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Herrenberg 30. März. Die Sektion der Leiche des am Ostersonntag abend in Affstätt erstochenen Friedrich Kopp ergab, daß durch den Stich des Täters Friedrich Nüßle von Kuppingen die Halsschlagader getroffen und dadurch der Tod des Kopp verursacht wurde. Der Täter ist geständig, macht Notwehr geltend und gibt an, daß er mit einem Prügel geschlagen, auf den Boden geworfen, und daß auch hinter ihm drein geschossen worden sei. Die vorgenommenen Verhaftungen werden von der Staatsanwaltschaft aufrecht erhalten und es sollen noch weitere bevorstehen.
Nottweil 30. März. Der Bauer I. Eber wein in Isenburg, der seine Ehefrau lange Zeit hindurch in rohester Weise mißhandelt und bedroht hatte, war vor einiger Zeit vom Schöffengericht in Horb wegen Körperverletzung und Bedrohung zu 4 Monaten und 1 Woche Gefängnis verurteilt worden. Die von ihm gegen dieses Urteil erhobene Berufung wurde von der K. Strafkammer verworfen.
Ulm 26. März. Im Gemeinderat hat der sozialdemokratische Gemeinderat Hefele die Frage angeschnitten, ob nicht der Heranwachsenden Jugend Max Eyths Schriften, insbesondere das Werk „Hinter Pflug und Schraubstock" zugänglich gemacht werden könnte, vielleicht durch Veranstaltung einer Volksausgabe, die zum Selbstkostenpreis abgegeben würde. Es wurden Verhandlungen mit der Verlagshandlung eingeleitet. Diese hat sich bereit erklärt, 1000 Exemplare des Buches „Hinter Pflug und Schraubstock" abzugeben unter der Bedingung, daß es nicht in den Handel gebracht und geschenkweise verbreitet wird. Dem soll laut Beschluß der bürgerlichen Kollegien entsprochen und unter eventueller Heranziehung des Schulfonds das Buch nach und nach an eine gewisse Zahl von Schülern abgegeben werden.
Ulm 30. März. (Huldigungsfahrt zu Zeppelin.) Die auf September v. I. anberaumt gewesene, aber verschobene Huldigungsfahrt der König Karl-Ulanen zu ihrem alten Regimentskommandeur Graf Zeppelin nach Friedrichshafen findet jetzt bestimmt im Mai statt. Man rechnet auf eine sehr zahlreiche Beteiligung. Den Tag des Empfangs kann Graf Zeppelin erst in etwa 14 Tagen bestimmen, da im Mai die Luftschiff-Fahrten wieder beginnen.
Wurzach OA. Leutkirch 30. März. Stadtarzt vr. ineä. Pfeilsticker war mit feinem Motorrad auf einer Fahrt nach Schwarzach begriffen, als er einem Fuhrwerk begegnete dessen Pferd plötzlich scheute und trotz allen Anstrengungen des Fuhrmanns nicht mehr zu halten war. Das Tier riß den Wagen um und rannte mit einem Vorderteil sowie mit abgebrochener Deichsel, den Fuhrmann noch eine kleine Strecke nachziehend, davon, vr. Pfeilsticker fuhr hiebei auf das zer- ! trümmerte Gefährt und kam zu Fall, wobei er mehrere, jedoch nicht bedeutende Verletzungen davontrug. Auch das Motorrad war beschädigt. Das davonrasende Pferd wurde in nächster Nähe von einem Arbeiter angehalten und zurückgeführt. Der Fuhrmann kam mit dem Schrecken davon.
Dresden 28. März. (Ballonwettfliegen.) Bei dem vom Sächsischen Verein für Luftschiffahrt veranstalteten Ballonwettfliegen, das gestern in Reick bei Dresden stattfand, stiegen 26 Ballons auf, von denen sich 10 an der Ballonfuchsjagd und 16 an der Weitfahrt beteiligten. Der Fuchsballon „Dresden", Führer Leuert, landete zur vorschriftsmäßigen Zeit in Albersdorf bei Böhmisch-Leipa. Ihm zunächst, 390 Meter entfernt, landete der Ballon Sachsen, Führer Rostosky vom Chemnitzer Verein, er gewann damit den Preis des königlichen Kriegsministeriums. Den zweiten Preis erhielt der Ballon „Stuttgart" von Würt- temb. Verein, den dritten Preis der Ballon „Bitterfeld" vom Bitterfelder Verein, den vierten Preis Ballon „Hewald" vom Berliner Verein. Der König hat einen Preis für die Sieger der Weitfahrt, Klaffe 5, gestiftet, deren Ergebnisse noch nicht vorliegen. Dem Aufstieg wohnten der König und die Mitglieder der königlichen Familie sowie ein nach Tausenden zählendes Publikum bei. '
Innsbruck 30. März. Frau Clara ! Staakmann, die Gemahlin des bekannten j Leipziger Verlegers, hat die Villa Heys es am ! Gardasee angekauft und den Autoren des Verlages Staakmann, darunter Rosegger, Greinz, Otto Ernst u. a. als deutsches Dichterheim gewidmet.
