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Heilbronn 16. März. Aus besonderem stiftete die Firma Baier L Schneider Kapital von 10000 aus dessen Zinsen die Kinder der Beamten und Arbeiter in Erholungsstätten, namentlich in Solbädern oder in Ferienkolonien zeitweise untergebracht werden sollen. Dieser Fonds erhält den Namen: „Luise- Karoline-Stiftung".
Pforzheim 16. März. Ein Taglöhner kaufte in einem hiesigen Metzgerladen eine Wurst. Da er sie nicht gleich bezahlen wollte, kam er mit dem Metzgergesellen in Wortstreit und stieß dabei dem Gesellen ein Messer in den Rücken. Der Verletzte wurde ins Krankenhaus verbracht.
Berlin 16. März. (Reichstag.) Die 2. Lesung des Etats des Auswärtigen Amtes wird bei dem Titel »Gehalt deS Staatssekretärs" fortgesetzt. v. Dirks en (Vp.): Wir verlangen eine Polttik der Slärke und des tatkräftigen Entschlusses. Angriffsfanfaren wollen wir nicht haben, dazu ist die ManneSmannsche Angelegenheit nicht geeignet und nicht genügend verwachsen mit den allgemeinen deutschen Interessen. Der Grundsatz, daß Adel und Bürgertum im diplomatischen Dienst gleichgestellt werden, ist zweifellos richtig und geht seiner Lerwi klichung immer mehr entgegen. Nicht gut ist ein ständiger Wechsel in den diplomatischen Posten. Das Auswärtige Amt bedarf einer Vermehrung seines Personals. Reichskanzler v. Bethmann- Hollweg führt aus: Nachdem eine große Reihe von Rednern die ManneSmann-Angelegenheit ausführlich erörtert hat, sehe ich mich genötigt, auch meinerseits einige Worte zu sagen. Aus freien Stücken hätte ich es nicht getan. In der rückhaltlosen Vertretung der Polttik, welche wir in der ManneSmannsfrage eingenommen haben, kann ich keinen objektiveren Standpunkt einnchmen, als indem ich mich auf die Grundlinien der Politik stelle, die festgelegt waren schon lange, bevor ich die Geschäfte übernommen habe. (Sehr richtig.) Für mich liegt daS entscheidende Moment in dem dem Reichstag auS dem Weißbuch bekannten Beschluß des diplomatischen Korps in Tanger vom 26. August 1908. Durch diesen Beschluß haben sich die Mächte darüber geeinigt, daß sie als Berggesetz im Sinne des Art. 112 der Algecirasakte nur ein Gesetz an- sehen werden, das ihnen vom Maghzen bekannt gegeben worden sei. damit sich das diplomatische Korps überzeugen könne, ob eS den Best.mmurgen des Art. 112 der Algecirasakte entspricht. Diesem Erfordernis entspricht das Berggesetz vom 17. Okt. 1908 unzweifelhaft nicht. Wollte also Deutschland dieses Berggesetz, auf daS sich die Mannesmann- Konzession stützt, als gültig anerkennen, so mußte eS sich in direkten Widerspruch setzen zu den Be- schlöffen vom 20. Augvst 1908. Keine Tatsache, kein Recht, kein politischer Grund gibt uns das Recht, von diesem Abkommen vom 20 August 1908 einseitig zurückzutreten. Der Ar gust Beschluß bildet eine einmütige und von Deutschland extrahierte Vereinbarung der Mächte darüber, welche Stellung sie gegenüber der Bestimmung des Art. 112 der Algeciras- akte einnehmen wollen. Ein Abgehen davon würde einen Vertragsbruch bedeuten. Mögen die ManneS-
