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hat nämlich der Vorsitzende und der Kontrolleur der städtischen Sparkasse in Breiten eine Revision bei dem Schultheißen Benz in Löchgau OA. Besigheim, vorgenommen. Dabei stellte sich heraus, daß dieser dieselben betrügerischen Manipulationen gemacht hatte, wie sein Kollege in Stockheim. Schultheiß Benz hat demnach Veruntreuungen begangen in Höhe von 116 000 ^ bei der Sparkasse Breiten. Benz ist in vollem Umfange geständig und gibt zu, daß er auch bei der Sparkasse Kürzelsau Veruntreuungen in ungefähr der gleichen Höhe begangen habe. Bei der Sparkasse Breiten sowohl, als bei dem Privatsparverein Künzelsau handelt cs sich um Urkunden nach dem Jahre 1900 und hat demnach für die gesamten Veruntreuungen der württembergische Staat auszukommen. Benz wurde der Staatsanwaltschaft Heilbronn zugesührt. Aus Löchgau selbst wird dem Blatte geschrieben: Unserem Schultheißen Benz ist es Vorbehalten gewesen, den Schub heißen Bosch in Stockheim in seinen Betrügereien ncch zu übertreffen- Das System war das Gleiche, allein der veruntreute Geldbetrag beträgt hier 320 000 ^7, die auf Pfandbriefe von der Sparkasse Breiten und dem Privatspar- verein Künzelsau erhoben wurden. Dienstag mittag sind der Oberamtslichter von Besigheim, der Bürgermeister und ein Beamter der Sparkasse von Breiten in geschlossener Chaise vor das Rathaus angefahren, um die Sache zu untersuchen. Schultheiß Benz legte sofort ein Geständnis ab, worauf er in Begleitung des Besigheimer Stationskommandanten nach Heilbronn abgeliesert wurde. Benz, der Ende der 40er Jahre steht, war zuerst Schultheiß in Hofen, dann in Wal- Heim und seit dem Jahr 1897 in Löchgau. Seit wann die Fälschungen begangen wurden, steht noch nicht fest, jedenfalls wird der Staat wieder eine schöne Summe bezahlen müssen. Wohin das Geld gekommen ist, ist vielen ein Rätsel. Wohl hat Benz eine schöne Villa sich erbauen lassen, aber man war allgemein der Meinung, daß die Frau ein bedeutendes Vermögen beigebracht habe. Von den Einwohnern in Löchgau soll niemand geschädigt sein. Daß die Erregung hier sehr groß ist, ist begreiflich, da man diese unehrliche Handlungsweise diesem Manne nie zugetraut hätte. Er hat es verstanden, sich die Zufriedenheit seiner Vorgesetzten Behörde zu erwerben; als Vorstand der Besigheimer Wasserversorgungsgruppe wurde er bei der Einweihung vom König durch einen Orden ausgezeichnet. Die Sparkasse Breiten mustert jetzt anscheinend genau ihre Pfandbriefe, hoffentlich finden sich keine neuen Fälle vor.
Aalen 26. April. Das Schöffengericht verhandelte dieser Tage gegen den am 31. März
d. I. aus dem städtischen Dienst geschiedenen Stadtbaumeister Schimpf wegen Betrugs. Mit- angeklagt waren wegen Beihilfe Direktor Schofer der Dampsziegelwarenfabrik Aktiengesellschaft in Waiblingen, sowie Prokurist Braun und Kaufmann Konz daselbst. Die Verhandlung dauerte von vormittags 9 Uhr bis nachmittags 4 Uhr ohne Unterbrechung. Der die Anklage vertretende Amtsanwalt beantragte gegen Stadtbaumeister Schimpf, Prokurist Braun nnd Kaufmann Konz je eine Geldstrafe von 50 oder 10 Tage Haft, gegen Direktor Schofer eine solche von 30 Prokurist Braun und Kaufmann Konz zu je 20 »A und Tragung sämtlicher Kosten. Direktor Schofer wurde freigesprochen, Stadtbaumeister Schimpf wurde noch wegen Beleidigung des Gemeinderats Bader während der Verhandlungen mit weiteren 5 ^ bestraft. Von sämtlichen Angeklagten ist gegen das Urteil Berufung eingelegt worden.
Friedrichshafen 26. April. Zu der Blättermeldung, daß Graf Zeppelin die Stahltrosse, mit der der 2 II verankert war, für absolut zuverlässig erklärt habe, bemerkt die Lustschiffbau Zeppelin G. m. b. H., auch sie müsse nach wie vor es für ausgeschloffen erklären, daß das Stahlseil bei sachgemäßer Verankerung des Luftschiffes reißen konnte.
Weilburg 27. April. Die Abrüstungsarbeiten am 2 II schreiten, wie das „Weilburger Kreisblatt" meldet, derart fort, daß man hofft, bis heute abend das Gerüst des Ballons völlig zu zerlegen. Der Gartenpavillon und die Bäume am Abhange des Wcbersberges sind bereits wieder freigelegt. Die Verpackungs- und Versendungs- arbeiten dürften bis Samstag vollendet sein. Das Photographieren innerhalb der Postenkette ist heute verboten worden. Oberingenieur Dürr von der Luftschiffbaugesellschaft in Friedrichshafen, der gestern hier eingetroffen war, ist wieder abgereist.
