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Stuttgart 6. Mai. Die Zweite Kammer setzte heute nachmittag die Beratung des Beamtengesetzes fort und erörterte in mehrstündiger Debatte die Frage der lebenslänglichen Anstellung der verheirateten weiblichen Beamten, die zur Gleichstellung der Beamten und Beamtinnen vom Ausschuß beschlossen worden war, während der Regierungsentwurf vierteljährliche Kündigung vorgesehen hatte. Das Haus entschied sich mit 42 gegen 38 Stimmen für die Regierungsvorlage unter Hinzufügung der Bestimmung, daß wenn das Beamtenverhältnis 7 Jahre oder länger gedauert habe, die Kündigungsfrist sich auf V» Jahr erhöht. Im Laufe der weiteren Beratung wurde noch einer Resolution des Abgeordneten Graf-Stuttgart (Z.) betreffend vollen Bezug der Militärpension seitens der vor dem 1. Juli 1906 aus dem Militärdienst ausgeschiedenen Militäranwärter, die im Zivildienst zusammen nicht mehr als 2000 ^ Einkommen haben, zugestimmt. Morgen Fortsetzung und Antrag Kiene betr. Aenderung des Landtagswahlgesetzes.
Stuttgart 6. Mai. Die Firma I. Meyer u. Cie., Prinzengracht Nr. 343 in Amsterdam, veröffentlicht in Tagesblättern Annoncen, worin sie sich als Konzessionärin des auf der diesjährigen Weltausstellung in Brüssel zu erbauenden „6raaä Luks HoUunäuis« auS- gibt und außer den Konzessionen auf Lieferung von Lebensmitteln, Vermietung von Blumenkiosken auch die Besetzung von verschiedenen Stellungen, wie Bnff e t che fs, K ellner u. s. w. anbietet, wofür sie als Sicherheit vorher einen Geldbetrag sich zahlen läßt. Wie der Polizeikommissär von Amsterdam bekannt gegeben hat, ist von der Errichtung eines solchen Cafes nichts bekannt und die Firma nicht befugt, sich als Konzessionärin auszugeben. Bei der Anknüpfung von Geschäftsverbindung ist daher Vorsicht geboten.
Stuttgart 6. Mai. (Schwurgericht.) Das Familiendrama, das sich am 5. März in Zuffenhausen abspielte, beschäftigte heute das Schwurgericht. Der ledige 22 Jahre alte Zimmermann Eugen Mößner war angeklagt, er habe seine Mutter, die Zimmermannswitwe Mößner, im Streit durch mehrere Revolverschüfse vorsätzlich, jedoch nicht mit Ueberlegung getötet. Zur Verhandlung war eine große Anzahl Zeugen geladen. Die Anklage vertrat Staatsanwalt Frhr. v. Ruepprecht, die Verteidigung führte Rechtsanwalt Haußmann. Der Angeklagte gab an, seine Mutter sei an jenem Tage betrunken nach Hause gekommen, sie sei auf der Straße umgefallen. Er habe seine Mutter gefragt, wohin sie das Geld, das sie einige Tage vorher beim Darlehenskaßenverein erhoben, gebracht habe. Seine Mutter habe darauf erwidert, das gehe ihn nichts an und habe ihn beschimpft. In der Erregung habe er gegen seine Mutter auch ein Schimpfwort gebraucht, worauf sie mit einer Flasche in der erhobenen Hand und mit den Worten: „Hin mußt Du sein!" auf ihn los- gegangen sei. In der Verzweiflung habe er sodann einen Revolver aus der Ueberziehertasche gezogen und einen Schreckschuß links an seiner Mutter vorbei abgegebm, damit sie von ihrem Angriff ablasse. Auf den weiteren Verlauf der
Affäre könne er sich nicht mehr besinnen. Als er wieder zu sich gekommen sei, habe er sich in der Wohnung einer Nachbarin befunden. Dort habe er erfahren, daß seine Mutter tot sei. Die Frau wurde von 4 Schüßen getroffen, wovon 2 die Lunge und das Herz verletzten, 2 gingen in den linken Arm; sie starb nach kurzer Zeit. Die Getötete führte einen anstößigen Lebenswandel, sie war dem Tmnk ergeben. Sie verbrauchte viel Geld, das sie ohne Wissen ihrer Kinder beim Darlehenskassenverein erhob. Die erwachsenen Kinder hatten beim Amtsgericht den Antrag auf Entmündigung ihrer Mutter gestellt. Es wurde bezeugt, daß die Getötete ihre Kinder schlecht behandelte. Der Angeklagte kam am besten mit ihr aus. Zu verschiedenen Zeugen hat er geäußert,, er schäme sich, unter die Leute zu gehen, weil man allgemein über den Lebenswandel seiner Mutter spreche. Während der Vernehmung einer Reihe von Zeugen, die über das Sittenleben der Frau gehört wurden, war die Oeffentlichkeit ausgeschlossen. Die Getötete wurde als sittlich verkommene Person geschildert, sie war fast täglich betrunken. Unter Ausschluß der Oeffentlichkeit kamen Dinge zur Sprache, die ein Bild von ihrem skandalösen Lebenswandel gaben. In der Betrunkenheit mißhandelte sie ihre Kinder aufs roheste. Einmal schleuderte sie ihren Mann so heftig gegen ein Möbelstück, daß er drei Rippenbrüche erlitt, ein anderes Mal traktierte sie ihn mit dem Besenstiel. Die ganze Familie hatte jahrelang unter ihr zu leiden. Als der Angeklagte vom Arzt hörte, daß seine Mutter tot sei, brach er zusammen. Nach der Tat wollte er sich selbst erschießen und als er von seinem Schwager davon abgehalten wurde, wollte er sich ertränken. Der Angeklagte leitete das Geschäft seines verstorbenen Vaters, er wurde als braver Mensch geschildert. Wie bezeugt wurde, hatte er seine Mutter gern und mit ihr viel Geduld. Der Staatsanwalt begründete die Anklage in längeren Ausführungen und beantragte die auf Totschlag lautende Schuldfrage zu bejahen und den Angeklagten der Gnade des Königs zu empfehlen. Der Verteidiger beantragte Freisprechung, da Notwehr vorliege. Am Schluffe der Ausführungen des Verteidigers ertönten im Zuhörerraum laute Bravorufe. Die Geschworenen verneinten sämtliche Schuldfragen, worauf Freisprechung erfolgte.
