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regierungSaffeffor Dr. Spitz nagel bei dem Katholischen Kirchenrat je eine Ratsstelle.
Stuttgart 12. Mai. Ueber Graf Zeppelin und das preußische Kriegs- winisterium berichteten die Blätter aus Berlin folgendes: Graf Zeppelin gab in dem Gespräch zu, daß das Verhältnis zwischen ihm und dem Kriegsministerium andauernd frostig sei. Es seien ihm sogar Schwierigkeiten gemacht worden, bis er eine Audienz beim Kriegt minister v. Heeringen durchgesetzt habe. Sehr ausgefallen sei ihm auch, daß Reichskanzler v. Bethmann- Hollweg bei einem Essen, bei dem er letzthin mit diesem zusammentraf, mit keinem Worte des Weilburger Unfalles Erwähnung getan habe, geschweige denn ihm seine Anteilnahme ausgesprochen habe. Er habe allen Grund, zu befürchten, daß nunmehr auch der Kaiser von dieser gegen ihn und sein Werk gerichteten Strömung im Kriegsministerium beeinflußt werde. Auch habe man auf sein Ansuchen von einer Interpellation über das Weilburger Unglück im Reichstag abgesehen, weil er angenommen habe, daß man gegen sein System aus dieser traurigen Angelegenheit Kapital schlagen wolle. Sollten ihm weitere Schwierigkeiten bereitet werden, so würde er sich doch schließlich gezwungen sehen, einen Appell an den Reichstag zu richten. Vielleicht würde dann der Verhandlungstag im Reichstag ein schwarzer Tag für die Militärverwaltung werden. Denn es sei gar nicht zu leugnen, daß bei der Landung in Weilburg ganz grobe Verstöße gegen die von ihm selbst gegebenen Vorschriften bei Landungen der2-Schiffe vorgekommen seien. Der Landungsplatz war vor allen Dingen nicht richtig gewählt, des weiteren war die Verankerung durchaus nickt in der von ihm angewendeten Weise erfolgt, nämlich derart, daß die Spitze des Luftschiffes hart am Boden lag und das Verankerungsseil fich andauernd angespannt befand, daß weiter das Hinterteil des Ballons in die Windrichtung eingeschwenkt war. Ein grober Verstoß liege auch darin, daß man die Gondel unbemannt gelassen habe. Wäre das Schiffspersonal nach der Vorschrift an seinem Platz gewesen so hätte man nur den Motor an- laufen zu lassen brauchen, und das Luftschiff wäre nie und nimmer zerstört worden. Unverständlich sei ihm auch der Umstand, daß man in Homburg die erprobten Führer aussteigen und mit der Bahn weiterfehren ließ, nur um aus Gefälligkeit anderen Offizieren eine Fahrt in einem ^-Kreuzer zu ermöglichen. Jetzt scheine man ihm und seinem System vom Kriegsministerium den Weilburger Unfall in die Schuhe schieben zu wollen. Geschehe das, so werde er sich zu rechtfertigen wissen. Die Abgeordneten und die sonstigen Gäste des Prinzen Schönaich- Carolath waren davon überzeugt, daß gewisse Gegensätze zwischen dem Grafen Zeppelin und dem Kriegsministerium beständen, die zu beseitigen nur im Interesse der Zukunft der Deutschen Luftschiffahrt liegen können. Die Herren ließen über diese ihre Auffassung auch gar keinen Zweifel bestehen.
Stuttgart 12. Mai. Der König wird fich, wie der Schwäbische Merkur meldet, am Dienstag abend zu einem etwa achttägigen Aufenthalt nach Carlsruhe in Schlesien begeben.
Stuttgart 12. Mai. (Schwurgericht.) Die ledigen 25 Jahre alten Taglöhner Karl Wurst und Jakob Welte von Münchingen waren heute der Eisenbahntransport- gefährdung angeklagt. In der Betrunkenheit rissen die beiden in der Nacht zum 21. Februar zwischen Münchingen und Korntal zwei Läuttafeln der Strohgäubahn heraus und warfen fie ins Ackerfeld, fünf Läuttafeln bogen fie gegen die Schienen um. Die Beschädigungen wurden in der Frühe gleich bemerkt. Die Geschworenen bejahten die fahrlässige Eisenbahntransport- gefährdung. Das Gericht erkannte sodann gegen die Angeklagten auf je 4 Monate Gefängnis, unter Anrechnung von 2 Monaten 15 Tagen Untersuchungshaft. Zugleich wurde der gegen die beiden erlassene Haftbefehl aufgehoben. Mit diesem Falle gingen die Schwurgerichtssitzungen zu Ende.