mann-Werke noch so groß sein, eine deutsche Lebensfrage sind sie nicht. Nichts wird mich bestimmen, das Wort zu brechen, das wir im August 1908 in Tanger eingesetzt haben. Alle anderen Gesichtspunkte treten hiergegen in den Hintergrund. Ich habe den dringenden Wunsch, daß die Gebrüder Mmnesmann in ihrem Zusammenarbeiten mit der Reichsbebörde eine Aenderuug eintreten lassen. Aus dem Hause wurde gesagt und in der Presse wurde es gevrandma kt, daß unserer Politik die frühere Stärke und Entschlossenheit fehle und daß weite Kreise deshalb beunruhigt seien. Diesen schwersten Vorwurf, den man vor dem In- und Auslande erheben kann, sollte man doch nicht ohne bestimmte Tatsachen erbeben. Dabei bandelt es sich um die Weltstellung Deutschlands. Wo hat denn Deutschland in der letzten Zeit in seiner Stellung zu den Mächten Schwäche oder Nachgieb'gkeit gezeigt? Es ist richtig, daß es von Jahr zu Jahr neue, größere und bedeutungsvollere Aufgaben unserer auswärtigen Politik kaum gibt, als die wirtschaftlichen Jntenssen Demschlaods im Auslande zu pflegen und daß unser diplomatischer Dienst auf diese Aufgabe ganz besonders eingestellt werden muß. (Sehr richtig!) Die Frage der Staatsangehörigkeit der Deutschen mr Auslande ist reformbedürftig. Es ist gesagt worden, ich müssein der auswärtigen Politik schwach und nachgiebig sein, weil ich keine feste Mehrheit hinter mir habe, wie Bülow z. Z. des Blocks. Ich meine aber mit dem Grafen Kanitz, daß alle Parteien von der Rechten zur Linken es ablehnen werden, das Maß der Unterstützung, das sie der Regierung in der auswärtigen Polttik gewähren wollen, von ihrer Stellung in der inneren Politik abhängig zu machen. (Lebh. Beif.) Mir ist es niemals in den Sinn gekommen, mich wegen der Angriffe auf meine innere Polit k auch nur um ein Geringes in der auswärtigen von der Richtlinie abbringen zu lassen, die ich für Deutschland als gegeben erachte. Ich werde auch in Zukunft so handeln und boffe dabei, daß in allen Fragen der Weltstellung Deutschlands, der deuische Reichstag einig sei. (Lebh Beifall.) Lieberwann v. Sonnenberg (Wirts. Vgg.): Die Loge der Deutschen im Autlar.de ist so, daß der verlassen ist, der sich auf das Auswärtige Amt verläßt. Die Politik des R ichskanzlers unteischeidct sich von der Politik des ihm nachgeordnettn Auswärtigen Amtes. Dove (frs. Vgg.): Wir eikennen an, daß in letz'er Zeit unsere Auswärlige Polit k sich günstig gestaltet hat, das Ziel derselben ist Erhaltung des Friedens. Wir stehen dabei voll und ganz hinter dem Staatssekretär. Reichska-zler v. Bethmann-Hollweg: Die Angriffe des Abg. Lieberwann v. Sormnberg auf das Au? wärtige Amt und seinen verdienstvollen Leiter sind in dieser Allgemeinheit das Unerhörteste, was ich ,in meinem Leben bisher gehört habe. Ich weise seine Behaup ungen mit Entrüstung zurück. ES gibt auch keinen Unterschied in meiner Polttik und der des Auswärtigen Amtes. Wenn jemand angeariffen werden soll, greifen Sie mich an. Ich habe die Verantwortung zu tragen und werde sie tragen. Staatssekretär v. Schön: In Marokko liegen schwerwiegende deutsche Interessen, die wir stets vertreten und weiter unterstützen werden. Alle Interessenten werden, wie wir zuversichtlich erwarten, befriedigt werden. Wir körnen erwarten, daß neues Leben in Marokko
