432

Wirtschaftskammer hat die Bestimmung, die Interessen der württembergischen Landwirtschaft in wirtschaftlicher und technischer Beziehung wahr­zunehmen und zu vertreten. Keßler (Ztr.) beantragt nun, auch die Forstwirtschaft in das Gesetz einzubeziehen und also von da ab immer zu setzenLandwirtschaft und Forstwirtschaft". Ein abweichender Beschluß der Ersten Kammer wird zurückgestellt. Ueber die Ausgestaltung dieser Aufgabe im einzelnen (Abs. 24) besteht bis auf ein paar Kleinigkeiten Uebereinstimmung. Den Wortlaut dieser Absätze siehe im letzten Bericht (Ab.-Bl. vom Samstag). Der Berichterstatter Strobel (B.K.) hat seinen Bericht in der letzten Sitzung vorgetragen. Keßler (Ztr.) begründet seinen Antrag. Wiederholt habe man im Haus darüber geklagt, daß die Forstwirtschaft bezüglich der landwirtschaftlichen Unfallversicherung von der Landwirtschaft getrennt sei. Man könne die beiden nicht trennen, auch nicht hier bezüglich der berufständischen Vertretung der Landwirt­schaft. Landwirtschaft und Forstwirtschaft seien meist von denselben Besitzern vertreten. Der Landwirt und der Forstwart stehen in so enger Beziehung wie die Feldmaus zur Waldmaus. (Heiterkeit.) Im ganzen deutschen Reich sei die Forstwirtschaft in die Landwirtschaftskammern ein­bezogen. Die Waldbesitzer können mit Recht sich beklagen, daß die Regierung Verbesserungen zu ihren Gunsten nie einführe. Die Regierung habe es fertig gebracht, ein Landwirtschaftskammer­gesetz einzubringen, das wie in Art. 1 auch hier in Art. 2 gegen die Stimmung der Bevölkerung völlig verstoße. Als der Redner dann auf Art. 1 näher zurückkommt, bittet Präsident v. Payer, den erledigten Art. 1 aus dem Spiel zu lassen. Keßler: Er wolle ihn bloß zum Vergleich heranziehen. Präsident v. Payer: Er möchte doch auf seiner Mahnung bleiben. Keßler: Er könne das ja umgehen, indem er den Art. nicht nenne. (Laute Heiterkeit.) Präsident v. Payer: Es handle sich nicht um die Nennung des Artikels, sondern darum, daß er seine Mahnung befolge. Keßler: Er wolle nicht zur Geschäfts­ordnung reden. Man könne ebensogut wie die Waldbauern etwa die Wiesenbauern ausschließen. Es wäre ein Segen für das Land, wenn man die Forstwirte in das Gesetz einschlöfse. Die Ausführungen des Abg. Keßler wurden unter­stützt von den Abgg. Schlichte und v. Kiene (Ztr.), dagegen erklärte der Abg. Andre (Ztr.) für eine Minderheit der Zentrumtfraktion, daß diese mit dem Antrag Keßler nicht einverstanden sei. Der Berichterstatter Ströbel wandte sich gegen den Antrag Keßler u. a. mit dem Hinweis, daß durch die Hereinziehung der Forstwirtschaft der Land­wirtschaftskammer nur etwa 15 000 Beiträge zufließen würden, die wieder für die Einrichtung

einer forstwirtschaftlichen Beratungsstelle, für die Lieferung von Pflanzensaatgut ausgegeben werden müßten. Auch Minister Dr. v. Pischek und einige andere Redner traten dem Antrag auf Einbeziehung der Forstwirtschaft in den Geschäftskreis der Landwirtschaftskammer entgegen, und so wurde derselbe schließlich mit ziemlich großer Mehrheit abgelehnt. Dagegen wurde einem Antrag der Abgg. Keßler (Ztr.) und Ströbel (B.K.) gemäß beschlossen, daß die Gärtnerei einbezogen und somit auch wahlberechtigt für die Landwirtschafts­kammer sein soll. Schließlich kam es noch zu einer kurzen Debatte über den von der Ersten Kammer beschlossenen Aufbau der Landwirtschafts­kammer auf dem Landwirtschaftlichen Verein. Eine Reihe von Rednern sprachen sich gegen diesen Beschluß und für den im Regierungs­entwurf vorgesehenen Wahlmodus aus. Nur der Abg. Röder (D.P.) gab der Ansicht Ausdruck, daß auch er einen Aufbau auf den Land­wirtschaftlichen Verein angesichts der großen Be­deutung desselben für die gesamte Landwirtschaft für richtiger gehalten hätte, einen Antrag wolle er indes nicht stellen. Mit 63 gegen 2 Stimmen (Ströbel und Graf-Heidenheim) wurde schließlich der Aufbau auf den Landwirtschaftlichen Verein gestrichen und dem Regierungsentwurf zugestimmt.

