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Samstag, Le« 30. April 1910.

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Stuttgart 29. April. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer erklärten sich die Minister v. Pischek und v. Schmidlin bereit, die gestern gestellten Anfragen betr. die Donauversickerung und die Unterschla­gungen in Löchgau und Stockheim in der ersten Sitzung der nächsten Woche zu beantworten. Bei der dann fortgesetzten Beratung des Land­wirtschaftskammergesetzes wurde beschlossen, daß in jedem Landeskceis 10 Mitglieder der Kammer gemählt werden sollen. Empfohlen wurde, die Wahlen im Winter vorzunehmen. Von sozialdemokratischer Seite wurde die An­gliederung einer paritätischen Arbeitskammer an die Landwirtschaftskammer zur Wahrnehmung der Interessen der landwirtschaftlichen Arbeiter bean­tragt. Der Schaffung einer Organisation dieser Arbeiter wurde auch von anderen Parteien das Wort geredet, der sozialdemokratische Antrag jedoch als noch nicht spruchreif und geeignet er­klärt, zwischen den Landwirten und ihren Dienst­boten künstliche, jetzt noch nicht vorhandene Gegen­sätze zu schaffen und den sozialen Frieden zu stören. Zugestimmt wurde einer von Rembold- Aalen(Ztr) beantragten Resolution, die Regierung um Erwägungen darüber zu ersuchen, in welcher Weise den landwirtschaftlichen Arbeitnehmern bei der Tätigkeit der Landwirtschaftskammer in den­jenigen Angelegenheiten, die die Verhältnisse der Arbeitnehmer berühren, eine Mitwirkung ein- geräumt wird. Weiterhin wurde der Rest des Gesetzes erledigt. Die Schlußabstimmung findet später statt. Morgen Gerichtsvollzieherwesen und Beamtengesetz.

Stuttgart. (Ballonfahrten.) Der BallonStuttgart" des Württ. Vereins für Luftschiffahrt wird am Samstag abend 7 Uhr unter Führung von Oberleutnant Henke eine Nachtfahrt unternehmen. Mitfahrende sind die Herren Dr. Kahn-Stuttgart und Fabrikant Heinrich Scheufelen-Oberlenningen. Am Sonntag früh 9 Uhr wird der BallonWürttemberg" unter Führung von Apotheker Adolf Mehl, zu einer Fahrt aufsteigen. Der BallonStutt­gart" wird infolge besonderer Umstände an der Berliner Weitfahrt nun doch nicht teilnehmen.

Tübingen 29. April. Die Uebernahme der Reststrecke Pfäffingen-Tübingen Haupt­bahnhof der Tübingen-Herrenberger Bahn fand gestern vormittag statt. Ein Extrazug brachte die Gäste von Stuttgart, Herrenberg und den andern beteiligten Gemeinden; am West­bahnhof stiegen die Gäste von Tübingen ein. Im Museum fand ein Essen statt. Oberbürger­meister Haußer begrüßte die Gäste, besonders den Ministerpräsidenten v. Weizsäcker, dankte der Staatsregierung für die Bahn und brachte das Hoch auf den König aus, an den ein Huldigungstelegramm gesandt wurde. Dann trank Ministerpräsident v. Weizsäcker auf das Wohl der beteiligten Gemeinden. Man habe die Bahn gern gebaut, trotzdem in die finanziellen Verhältnisse des Landes eine Schwankung ge­kommen sei und er auch nicht glaube, daß diese Unsicherheit so bald überwunden werde. Die Bahn erschließe einen schönen Teil Württembergs, das Gäu und da« Ammertal. Mögen die beteiligten Gemeinden den größten Nutzen aus der

Bahn ziehen. An ihnen sei es, die Bahn zu einer rentablen zu machen. Stadtschultheiß Haußer von Herrenberg dankre den Landständen und gedachte des verstorbenen Ai-geordneten Gaoth, der sich immer eifrig sür die Bahn verwendet habe. Kammerpräsident v. Payer erwiderte, dem Lande, nicht der Kammer gebühre der Dank. Wenn man vorsichtig sei neuen Bahnwünschen gegenüber, so sei das erklärlich aus der Fülle der Wünsche, die an die Kammern herantreten. Abgeordneter Schultheiß F e l g e r - Gönningen toastete auf die Oberamtsstadt Tübingen und das gute Einvernehmen zwischen ihr und den Bezirksorten. Nach dem Essen fand eine Wagen­fahrt durch Tübingen statt und zum Schluß ein Abschiedsschoppen auf dem Bahnhof. Am Sonn­tag wird nun die ganze 21,33 km lange Strecke Tübingen-Herrenberg dem Verkehr übergeben.

Brackenheim 29. April. Ein interessanter Gegenstand ist gestern hier verladen worden: zwei Schraubenflügel sür den Propeller des neuen Zeppelin'schen Luftschiffes. Jeder der aus bestem Nickel-Chromstahl gefertigten Teile wiegt 70 Pfd. und wurde im Hammerwerk von Chr. Schmid hergestellt.

Friedrichshafen 29. April. Zu der Blättermeldung, daß der Bürgermeister von Prag den Grafen Zeppelin eingeladen habe, auf der Fahrt von Wien nach Breslau Prag zu besuchen und dort eine Huldigung in tschechischer Sprache entgegenzunehmen, teilt die Luftschiffbau Zeppelin G. m. b. H. mit, daß noch keineswegs feststeht, ob die Fahrt von Wien nach Dresden überhaupt durch Böhmen gehen wird. Vielleicht wird mit Rücksicht auf die auf diesem Wege zu überwindenden Höhen beschlossen, anstatt über Böhmen den Weg über Oderburg-Breslau zu nehmen und damit zugleich dem Osten Deutsch­lands, den noch nie ein Zeppelinsches Luftschiff überflogen hat, dieses Schauspiel zu bieten.

