchten. Dies gilt besonders von den Sorten, die nicht zu früh und nicht zu spät

blühen. Diese Bäume kamen mit ihrer Blüte in eine anhaltend trockene und warme Witterung und konnten rasch abblühen. Dagegen haben die Frühsorten unter der naßkalten Witterung gelitten und die Früchte sind größtenteils ab­gefallen. Das Gleiche gilt auch von den Birnen. Frühe Sorten haben im Freien wenig Frucht­ansatz; nur an den Spalierbäumen ist es hie und da bester; dagegen haben Spätbirnen, namentlich die Bratbirnen auf der Waldseite günstig verblüht und sehr reichen Fruchtansatz. Zwetschgen wird es in manchen Lagen nicht viel geben, auch diese Bäume, die ziemlich bald blühen, haben eine schlechte Blütezeit gehabt. In höheren Lagen und in geschützten Tälern findet man aber viele Früchte. Pfirsiche und Aprikosen haben ebenfalls notgelitten und werden keinen großen Ertrag bringen. Diese Ernte ist aber bei uns nicht ausschlaggebend und man kann den Ausfall leicht verschmerzen im Hinblick darauf, daß wir einem reichen Obstjahr entgegen sehen dürfen und daß voraussichtlich große Einnahmen aus dem Obstbau der Landwirtschaft zufließen werden. Es wird das aste Bauernwort wahr werden: Das Geld muß aus dem Holz kommen.

-n. Liebenzell 30. Mai. Der Be­zirksfischereiverein Calw mit dem Sitz in Liebenzell hielt gestern Nachmittag 2 Uhr seine jährl. Generalversammlung dem Turnus gemäß bei Mitglied Kuom, Hotel Waldhorn in Calw, ab, welche von 41 (Vorjahr 40) Mitgliedern, sowie von unserem Landtagsabgeordneten, Herrn Verwaltungsaktuar Staudenmeyer in Calw, be­sucht war. Zunächst begrüßte der Vorsitzende, Badbesitzer Deker von hier, die Erschienenen und gedachte der großen Verluste des Vereins infolge Ablebens des Ehrenvorsitzende», Regie­rungsrat Völter in Calw, der Ausschußmitglieder,

Schultheiß Scholl, Unterreichenbach und David Haisch, Liebenzell, sowie der weiteren Mitglieder Beeri, Hirsau und Braun, Teinachtal. Zum ehrenden Andenken an die Verstorbenen erhoben sich die Anwesenden von ihren Sitzen. Sodann erstattete der VereinSsekretär den üblichen Ge­schäfts- und Kassenbericht des abgelaufenen Rech­nungsjahrs. Aus demselben ist hervorzuheben, daß die Mitgliederzahl 113 (Vorjahr 114) be­trägt, und das Vereinsvermögen von 3,000 auf 3,236 ^ angewachsen ist. Die Ausgaben be­trugen 1503 °/E, die Einnahmen 1449 somit Mehrausgabe 54 herrührend von Zuvielan­lage bei der Bank. An Fischeinsatz wurde ge­leistet : vom Verein in verschiedene Strecken der Nagold 480 Stück Regenbogenforellenjährlinge und 1900 Stück einsömmerige Bachforellen; von den Betriebsleitern in die Teinach Bachforellen 800 Halbjährlinge und 1300 Jährlinge, in den Schweinbach und Kollbach je 10,000 Stück Bach­forellenbrut, in die Nagold Markung Dennjächt und Reichenbach 3000 Aschen- und 5000 Stück Bachforellenbrut. Der vom Ausschuß gefertigte Voranschlag pro 1910 wurde genehmigt. De» Weiteren berichtet der Vorsitzende über die Ver­handlungen des Landesfischereitag» in Gaildorf vom Vorjahr. Der Vorsitzende und Sekretär des Vereins werden als Delegierte zum Landes­fischereitag, welcher am 19. Juni ds. Js. in Ravensburg stattfindet, aufgestellt. Vereinsmit­glieder, welche ebenfalls diesem Fischereitag an­wohnen, erhalten einen Beitrag hiezu aus der Vereinskaffe. Als Ort der nächsten General­versammlung wurde Teinach bestimmt. Um künftig zu bewerkstelligen, daß zu dem alljährlichen Fisch­essen Nagoldfische credenzt werden können, wurde angeregt, ob nicht künftig die Generalversammlung im Februar oder März und ohne Fischessen ab-

Der Bilwitzschneider.

