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Amtr- snd AszeigMstt für den Gheramtr-ezirk Calw

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Mittwoch, -rn 20. April 1910

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Amtliche Bekan«tmachtt»gen.

Erlaß a« die Ortsbehörden

betr. die Verzeichnisse über gewerbliche Betriebe, welche der Gewerbe-Aufsicht unterstehen.

Die Ortspolizeibehördea werden aufgeforderl, die ihnen zugegangenen Verzeichnisse über

1) die in den Gemeinden vorhandenen gemäß 8 154, Abi. 24 der Gewerbeordnung und

M Min.-Erlaß vom 9. September 1999 (Min.- A.-Bl. S 361) der Gewc beaufsicht unterstehen­den gewerblichen Betriebe, wozu auch die in ß 1 der Kaiserlichen Verordnung vom 21. Fe­bruar 1907 (Reichsgesetzbl. S. 65) genannten Werkstätten gehören, in welchen nicht ausschließ­lich zur Familie des Arbeitgebers gehörige Personen beschäftigt werden,

2) Backereien und Konditoreien,

"" 3) Gast- und Schaulwirtschaften, ck. Min.-Erl.

' vom 27. Dez. 1902, Min.-A.-Bl. 1903, S. 1,

4) gewerbliche Betriebe, welche fremde Kinder beschäftigen, ck. Min.-Erl. vom 24. Februar 1905, Mtn.-A.-Bl. S. 120,1

5) Betriebe, in denen Maler-, Anstreicher-,

. Tüncher-,Weißbinder-oderLackiererarbeite»

ausgeführt werden, ck. Min.-Erl. vom 26. Jan. 1906, Min.-Amtsbl. S 17, auf den neuesten Stand ergänzt, bezw. mit beurkundeten Fehlanzeigen sofort hieher wieder vorzulegen.

6) Ferner find, falls im vergangenen Jahr in einer Gemeinde Roßhaarspinnereien, Haar- und Borstenzvrichtereien oder Bürsten- und Pinselmachereien entstanden sind, Verzeichnisse nach Ziffer III, Min.-Erl. vom 27. Dezbr. 1902, Min.-Amtsbl. 1903, S. 1. sofort einzusenden.

7) Desgleichen haben die Ortsbehörden hieherzu be­richten, welche Steinbruch- oder Steinhauerei­betriebe, die unter Ziff. IV der genannten Min.-Verfügung fallen, in der Gemeinde vor­handen find.

Die Vorlagen haben als portopflichtige Dienstsache zu erfolgen.

Calw, 16. April 19lO.

K. Oberamt. Amtmaim Ripp mann

TagesAeuißkeiten.

Teinach 20. April. Ein in vergangener Nacht um '/-II Uhr in Straßburg auf­gestiegener Militärballon landete heute Nacht um '/-I Uhr bei der Station Teinach. Der Ballon war mit 3 OMeres besetzt. Der Ballon soll auf seiner Fchrt eine Stunden­geschwindigkeit von 90 km gehabt haben.

Ostelsheim 19. April. Eine Versamm­lung von mehr als 100 Personen fand sich am letzten Freitag abend an der auf das geschmack­vollste hergerichteten Tafel im Saale des Gast­hauses z. Rößle zusammen, um an dem Schluß­essen des in den letzten Wochen hier abgehaltenen KochkurseS teilzunehmen. An demselben be­teiligten sich 11 hiesige BürgerStöchter; die treff­liche Leiterin des Kurses war Frln. Brodbeck aus Liebenzell. Das Zustandekommen des Kurses ist einzig und allein dem hiesigen Ortsvorsteher, Hrn. Schultheiß Maulbetsch, zu verdanken, der keine Mühe gescheut hat, die glückliche Durch­führung desselben zu ermöglichen. Der Erfolg blieb denn auch nicht aus, selbst ein verwöhnter Gaumen dürfte an dem Schlußessen auf seine Rechnung gekommen sein. Erschienen waren unter vielen anderen auch der Landtagsabgeord­nete des Bezirks, Hr. Verwaltungsaktuar Staudenmeyer, und als Vertreter des Land- wirtschaftl. Bezirksvereins der Sekretär desselben, Hr. Oberamtspfleger Fechter von Calw. Von verschiedenen Rednern wurde dem lebhaftesten

Bedauern Ausdruck gegeben, daß unser leider viel zu früh verschiedener, hochverdienter Oberamtsvorstand, Hr. Regierungsrat Voelter, nicht mehr in unserer Mitte weilen konnte. Viel Heiterkeit erregte die launige Tafel­rede des Hrn. Lehrer Walter, der das Zu­standekommen des Kurses schilderte und Worte des Dankes an den Hrn. Ortsvorsteher richtete. Der Hr. Landtagsabgeordnete gab seiner Aner­kennung darüber Ausdruck, daß sich in gegen­wärtiger Zeit ein bedeutender Fortschritt auf allen Gebieten des wirtschaftlichen Lebens und zwar nicht bloß in der Stadt, sondern auch, auf dem Land bemerkbar mache. Hier zeige sich dieser Fortschritt nicht bloß in materieller, sondern auch in idealer Hinsicht, das beweisen die gelungenen musikalischen Vorträge (2 Violinen und Klavier) und der Vortrag verschiedener Lieder durch den ebenfalls anwesenden Gesangverein. Das Schluß­wort sprach der Ortsgeistliche, Hr. Pfarrer Zeller. Als äußeres Zeichen der dankbaren Verehrung ließen die Kochschülerinnen an ihre verdiente Lehrerin, Frln. Brodbeck, durch den OrtSvorsteher ein prächtiges Bild überreichen, während diese durch einen Verwandten von Frln. Brodbeck, Hrn. Fabrikant Weber aus Pforz­heim, mit je einem hübschen Bröschchen mit Be­gleitschreiben überrascht und erfreut wurden. Besonderer Dank sei auch an dieser Stelle noch Frau Bäckermeister Fenchel ausgesprochen, welche in zuvorkommender Weise ihre Räumlich­keiten zur Abhaltung des Kurses zur Verfügung gestellt hatte.