Weilburg 29. April. Die Auf­räumungsarbeiten an der Unfallstelle des 2 II sind gestern abend beendet worden. Die Ueberreste des Luftschiffes wurden in 6 Eisen­bahnwagen von der Station Guntersau nach Köln abgesandt. Die Bewachungsmannschaft der 1. Kompagnie des 160. Infanterieregiments kehrte gestern abend nach ihrer Garnison Diez zurück. Die übrigen Mannschaften folgten heute nach. Die Abschätzung des verursachten Schadens erfolgt noch heute.

Berlin 29. April. (Reichstag.) Am BundeSratStisch.' Staatssekretär Delbrück, Dern- burg und v. Schön. Das Zusatzabkommen zum Handelsabkommen mit Aegypten wird ohne De­batte in erster und zweiter Lesung erledigt. Den Gesetzentwurf betr. die geschäftliche Behandlung der Novelle zum GerichtSversassungSgesetz, der Strafprozeßordnung und der ReichSversicherungS- ordnung wird an die Kommission verwiesen, ebenso ein weiterer Nachtragsetat. Es folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfs betreffend AufstandSauSgaben für Südwestafrika. Erzberger (Ztr.): Die Behauptung, mein Antrag betr. Heranziehung der Kolonialgesell­schaften zu den Kriegskosten, bezwecke, den Staats­sekretär zu stürzen, ist töricht. Ich protestiere auch gegen die Behauptung, als wollte ich die

Rechte des Kaisers und der Regierung ausschalten, ebenso dagegen, daß man den Kaiser zum Prügel­knaben für die Mißgriffe der Verwaltung und der Bureaukratie macht. (Bewegung.) Nach meinem Antrag und dem Antrag Lattmann soll eine einmalige außerordentliche Vermögenssteuer er­hoben werden. Im Schutzgebiet gibt es bisher weder eine Einkommen- noch eine Vermögens­steuer und erst durch den Krieg ist der Anstoß für die Bereicherung der Gesellschaften gegeben worden. Von einer Konfiskation kann keine Rede sein. Die Behauptung, der Reichstag überschreite seine Befugnis, wenn er in das Besteuerungs­recht des Kaisers eingreife, ist unrichtig. Durch das Kolonialgesetz ist das Besteuerungsrecht der Kolonieen dem Reichstage gegeben worden. Man sollte aus den Verträgen mit den Gesellschaften mehr Vorteile herausholen und Privilegien be­seitigen. Der Abbau und die Verwertung von Diamanten bedarf besonderer gesetzlicher Regelung, auch eine grundlegende Aenderung des Gesetze» über die KoloniAverfafsung ist dringend not­wendig. Gras Schwerin-Löwitz rügt nach­träglich die Bemerkung Erzbergers, daß der Kaiser als Prügeljunge vorgeschoben werde. Staats­sekretär Dernburg: Die Person des Kaisers ist nicht von mir, sondern vom Abg. Erz­berger in die Debatte gezogen worden. Die Gesellschaften zahlen dem Heimatland ihre Ab­gaben, man darf sie also nicht auch noch im Schutz­gebiete heranziehen, die vom Abg. Erzberger vorgeschlagene Staffelung mar ganz verkehrt. Gelingt es, Diamanten zu machen, so sind alle jetzigen Abmachungen wertlos. Für die Kolonien besteht das Verordnungsrecht des Kaisers. Alle anderen Rechte, so auch der Budgetrecht, sind dem nachgeordnet. Der Ton in den Lüderitzer Depeschen ist durchaus unpassend. Ich muß verlangen als Vertreter der Reichsgewalt behandelt zu werden. Der Vorwurf, daß der Antrag Erzberger auf eine Konfiskation herauskomme, war berechtigt. Auch den Kolonieen gegenüber muß der Grundsatz bestehen, daß das Eigentum unverletzlich ist. Die Belastung der Kolonieen mit den Kriegskosten lehnen wir ab, ich werde aber bestrebt sein, von den 14 Millionen betragenden Militärlasten einen Teil tragfähigen Schultern aufzuerlegen. Im übrigen werden wir von dem Schutzgebiet einziehen, was dem Reich gehört. (Beifall.) Drösch er (kons.): Wir halten e« grundsätzlich für zulässig, die leistungsfähigen Schultern in den Kolonieen nachträglich zu einem einmaligen Kriegskostenbeitrag heranzuziehen. Der sozialdemokratische Antrag, die ganze Last als Schuld dem Schutzgebiete aufzuerlegen, ist un­annehmbar. In einer Resolution schlagen wir vor, das Besteuerungsrecht in den Kolonieen in die Wege zu leiten. Semler (natl.): Durch die Annahme des Antrags Erzberger würde der Staatssekretär kompromittiert werden. Da» Prinzip der Heranziehung der Gesellschaften zu den Lasten für die Kolonien erkennen wir an. Das Verordnungsrecht des Kaisers sollte mit seiner Zustimmung baldigst in eine Gesetzgebung umgewandelt werden. Darauf vertagt sich da» Haus. Nächste Sitzung morgen 1 Uhr.

Berlin 29. April. An den General v. Verdy du Vernois, der am Mittwoch in Stockholm bei seinem Sohne, der dort Legationsrat