Erzählung von Jos. Baierlein.

(Fortsetzung.)

Viertes Kapitel.

Die Mägde sollen abtischen und 's Gebet nach dem Esten könnt ihr für diesmal draußen in der Küchel verrichten," befahl der Bauer endlich nach einer peinlich langen Pause. Das ließen sich die Dienstboten nicht zweimal sagen. Sie merkten, daß ein schweres häusliches Gewitter am Ehehimmel ihrer Herrschaft stand und waren froh, ihm aus dem Wege gehen zu können. Im Nu räumten sie die Eßgeräte vom Tische und dann zogen sie sich in die Küche zurück. Der Bauer und die Bäuerin befanden sich allein in der Stube.

Was für ein Geist ist heut in dich gefahren, Weib?" begann der Rodershofer mit tiefer grollender Stimme.

Verzeih Lorenz", antwortete die Frau, indem sie die in Tränen schwimmenden Augen zu ihrem Mann emporhob;aber ich kunnt' nicht anders." Der Bauer brach in ein grimmiges Lachen aus.

Eine nette Ausred'!" polterte er.Du kannst also nichts anderes, als die Gäst vertreiben, die ich in meinen Hof einlad'? Kannst ihnen nur trutzige Gesichter machen und Augen anwerfen, als ob d' den Teufel im Leib hättest? Kruzineserelement! Und z'letzt rührst auch noch die blanke Wassersuppen auf, wirfst damit dem Steinerfritz die harten Täg vor, die er bei seinem Vater hat durchmachen müssen? Du hast es g'rad nötig, anderen Leuten ihr d'ehmalige Armut ums Maul schmieren! Für dich paßt das ja ausgezeichnet!"

Es lag ein beleidigender blutiger Hohn in den letzten Worten des Bauern, und daß er von der Frau verstanden und empfunden wurde,

bewies ein schmerzliches Zucken ihres Mundes. Gleichwohl reagierte sie nicht darauf, sondern sagte nur demütig:Ich weiß, daß ich gefehlt Hab' Lorenz, und wollt selber, die G'schicht war nicht passiert. Aber schau! Wie der Steinerfritz g'meint hat, er müßt für mich ein gute» Wort ein- legen bei dir und mich entschuldigen, da ist mir halt das Radl laufend worden.') Das Hab ich nicht vertragen und mich nimmer halten können, und drum Hab ich in der Röschens auch ein unüberlegt'» Wörtl gesagt. An allem ist der Steinerfritz schuld. Glaub mir nur, Lorenz, ich kenn' ihn bester als du, den falschen, scheinheiligen Menschen."

Da hört sich doch alle Gemütlichkeit auf!" rief Roder, den die Erklärung seine« Weibes nicht besänftigt, sondern nur mehr in Harnisch gebracht hatten.Jetzt schimpfierst du den Steinerfritz auch noch hinter seinem Rucken? Du heißt ihn falsch und scheinheilig! Und doch hat er selber mir g'sagt, weshalb du ihn nicht leiden kannst und weshalb du ihn mit deinem Haß verfolgst schon lange Jahre her." Ich sag dir nur eines: das sind Dummheiten, dumme Mucken hast dir in den Kopf g'setzt, die ich dir aus dem Kopf treiben will, wie ich'S dem Steinerfritz versprochen habe. Er ist der Vorgesetzte von meinem lieben Buben, von meinem lieben Franz, und drum darf die G'schicht nicht so bleiben, wie sie ist, sie muß wieder gut gemacht werden! Es handelt sich nur ums wie?" Der Rodershofer hielt einen Augenblick inne mit seiner Straf­predigt; er wartete auf eine Erwiderung seiner Frau. Doch da diese schwieg, fuhr er fort:Du hast diese böse Suppe eingebrockt und mußt sie auch auseffen. Verstanden?" Die Bäuerin schwieg noch immer. Die Mitteilung ihres Mannes, daß der Unteroffizier ihm den Grund entdeckt habe, weshalb sie besten Anwesenheit auf dem RoderShof wie eine schwere

') Soviel wie:ich habe die Besinnung verloren", oderdas Blut ist mir zu Kopfe gestiegen."

2) In der raschen Hitze.