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großer Mehrheit abgelehnt. Es bleibt also bei dem Kommissionsoeschluß. Der Titel wird bewilligt. Bei dem TitelSchiffsverpflegung" bittet der Abg. Hormann (fortschr. Vp.) bet derTabokv rsorgvng der Schiffe die einheimische Industrie zu berücksich­tigen. Vizeadmiral Capelle: Die Beschaffung von Tobak ist Sache der Offiziers»essen und der Mannschafiskantinen. Wir haben die Wünsche den betreffenden Kommandostellen übermittelt. Auf eine Anregung des Abg. Leon hart (fortschr. Vp)über Berücksichtigung des Inlandes bet der Fleischt,"sor- gung erklärt Vizeadmiral Capelle: Von 3,5 Mill. Mark für Fleischversorgung der Marine gehen nur 58060 Mark aus besonderen Verhältnissen ins Ausland. Es soll aber auch da Abhilfe geschaffen werden. Ter Titel wird angenommen, ebenso die dazu vorliegenden Resolutionen auf Neuregelung der Tafel- und Messegeldcr, sowie des Zulagewesens. Bei dem Titel Betriebsmaterialien usw. regt Abg. Paas che (natl.) an, von der Kohlenfeuerung zur Petroleumheizung überzugehen. Staatssekretär v. TirPitz erwidert da auf. daß ein solcher Ueber- gang durchaus nicht leicht sei. England hat seine Versuche noch nicht abgeschlossen und ist noch zu keiner Entscheidung gekommen. Wir werden die Angelegenheit aber mit oller Sorgfalt im Auge behalten. Der Titel wird bewilligt. Bei dem Titel Instandhaltung der Flotten und der Werften" führt der Abg. Severing(Soz) aus, die Arbeiterpolitik der Marineverwaltung läßt den guten Willen ver­missen. Mit Bestrafung der sozialdemokratischen Gesinnung ist nichts getan Wenn die Sozialdemo­kraten ihr Blut für das Vaterland zu v-rip-itzen verpflichtet find, so darf man sie auch im Frieden von der Werftarbeit nicht ausschließen und wenn wir von Arbeitern oder Beamten einwandfreies Material erhalten, so sind wir verpflichtet, dasselbe hier vorzutragen. Die Arbeiterentlossungen werden in Wilhelmshaven und Danzig rigoros vorgenommen. Man sollte doch die Arbeit besser verteilen und evtl, eine Verkürzung der Arbeitszeit eintreten lassen. Ich hätte erwartet, daß meine Beschwerden über die Beiseiteschaffung von Werstmatcrialien in Danzig unparteiisch untersucht würde. Statt drffen hat man zuerst vachgekorscht, wer der Urheber der Denun­ziation sei. Wir verlangen eine parlamentarische Untersuchungskomm'ssion, die Unregelmäßigkeiten in der Verwaltung der Reichswersten prüfen und etwaige Reformvorschläae machen soll. Geb Admiralitätsrat Harms: Die Regelung der Arbeitsoerhältn sse auf den Werften ist Sache des Reichsamts des Innern. Wir haben in diesem Falle das unsrige getan. Wir nehmen die Beschwerden der Arbeiter an und p üfen sie. Arbeiter aber, die durch Agitation den Frieden stören, können wir mcht brauchen. Unsere Löhne stehen hoch über den Durchschnittslöhnen der Privat- indutzrie. Außerdem sind unsere Leute fest ongestellt, erhalten Urlaub rc. In der Danziger Angelegenheit ist strenge Untersuchung eingeleitet.. Der Bericht liegt jetzt vor. Die Untersuchvng hat nichts Bela­stendes zu Tage gefördert. Es find im Ganzen einige alte Gegenstände im Werte von 11 -^L80^ weggewmfen worden. Von den behaupteten Unge­heuerlichkeiten hat in Danzig niemand von den