erwacht, und daß damit ein r euer Aufschwung unserer Handelsbeziehungen eintreten wird. Bet der Auswahl der Diplomaten sollen die Kreise des Handels und der Industrie mehr als bisher berücksichtigt werden. Das Personal des Auswärtigen Amtes muß vermehrt werden, ebenso die Zahl der HandelS- sachverständigen im Ausland. Die gegen mich gerichteten Angriffe in der Mannesmannaffaire weise ich zurück in dem Bewußtsein, daß es für mich keine andere Rücksicht gibt als Las Wohl des Vaterlandes. Arning (natl.): An der Kongogrenze hat man unsere Interessen vielleicht nicht in rechter Weise gewahrt. Die Verhältnisse am Suezkanal, ebenso die Entwicklung in Griechenland und der Türkei, erfordern unsere Aufmerksamkeit. David (Soz.): Aus Billigkeitsgründen werden bei der definitiven Regelung des Bergrechts die Anlage und Mutungen Mannesmanns in Rechnung gestellt werden. Dem Auswärtigen Amt irgend welche Kompl mente zu machen, haben w'r keine» Anlaß. Ich erinnere an den Paßzwang für ausländischen Arbeiter, das AuSweiscn^sreÄt und den geplanten Kontraktbruch gegen Oesterreich und Holland durch die Schiffthrtsabgabm. Staatssekretär v. Schön: lieber die Grenzregulierungen im Kongogebiet find die Verhandlungen wieder ausgenommen worden und werden hoffentlich bald zu einem gedeihlichen Ende geführt werden. Der Rücktritt des Gesandten in Brüssel hängt mit dieser Frage zusammen. In der Frage der Suezschiffah't wird ein Ausgleich der Interessen der Gesellschaft zu finden sein. Bei der Frage der Bogdadbahn sind die türkischen Interessen in keiner Weise beeinträchtigt worde«. Von einem Kontraktbrrrch Preußens Holland und Oesterreich gegenüber in der Frage der Schiff- fahitSabgaben ist keine Rede. Die Verhandlungen werden auf Grund freundschafil'cher Verständigung geführt. — Darauf wird ein Schlußantrag angenommen.
BerAüschtes.
Eine Erpressergeschichte. Die Gattin eines reichen Kaufmanns in Frankfurt a. M. hatte auf ihrem Landgut bei Heidelberg einen jungen Kellner kennen gelernt, dem sie ihre Unterstützung angedeihen ließ, da er angab, in Not geraten zu sein. Später suchte er die Fra« auch in Frankfurt auf und es entspann sich zwischen der 50jährigen Frau und dem 19jährigen Burschen ein Verhältnis, das zu einem Briefwechsel führte. Die Briefe der Frau benutzte der junge Mann nun zu Erpressungsversuche«. Als die verlangten Summen immer größer wurden, wandte sich die Frau an ihren Gatten und dieser an die Berliner Polizei, da einer der Briefe aus Berlin datiert war. Da die Nachforschungen in Berlin erfolglos waren, wurde die Hamburger Polizei verständigt, der es gelang, den Briefschreiber zu verhaften. Es ist der 20jährige Kellner Richard Korn, der mit einem Komplizen namens Kiworra zusammeu- wohnte. Kiworra, der der Hamburger Polizei als Erpresser nach 8 175 bereits bekannt war, wurde gleichfalls verhaftet.