Pest 29. März. Erschütternde Einzel- ! heilen werden der „Franks. Ztg." über die s Katastrophe in Oekörito gemeldet. Der fünfte j Teil, der nach der letzten Volkszählung 1827 > ständige Insassen zählenden Ortschaft ist in den ! Flammen umgekommen. In allen 277 Häusern der Gemeinde hat der Tod seinen Einzug gehalten. Noch jetzt liegen Hunderte festlich gekleideter Leichen, zum größten Teil die Jugend des Dorfes, halbverkohlt, bis zur Unkenntlichkeit entstellt auf freiem Feld; teils mangelt es an genügend helfenden Händen, um die vielen Leichen zu bergen, teils ist die Verzweiflung der Ueberlebenden zu groß, als daß sie sich entschließen könnten, die aufgeschichteten Leichenhügel anzufassen. Aus etwa 30 Nachbarorten sind amtliche und private Aerzte eingetroffen. Leider kann ihre Kunst nicht Helsen, denn auch die wenigen lebend diesem Höllenball Entkommenen haben solch schwere Brandwunden erlitten, daß für sie der Tod eine Erlösung bedeutet. Amtlich wurden bisher 324 Leichen und über 160 Verletzte gezählt, von denen etwa 15 im Laufe der Nacht gestorben sind. Aus den umliegenden größeren Städten wurden gestern 360 Särge nach Oekorito gebracht. Die Beerdigung dürfte in einem gemeinsamen Riefengrab.erfolgen. Die meisten Verunglückten waren reformierten Glaubens. Die Behörde hat eine Zählung der Bevölkerung angeordnet, um eine annähernd verläßliche Liste der Verunglückten zu erhalten. Die eigentliche Ursache der Katastrophe ist noch nicht festgestellt. Einer der Schwerverletzten, der im Szatmä-rer Spital liegt, erklärte, daß das Unglück durch die Explosion einer Petroleumlampe verursacht worden sei. Jedoch erhält sich weiter die Version, daß ein Racheakt der vom Ball ausgeschlossenen Bauernburschen vorliegt, die noch überdies die durch die Leiter von außen vernagelte Eingangstüre im Augenblick des Brandausbruchs von außen verrammelten. Daß das Unglück so furchtbare Ausdehnung angenommen hat, wird auch dem Umstand zugeschrieben, daß mehrere Burschen in dem verzweifelten Todeskampf mit übermenschlicher Kraft eine Seitenwand -der Scheune eindrückten, wodurch das ganze brennende Dach in die Tiefe stürzte und die Menge in der Scheune im Rauch und in den Flammen erstickte.
schrecklicher vahnunglück.
Mülheim a. Rh. 30. März. Heute nachmittag gegen 2 Uhr fuhr der Luxuszug Nr. 174 auf den Militärurlauberzug Nr. 40 im Bahnhof Mülheim a. Rh. infolge Ueberfahrens des Haltesignals. Von den Militärpersonen find verschiedene tot sowie eine Anzahl mehr oder weniger schwer verletzt. Der Betrieb wird über die Güterzugsgeleise geleitet. Die Umleitungen der Schnellzüge von Düffeldorf nach Köln-Hauptbahnhof erfolgen über Neuß. Vier Wagen sind stark, die Lokomotive und zwei Wagen sind leicht beschädigt. Das Unglück ereignete sich an dem Uebergang der Gladbacher Straße in Mülheim. Der Militärzug kam von Hamm und wollte über Köln, Koblenz nach Straßburg i. E.
Mülheim a. Rh. 30. März. Das Eisenbahnunglück ereignete sich nachmittags 2'/- Uhr. In dem Luxuszuge befanden sich 13 bis 16 Paffagiere, von denen niemand verletzt worden ist. Der Oberkellner des Luxuszuges hat eine Verletzung am Kopfe erhalten. Der Speisewagen ist beschädigt. Der Luxuszug hat nachmittags um 5 Uhr die Fahrt nach Genua fortgesetzt. Der Militärzug ist heute vormittag um 9.55 Uhr in Dortmund abgelaffen worden. Eisenbahnminister Breitenbach, der zur Besichtigung der neuen Strecke Köln—Südbrücke—Kalk zufällig hier war, weilt an der Unglücksstätte.
