MWWe
D8M
Amts- Airö MzsigeHlatt für den Oheramttbezitt Calw
79
85. Iichr-avs.
MM-
Mp->.
MWZW
kL-» .--
Gr!ch»i»un-1tas«: Moata», Lienütas, Mittwoch, r »ak!»!ttag, Freitag und iamitaz. Jnsertionlpreir '-> Usg, pro Ass!« sür Btabt u. vszirirort«! außer Bezirl t» Vfg.
Donnerstag, -en 7. April 1910.
TageK«e«ig!eitev.
-)(- Calw 7. April. Gestern nachmittag fand die Beerdigung von Oberamtmann Regierungsrat Voelter statt. Eins überaus große Trauerversammlung aus Stadt und Land gab dem Dahingeschiedenen das letzte Geleite. Am Zuge beteiligten sich 2 Kompagnien der hiesigen Freiwilligen Feuerwehr, das Bezirkskommando, das Landjägerkorps, die Staatsbeamten, der Veteranenverein, die bürgerlichen Kollegien von Calw, die Schultheißen der Landgemeinden und eine fast endlose Zahl von Männern und Frauen. Die Stadtkapelle spielte während des Zuges auf den Friedhof einige Trauermärsche und auf dem Friedhof selbst beim Eingang das Lied „Laßt mich gehen". Der Sarg wurde von Landjägern zum Grabe getragen. Die tiefergreifende Grabrede hielt Dekan RooS über den Text Jesaia 45,15. Der Geistliche schilderte den Lebensgang und das verdienstvolle Wirken des Entschlafenen und zählte die Werke auf, die der Verstorbene geschaffen und besten Tun und Arbeiten beseelt gewesen seien von lauterer Gottesfurcht und einem allezeit heitern und fröhlichen Gemüt, das dem Dahingeschiedenen über manche Widerwärtigkeiten hinweggeholfen habe. Der Verstorbene sei ein offener, aufrichtiger Charakter gewesen, mit dem der Bezirk wohl beraten gewesen sei. Nach dem Geistlichen wurden mehrere Ansprachen gehalten, die alle einen Beweis gaben von der Wertschätzung und Hochachtung, die der Verstorbene genießen durfte und ein beredtes Zeugnis seines liebevollen, selbstlosen Wesens, seiner großen Arbeitslust und seiner trefflichen Charaktereigenschaften waren. Kränze wurden niedergelegt von dem Präsidenten der Kreisregierung in Reutlingen im Auftrag des Ministeriums des Innern, von Amtmann Rippmann für das Oberamt und den Bezirksrat, von einem Vertreter von Herrenberg für die Amtskorporation, von Stadtschultheiß Müller in Neubulach für die Schwarzwaldwassergruppe, für
die Ortsvorsteher, für den Gemeindeverband Elektrizitätswerk Calw und für die Korporationsbeamten, von Oberamtspflsger Fechter für den landwirtschaftlichen Verein und von Präzeptor Baeuchle für den Bezirksobstbauverein. Ein Choral beschloß die ernste Feier. Innige Anteilnahme zeigte sich bei der großen Trauerversammlung, die das Bewußtsein hatte, einen guten Mann begraben zu haben. — Regierungsrat Voelter war seit 1894 Vorstand des Oberamts und erreichte ein Alter von 62 Jahren.
— Gechingen. Nach einer Mitteilung der Hamburger Polizeibehörde ist der 30 Jahre alte ledige Kellner Gottlob Gräber von hier am 30. vor. Mts. im Hafen von Hamburg als Leiche aufgefunden worden. Erging in der Nacht vom 1./2. Januar von seiner Wohnung in Hamburg weg, um an Bord des Dampfers „Amerika" der Hamburg-Amerika-Linie, auf dem er als Steward angestellt war, zu gehen. Seither wird er vermißt. Ob ein Unglücksfall oder ein Verbrechen vorliegt, konnte nicht festgestellt werden.
Simmozheim 6. April. Durch den kgl. Landesfeuerlöschinspektor Herrn Bauinspekjor Zimmermann aus Stuttgart wurde heute in Anwesenheit der Herren Oberamtsbaumeister und Bezirksfeuerlöschinspektor Kiefner, Schultheiß Reiff, sowie des Kommandanten Schwämmle mit seinem Steigerzuge die neue 11 in hohe, fahrbare mechanische Feuer- und Rettung s l e i t e r einer Uebernahmsprüfung unterzogen. Die in allen Teilen sehr schön ausgeführte Leiter wurde von der Firma Vereinigte Feuerwehrgerätefabriken G. m. b. H. in Ulm a. D. geliefert und in der Fabrik von I. G. Lieb in Biberach a. Riß gebaut. Die eingehenden Untersuchungen auf verwendetes Material, sowie vorgenommene Proben und Belastungen ergaben, daß das Geräte den weitgehendsten Ansprüchen genügt. Durch aus-
gesührte Manöver wurde die große Beweglichkeit und einfache Handhabung bewiesen und ist durch die Indienststellung dieser Leiter die Schlagfertigkeit und Hilfsbereitschaft unserer freiwilligen Feuerwehr wesentlich erhöht worden.