Zuffenhausen 12. Mai. Gestern fand
auf dem Rathaus ein ausgedehntes Zeugenverhör in dem Verfahren gegen einige Gemeinderäte wegen angeblicher Amtsanmaßung statt. Den letzteren wird zur Last gelegt, daß sie unbefugter Weise bei der letzten Gemeinderatswahl Briefumschläge mit dem Aufdruck „Stadtschultheißenamt Zuffenhausen" benützt hätten, wodurch der Anschein erweckt worden sei, als ob die Schriftstücke von Amts wegen versandt worden seien.
Bönnigheim OA. Besigheim 12. Mai. Ein Blitzschlag hat gestern nachmittag hier zwei Wohnhäuser und einige Scheuern, sowie ein städtisches Gebäude, das zur Aufbewahrung von Brennmaterial diente, in Asche gelegt. Er zündete in der mit Futter gefüllten Scheune des Posthalters Graf. Die Pferde und das Mobiliar konnten noch gerettet werden; aus einem benachbarten Haus, das mitverbrannte, konnte man noch rechtzeitig eine Wöchnerin herausbringen. Der Feuerwehr gelang es, die benachbarten Gebäude, die zum Teil schon Feuer gefangen hatten, zu retten.
Vom Zabergäu 12. Mai. Nachdem die Witterung der letzten Tage kühl bis kalt mit Nachtregen sich angelaffen hatte, kam gestern nachmittag gegen 4 Uhr ein schweres Gewitter von Nordwcsten her auch über das Zabertal. ES entlud sich unter starken Donnerschlägen und strömendem Regen vermischt mit Hagel. Der Hagel kam in Erbsengröße und dauerte nur kurze Zeit. Die Wintersaat, besonders der Roggen, steht in Saftflockung, die Spitzen werden gelb. Künstliche Kopfdüngung mit Salpeter wird vielfach angewendet, um dem Samen über die rauhe Zeit hinüberzuhelfen. Auch die Baumblüte bleibt zu lange in den Knospen. Das Sprichwort sagt wohl: Wenn die Bäume blühen, soll der Ofen glühen. Allein, wenn nicht bald milderes Wetter kommt, dann erstarrt Blatt und Blüte. Heute scheint sich endlich, freilich ein geleitet von einem Nachtfrost, der Frühling wieder einzustellen.
Freuden st adt 12. Mai. In Christophstal waren der Holzhauer Adolf Fischer und zwei jüngere Arbeiter mit Holzzerkleinern in einem Schuppen an der alten Kniebisstraße, der sonst zum Aufbewahren von Wolle dient, beschäftigt. Die beiden jüngeren Arbeiter wollten zur Hochzeit eines Kameraden die üblichen Schüsse abgeben. Sie luden die Pistolen in dem Schuppen und feuerten sie im Freien ab. Der Besitzer des Schuppens, Schönfärber Rühlemann von Christophstal, betrat den Schuppen, um seine Pistole zu probieren, wobei ihn die drei Arbeiter umstanden. Plötzlich krachte ein Schuß und die Kugel drang dem Fischer unterhalb des Herzens in den Leib. Er brach schwerverletzt zusammen und mußte unter Lebensgefahr in die Klinik nach Tübingen gebracht werden. Fischer ist 38 Jahre alt und Vater von 6 kleinen Kindern. Er hat bereits vor zwei Jahren einen schweren Beinbruch erlitten und lag damals lange in einem Stuttgarter Krankenhaus.
Trossingen 12. Mai. Die Bienenzüchter hatten seit Jahren ein so mißliches Frühjahr, wie das gegenwärtige, nicht zu verzeichnen. Obwohl draußen Blüten stehen, müssen die bei diesem Wetter verurteilten Bienenvölker durch andauernde Fütterung vor dem Hungertod bewahrt werden! Noch schlimmer aber ist, daß die fleißigen Tierchen, die sich, um Vorrat für die Brut zu sammeln, zum Ausflug verleiten lassen, von Windstößen und Regengüssen unbarmherzig niedergeworfen werden und infolge der niederen Temperatur erstarren. In den letzten Tagen war die Umgebung der Bienenstände buchstäblich bedeckt von den auf diese Weise zugrunde gegangenen Tierchen. Die dadurch bewirkte enorme Schwächung der Völker wird für die jetzt beginnende Haupttracht von den nachteiligsten Folgen sein.
Hall 12. Mai. Bei einem gestern nachmittag zwischen 4 und 5 Uhr über unsere Gegend niedergegangenen schweren Gewitter schlug der Blitz in da» Wohn- und Oekonomiegebäude des Bauern Wieland in Tüngental, hies. Oberamts, und legte es vollständig in Asche. Der Gebäude- und Mobiliarschaden ist ziemlich hoch.
