ist besonder» für die Kolonialbezirke durchaus berechtigt, v. Richthosen stons.): Ich persönlich stimme den Beschossen 8er Kommission zu, ein Teil meiner Freunde wird die Vorlage allerdings ablehnen. Eichhorn (Soz.): Wir bleiben bei unserer ablehnenden Haltung. Arendt (Rpt.) spricht sich gegen den Zentrumsantrag aus, der kleine Aktien zum Börsenhandel zulaffen will, wenn sie den Vorschriften de» Handelsgesetzbuches entsprechen. Staatssekretär Frhr. v. Schön: Wir wollen mit unserer Vorlage nur eine Ausnahmemaßregel schaffen, die im Interesse unserer Landsleute in Ostasien notwendig ist. Schulz (Rpt.): Die wirtschaftlichen Verhältnisse in Ost- afien verlangen die vorgeschlagene Maßnahme. Heckscher (fortschr. Vp.): Die Spielleidenschaft de» Volkes darf nicht unnötig gefördert werden. Nacken (Ztr.): Gerade mit unserem Anträge wollen wir die Zulassung kleinerer Aktien möglichst erschweren und die Spielleidenschaft eindämmen. Semler (natl.): Die Kaufleute von Ostasien wollen nur die KurLfähigkeit ihre» Geldes erzielen. Rösicke (B. d. L,): Ein Teil meiner Freunde wird gegen die Vorlage stimmen. Werner (Refp.): Wenn wir heute die 200^- Aktien zulaffen, werden morgen noch kleinere Aktien verlangt. Kämpf (fortschr. Vp.): Mt der Vorlage wollen wir ein Rüstzeug schaffen, um den deutschen Handel in Ostasien konkurrenzfähig zu machen. Raab (wirtsch. Vgg.)! Wir dürfen uns nicht durch das Ausland beeinflussen lassen. Wir stimmen gegen da» Gesetz. Arendt (Rpt.): Auf dem deutschen Geldmärkte besteht kein Bedürfnis nach kleineren Aktien. Nachdem regierungsseitig die Vorlage nochmals zur Annahme empfohlen wird, schließt die Debatte. Die Abstimmung über den grundlegenden Artikel 1 bleibt zweifelhaft. Bei der Auszählung wird der Artikel 1 mit 132 gegen 114 Stimmen abgelehnt (große Bewegung). Hierauf wird auch der Rest de» Gesetzes, sowie das ganze Gesetz abgelehnt. Eine dritte Lesung findet nicht statt. Hierauf wird das Konsulatgebührengesetz in zweiter Beratung angenommen mit einem Anträge der wirtschaftlichen Vereinigung auf Gebührenfreiheit für Beglaubigung der Zeugnisabschriften für kaufmännische und technische Angestellte, Pedellen, Gehilfen und Arbeiter und einem nationalliberalen Anträge auf Gebührenfreiheit für den Beglaubigungsvermerk auf Tabakrechnungen. Die Regierung hatte sich gegen den letzteren Antrag ausgesprochen. Der Gesetzentwurf betreffend die revidierte Berner Uebereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst wird sn dloo in dritter Lesung angenommen. E» folgt die dritte Lesung des Gesetzes betr. Zuständigkeit (Entlastung) des Reichsgerichts und Aenderung der Rechtsanwaltordnung. Der Artikel, wonach in der Berufungsinstanz sich die Gebührensätze für die Gerichtskosten um ein Viertel, in der Revifionsinstanz um das Doppelte erhöhen, wird mit 122 gegen 121 Stimmen aufrecht erhallen; ebenso wird der Artikel, wonach sich die Rechtsanwaltgebühren um drei Zehntel bezw. fünf Zehntel erhöhen, mit 134 gegen 113 Stimmen aufrecht erhalten. Hierauf wird das ganze Gesetz in einfacher Abstimmung angenommen. Das Gesetz betr. Aenderung der Rechtsanwaltordnung wird gleichfalls angenommen. Es folgt die zweite Lesung des Entwurfs eine» Kolonialbeamtengesetzes. Der Nachtragsetat für die Schutzgebiete wird in zweiter Lesung erledigt, ebenso ein Gesetzentwurf betr. geschäftliche Behandlung der Vorlage über die Justizgesetze (Bewilligung von Diäten für die der Kommission ungehörigen Mitglieder des Reichstags während der Sommermonate), nachdem Staatssekretär Delbrück sich mit den Kommissionsbeschlüffen einverstanden erklärt hatte. Ebenso werden die zugehörigen Nachtragsetats angenommen. Nächste Sitzung Montag 2 Uhr.