Stuttgart 6. April. Die Generaldirektion der Staatseisenbahnen verfügte im Anschluß an die bekannten Prozesse des alten Eisenbahnverbandes folgendes: In letzter Zeit mußten mehrfach Ordnungsstrafen gegen Unterbeamte wegen wörtlicher und tätlicher Beleidigung anderer Unterbeamten verhängt werden. Auch mußte mehrfach die Unterlassung der in 8 11 der Allgemeinen Dienstvorschriften vorge- geschriebenen Anzeige von Strafklagen und Strafanzeigen gerügt werden. Die Dienststellen werden daher angewiesen, den ihnen unterstellten Unterbeamten und Hilfsunterbeamten unter Hinweis auf 8 3 der Allgemeinen Dienstvorschriften die Pflicht der Verträglichkeit gegen Gleichgestellte erneut einzuschärfen und sie darauf hinzuweisen, daß Strafklagen und Strafanzeigen gegen andere Unterbeamte erst dann eingereicht werden dürfen, wenn die Generaldirektton auf die nach 8 H der Allgemeinen Dienstvorschriften zu erstattende Anzeige Entscheidung getroffen hat. Bei künftigen Zuwiderhandlungen gegen die 88 3 und 11 der Allgemeinen Dienstvorschriften wird die Generaldirektion mit empfindlichen Strafen Vorgehen.
Stuttgart 6. April. (Schöffengericht.) In der Gemeinde Schwaikheim, OA. Waiblingen, waren im September vorig. Js. 500 Mann Infanterie einquartiert. Die Verteilung der Quartierlast erregte unter der Bürgerschaft große Unzufriedenheit. Es wurde darüber geklagt, daß die ärmeren Bürger mehr belastet wurden, als die wohlhabenderen. Hauptsächlich sprach man davon, daß der Schultheiß keine Einquartierung hatte. Der Schultheiß war auf sein Ersuchen von der Quartierkommission befreit worden, die Quartterkommission hatte ihm zuerst
Bernhard von der Giche.
Roman von Baronin Gabriele v. Schlippenbach.
(Fortsetzung.)
Noch immer lagen ihre Arme wie Schutz suchend um seinen Hals; in der Bestürzung hatte die Fremde sie über Bernhard geworfen. Er ließ sie sanft niedergleiten.
„Das hätte schlimm werden können", sagte er und eine tiefe Erregung zitierte in seiner Stimme.
„Ich verdanke Ihnen mein Leben, mein Herr, ohne Ihre Da-
zwischenkunft läge ich jetzt tot oder verstümmelt da."
Sie schauderte. Ein Gefühl der Ohnmacht kam über sie. Er hielt sie noch immer gestützt. Jetzt winkte er seinem Führer und sie legten sie auf eine vom Schnee freie Stelle. Bernhard trat zur Seite.
Als die Fremde die Augen aufschlug und als er sah, daß sie sich aufrichtete, zog Eiche den Lodenhut.
„Ich empfehle mich Ihnen", sagte er sehr fremd und höflich.
Im nächsten Moment verschwand er hinter einem Felsen.
Sie war aufgesprungen. Es schien, als ob sie ihm Nacheilen wollte,
aber dann trat ein trotziger Ausdruck in ihr schönes Gesicht. Leicht
stampfte sie mit dem Fuß auf und schweigend machte sie sich auf den Weg nach Lauterbrunnen.
Randens waren jetzt anderthalb Jahre verheiratet und nach außen hin schien alles glatt zu gehen. Man verstand von beiden Seiten es einzurichten, daß die lieben Nächsten nicht hinter die Kulissen sahen.
Wenigstens glaubten es sowohl Herta als auch ihr Mann. Was das Ehepaar an innerem Zwiespalt, Kämpfen und Auseinandersetzungen durchmachte, war nicht wenig. Die Dienstboten merkten oft eine Verstimmung; sie waren alle auf der Seite des Herrn, dem sie seit langen Jahren dienten. Und Herta merkte es. Sie versuchte erst, den treuen, alten Diener durch einen jüngeren Lakaien zu ersetzen, aber Randen weigerte sich. Es gab Fälle, wo er energisch blieb, dann half alles Bitten, alles Schmollen seiner Frau nicht.
„Er hat einen Eisenkopf", pflegte Herta zu denken.
Wenn es galt, seine eigene Bequemlichkeit, seine persönlichen Wünsche aufzugeben, tat Randen es gern. So reiste er zweimal mit Herta auf mehrere Wochen fort.
Sie besuchten die Schweiz und waren im Frühjahr in Paris, das zweite Mal in einem eleganten böhmischen Modebade, da Herta behauptete, angegriffene Nerven zu haben. Aber es war von keiner Erholung die Rede. Bunte Geselligkeit füllte die Tage aus und Randen konnte es nicht mehr erwarten, heimzukehren. Die Zeit der Arbeit fing für den tätigen Landwirt an und er sehnte sich darnach, auf seinem Reitpferde über die heimatliche Flur zu traben. Herta begriff das nicht. Sie verstand es nicht, daß es ein Vergnügen war, von früh bis spät im Sattel zu sein und nach dem Rechten zu sehen, daß die Freude am rüstigen Schaffen auf eigener ererbter Scholle volle Befriedigung gewähren kann.
Sie hatte sich im linken Seitenflügel des Schlosses ein Atelier eingerichtet. Bereitwillig hatte ihr Mann das Zimmer nach ihrem Wunsche umgebaut, zwei große Fenster in die dicken Mauern brechen und den Boden mit schönem Mosaik täfeln lassen. Die von der Hochzeitsreise mitgebrachte Draperie, die Marmorstatuetten und antiken Kunstgegenstände