Berlin 26. April. Der Prager St ad trat hat, wie aus Prag berichtet wird, beschlossen, den Grafen Zeppelin einzuladen, auf seiner Fahrt von Wien nach Dresden mit dem 2111 in Prag zu landen. Die Debatte über diesen Gegenstand gab zu einer längeren, charakteristischen Auseinandersetzung darüber Anlaß, ob die slavische Stadt Prag den deutschen Luftschiffer empfangen könne. Es wurde hervorgehoben, daß das slavische Prag bereits Franzosen, Russen, Türken und Polen empfangen habe und daß kein Grund vorliegen könne, die berühmte slavische Gastfreundschaft (!) dem Grafen Zeppelin zu verweigern. Das Einladungsschreiben an Zeppelin wird in tschechischer Sprache abgefaßt sein. Ebenso soll der Graf für den Fall,
daß er der Einladung Folge leistet, bei seiner Landung in Prag vom Bürgermeister in tschechischer Sprache begrüßt werden. Der Stadtrat hat ferner beschlossen, alle Maßnahmen zu treffen, um etwaige deutschnatior.ale Demonstrationen bei der Landung Zeppelins zu verhindern. — Einer so ehrenvollen Einladung wird Graf Zeppelin wohl kaum widerstehen können. Freilich wird man in Prag vorläufig warten müssen, bis Graf Zeppelin sich die nötigen Kenntnisse in der tschechischen Sprache angeeignet hat; das dürste bei der ohnedies schon großen Abeitsbürde, die auf dem Grafen Zeppelin lastet, doch einige Zeit dauern. Einstweilen wird die Antwort wohl „auf gut Deutsch" erfolgen.
Berlin 27. April. Die von den Sozialdemokraten anläßlich der Maifeier für den nächsten Sonntag geplanten Straßenaufzüge sind in den Gemeinden Treptow, Oberschönewaide und Zehlendorf durch die Amtsvorsteher polizeilich verboten worden, weil durch sie der öffentliche Verkehr gefährdet werde. In Mariendorf ist die Erlaubnis nur für die Hauptstraße verweigert worden. In einer ganzen Anzahl schlesischer Städte wurden Maifeierversammlungen unter freiem Himmel und Umzüge gestaltet, so in Bunzlau, Mainau, Hirschberg und Görlitz. In Breslau und Liegnitz wurden die Umzüge nicht genehmigt. Auch in Hagen in Westfalen wurde ein Umzug aus Verkehrsrücksichten nicht gestattet.
Brüssel 27. April. Graf Zeppelin hat für Mitte Juni seinen Besuch mit dem 2 IV angesagt. Das Luftschiff wird 14 Tage hindurch Passagierfahrten unternehmen und Graf Zeppelin wird Vorträge über das starre System halten.
London 27. April. Paulhan und Graham White stiegen heute auf, um sich um den von einem englischen Blatt gestifteten Preis von 10 000 Pfund Sterl. für einen Flug von London nach Manchester zu bewerben. Paulhan verließ Handon bei London 5.22 Uhr nachmittags, trat in die Londoner Weichbildsgrenze ein und startete sodann zum Weitflug. White stieg innerhalb des Weichbildes von London auf und startete 6.32 Uhr.
London 27. April. Der Aviatiker Paulh an ist nach Zurücklegung von 120 Meilen bei herein brechender Dunk.'lheit in Litchfield um 8.10 Uhr niedergegangen. White landete in Northampton nach einem Flug von 66 Meilen. Die Distanz London—Manchester, die 134 Meilen beträgt, muß binnen 24 Stunden zurückgelegt sein. Es sind höchstens zwei Zwischenlandungen gestattet.
privat Anzeigen.
Frühjahrsüv«nge«
der
Freiwilligen Feukmehl Calw.
der 1. Comp. Samstag, 30. April, abends 61
(Drillanzug, Mütze),
II. „
Freitag, 29. April, abends 7 Uhr,
III ..
Freitag, 29. April, abends 7 Uhr,
IV.
Donnerstag, 28. April, abends 7 Uhr,
V.
Donnerstag, 28. April, abends 7 Uhr,
VI. „
Donnerstag, 28. April, abends 6ff-Uhr,
VII. ..
Donnerstag, 28. April, abends 7 Uhr.
Kinjtlübilugeu:
Anzug: Gurt, Armband, Mütze.
sämtlicher Compagnien Morrtag, den 2. Mai, abends 6'/» Uhr Anzug: Gurt, Armband, Mütze; Steiger in Drillanzug. Leitung: Adjudant Georgii.
Hauptübung:
Seneralversammlung in der Brauerei vreih.
Mannschaften, die wiederholt bei Uebungen fehlen, sind laut Beschluß des Verwaltungsrats mit höheren Strafen zu belegen.
Vas Tommando.
D r e iß.
Danksagung.
Für die vielen Beweise herzlicher Teilnahme beim Hinscheiden unserer l. Mutter, Großmutter, Schwiegermutter, Schwester, Schwägerin u. Tante
Ernstin- Walz
für die vielen Blumenspenden und die zahlreiche Leichenbegleitung, insbesondere den Herren Ehrenträgern, danken herzlich
die trauernden Hinterbliebenen.
Mauaröeiten.
Zum Neubau des Herrn Matth. Kling sollen die Flaschner-, Gipser-, Schreiner-, Glaser-, Schlosser-, Schmied- und Anstricharbeiten im Akkord vergeben werden. Pläne, Voranschlag und Bedingungen liegen auf dem Büro des Unterzeichneten zur Einsicht auf, woselbst auch die in Prozenten ausgedrückten Offerten bis spätestens Samstag, den 30. ds. Mts., mittags 12 Uhr, obzugeben sind. Der Zuschlag erfolgt iunerbalb 3 Tagen.
Calw, den 26. April 1910. I. A.:
Oberamtsbanmeister Kiefner
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