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der Influenza in seinem Stall sechs schöne Pferde eingegangen.
Herrenberg 29. März. Bei -einer Schlägerei in Affstätt wurde ein junger Bauernsohn, welcher sich gegen seinen Gegner mit einem Prügel verteidigte, erstochen.
Tübingen 29. März. Ein junger Mensch von Derendingen hat vor den Feiertagen die Geldkasse seiner Mutter geplündert und ist mit dem Geld verschwunden.
Dettenhausen OA. Tübingen 29. März. Von einer Seltenheit aus dem Tier leben ist hier zu berichten. Der Forst- wart Zeyher hat 4 junge Eichhörnchen einer Katzenmutter gegeben, die sich der Tierchen auch in zärtlichster. Weise angenommen hat. Seit 8 Tagen leben die Mutter und die ungleichen Kinder zusammen und alle fühlen sich scheinbar sehr wohl dabei. Besonders die jungen Eichkätzchen sind sehr munter und springen wie im Freien herum. Wenn sie erst einmal auf den Bäumen verschwinden, wird das Familienidyll vorbei sein.
Plochingen 29. März. Vor einigen Tagen wurde berichtet, daß der 20 Jahre alte Italiener Carlo Damiani, der sich nachts, nur leicht bekleidet, von seinen Landsleuten entfernte und von ihnen dann vergebens gesucht wurde, so daß man annahm, er habe sich selbst das Leben genommen. Inzwischen hat sich nun herausgestellt, daß Damiani sich aus dem Fenster gestürzt und dabei nicht unerheblich verletzt hat. Er irrte dann die ganze Nacht umher, bis er bei gutherzigen Menschen eine freundliche Aufnahme fand. Zunächst erinnerte er sich an die Tat, die er offenbar in einem Anfall geistiger Störung begangen hatte, nicht mehr. Erst nach fünf Tagen besann er sich wieder auf seine Landsleute, zu denen er zurückkehrte.
Gmünd 29. März. In der Nähe des Sachsenhofes überfuhr am Sonntag nachmittag das Automobil eines Heilbronner Kommerzienrats ein 17 Jahre altes Dienstmädchen von Gmünd, das unvorsichtigerweise über die Straße sprang, obwohl es das Automobil herankommen sah. Der Automobilbesitzer nahm sich dann sofort des Mädchens an und brachte es nach Gmünd in das Krankenhaus, wo die ärztliche Untersuchung ergab, daß das Mädchen keine ernstlichen Verletzungen, sondern nur Schürfungen erlitten hat.
Pforzheim 29. März. Zu dem Unglücksfall auf der Burgruine Liebeneck wird mitgeteilt: Der Vater des verunglückten Knaben, Friseur Weber, hatte mit seiner Familie einen Ausflug auf Siebeneck geplant. Erst auf vieles
Bitten gestattete er seinem 12-jährigen Sohne, der als waghalsiger Junge bekannt ist, mit seinem Friseurlehrlinge zusammen mit dem Rade vorauszufahren. Als sich die Familie dann auf ihrem Spaziergang nach Liebeneck befand, wurde ihr bereits unterwegs die Botschaft von dem Unglück gebracht. Der Knabe war auf den Ruinenmauern herumgeklettert, auf einem staffelförmigen Teil abgerutscht und mehrere Meter tief so unglücklich gestürzt, daß er sehr schwere Verletzungen erlitt. Beide Unterarme waren gebrochen, außerdem hatte er einen Oberschenkelbruch davongetragen, die Unterlippe durchbissen und schließlich war das eine Auge stark geschwollen. Als Friseur Weber an Ort und Stelle kam, hatten einige hilfsbereite Männer den Knaben bereits in die im Tale gelegene Wirtschaft gebracht, wo man ihm so gut als möglich Hilfe leistete, bis er nach Pforzheim geschafft werden konnte. Der Zustand des Knaben war so bedenklich, daß man glaubte, er werde den Transport nicht überstehen. Im hiesigen Krankenhaus gab er auf die Fragen des Arztes wieder Antwort.