Neuenbürg 19. April. Die Gründungs­versammlung der Kraftwagen-Gesellschaft Neuenbürg-Herrenalb ist nunmehr erfolgt. Die Zeichnungen der Stammanteile sind so zahl­reich, daß das Unternehmen ins Leben gerufen

Bernhard von der Eiche.

Roman von Baronin Gabriele v. Schlippenbach.

(Fortsetzung.)

Um halb fünf Uhr fuhr der offene Wagen mit den beiden schönen Rappen am Hochofenwerk vorbei zur Station.Der Gast wird abgeholt," dachte Bernhard. Ich dachte, sie würde ihm entgegenfahren. Ist es Koketterie oder Gleichgültigkeit, wenn sie es unterläßt?"

Der Pfiff der Lokomotive sagte dem Hochofenchef um fünf, daß der aus Luxemburg kommende Zug in den Rößlinger Bahnhof eingelaufen war. Bald darauf fuhren die Rappen in schnellem Trabe vorüber; ein Herr lehnte in den seidenen Polstern.

Recht unlustig kleidete Eiche sich an, als die Stunde des Diners heranrückte. Er wäre am liebsten unter irgend einem Vorwände weg­geblieben, er konnte es nicht ohne unhöflich zu sein.

Bernhards hohe, geschmeidige Gestalt sah im Frack besonders stattlich aus Seine männliche Erscheinung kam auch heute zur Geltung, als er den schon von den Geburtstagsgästen gefüllten Salon Frau Gerards betrat. Ines eilte dem Bruder entgegen. Ihr Gesicht glühte und sie flüsterte ihm zu:Ach Hardy, gut, daß du kommst, denke dir, Graf Frauen­feld ist gekommen."

Frau Gerard stand mitten im Kreise ihrer Gäste, die aus Dieden- hofen, Luxemburg, Rößlingen und Umgegend herbeigeeilt waren. Wie eine Königin sah sie aus in ihrer schlanken Anmut, in dem schlichten, weißen Kleide. Es sprach für ihren feinen Takt, daß'sie als Wirtin so einfach gekleidet war> Der einzige Schmuck, den Irmgard trug, waren zwei herrliche Rosen, eine dunkelrote und eine gelbliche; Bernhard erinnerte sich, daß sie seinen Strauß in dieser Farbenzusammenstellung bewundert hatte. Ob die duftigen Blüten seiner Spende entnommen waren? Wohl

nur, weil es so schöne Exemplare waren, das sagte er sich. An dem vierten Finger der weißen Rechten Frau Gerards glänzte der goldene Trauring des alten Mannes, dessen Weib sie geworden war.Um des Geldes willen", dachte Bernhard fast zornig,deshalb hatte sie ihm ihre Jugend verkauft." Ein Gefühl der Mißachtung wollte über ihn kommen. Da hing das Oelbild des Mannes, der die Millionen zusammengescharrt hatte, dessen Fuchsgesicht malitiös zu lächeln schien, als ob es sagen wollte:Ich habe dich noch übers Grab hinaus gebunden, Irmgard, ent­sage dem Luxus, der dich umgibt, verzichte auf den Reichtum, an den ich dich gewöhnt habe, um der Liebe willen, die einmal doch über dich kommen muß, und die du bisher nicht kanntest."

Neben Frau Gerard stand ein Fremder, ein hübscher, blonder Herr, der noch sehr jung und knabenhaft aussah. Als der Hochofenchef sich ihr näherte, stellte die junge Frau ihn vor.

Mein Vetter, Graf Frauenfeld, Baron v. d. Eiche."

Sie schüttelten sich die Hand und wechselten einige höfliche Redens­arten. Irmgard ist zurückgetreten und einen Moment ruhte ihr dunkles Auge auf den beiden, auf der kraftvollen, männlichen Gestalt, und dem energischen Gesicht des Hochofenchefs, wie auf dem hübschen, jugendlichen Aeußeren des kaum dreiundzwanzigjährigen Verwandten.Wie verschieden sie sind", dachte sie ; dann widmete sie sich den älteren Mitgliedern der Gesellschaft. Aus Diedenhofen waren einige Offiziere mit ihren Damen herübergekommen. Ines kannte mehrere von ihnen, da sie mit dem Bruder in der Garnison gewesen war. Ein schmucker Leutnant machte dem jungen, hübschen Mädchen den Hof; in ihrer harmlosen Art scherzte und lachte Ines mit ihm. Sie blickte auf, als Graf Frauenfeld sich ihr näherte und ihr den Arm bot. Eben hatte der Diener die Tür zum Speisesaal geöffnet und die Herrschaften zu Tische gebeten.

Ich, ^ ich glaubte Sie Sie würden Frau Gerard führen", platzte Ines etwas erschreckt heraus.