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Amts- und Anzelgedratt sür den Gderamtsbezirk Calw.
85. Jahrgang.
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«r>ch»mun,sta,«: Montaa, Dienstaa, Mlttw-H, »,an»r«taa, Freitag und Samstag. Jnsertionspr«!» U> »sg.pro 8»il« für Stabtu.S«,kktort«; außer veztrl lg Big.
Amtliche Bekanntmachungen.
Bekanntmachung.
Die Schafräude in Teinach, Schmteh und Rötenbach ist eiloschcn.
Calw, 9. März 1910.
K. Oberamt. Amtmann Rtppmann.
Vekanntmachnng vetr. Maßregel« rar Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche.
Die schnelle und sichere B.kL-npfung der Mau!» und Klauenseuche ist nur möglich, wenn jeder Autbruch der Seuche oder der D rdacht eines solchen der Ortspolizeibehörde sofort nach dem Auftreten der ersten KcankgettSerscheinuugen oh« jede« Bering angezeigt wird.
Die Biehvefitzer und Vorsteher der Wirt- Mast, zu welcher die Tiere gehören, find zu dieser Anzeige verpflichtet und werde« hiedurch auf diese Verpflichtung mit dem Ansitzen hingewiese«. daß die U'terlassung der Anzeige nicht nur den Eatzng der Entschädigung für die der Seuche zum Op'er gefallenen Tiere, sondern auch Bestraf«»- zur Folge hat. Dabei wird noch heroorgehoien, daß «ach dem Ucte-l deS Reichs rerichtS vom 27. Ap il 1904 eine wissentliche Berletzuag der Aozeige- psticht «ach 8 328 Rftgb. d. h. mit Gefängnis und nicht bloß mit Geldstrafe zu bestrafen ist.
8 924 Rstgb. lautet folgendermaßen: Wer die Absperrung« oder Ausfihtsmaß egeln oder Einfuhrverbote welche von der zu iändigen Behörde zur Verhütung deS EinsührrnS oder VerbreitenS von Bichs uchen angcordnet worden find, wissentlich verletzt wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft.
JIt in Folge dieser Verletzung Vieh von der Seuche ergriffen worden, so tritt Gefängnisstrafe von einem Monat bis zu zwei Jahren ein.
Die Ortlpolizeibehörde« wollen Vorstehendes ortsüblich bekannt matzen. Im übrigen werden fie auf den E laß deS K. Ministeriums des I inern
Bonnerslag, den 10. Mär; 1910.
vom 9 Oktober 1908, Nr. 17282, Min -Amtsbl. S. 273 ff zur genauen Beachtung hingewiesen. Calw, 8. März 1910.
K. Oberamt. Amtmann Rippmann.
Tagesuenigkeiteu.
r. Calw. Vom K. Schöffengericht hier wurde heute wieder einem, der es verstand, sich durch unwahre Angaben bei dem Kassenbeamten höhere als ihm zustehende Zeugengebühren zu verschaffen, eine Gefängnisstrafe von 1 Woche zudiktiert.
Gärtringen OA. Herrenberg 9. März. Vor etwa 14 Tagen brannte hier Scheuer und Stallung der Brüder August und Heinrich Schmid vollständig nieder. Unter dem Verdacht, den Brand gelegt zu haben, wurde heute der ledige Taglöhner Friedrich Weipert von hier verhaftet und an das Amtsgericht Herrenberg eittgeliefert.
Möhringen i. F. 9. März. Die Stuttgarter Schneider, deren Streik gestern mit einem Sieg endigte, unternahmen, etwa 200 an der Zahl, gestern einen Ausflug hierher, um den hiesigen Mitgliedern ihrer Zunft einen Besuch abzustatten und zugleich das Ende des Streiks mitzuteilen. Die Zusammenkunft gestaltete sich dann zu einer Siegesfeier. Mit einem Extrazug verließen die Streikenden abends wieder den Bahnhof. Die Mittel scheinen ihnen demnach während dem Streik nicht ausgegangen zu sein.
Stuttgart 9. März. Graf Zepp elin stattete gestern nachmittag in Begleitung von Direktor Colsmann der Carofseriefabrik von Christian Auer in Cannstatt einen Besuch ab,
vezugrpr.i.d.Ktadt'/^SHrl.m.rrLgerl.Mk. r.rs. Postbezuglp: s.d. Orts. u. Nachbarortsverk. -/^iihrl. Mk. l. 20 , im Fernvtrkrhi Mk. I.8V. Bestell^. In Württ. so Psg., in Bayern u. Reich 42 Pfg,
um die daselbst in Arbeit befindliche, sür sechs Personen eingerichtete Paffagierkabine für daß Luftschiff 2 4 einer eingehenden Besichtigung zu unterziehen.
Stuttgart 9. März. Ein in Berlin lebender Russe namens Lutzkoi hat einen Aeroplan konstruiert, der in der letzten Zeit in den Daimler-Werken in Untertürkheim gebaut worden ist. Mit dem Apparat, der ziemlich große Dimensionen hat, wurden heute vormittag Flugversuche vorgenommen. Die ersten Aufstiege gelangen. Bei einem späteren Aufstieg fiel jedoch der Aeroplan herunter, wobei er ziemlich stark beschädigt wurde. Lutzkoi blieb unverletzt.