München 3. Mai. Dieser Tage starb im Aller von 67 Jahren der ehemalige Zimmermann Johann Mayr, eine stadtbekannte Persönlichkeit, der ausschließlich vom Bettel lebte. Mayr, der sich den Anschein eines ganz armen Mannes zu geben wußte, stiftete nur mit Abfällen und Nahrungsresten, die er von gutmütigen Leuten bettelte, sein Leben. Als man nun vorgestern da» Zimmer des Verstorbenen durchsuchte,
fand man in einem Koffer unter allem Gerümpel 80 000 Mark versteckt, etwa 7000 Mark in Gold, 15 000 Mark in österreichischen, ungarischen, türkischen, russischen und anderen ausländischen Banknoten, der Rest in Obligationen, von denen er für ungefähr 30000 Mark vor seinem Hinscheiden im Ofen verbrannt hatte. Da die Nummern aber noch vorhanden sind, kann der Wert ersetzt werden. Der kostbare Fund wurde gerichtlich beschlagnahmt. Da Mayr nicht verheiratet war und auch sonst keine näheren Verwandten besitzt, dürfte der Staat bei dieser Geschichte ein gutes Geschäft machen.
Newyork 6. Mai. Nach einem aus San Juan del Surr in Nikaragua eingetroffenem Telegramm ist Karthago in Costarica durch ein Erdbeben zerstört worden. 5W Menschen fiud «mgekomme«.
New-Aor k, 6. Mai. In Karthago (Costarica) find bisher 450 durch das Erdbeben Getöte geborgen worden.
Mg «oi SWaod ji-«idk».
He«te Samstag früh meldet der Telegraph de« Tod des Königs.
Der König litt seit längerer Zeit an den Folgen eines Influenza-Anfalles, den er in Biarritz erlitten, die er nicht völlig los werden konnte. Obwohl er bei der Rückkehr nach London ziemlich wohl aussah, so war doch eine merkliche Veränderung wahrnehmbar als er in der vorigen Woche die königliche Akademie besuchte. Er sah gelb und etwas blaß aus, und man hatte Grund, eine Rückkehr der Hals- und Brustbeschwerden zu befürchten. Nach der Ruhe in Sandringham kehrte der König, augenscheinlich besser, nach London zurück. Der letzte Witterungsumschlag übte aber wieder seine Wirkung aus. Der König war an den letzten beiden Tagen nicht absolut bettlägerig, sondern hat Audienzen erteilt und Regierungsgeschäfte erledigt; er war noch am Donnerstag Abend auf.
Die Blättermeldungen vom gestrigen Tage lauteten:
London 6. Mai. Ein heute vormittag ausgegebener Bericht sagt: „Der König hat eine verhältnismäßig ruhige Nacht verbracht. Aber in den Symptomen ist keine Besserung eingetreten und der Zustand Seiner Majestät gibt Anlaß zu ernsten Besorgnissen." Der Bericht ist von 5 Aerzten unterzeichnet.
London 6. Mai. Ein um 6 Uhr 20 Min. ausgegebenes Bulletin besagt:
Die Symptome der Krankheit des Königs haben sich während des Tage» verschlechtert. Sein Zustand ist gegenwärtig kritisch.
London 6. Mai. Die Mitglieder der Kgl. Familie wurden in den Buckinghampalast berufen.
London 6. Mai. (8.47 Uhr abends.) Eine große Menschenmenge ist vor dem Buckinghampalast versammelt. Sie nahm die ernsten Nachrichten des Abend-Bulletins mit Bestürzung entgegen. Das Bulletin wurde durch Sonderausgaben der Abendblätter sehr schnell in ganz London bekannt und rief überall tiefe Trauer hervor. Als die kgl. Standarte auf dem Palast bei Sonnenuntergang wie üblich niedergeholt wurde, entstand plötzlich eine Totenstille unter den Versammelten und die Männer entblößten das Haupt, da man glaubte, die Katastrophe sei eingetreten. Doch wurde der richtige Sachverhalt schnell bekannt und die Spannung in der Menge ließ etwas nach.
London 7. Mai. Ter König starb heute früh 12 Uhr 25 Minute«. (König Eduard hatte die Regierung im Jahre 1901 angetreten, er stand im 69. Lebensjahre. Thronfolger ist Kronprinz Georg, Prinz von Wale», geb. 1865, seit 1893 vermählt mit Prinzessin Mary, Fürstin v. Teck.)
Vermischtes.