Berlin 12. Mai. Nach dem gestrigen Manöver auf dem Döberitzer Uebungsplatze
versammelte der Kaiser, während Roosevelt zu seiner Linken hielt, die Stabsoffiziere, etwa 300 an der Zahl, um sich und sprach abwechselnd englich und deutsch seine Freude aus, daß Roosevelt einen Teil der Armee gesehen habe. Er sei der erste Privatmann, der über deutsche Truppen eine Revue abhalte. >,Wir haben heute die Ehre gehabt, den ausgezeichneten Obersten der amerikanischen Rauhreiter bei uns zu sehen." Roosevelt grüßte die Ehrenzeichen durch Abnehmen des Hutes.
Berlin 12. Mai. Um halb 12 Uhr begann die Feierlichkeit zu Ehren RooseveltS in der Aula der Friedrich Wilhelms Universität. Zu Seiten des Katheders nahmen Senat und Lehrkörper der Universität Platz, davor die geladenen Gäste, sowie die Studentenschaft. Unter den Gästen befanden sich der Reichskanzler, der Kultusminister, der amerikanische Botschafter, die Witwe des Botschafters Frhr. Speck von Sternburg, der Reichstagspräsident, Oberbürgermeister Kirschner, Bürgermeister Reischke u. a. Während des Gesangs des Akademischen Gesangchors, „Heil Columbia, glücklich Land" wurde Roosevelt vom ältesten Dekan eingeführt, worauf er bei den Professoren Platz nahm. Gegen Schluß der Hymne betraten die Majestäten und die sonstigen Fürstlichkeiten die Aula. Nach einer Begrüßungsansprache des Rektors an die kaiserlichen Gäste und Roosevelt, den großen Staatsmann, den der Kaiser gestern einen ausgezeichneten Amerikaner und seinen Freund genannt, und der auf seinem Umzuge durch Europa hier angehalten habe, um das Katheder zu besteigen, trat Roosevelt vor und begann, nach einer Verneigung zu den Majestäten und den Professoren seine Rede über „Zivilisation". Er sprach im wesentlichen frei, mit ein wenig belegter Stimme in englischer Sprache. Sein Vortrag wurde mehrfach von Beifall und Heiterkeit unterbrochen. Seine Sprachweise war langsam, deutlich und pointiert mit lebhaften Gesten. Stürmischer Beifall mit Trappeln und Händeklatschen lohnte ihn. Nunmehr hielt der Dekan der philosophischen Fakultät eine Ansprache an Roosevelt, von Humor getragen. Die Fakultät ehre in Roosevelt den geschichtlichen und naturwissenschaftlichen Sinn. Er sei Demokrat vom reinsten Wasser, doch hätten seine leuchtenden Augen gezeigt, daß er unseren Kaiser liebe und ihn verehre. Vor allem betrachte die Fakultät in Roosevelt den Wille« zur Wahrheit, den der Doktoreid betone. I« lateinischer Sprache vollzog dann der Dekan die Promotion RooseveltS zum äoetor donoris enus». Der Rektor der Universität brachte sodann ein dreifaches Hoch auf die Majestäten aus. Nach Absingung der Nationalhymne trug ein Chor da» 8tar SMNssleä dsuner vor. Die Ovationen für die Majestäten und Roosevelt setzten sich draußen fort.
London 12. Mai. Für die öffentliche Aufbahrung des Königs in der Westminsterhalle wird jetzt eine dreieckige Plattform errichtet, auf die der Sarg mit der Leiche des Königs gestellt werden soll. Als Bahrtuch wird dasselbe benutzt werden, das für die Königin Viktoria gebraucht worden ist. Beim Eintreffen des Sarges in der Halle werden die Peers und die Mitglieder des Unterhauses an den Seiten der Halle aufgestellt sein. Die diensttuende Geistlichkeit und die königlichen Leidtragenden werden vor dem Sarge Aufstellung nehmen. Der Sarg wird von Gardegrenadieren getragen werden. Nach dem Leichenbegängnis am 20. Mai wird im Schlöffe zu Windsor ein Frühstück stattfinden, an dem 70 Fürstlichkeiten und 500 andere Persönlichkeiten teilnehmen werden. Alle Gäste werden nach dem Frühstück sofort nach London zurückkehren. Der Sarg steht noch im Schlafzimmer des verstorbenen Königs.
Vermischtes.
Breiten 11. Mai. Eine drollige Verwechslung, die einen verliebten Jüngling gründlich kurierte, passierte jüngst in einem benachbarten Städtchen. Eine dortige junge viel umschwärmte Schöne war zur weiteren Ausbildung von ihren Eltern nach einer süddeutschen größeren Stadt verbracht worden, wo fie fich für