Donaueschingen 27. März. Der Vater der auf so rätselhafte Weise am 14. l. M. hier verschwundenen Jda Kuch, Herr Zimmermeister Karl Kuch aus Wildbad, bittet ihm bei der Suche nach seiner einzigen Tochter behilflich sein zu wollen durch kräftige Unterstützung der Polizeibehörden. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um Mädchenhandel. Alter des Mädchens: 16—17 Jahre; Gesicht: schmal; dunkelblondes Haar; schlanke, ziemlich große Gestalt, große, blau-graue Augen. Die Mutter des verschwundenen Mädchens liegt infolge dieses Vorfalls schwer krank darnieder. Am 16. I. M. wurde im letzten Zuge zwischen Karlsruhe und Friedrichstal ein Pärchen beobachtet, das vorgab, es wolle in Mannheim aussteigen, dort Verwandte besuchen und nachher in seine Heimat Kiel Weiterreisen. Auf das Mädchen paßt das angegebene Signalement; der blonde kleine Bursche gab vor, 23 Jahre alt und „Dreher" aus Kiel zu sein. Ein Mann, der den Leuten gegenübersaß und in Hagsfeld bezw. Blankenloch ausstieg, wird gebeten, seine Adresse angeben zu wollen, desgleichen der Wirt im badischen Oberlande, der sie beherbergte und vor die Türe setzte, als sie zahlungsunfähig wurden, ebenso das Geschäft, das in der Zeit vom 15. bis 16. März goldene Ringe zum Pfand annahm und dafür das Reisegeld nach Norddeutschland vorstreckte.
Vom Bodensee 28. März. Die lebhaft geäußerten Befürchtungen, daß den verflossenen grünen Weihnachten nun doch noch weiße Oster« folgen würden, sind zur Freude der Naturfreunde
gießerei von Groß L Fröhlich beschäftigt und hatten die Feuerungsvorrichtungen in Stand zu setzen. Da sie in der vergangenen Nacht nicht heimkehrten, suchte die Frau des einen Arbeiters ihren Mann an der Arbeitsstätte auf und ver- anlaßte, daß man nach ihm suchte. Er wurde dann mit seinem Arbeitskollegen in den Abzugskanälen tot aufgefunden, wo sich giftige Gase angesammelt hatten. Vermutlich ist einer der Arbeiter in dem Abzugskanal von einer Ohnmacht befallen und der andere, als er ihm zu Hilfe eilte, ebenfalls betäubt worden, worauf beide an Erstickung starben. Branddirektor Jacoby war mit einem Zug Feuerwehr sofort nach Alarmierung zur Stelle, die Wiederbelebungsversuche blieben jedoch ohne Erfolg. Die beiden Verunglückten waren verheiratet; der eine ist Vater mehrerer Kinder.
Stuttgart 29. März. Ueber die Verhaftung einer Frauensperson in der Nacht vom Samstag auf Sonntag in der Leonhardsstraße wird noch weiter gemeldet: daß durch den Vorfall die Leonhardsstraße zum reinsten Kriegsschauplatz wurde. Das Mädchen hatte sich in eine Wirtschaft geflüchtet, wo es alsbald Unterstützung von Zuhältern fand. Der Fahnder, der das Mädchen verhaften wollte und der nachher einen Schutzmann requirierte, wurde von den Burschen tätlich angegriffen. Zunächst gelang es, einige von ihnen festzunehmen. Die Mehrzahl konnte aber erst dingfest gemacht werden, als eine größere Anzahl Schutzleute erschien. Es wurden 8 Burschen verhaftet. Während des Vorgangs, der etwa von 12—1 Uhr dauerte, hatte sich eine große Menschenmenge in der engen Straße angesammelt.
Stuttgart. (Die Maifeier in Stuttgart.) In der letzten Generalversammlung der Vereinigten Gewerkschaften Stuttgarts wurde auch die Frage der Maifeier erörtert. Die Mehrzahl der Versammlung war gegen einen Umzug. Es sprachen sich nämlich 44 Delegierte mit 14 540 Mitgliedern gegen einen besonderen Umzug aus, 26 Delegierte mit 11829 Mitgliedern für einen solchen. Im übrigen wurde beschlossen, daß am 1. Mai vormittags Gewerkschaftsversammlungen abgehalten werden sollen; die Nachmittagsveranstaltungen sollen der sozialdemokratischen Partei überlaffen werden.
Feuerbach 29. März. Gestern nachmittag landete bei der Hohenwarte der Ballon „Krefeld" der am Sonntag morgen um 9 Uhr mit drei Jnsaßen in Krefeld aufgestiegen war. Die Fahrt hatte 36 Stunden gedauert. Bei der Landung halfen Weingärtner. — Dem Güterbeförderer Scherieble sind infolge Ausbruchs
„Warum duzt Ihr Euch nicht?" fragte sie naiv. „Ich dachte, das gehört sich von einem Brautpaar, nicht einmal mit Namen nennt Ihr Euch."