D ie Baumwollpflanzungen von Kommerz.-Rat Otto inKilossa (Deutsch-
Ostafrika). Unter dm Baumwollpflanzungen Deutsch-Ostafrikas befindet sich auch eine solche des Kommerzienrat» H. Otto in Stuttgart, die vor etwa 3 Jahren begonnen wurde und seit dieser Zeit in erfreulicher Aufwärtsentwicklung begriffen ist. Die Pflanzung liegt im mittleren Gebiet der Kolonie an der Bahnstrecke Morogo-Kiloffa und ist zur Zeit die größte Baum- wollplantage in dieser Gegend. Sie besitzt einen eigenen Dampfpflug und eigene Entkörnungs- anlage mit 4 Walzengins und 1 hydraulischen Presse. Ueber den Stand der Otto-Pflanzung Ende des letzten Jahres liegt der folgende, dem Kolonial-Wirtschaftlichen Komitee erstattete Bericht vor: Durch das späte Eintreffen der Dampfpflüge auf der Pflanzung konnte es nicht mehr ermöglicht werden, das gesamte gerodete Land unter Kultur zu bringen, und wurden nur noch ca. 200 Hektar mit Baumwolle bestellt. Die Witterung war dieses Jahr der Baumwolle ungünstig, infolge der zu kurzen Regenperiode mit nachfolgender anhaltender Trockenheit. Die Regen Anfang September haben noch ziemlich Blüten hervorgebracht, und wenn die Witterung von Anfang November anhält und die kleine Regenzeit nicht zu früh e insetzt, kann die Ernte durch eine verhältnismäßig günstige Ncchernte sich noch ordentlich gestalten. Das Fehlen der BewäfferungS- anlage machte sich in diesem Jahre bereits sehr fühlbar. Geerntet waren bi» Ende Oktober etwa 46100 Pfund Baumwolle. Das Resultat der ganzen Ernte kann zur Zeit noch nicht angegeben werden. Aufgekauft haben wir etwa» über 100 000 Pfund »»entkörnte Baumwolle. Im nächsten Jahre kommen etwa 500 bis 600 Hektar unter Baumwollkultur; etwa 5 Kilometer vom Wirtschaftshof entfernt wurde bereits am Mukondakwa ein kleine» Vorwerk angelegt. Die Arbeiterverhältniffe waren in diesem Jahre günstiger als 1908. Die GesundheitSverhältniffe unter den Eingeborenen auf der Pflanzung waren ebenfalls befriedigender. Die Pockenepidemie hat dagegen 8 Eingeborene dahingerafft. Auch die Europäer standen ^ diesem Jahre gesundheitlich Keffer, wenn auch noch nicht ganz befriedigend. Die Gebäude sind jetzt insgesamt massiv auS- geführt und werden Ende dieses Jahres alle fertig sein. Lagerschuppen und Ginanstalt wurden in Eisenkonflruktion mit Wellblechbedachung ausgeführt. Um die Folgen einer etwaigen Mißernte in Baumwolle abzuschwächen, wurde zu gleichzeitiger Anpflanzung von Kautschuk, Oel- palmen, Kokospalmen, sowie Nahrungsmitteln für Eingeborene übergegangen.
(Aus Madagaskar.) In Madagaskar dürfen nun die Christen wieder aufatmen, da es den Bemühungen der englischen Missionsgesellschaften und des englischen Gesandten in Paris gelungen ist, bei der französischen Regierung durchzusetzen, daß der sozialdemokratische Gouverneur Augagneur nicht mehr nach Madagaskar zurückkehrt, und auch sein Stellvertreter, der in demselben unpolitischen Geist regierte, abberufen wird. Augagneur hatte die Trennung von Kirche und Staat in der Weise vollzogen, daß in einem für den Gottesdienst bestimmten Gebäude keine Schule, in einem Schulgebäude kein Gottesdienst gehalten werde« durfte. Aber auch in keinem Privathause durste man sich zum Gottesdienste versammeln, und der Bau von neuen Kirchen wurde verweigert. Bei Beerdigungen durfte das Volk weder singen noch liturgische Gebete sprechen. Nur europäischen Missionaren war das erlaubt. Auf dem Friedhof durfte niemand eine Ansprache halten ohne Erlaubnis von der Regierung. Als die eingeborenen Lehrer der Regierungsschulen, in denen natürlich kein Religionsuntericht erteilt werden darf, während der letzten WeihnachtSfeiertage nach der Hauptstadt Antananarivo berufen wurden, um dort weitere Weisungen für ihre Arbeit zu erhalten, wurde ihnen ausdrücklich verboten an einem öffentlichen christlichen Gottesdienst teilzunehmen oder Beiträge für die Arbeit christlicher Kirchen zu leisten. Man ließ also die Religion nicht „Privatsache" sein. — Nun ist ein neuer Gouverneur ernannt: Henri Cor, der bisher auf Tahiti war und sich dort den Ruf eine» gerechten, unparteiischen und gegen die Eingeborenen wohlwollenden Mannes erworben hat.