Wildbad 5. Mai. Gestern hat sich der Güterbeförderer Eugen Müller im Bett erschossen. Müller stand im Alter von 43 Jahren und lebte in glücklicher Ehe. Kinder hinterläßt er keine. Er zeigte seit kurzer Zeit Spuren von Schwermut.
Zuffenhausen 5. Mai. Eine Aktion gegen den Stadtvorstand ist seitens eines Teils der bürgerlichen Kollegien eingeleitet worden, derart, daß Gemeinderat Baisch ein von weiteren Kollegialmitgliedern unterzeichnetes Schreiben überreichte mit der Erklärung, daß die Mitglieder wegen Unstimmigkeiten nicht mehr in der Lage seien, den Ladungen des Vorsitzenden zu den Sitzungen Folge zu leisten. Die Sitzung war schon zweimal vertagt worden, weil die überwiegende Mehrzahl der Gemeinderatsmitglieder ihr Fernbleiben entschuldigt hatten. Man will damit gegen den Stadtvorstand die Einleitung einer Disziplinaruntersuchung veranlaßen wegen
Beteiligung an Grundstücksspekulationen und anderer in tz 212 der Gemeindeordnung schlagender Vorwürfe, die gelegentlich der verschiedenen Prozeße in letzter Zeit laut geworden sind.
Heilbronn 6. Mai. Kein Glück hatte die Stadtgemeinde Heilbronn mit ihrem Versuch, sich von der neuen Reichsstempelabgabe für den Umsatz von Grundstücken zu befreien. Sie hatte gegenüber dem Grundbuchamt erklärt, sie betreibe den Güterhandel nicht gewerbsmäßig und habe überhaupt kein eigenes Einkommen, somit falle sie unter die vom Gesetz vorgesehene Steuerfreiheit. DaS Amtsgericht hatte unter allerlei Wendungen und Begründungen diesen Standpunkt nicht anerkannt und erklärt, die Stadt sei steuerpflichtig. Da die Heilbronner Streitsache für viele Gemeinden von großer Bedeutung ist, so wird sie prinzipiell bis zum Ende durchgefochten und zwar wird zunächst beim Landgericht Klage erhoben.
Pforzheim 6. Mai. Gestern nacht brannte hier die Gärtnerei Käser neben der Brauerei Brckh ab. Ein Pferd, 5 Ziegen und eine Anzahl Tauben und Hasen verbrannten mit. Die Familie wäre ebenfalls verbrannt, wenn nicht der Hofhund durch anhaltendes Heulen sie im letzten Augenblick geweckt hätte.
Pforzheim. (Vermißt.) Seit Dienstag früh fehlt der noch nicht 17 Jahre alte Goldarbeiterlehrling Heinrich Bäuerle, welcher am Dienstag morgen vor 7 Uhr wie gewöhnlich seine Wohnung in der Karlsstraße verließ, um ins Geschäft zu gehen. Er kam aber nicht im Geschäft an und wurde seitdem nicht mehr gesehen. Da er in gewöhnlicher Werktagskleidung wegging, auch nur sehr wenig Geld bei sich haben kann, ist nicht anzunehmen, daß er sich gar zu weit entfernte. Trotzdem frugen seine Angehörigen bei einem in Köln wohnenden Bruder an, ob er vielleicht dorthin seinen Weg genommen, erhielten aber bereits verneinende Auskunft. Was den jungen Mann zum Weggehen veranlaßt haben sollte, ist rätselhaft. Er gilt als ein ordentlicher Mensch, der sehr ruhig und schweigsam ist. In der letzten Zeit soll er ein etwa» schwermütiges Wesen gezeigt haben.
Karlsruhe 5. Mai. Ein in einem hies. Geschäftshause angestellter 23 Jahre alter Beamter wurde heute morgen im Durlacher Wald mit einer schweren Schußwunde im Kopf aufgefunden. Der junge Mann hatte sich gestem nachmittag im Durlacher Wald eine Kugel in die Schläfe gejagt, wurde bewußtlos, erlangte jedoch nach einiger Zeit die Besinnung wieder und schleppte sich bis an die Straße zu einer Bank. Die Kugel, die hinter dem einen Auge fitzt, konnte noch nicht entfernt werden.
Berlin 6. Mai. (Reichstag.) Am BundesratStisch: Staatssekretär v. Schön. Auf der Tagesordnung steht die zweite Lesung des Gesetzentwurfes betreffend Ausgabe kleiner Aktien in den Konsulargerichtsbezirken und im Schutzgebiet von Kiautschou. Die Kommission empfiehlt einen Antrag, wonach die Zulassung kleinerer Aktien als zu 1000 ^ zum Börsenhandel im Reiche von der Genehmigung des Bundesrat» oder der Landesregierung abhängen soll. Dove (fortschr. Vp.): Das Prinzip der kleinen Aktien