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Dienstag, den 19. April 1910

Vemgspr. i.d. Grcurt'/^jührl.m.Trägers.Äk. 1.25. Pvsrbezuge^r f.r. OrtS- u. Äcachbarortroerk. ' «iLhrl.Mt. 1 . 22 . im FernverteLr HLk. I.Lv. BrkLell-. in Dürtt. SV Pfg., in Bayern u. Reich 42 Psg.

TageALMiskeite«.

Calw. (Hansa-Bund.) Wir weisen nochmals darauf hin, daß morgen Mittwoch, 20. ds. abends 8 Uhr, im Hotel Waldhorn eine öffentliche Versammlung des Hansa- Bundes für Gewerbe, Handel und Industrie stattfindet, wobei dessen württembergischer Ge­schäftsführer, Herr Redakteur H. G. Bayer- Stuttgart über das Thema:Unsere Wirt­schaftspolitik und das wirtschaftliche Programm des Hansa-Bundes" sprechen wird. Hiezu sind alle Schichten von Gewerbe, Handel und Industrie eingeladen.

Stuttgart 18. April. Wie dasDeutsche Volksblatt" hört, hat Pfarrer Kolb in BooS gegen denBeobachter" wegen Weiter­verbreitung der Verleumdung betreffs angeblicher sittlicher Verfehlungen Strafantrag gestellt. Eine Berichtigung gemäß Z 11 des Preßgesetzes, in der Pfarrer Kolb die fraglichen Behauptungen als erfunden erklärt, hatte derBeobachter" abgelehnt und wird sich Hiewegen vor dem Straf­richter zu verantworten haben.

Stuttgart 18. April. In Württemberg find nach den derSchwäbischen Tagwacht" bisher vorliegenden Ergebnissen Maurer ausge­sperrt an folgenden Orten: Stuttgart 920, Eßlingen 70, Göppingen 80, Heidenheim 20, Heilbronn 195, Ludwigsburg 44, Reutlingen 150, Schramberg 2, Tübingen 80, Ulm 21, Zuffen­hausen 18. Insgesamt sind danach 1600 Maurer ausgesperrt, das sind 50 Prozent der Organi­sierten.

Stuttgart 18. April. Auf dem Pferde- markt herrschte den ganzen Tag ein lebhafter Verkehr. Es wurden zahlreiche Käufe abge­schlossen. Gute Preise wurden hauptsächlich für

schwere Pferde erzielt. Auf dem Hundemarkt war der Handel nicht besonders lebhaft. Nach­mittags fand im Hotel Marquardt das übliche Pferdemarktessen statt.

Stuttgart 18. April. (Strafkammer.) Am 22. Februar rief in Ludwigsburg ein Zivilist einer Abteilung Soldaten, die auf dem Arsenal­platz Anschlag- und Zielübungen machte, fort­während zu:Laßt doch das Gewehr fallen, schmeist es weg." Der Hauptmann, der das Geschrei hörte, ließ den Namen des Zivilisten feststellen; es war der ledige Küfer Adolf Müll er von Asperg. Müller hatte sich nun heute wegen Vergehens gegen H 112 Str.-G.-B. vor der Strafkammer zu verantworten. Er machte geltend, er habe die Aeußerung in der Betrunkenheit getan und sie nicht ernst gemeint. Das Urteil gegen ihn lautete auf 5 Wochen Gefängnis.

Ludwigsburg 18. April. Die Ent­hüllung des Denkmals für David Friedrich Strauß wird am Sonntag den 22. Mai er­folgen. Für die Festrede ist Professor Dr. Theobald Ziegler in Straßburg gewonnen. Der Vorsitzende des Komitees wird das Denkmal der Stadt Ludwigsburg übergeben, in deren Namen es von Oberbürgermeister Dr. Hartenstein übernommen wird. Auch ein Mitglied der Familie Strauß wird das Wort ergreifen. Nach Schluß der Feier, die von musikalischen Vorträgen um­rahmt ist, findet im Bahnhotel ein gemeinsames Mahl statt. Der Tempel, welcher die Strauß­büste aufnehmen wird, ist jetzt nahezu vollendet; er steht in der Nähe der bekannten Emichburg, wie diese auf einem vorspringenden, steil ab­fallenden Hügel, inmitten alter Tannen auf einem Platz von stimmungsvoller Abgeschiedenheit und Stille.

Erbstetten OA. Marbach 18. April. Eine schreckliche Kunde durcheilte am letzten Samstag morgen unseren ruhigen Ort. Hermann Baiers Wwe. hat ihrem 3jährigen Mädchen mittelst eines Beiles den Kopf vomRumpfe gehauen und sich selbst schwere Verletzungen beigebracht, so daß die Verbringung ins Kranken­haus notwendig wurde. Spuren von Geistes­störung sollen an der Frau schon längere Zeit beobachtet worden sein.