Böhmenkirch 26. April. Wie verlautet, ist der Vater des zündelnden Knaben wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

Hochdorf OA. Kirchheim 26. April. Sonntag nachmittag kurz nach 2 Uhr wurden von Südosten kommend 2 größere Luftballons sichtbar. Während der eine unseren Ort in der Richtung nach dem Schurwald überflog, gaben die Insassen des 2. Ballonkorbes durch Flaggen­signale in unmittelbarer Nähe des Orts die Ab­sicht einer Landung kund. Sofort herbeigeströmte Personen suchten dabei behilflich zu sein. Es gelang jedoch erst, nachdem sich das Schlepptau an einem Baumast verfangen, diesen abgerissen hatte und der Ballon noch etwa 80 Meter, den Korb auf dem Boden schleifend, weitergetrieben worden war. Es handelte sich um den Ballon Riedinger", der mit zwei anderen um 12 Uhr mittags in Freiburg im Breisgau aufgestiegen war. Der Gondel entstiegen 4 Herrn, darunter 2 Offiziere. Der 2. BallonBreisgau" ist nach­mittags gegen 4 Uhr zwischen Plüderhausen und Waldhausen gelandet. Er war ebenfalls von 4 Personen besetzt, bei der Landung hat sich ein Insasse an der Hand eine leichte Verletzung zu­gezogen. Der Ballon war am Sonntag vormittag feierlich auf seinen Namen geweiht worden und mit dieser Feier eine Fuchsjagd verbunden, an der sich außer dem BallonRiedinger" auch noch der BallonStraßburg" beteiligte. Letzterer

hatte. Sie hätte es lieber für sich behalten, aber eine Lüge war ihrer geraden Natur unmöglich.

Irmgard schien davon unangenehm berührt, sie versetzte ziemlich kurz:Was zwischen mir und meinem Vetter geschehen, ist nicht zu ändern. Warum mußte er auch Herkommen, da ich es ihm schon einmal sagte, er habe nichts zu hoffen."

Aber er liebt dich doch treu und aufrichtig."

Frau Gerard lachte.Mein Gott, er ist noch ein Knabe", meinte sie achselzuckend,er verwindet es leicht."

Du bist kaum ein Jahr älter."

Ja, aber ich bin so viel reifer, und kenne das Leben von seinen Schattenseiten."

Es kam qualvoll heraus. Ines gutes Herz neigte sich der Frau zu, die das so traurig äußerte: sie kniete neben ihr nieder und legte die Arme um sie.

Du Liebes", sagte Ines weich,ick will nicht fragen, ich will nur Gott bitten, daß er dir einst ein großes Glück schenkt."

Ein großes Glück? Gibt es ein solches?" fragte Irmgard träumerisch. Ich glaube nicht recht daran, wenigstens nicht in dem Sinn, wie du es meinst."

Rätselhafte Worte, die das arglose Kind nicht recht begriff. Auf dem Tisch lag ein aufgeschlagenes Buch, es war der Trompeter von Säckingen, in dem Ines gelesen hatte.

Behüt dich Gott, es wär' so schön gewesen,

Behüt dich Gott, es hat nicht sollen sein."

Da stand es schwarz auf weiß. Irmgards Auge las die Verse. Sie stand schnell auf.

Bitte singe mir etwas", bat sie,etwas Heiteres, willst du?"

Sie schien den frohen Weisen zu lauschen, die die Helle Mädchen­stimme am Piano sang, aber ihr Gefickt hatte wieder den gequälten Aus­druck, der jetzt häufig darauf lag, der von inneren Seelenkämpfen sprach,

landete um 'fi5 Uhr in der Nähe von Horb aus defn-Bildechinger Ried. Er war mit 4 Offizieren bejsetzt.

! Dürbheim OA. Spaichingen 26. April. Ajs- eine Gesellschaft von mehreren Herren aus Tuttlingen einen Ausflug auf den Rußberg machte, war darunter ein Zahntechniker, welcher eiste scheinbar harmlose Schußwaffe vorzeigte. Mötzlich entlud sich diese und traf den Bauer M. Wild vom Risiberg so unglücklich ins linke Nutze, so daß er in die Klinik nach Tübingen verbracht werden mußte, wo ihm das Auge her­ausgenommen wurde.