Das Pferd flog nur so dahin, dennoch hatte das Gefährt erst eine kurze Strecke zurückgelegt, da brach das Unwetter los. Ein unheimliches Sausen und Brausen ging durch die Lüfte, dem ein tosender Wirbelsturm allsogleich nachfolgte. Ein Wirbelwind, der die Kronen der Bäume wie Halme hin- und herbog und wuchtige Neste zu Boden schmetterte. Immer dichter, unheimlicher wurde das grauschwarze, wildjagende Gewölk. Tiefer und undurchdringlicher, wie von Geisterhänden geschleudert, zogen die finsteren Schwaden in das Tal, Höhe und Tiefe in Nacht einhüllend. Bisweilen teilte ein Heller Feuerschein die Wolkenwand, hinter der die Sonne wie ein blutigroter Sonnenball zur Rüste ging. Blitz und Donner folgten im steten Wechsel und von den Bergen kam ein langncchhaltendes dumpfes Echo zurück. Gundi fürchtete das Unwetter nicht, doch sie fürchtete den falschen, tückischen Burschen, der da» Gefährt leitete und dem sie schutzlos preisgegeben war. Ein unerklärlich banges Gefühl zog ihr zum Herzen herauf, wenn ihr Blick seinen heißen Blicken, seinen sonderbar erregten Zügen begegnete Solange das Unwetter tobte, hielt er die Zügel stramm, er zwang das vor Blitz und Donner scheuende Pferd zu mäßiger Gangart; als es nachließ und die Berge und Matten in immer deutlicheren Umriffen aus dem beängstigenden Dunkel hervortraten, faßte Sepp ganz plötzlich die Zügel lang und mit einem raschen, behenden Ansatz befand er sich auf dem Wagensitz an GundiS Seite.
„Was treibst du, Sepp, und weswegen verläßt du deinen Platz?" fragte sie erbebend, seinen Atem über ihren Wangen fühlend, „ich Hab gewiß kein Verlangen nach deiner Gesellschaft."
„Doch ich nach der deinen", lachte er keckvertraulich, „ein biffl unterhalten will ich mich mit dir, sonst kommt man ja doch nit mit dir zusammen, weil du gar so hoffärtig bist. Aber weil wir grad so allein beisammen find, so möcht ich dich doch im Vertrauen fragen, was ich dir getan Hab, weil du gar so wegwerfend bist mit mir, und deswegen du nit mein Weib
werden kannst! Brauchst dich nit scheuen, Gundi", fuhr er hastig fort, als sie Miene machte, aus dem Wagen zu springen, „von mir geschieht dir nichts Schlimmes! Ich Hab dich gern, Dirndel, und es ist mir nit um dein Heiratsgut zu tun, mögen die Leut auch darüber reden, wie sie wollen! Nit einen Tag, nit eine Stund sollst dus bereuen, wenn du mich zu deinem Bauern machst, du allein bringst eS fertig, daß ich ein braver, richtiger Mensch werd!" ^
Mit Abscheu wich sie seinem Blick aus, trotzdem versuchte sie ruhig
zu bleiben.
„Wenn ich auch wollt, es ging doch nit an, Sepp", sagte sie so freundlich, als es ihr nur möglich war, „eS wär eine Lüge, eine Lüge, die ich all meiner Lebtag fortführen müßt, und eine schwere Sünd «och obenauf", und mit mildem Ernst fuhr sie fort: „Die Lieb, die kommt, man weiß nit, wie, auf einmal ist sie da, wie ein Stern, der vom Himmel fällt, und wenn mein Stern auch kein richtiger war und nit für mich geleuchtet hat, er war doch da, und das Gedenken dran bleibt in meine« Herzen, bis ich sterbe. Nun siehst du es selbst ein, daß ich nichts zu vergeben Hab und daß du von mir nichts zu erhoffen hast, Sepp!"
„Für den andern alles, für mich nichts, nit ein biffl Lieb, nit ei« biffl Barmherzigkeit! So gehtS meinetwegen, wie es will, krumm oder grad, mein Weib wirst du» wenn nit im Guten, nachher mit Gewalt! ^ rief er heftig. Und jede Vorsicht außer acht lassend gab er die Zügel frei, so daß das vom Blitz und Hagelschauer völlig scheu gewordene Pferd in sinnloser Hast auf der Landstraße dahinraste; nun suchte er Gundi zu umfassen und mit ihr zugleich aus dem Wagen zu sprmgen. Doch hatte er die Kraft de» zarte«, feinen Geschöpfes zu sehr unterschätzt und fand eine ebenbürtige Gegnerin, die sich resolut zur Wehr setzte und ihm zu
schaffen machte. ^ ^ ,
(Fortsetzung folgt.)