Heilbronn 18. April. Großes Aussehen erregt die Verhaftung des Schultheißen Bosch von Stockheim OA. Brackenheim, der mehrerer Unterschlagungen beschuldigt wird. Die Vergehen und Verbrechen sollen sich auf eine lange Reihe von Jahren erstrecken und im ganzen auf sehr bedeutende Beträge belaufen. Bosch wurde von der hiesigen Polizei bereits dem Gericht vor­geführt. Die veruntreute Summe soll 100 000 ^ übersteigen. Bosch ist in vollem Umfang geständig. Geschädigt sind, soweit bis jetzt bekannt ist, haupt­sächlich der Vorschußverein und die Sparkasse in Breiten. Schultheiß Bosch, der in den 60er Jahren steht und Familie hat, ist, wie die Neckarztg." erfährt, am Sonntag vormittag von zwei Heilbronner Beamten in Zivil verhaftet und von ihnen sofort nach Heilbronn transportiert worden. Bosch ist seit vielen Jahren Schultheiß in der ca. 500 Einwohner zählenden katholischen Gemeinde Stockheim. Er betrieb einen umfang­reichen Weinbau, hat auch eine Weingärtner- genofsenschaft dort gegründet. Daß er sich in mißlichen VermögenSverhältnifsen befand, war seit langem in der Gemeinde und darüber hinaus bekannt. Der Zusammenbruch wurde beschleunigt durch die letzten Fehlherbste, sowie durch die Uebernahme des Gasthauses z.Sonne", das er für einen Schwiegersohn erwarb und baulich

Sernhard von der Eiche.

Roman von Baronin Gabriele v. Schlippenbach.

(Fortsetzung.)

An diesem Tage zogen wieder die weichen Klänge des Kornetts durch Rößlingen. Sie zogen auch zum Schlößchen Frau Gerards hinauf. Diese stand in der Loggia und hörte sie, aber noch ehe das Instrument verstummt war, ging sie ins Zimmer, mit fester Hand die Tür schließend.-

Weißt du, Hardy, Freitag ist Irmgards Geburtstag", erzählte Ines nach einigen Tagen,wir müssen gratulieren."

Bernhard sah auch die Notwendigkeit ein. Er bestellte bei einem Kunstgärtner in Luxemburg ein Bukett dunkelroter und gelblicher Rosen, das am Morgen eintraf. Ines hatte eine Torte gebacken und eine zier­liche Handarbeit angefertigt. Sie wartete voll Ungeduld auf den Bruder, der sich etwas verspätete.

Nun, Hardy, es ist bald 1 Uhr!", rief sie.

Ja, Kleines, aber ich konnte nicht früher loskommen, eine Kefsel- reparatur ist im Gange."

Hu, wie du aussiehst! Wie ein Schmied, der vor der Esse gestanden hat! Hände und Gesicht sind schwarz. So geh doch und mach dich schön, aber beeile dich, wir sind gewiß die letzten Gratulanten."

Trotz dieser Ermahnung brauchte Bernhard über eine Viertelstunde, bis er im schwarzen Rock, den spiegelblanken Zylinder auf dem Kopf, erschien.

Ines sah ihn stolz an und zupfte an seiner Kravatte.

Du bist doch ein stattlicher Mann, Hardy!"

Sie reckte sich auf den Fußspitzen und küßte ihn zärtlich.

Barry lies neben dem Wagen her, der die Geschwister nach Mon Repos brachte, der schöne Hund und Frau Gerard waren große Freunde geworden. Ines hatte recht gehabt. Sie waren die letzten, die der

Herrin des Schlößchen Glück zu wünschen kamen. Irmgard war heute vierundzwanzig Jahre alt. Sie stand im Zenith ihrer Jugend und Schönheit. Heute lag ein weicher Ausdruck auf ihren gewöhnlich ernsten, oft sogar strengen Zügen. Sie hatte viele Freundlichkeiten entgegengenommen; Briefe und Depeschen waren aus der fernen Heimat angelangt. Eine frohe Stimmung beherrschte sie. Es war doch gut, reich und umworben zu sein, jung und frei.

Frau Gerard dankte Ines herzlich für ihre Gaben und umarmte sie; Bernhard stand einige Schritte zurück. Auch er sprach einige beglück­wünschende Worte und überreichte den Strauß.

O, welch herrliche Blumen!" rief Irmgard überrascht,und noch dazu Rosen in der Zusammenstellung, die ich besonders liebe. Ich danke Ihnen, Herr Baron."

Mit einem reizenden Lächeln bot sie ihm die Hand, die er an die Lippen zog und flüchtig küßte. Er ließ sie dann sogleich fallen; es sah aus, als habe er einer gesellschaftlichen Pflicht genügt.

Zum ersten Male war der Hochofenchef in dem Heim Frau Gerards. Man saß in dem Salon, der an das Boudoir der Hausfrau stieß. Bern­hards feiner Geschmack fühlte sich angenehm berührt durch die gediegene, harmonische Zusammenstellung der Möbel, Portieren und Teppiche. Wahrlich, dieser reiche, alte Mann hatte es verstanden, seinem jungen Weibe ein mit jedem Komfort ausgestattetes Nest zu bauen. Und sie selbst paßte in dieses auserlesene Ganze. Sie trug ein schlichtes, creme­farbenes Voilekleid und sah darin mädchenhaft lieblich aus, nicht wie eine Frau, die zwei Jahre verheiratet gewesen war. Aber war sie nicht die größere Hälfte davon die Krankenpflegerin des greisen Mannes gewesen, dessen großes Oelbild im breiten, vergoldeten Rahmen Bernhard gerade gegenüber hing? Er stutzte, als er in dieses scharf geschnittene, bartlose Antlitz mit dem schlauen, verschlagenen Zug um den Mund blickte. Wo