vernommenen Personen etwas gehört oder gesehen. Abg. Mommsen (Fortschr. Vp): In Danzig be- he' rschen die Sozialdemokraten den ganzen Arbeiter- ausschuß und halten alle anderen Arbeiter davon fern. Staatssekretär v. Tirpitz: Die g, samten Leistungen unserer Weifen hängen ganz wesentlich ab von der Leistungsfähigkeit des Oberwerfidirekrors und dessen Dienste.fer. Bei der außerordentlichen Entwicklung, w lche die Marine in den lctz'en zehn Jahrer durchgemacht hat, war es arßerordentlich schwierig, die richtigen Männer auf den richtigen Posten zu stellen. Es wird jetzt eingehend unier- sucht, wie die Stellung des Oberwerftdirektors stabiler gemacht werden kann. Aber auch nach unten suchen wir die tüchtigsten Kräfte und setzen sie nach oben, wo sie sich weiter so tb Iden können. Abg. Schirmer (Ztr.): Die Vorgänge in Danzig und Wilhelmshaven find doch nicht ganz so harm­los. Was gedenkt die Verwalti ng zu tun, um solche Vorkommnisse zu verhindern? Die Soree für die Arbeiter ist auch nicht so glänzend Den Antr ag betr. eine parlamentarische Untersuchungskommisston lehnen wir sidoch ab. Abg. Weber (natl): Den Ausführungen des Abg. Severing können wir nicht folgen. Die Sozialdemokratie übt den größten Terrorismus aus. Abg. Leon Hort (Fortsckr. Vp.): Ich holte auf Grund von tatsächlichen Mit­teilungen auf. echt, daß seitens der Werftbehörd,n Beamten der Verkehr mit Abgeordnet.n verboten worden ist, und stelle fest, doß wir in den Aus­führungen der Vertreter des Reichsmarineamts nicht immer die pupillarrsche Sicherheit finden, die wir erwarten und verlangen müssen. Abg. Severing (Soz ) hält seine Angaben über die Danziger An­gelegenheit in jeder Hinsicht auf echt und bemängelt, daß keiue strafrrchtliche Untersuchung eingeleitet worden sei. Geh OberjusUzrat Frenke!: Der erste Staatsanwalt in Kiel ist mit der Verfolgung d s Werfisnoziffes aus rein dienstlichen Gründen beauftragt wo den. Nach weiterer unerheblicher Debatte ttnrd der Rest des Etats noch den Kom- mi'fionsbeschlisien bewilligt Präsident Graf Schwerin-Löwitz e klärt, daß wenn der Abg. Leonhart mit dem Ausdruckpupilla ische Sicher­heit" auf die Person des Staatssekretärs oder die Beamten der Marineverwaltung hingewiesen hätte, er dies aufs schärfste gerügt baden würde. Er, der Präsident, nehme aber nur an, daß Leonhart die Feststellungen der Marineverwaltung als nicht genügend sicher habe kennzeichnen wollen. Abg. Weber (ntl) erklärt an Stelle des ab­gerufenen Abg. Leorchart, die Angelegenheit werde in der dritten Lesung nochmals zur Sprache gebracht werden. Hierauf vertagte sich das Haus auf morgen Nachmittag 1 Uhr.

Berlin. Für 5000 ^ Juwelen sind der Gattin des Kommerzienrates Albrecht in Schlachtensee abhanden gekommen. Bei ihrer Abreise nach Italien packte Frau Albrecht die Schmucksachen selbst in einen Koffer. Bei § ihrer Ankunft in San Remo fehlten sie. Der > Koffer war unversehrt. ;

Paris 8. März. DasPetit Journal" ^

hat den Professor der Aviatik an der Sorbonne, Marchis, über die Aussichten der Zeppelin- Nordpolfahrt befragt. Marchis sprach sich im allgemeinen günstig über den Plan aus und sagte dann im Besonderen: Die Temperatur in den Polargegenden bewirkt eine Verdichtung der Gase. Sie wird daher den Grafen Zeppelin nötigen, die Dimensionen seines Ballons zu vergrößern. Der Kubikmeter Gas, der in unseren Gegenden einen Auftrieb von ungefähr 1100 Gramm bewirkt, ist dort nur im stände, etwa 950 Gramm zu heben und auch nur unter der Bedingung, daß der Wasserstoff sehr rein ist. An­dererseits aber werden sehr wenig Gasverluste eintreten, da die Kälte das Gas zusammenzieht. Auf die Frage des Berichterstatters, ob eine derartige Expedition sehr wertvoll sei und ob die Kälte nicht nachteiligen Einfluß auf das Aluminium ausübe, entgegnete Professor Marchis, daß Zep­pelin ein Metall eigener Zusammensetzung ver­wende, das leichter und dauerhafter sei, als Aluminium. Auch die besonderen Gewebe wür­den der Temperatur gut widerstehen.Wäre ein französischer Lenkballon einer derartigen Leistung fähig?" fragte der Berichterstatter, worauf der Professor antwortete:Warum nicht? Aber warten wir lieber die Rückkehr des2" ab."

Vermischtes.

Die größten Fernrohre der Welt. Mit den riesigen modernen Apparaten, die heute im Dienste der Astronomie stehen, beschäftigt sich die Revue scientifique: Das größte Fernrohr des Welt besitzt Amerika; es ist das Teleskop der Derkes-Observatoriums der Universität Chicago, das im Jahre 1899 ausgestellt wurde. Das Objektiv dieses Riesenfernrohrs mißt nicht weni­ger als einen Meter. Das Teleskop erzeugt eine 2000fache Vergrößerung, die durch besondere Umstellung auf eine ZOOOfache verstärkt werden kann. Das zweitgrößte Teleskop ist das Riesen­fernrohr des Sick-Observatoriums auf dem Hamiltonberg bei San Franziska. Im April des vergangenen Jahres ist auch das neue große Teleskop der Treptowsternwarte bei Berlin ein­geweiht worden. Es erreicht zwar im Durch­messer des Objektivs nicht die Maße der großen amerikanischen Teleskope, weist dagegen eine erheblich größere Länge auf und kann auch un­gleich bedeutende Vergrößerungen erzielen: das Maximum ist eine 6000fache Vergrößerung. Unter der Aussicht der Carnegie-Institution arbeitet man gegenwärtig in Washington an i einem großen Spiegelteleskop, das einen Durch- ^ messer von 2,50 Meter haben soll. Der Glas- ! block, aus dem die Linse hergestellt wird, wiegt ! nicht weniger als 90 Zentner.