Pforzheim 24. April. Gestern abend wurde im Stadtteil Brötzingen der über 60 Jahre alte.Huhrknecht Jakob Brezing von einem Pfekv derart an die Brust geschlagen, daß er nach 1 Stunde starb. Brezing, ein gelernter Kühler hatte vor 31 Jahren gemeinsam mit einem gewiWn Peter Geisel, des letzteren Schwager, den Waldhüter Britsch, als dieser sie beim Wildern überraschte ermordet. Beide wurden damals zun; Doch 'verurteilt und zu lebenslänglichem Zuchthaus begüWgt. Geisel starb im Zuchthaus. Brezing wurdemach 28 Jahren auf Wohlverhalten ent­lassAr und arbeitete dann hier als Kübler, Küfer odet^, Fuhrknecht.

.Sigmaringen 26. April. Hofmarschall- amthsekretürs Mrüzek wollte aus seiner Pirsch­büchse einige Probeschüsse machen und begab sich zu tzjesem Zweck in den städtischen Waldbezirk Berbpxstal unterhalb des Nollhofes. Da er den Berschlpßkopf nicht angeschraubt hatte, sondern aus Persehen in der Tasche trug, wurde beim erstes Schuß der Gewchrverschluß rückwärts hinaltsgeschlagen und traf den Schützen mitten zwisUeN die Augen. Durch die Eisenteile wurden die Mse und der rechte Daumen stark verletzt und Die mit großer Gewalt entweichenden Pulver- gaseWaubten den Schützen des Sehvermögens. Er Weint einige Zeit lang ohnmächtig gewesen zu sein. Als er wieder zu sich kam, versuchte er, Mm er um Hilfe rufend, den Heimweg zu findsn/ Der Unfall ereignete sich um 5 Uhr nachmittags und erst um 2 Uhr nachts kam der Unglückliche, auf Händen und Füßen kriechend, zu dem Hause des Landwirts Stöhr in der Leopoldsstraße, wo seine Hilferufe Gehör fanden. Vont'dtm Blutverlust und den überstandenen Schmerzen und Aengsten erschöpft und am ganzen Leibs ttwr Kälte zitternd, wurde Mrozek in seine WohvSng geleitet und sofort der Arzt herbei­gerufen, der seine sofortige Ueberführung nach TübMen anordnete.

ftBerlin 26. April. Gestern arbeiteten 9 Mmrn auf dem Gerüst zu einem Neubau in

von denen niemand etwas aWn durfte. Auf Ines Bitte nahm Frau Gerard ihren Platz am JnstrÄnent ein.

Ihre schlanken Finger Dtten über die Tasten.

Sie spielte wieder die Bibeliusschen Kompositionen, die Valse triste mit so tiefem Gefühl, daß JnEdavon erschüttert war, dann ein Notturno von Chopin, das sie variiertes,

Du bist eine Künstlerm/ Irmgard", rief Ines,wie schade, daß du nicht Konzerte gibst."

Einst war es mein Wünsch, Kleine siehst du, ich habe das Praktischere erwählt, ich wurdö lieber eine reiche Frau."

Und hat dich das glücklich gemacht?" rief Ines leidenschaftlick. Konnte es dir genügen?"

Darüber spricht man yhtzt." Eisige Abwehr lag in dem Ton der Worte. ^

Ein leises Stöhnen aus dem Kaminzimmer unterbrach das Gespräch. Barry hatte sich halb erhoben und winselte kläglich. Frau Gerard und Ines eilten zu ihm. Jrmg«A kniete neben dem Hund nieder, der arge Schmerzen haben mußte, derEer sah mit fast menschlich leidenden Augen empor, als Ines ihn streichelte^ Gleich darauf fiel er schwerfällig zur Seite.

Ach, Irmgard, was fehlt ihm?" schluchzte Ines.

Der Hund ist sehr krank, er muß etwas gefressen haben, was ihm Schmerzen bereitet", sagte Fräulein Körner, die schon durch die Musik von ihrem Schläfchen erwacht war.

, Ja, das glaube ich auch", meinte Frau Gerard.

Vorige Nacht bellte Börry im Garten und schien jemand zu ver­folgen", erzählte Ines.Wahrscheinlich war es einer der Arbeiter vom Hochofen, der sich die letzten Aepfel vom Baum holen wollte. Wenn er nur dem armen Tier nicht durch vergiftetes Fleisch geschadet hat. Wir haben es immer gefürchtet, Hardy und ich. Ach, wäre er doch schon da, was sollen wir tun?" jammerten die beiden.

-(Fortsetzung folgt.)