„Das kommt mit der Zeit Kleines", sagte Bernhard, dem die Verlegenheit der beiden Verlobten leid tat.
Der Zug, mit dem Randen abreiste, ging um 6 Uhr ab; es war Zeit für ihn, Abschied zu nehmen. Ines schüttelte ihm herzlich die Hand, Herta haschte daneben. „Wird er mich jetzt küssen?" dachte sie und eine Abwehr prägte sich auf ihrem Gesicht aus. Randen sah es und zögerte eine Sekunde, dann drückte er seine bärtigen Lippen leicht auf das Haar seiner Braut. Sie hatte den Kopf zu ihm geneigt, damit er den Mund nicht berühre. Noch eine tadellose Verbeugung an der Tür, dann verschwand Randen. Bernhard begleitete ihn bis zur Bahn. Er wollte dem zukünftigen Gatten der Schwester manches über ihren komplizierten Charakter sagen, ihn bitten, Geduld mit ihr zu üben. Und er tat es in liebevoll schonender Art. Er sprach von Hertas guten Eigenschaften. Sie sei sehr begeisterungsfähig, und strebsam, ein warmes Empfinden schlummere unter der oft mit Absicht zur Schau getragenen Kälte ihres Wesen. Auf der anderen Seite hätten Eitelkeit und Hoffahrt mitzusprechen.
Randen hörte zu und erwiderte, daß er nicht blind seine Wahl getroffen habe. Er freue sich, dem geliebten Mädchen die Annehmlichkeiten bieten zu können, die der Reichtum mit sich bringt, sie recht zu verwöhnen.
„Nicht zu viel," meinte Bernhard. Herta wird es gut tun, eine feste Hand zu fühlen; daß es in Ihrer Macht liegt, hoffe ich."
Das sich noch weiter entwickelnde Gespräch brachte beide Männer näher. Sie trennten sich mit einem Gefühl gegenseitiger Hochachtung und Sympathie.
„Er ist ein lieber, prächtiger Mensch," dachte Bernhard von der Eiche, Herta wird mit ihm glücklich werden, es liegt nur an ihr."-
Einige Tage später wurde der kleine, bescheidene Haushalt des Majors aufgelöst. Die Möbel wurden teils verkauft, teils verschenkt. ES ist etwas Traurige« um solch eine Auflösung des Elternhauses, um
das Forttragen der Sachen, an die sich die früheste Kindeserinnerung knüpft. Man sagt sich, daß wieder ein wichtiger Lebensabschnitt da ist, daß es nie mehr werden kann, wie es war. Die drei Geschwister fühlten es, jedes in seiner individuellen Art. Ines weinte viel, Herta war stumm und wortkarg, Bernhard besorgte alles Geschäftliche und preßte sein Herz zusammen. Er war bemüht, den Schwestern durch seine Umsicht und Fürsorge den Abschied zu erleichtern.
Ihr letzter Gang galt dem Grabe des Vaters. Die Töchter schmückten es mit Blumen, der Sohn stand dabei. Das Geheimnis des Toten war ihm allein bekannt. Würde sich je der dichte Schleier lüften? Würde Bernhard von der Eiche die Spur finden, die Klarheit brachte? Er glaubte es kaum.
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Bei seiner Heimkehr fand Bernhard sehr viel Arbeit. Der erste Assistent war krank, so mußte Eiche ihn vertreten. Mit erneuter Lust und Fleiß machte er sich an die schwere, aber ihn ganz erfüllende Pflicht. Die Hochöfen halten während seiner Abwesenheit Stockungen erlitten, es galt, sie wieder in Ordnung zu bringen. Oft kam Bernhard über 24 Stunden nicht aus den Kleidern, seine Gewissenhaftigkeit, sein Ehrgeiz erlaubten es ihm nicht anders. Er besaß die Gabe, sich bei aller Strenge das Vertrauen und die Liebe der Arbeiter zu gewinnen, denn er war gerecht und leistete selbst viel.
„Der Eiche ist dazu geschaffen, einmal eine leitende Stellung einzunehmen," hieß es beim Aufsichtsrat.
Als ein Streik ausbrach, vermochte es der junge Assistent durch die Macht seiner markigen Persönlichkeit, durch die überzeugende Gewalt seiner Rede, die erregten Gemüter zu beruhigen. Man überließ ihm die Vermittlung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Sie gelangten zu einem beide Teile befriedigenden Resultat.
(Fortsetzung folgt.)