Sein Blick heftete sich mit durchdringender Schärfe auf ihr erglühen­des Gesicht, in dessen kinderklaren Zügen sich rückhaltlos die inneren Empfindungen widerspiegelten. Das Hinzutreten eines Knechtes, der den Schneidmüller beim Sägwerk benötigte, entriß Veferl ihrer Herzens­bedrängnis.

Theres!" Lindhammer rief im Vorübergehen seine Frau, die im GraSgarten getrocknete Wäsche von der Leine nahm, zu sich heran.Laß die jungen Leute nit allein. Es könnt nit gut sein. Das Veferl will mir gar nit gefallen, tut immer so geschämig, ißt und trinkt nit und hat keinen Schlaf. Weißt der Franz ist ein braver, richtiger Arbeitsmensch, ich wär zufrieden, wenn der andere, der fort ist, weißt, der Komödien­spieler, ihm nur ein bissl gleich gewesen wäre. Aber gleich zu gleich. Ein Landdirndel und ein Stadtherr, das geht nit an, und das Veferl darf nit aus der Gegend freien, sonst hätten wir bald keine Kinder mehr."

Mit wachsender Besorgnis hatte die Lindhammerin ihm zugehört, allein seine «Warnung kam zu spät.

Franz war indessen auf das junge Mädchen zugetreten und hielt es bei den Händen gefaßt.

Veferl!" Seine Stimme bebte im heißen Trennungsweh.Die Sohnespflicht ruft mich heimwärts, doch in Gedanken bleibe ich stets bei dir. Wirst du auch mich nicht ganz vergessen und mir ein Plätzchen in deinem Herzen offen halten? Denn ich habe dich so lieb, Veferl, so lieb, daß ich dirs mit Worten gar nicht sagen kann. Tuts dir leid, wenn ich gehe, Veferl?"

Die Mutter und der Vater, wenn von mir gingen, wohl nit schwerer könnt es mir ums Herz sein," versicherte sie, unter Tränen lächelnd, in treuherzigem Ton.

Veferl!" im ausbrechenden Jubel zog er sie fest an seine Brust und ihre Lippen fanden sich zum ersten, tiefinnigen Kuß.

Hast du mich lieb, Veferl? Wirst du mir Treue halten?" fragte er im ernsten, eindringlichen Ton.

Für Zeit und Ewigkeit steh ich zu dir", erwiderte sie fest.Weißt, du mußt halt zusehen, daß du dein liebs Mutterl mitbringst zu uns in die Berge. Es ist doch nirgends so schön auf der Welt wie in unserer Heimat." Zutraulich schmiegte sie sich an ihn.

Ihr Schwalben am Dach und du blauer Himmel dort droben, seht ihrs! das Veferl hat mich lieb, hat mich lieb!" jubelte er hellauf in die Luft hinaus, und oben in den goldflimmernden Wipfeln der Linden schmetterte ein Buchfink seinpink, pink, Würzgebier" dazu, als wolle auch er dem jungen Paare seinen Segenswunsch darbringen.

Lindhammer machte finstere Augen, als er seine leise Vermutung bestätigt fand und als das Pärchen, Hand in Hand, frohes Glücksgefühl in den Augen, auf ihn zukam; doch die freimütige, schlichte Art WallnerS zerstreute seine Besorgnis.

Wir zwei sind einig geworden, Lindhammer", sagte er mit tiefer Empfindung.Das Veferl hat mich lieb und ich habe es noch viel lieber und will nicht mit einer Heimlichkeit von Eurer gastlichen Schwelle scheiden. Das Recht, mir mein Glück zu gewähren oder zu versagen, steht den Eltern zu. So komm ich denn zu Euch, Lindhammer, und bitte herzlich gewährt mir zu den Heimatrechten, die Ihr mir so freundlich zugestanden, auch noch Sohnesrechte. Mein Leben lang will ich Euch Hochhalten."

Lindhammer räusperte sich, um die heftige Gemütsbewegung zu unterdrücken.

Du bist ein braver Mensch, ein richtiger Bursch, hast fleißige Hand und einen guten Kopf und guts Gemüt, das war alles in Ordnung," entgegnete er ernst,aber das andere, das will nit stimmen. DaS Veferl ist ein Landkind und paßt nit ins städtische Leben, es tät vielleicht die Stadtluft gar nicht vertragen und tät zuletzt krank werden an Leib und Seel, wie ein verschmachtendes Blümerl. Ich Hab nur das einzige Kind. Der Toner!, der kleine, wird sich bald genug in dem großen, himmlischen Heim garten einfinden. Der Sixt, der Aelteste, hat den Bauernstand an den Nagel gehängt und ist ein Komödienspieler worden." (Forts, folgt.)