Mülheim a. Rh. 30. März. Soweit
bis abends festgestellt, sind bei dem Zugzusammenstoß 19 Soldaten getötet und 39 sowie 2 Schaffner -es Militärzuges verletzt. Der Minister der öffentlichen Arbeiten, v. Breitenbach, war persönlich an der Unfallstelle anwesend. Die Schuld trifft den Lokomotivführer. Ein Ministerialkommiffar ist sofort zur Unglücksstelle geeilt.
Mülheim a. Rh. 30. März. (Abends 8 Uhr.) Die Angaben über die Zahl der Ver- unglückten schwanken beständig, da sich nachträglich noch Leichtverwundete melden, die im Bahnhofrestaurant in Mülheim verbunden wurden. Ihre Zahl soll sich gegen hundert belaufen. Die verunglückten Soldaten gehören den in Straßburg und Metz garnisonierenden Regimentern 130 und 144 an und wollten sich aus Wanne, Hamm und Soest in ihre Garnison begeben. Der Gouverneur von Köln, General v. Sperling, besuchte die Verletzten in den Krankenhäusern. Münster v. Breitenbach fuhr 7.14 Uhr abends nach Düsseldorf.
Vermischtes.
Aus dem marokkanischen Frauenleben. Die soziale Stellung der Frau und das Haremswesen in Marokko haben eine von der unsrigen so verschiedene Auffassung über die eheliche Treue der Männer zur Folge, daß der Reisende oft in Situationen gerät, in denen er nicht weiß, ob er der Naivität, der Verworfenheit oder einer spaßhaften Zumutung seines Gastgebers gegenübersteht. Für die sexuelle Vorzugsstellung des Mannes in Marokko ist vielleicht nichts bezeichnender als eine Episode, die Herr Reinhard Mannesmann auf seinen der geologischen Erforschung des Landes gewidmeten Reisen in Gesellschaft feiner jungen Frau erlebte. Als das Ehepaar bei einem hochangefehenen Stammesoberhaupte im Innern des Landes speiste, wurde die Tischgesellschaft von einer wunderschöne» Sklavin bedient. Herr Mannesmann wie feine Frau wurden durch den Anblick der schönen Erscheinung gefesselt. Als der Gastgeber dies bemerkte, fragte er Herrn Mannesmann, ob ihm die Sklavin gefiele. Dieser bejahte es, indem er die Schönheit des Mädchens anerkannte. Darauf bot der Marokkaner ihm die Sklavin als Geschenk und freies Eigentum an. Herr Mannesmann lachte und fragte scherzend seine Frau, wie sie über die Annahme des Geschenkes denke. Diese erhob in Erwiderung des Scherzes ! Einspruch, indem sie meinte, die Sklavin sei ihr zu schön, als daß sie sie in ihr Haus nehmen möchte. Als dem Marokkaner diese Aeußerung verdolmetscht wurde, nahm er eine sehr ernste Miene an und sprach im Sinne eines Mannes^ der vor einer Unverständlichkeit steht, zu Frau Mannesmann: „Du willst die Sklavin nicht mitnehmen?" — Frau Mannesman« lehnte mit höflichem Danke ab. — „Ist sie denn nicht schön?" — „Viel zu schön," antwortete Frau Mannesmann. — „Die Sklavin gefällt deinem Manne, und doch willst du nicht, daß er sie annimmt. Ja, hast du denn deinen Mann nicht lieb?"
Marktberichte.
Herrenberg 29. März. Auf den heutigen Vieh mar kt waren zugeführt: 28 St. Ochsen, 146 St. Kühe und Kalbinnen, 102 St. Jungvieh, was gegen letzten Markt ein Weniger bedeutet bei den Ochsen um 33 St., bei den Kühen um 8 St., bei dem Jungvieh um 21 St. Von Händlern waren zugeführt: 62 St., gegen letzten Markt 12 St. weniger. Es waren ziemlich viele Käufer am Platze; der Verkauf ging ziemlich gut. Begehrt war besonders fettes und trächtiges Vieh. Die Preise waren gegen letzten Markt steigend. Erlöst wurde für ein Paar Ochsen 800—1205 für eine trächtige Kuh 350 bis
418 für eine Milchkuh 300—410 für eine Schlachtkuh 200—300-^, für eine Schaffkuh 250—400 für eine Kalbin 290—500
für ein Jungrind oder Stier 120—315 —
Auf den Schweinemarkt waren zugeführt: 384St.Milchschweine,Erlös pro Paar34—56^; 455 St. Läuferschweine, Erlös pro Paar 63 bis 105 Verkauf ordentlich.