Stuttgart 9. März. Ein neues Kaiser- Wilhelm-Geld, das unser landläufiges Münzsystem völlig umstoßen würde, ist, wie schon kurz berichtet, Gegenstand interner Besprechung ttt maßgeblichen Kreisen. Es soll das ohnehin schon in verschiedenen Beziehungen erwartungsvolle Jahr 1913 hierzu ausersehen sein, da stl dem genannten Jahre der Kaiser sein 25jShrige« Regierungsjubiläum begeht. Da» angedeutete neue Geld soll sein Bildnis zur Zeit gelte» wiedergeben. Auch von einer anderen Einteilung wird gesprochen, beispielsweise der Prägung von 2'/» Markstücken mit der Bezeichnung „Neutaler". Wieder ein neuer Ansturm gegen die Macht der Gewohnheit, der wahrscheinlich nicht so saust vorübergehen wird. Daß indes die augenblicklichen Geldsorlen bei uns in Deutschland noch nicht den plastischen Bedürfnissen entsprechen, kann schlechthin nicht bestritten werden.
Stuttgart 9. März. Am K. März fand in den Räumen der Generaldirestion derStaat»- eisenbahnen eine Sitzung des Beirats der Verkehrsanstalten statt. Den Haüpt-
Wildwasser.
Gebirgsroman von Luise Cammerer.
(Fortsetzung.)
„Wir zwei, meine Theres! und ich," fuhr der alte Lindhammer fort, „wir werden halt im Alter wieder allein sein, wie wenn wir gar keine Kinder gehabt hätten," jammerte der Bauer. „Weißt, Franz, gar zu hart will ich gegen das Veferl nit sein, aber es tut weh, sich ins eigene Fleisch zu schneioen. Das Dirndel ist noch jung und kann noch ein bissel warten mit dem Freien. Du gehst heim, bringst die Sach mit deiner Mutter in Ordnung und in zwei bis drei Jahren, da haltet ihr Stuhlfest. Du bringst dann dein Mutterl mit zu uns ins Gebirg, nachher bleiben wir alle beisammen. Zwei bis drei Jahre sind bald vorbei," setzte er, freundlich tröstend, noch hinzu.
„Eine harte Trennungszeit für zwei, die einander lieb haben und das Glück erhoffen", erwiderte Franz niedergeschlagen, „doch auch die Trennungsjahre werden vorübergehen und ohne Bitterkeit will ich mich dem väterlichen Beschluß fügen."
„Komm her, Theres, da schau dir ein nagelneues Brautpaar an!" rief Lindhammer seiner Frau zu. „Wir haben halt nicht acht gehabt aufs Dirndel, dann hat» selber Verspruch gehalten. So sei'S in Gottes Namen, aber zwei bis drei Jahre müssens noch zuwarten, bevor sie ihr eigenes Rest bauen dürfen."
„Sag zwei Jahre, Wendel, es langt", sagte Frau Therese mit «armem Lächeln. „Wenn ich mein Kind doch schon einmal hergeben muß, so will ich'S auch in seinem Glück nit verkürzen. Die jungen Jahre, die Md halt doch die besten, und da» Leben bringt später soviel Bittere» mit sich."
„Das Veferl bleibt mir, davon bin ich fesenfest überzeugt!" Franz
I entgegnete es mit gläubigem Verstauen. „Ich will warten, bis Ihr selbst mich ruft, und hoffe, Ihr werdet nicht allzu hart gegen un» sein."
Von Lindhammer und von Veferl bis zur nächsten Bahnstatton begleitet reiste der junge Mann am nächsten Mörge» in seine Heimat ab.
Im Raintalerhof war die Krankheit zu Gaste. Die gichtischen Füße bis oben hinauf in Wolle gewickelt, saß der Bauer im Lehnstuhl am Fenster, paffte vom frühen Morgen bis zum späten Abend mächtige Rauchwolken in die Luft und wetterte und zeterte auf die Dienstboten ein, wie nur je ein keifendes und zänkisches Weib. Die Gundi bekam schlimme Tage; was fie auch tat, nichts konnte fie ihm recht machen. An allem tadelte und nörgelte er, an allem war die verkehrte Erziehung schuld, und es bedurfte eines voll gerüttelten jMaßeS von Geduld, diese Tyrannei zu ertragen.
Gundi verfügte über ein solche» und setzte seinem Poltern Ruhe und Sanftmut entgegen. Als fie jedoch erkannte, daß er dadurch in seinen Ansprüchen immer maßloser und herrischer wurde, zog fie andere Saiten auf. Auch die Ehehalten zeigten sich anfangs widersetzlich, suchte» ihr den Gehorsam zu verweigern und sich über ihre Anordnungen lustig zu machen; doch geschah dies nur kurze Zeit, denn ihre ernste, stille Art und ihr ruhiger und doch bestimmter Blick, hatten etwas zwingende», gebietendes, das selbst den Kecksten Grenzen zog und nach und nach jeden Widerspruch verstummen ließ. Der Keckste war der Breitmoser-Sepp, der al» Zweitältester Sohn eines nur mäßig begüterten Bauern kein Anrecht auf das väterliche Anwesen besaß und im Herbste als Oberknecht am Raintalerhof eingestellt worden war. Brauchbar und zuverlässig, hauptsächlich in der Behandlung der Pferde, von denen i« Raintalerhos ei« gesunder Schlag gezüchtet wurde, war er anderseits gleichwohl wegen feiner Spott- und Rauflust und seines leichtfertigen Lebenswandels gefürchtet