^ 56. Amt»- md Anzeigeblatt sür den Gberamtrbeziri Calw. 85. -«hr,«,
MUMnW
MZZW »
MM
«WM'
LM
!«^s
"MW
WAW».«-s
MZL
Ursch»k«n-«taze: Monta-, Dienstag, Mittwoch, »-nnerStag, Freitag und VamStag. JnsertionSpre» eksg. pro Leil» fttr Ltabt u. B«iiiklorte; außer Beziii IS Bsg.
Tagesueuigkeiteu.
Stuttgart 8. März. Wie hiesige Blätter melden, verlautet in parlamentarischen Kreisen, daß der Wiederzusammentritt des Landtags gleich nach Ostern, ev. schon am 30. März erfolgen soll.
Stuttgart 8. März. Die Stuttgarter Straßenbahnen haben im Jahre 1909 32 951595 Personen befördert, somit gegen das Vorjahr 2433982 mehr. Die Einnahmen aus diesem Verkehr betrugen 2 860381.29 der Reingewinn 611 717.10 Es kann infolgedessen eine Dividende von 11°/° verteilt werden.
Stuttgart 8. März. Wegen Verdachts des Diebstahls von Gold- und Silberwaren, begangen am 22. v. Ms. in einem Hause der Kriegerstraße, wurden zwei Personen festgenommen. In ihrem Besitz befand sich der größte Teil der gestohlenen Sachen. Sie sind auch verdächtig, bei einem Diebstahlsversuch, bei dem ein Kaffenschrank zu erbrechen versucht wurde, beteiligt zu sein.
Feuerbach 8. März. Die Straße über den neuen Pragtunnel hat sich seit einiger Zeit etwas gesenkt, so daß ein etwa 70—80 Ctm. tiefer und 4—5 Ctm. breiter Riß entstanden ist. Die Geleise der elektrischen Bahn mußten infolge der Senkung schon öfters gehoben und neu gelegt werden. Die Stadt Feuerbach sah sich genötigt, ihre Wafserhauptleitung, die dort vorbeigeht, neu zu legen und zwar wurde sie in starke ^-Balken eingeschmiedet, damit sie nicht brechen kann.
Oberndorf 8. März. Oberndorf ist zur Zeit wieder in die angenehme Hoffnung versetzt, in nächster Zeit einen größeren Gewehrauftrag von Serbien zu erhalten. Nachdem in
Mittwoch, den 9. Mar; 1910.
den letzten Monaten ein Schießmeister von der Waffenfabrik das Mausergewehr dort vorführte, weilt gegenwärtig Direktor P. Mauser zwecks Abschluß-Verhandlungen in Belgrad.
Geislingen a. St. 7. März. Nachdem es vor 8 Tagen unter hier beschäftigten Italienern zu einer Schlägerei gekommen war, in deren Verlauf zwei gestochen wurden und jetzt im Krankenhaus liegen, gab es am Samstag mittag unter ihnen eine Schießerei. Getroffen wurde zwar niemand, aber ein in der Nähe diensttuender Oberbahnwärter war in großer Gefahr, da ihm eine Kugel am Kopf vorbeisauste. Drei der Beteiligten konnten durch die Landjägermannschaft alsbald ergriffen und in Sicherheit gebracht werden.
Heidenheim a. Br., 5. März. Von der in unserer Stadt bestehenden großen Wohnungsnot ist die Tatsache, daß um eine auf 1. April ausgeschriebene Wohnung in einem städtischen Gebäude an der Hechtstraße binnen weniger Stunden sich 13 Familien gemeldet haben, ein deutlicher Beweis. Der Gemeinderar empfiehlt allen Bauunternehmern hier, Heuer möglichst viele Häuser zu bauen, da die von der Gemeinnützigen Baugesellschaft projektierten 7 Wohnhäuser mit insgesamt 12 Wohnungen weitaus die Nachfrage nicht befriedigen können. Um diese 12 Wohnungen sind zur Zeit schon 29 Bewerber angemeldet.
Ulm 8. März. Ein Dienstmädchen eines hiesigen Kleiderhändlers hat dessen Garderobe so ausgiebig geplündert, daß die gestohlenen Sachen einen Wert von 3—4000 ^ erreichen. ES wird vermutet, daß die ungetreue Magd die Beute ihrem Liebhaber zuwenden wollte. Sie ist verhaftet worden.
Vrzu-Spr. i. d. Etabt '/^Lhrl. m. LrLgrrl. Mk. 1.2k. Postdezu-tpr s.d. örtS- u. NachbarortSverk. '//jLhrl. Mk. 1.2V. >m Fernverkehr Wk. 1.S0. Bestell-, in Württ. SV Psg., in Bayern n. Reich 42 Pf-.
Blaubeuren 5. März. Dem hiesigen Amtsgerichtsgefängnis wurde ein falscher Kapuziner eingeliefert. Er wollte in Schelk- lingen kollektieren, suchte die Rettungsanstalt St. Konradishaus daselbst auf und bat um ein Nachtlager. Diese Frechheit nahm für ihn ein schlimmes Ende, denn er wurde bald als ein früherer Zögling der Anstalt entlarvt und der Polizei übergeben. Die Kutte, die er seinen Zwecken dienstbar zu machen gedachte, soll er in einem Kloster gestohlen haben.
Schussenried O.-A. Waldsee 8. März. Die eigenartige Krankheit unter dem Viehstand der Umgegend stellte Professor Rheinhardt von der tierärztlichen Hochschule Stuttgart dahin fest, daß es sich allen Anzeichen nach um eine Schlundkopflähmung handle, deren Erreger wahrscheinlich auf Futtervergiftung zurückzuführen sei. Ein Mittel, diese sonderbare Krankheit zu bekämpfen, ist noch nicht gefunden worden.
München. In einem Juwelenladen schüttete eine fremde Dame, während ihr für etwa 50 rA Schmucksachen verpackt wurden, der Geschäftsinhaberin Salzsäure ins Gesicht, ergriff das Paket und flüchtete.
Berlin 8. Mäiy. (Reichstag.) Am Bundesratstisch befinden fich die Staatssekretäre v. Ttrpitz und v. Lisco. Die zweite Lesung des MaiineetatS wird bei Kapitel „Jntendantur- sekcetäre" fortgesetzt. Werner(Refp.) befürwortet Besserstellung der Jateudantursekretäre, sowie Aeude« rung ihre» Titels und ihrer Uniform. Vizeadmiral Capelle: Mit der Titeländerung müssen wir auf das Vorgehen des Landheeres warten. Das Kapitel wird bewilligt. Bei dem Kapitel „Instandhaltung" wird ein Antrag der rechtsstehenden Parteien auf Wiederherstellung der von der Butgetkommifston um 91574 gekürzten Tafel- und Messegelder mit
Wildwasser.
Gebirgsroman von Luise Cammerer.
(Fortsetzung.)
An seine Familie richtete er ein gleich strenges Verbot. Frau Therese respektierte seinen Willen und fügte sich darein, doch der still getragene Kummer fraß an ihrem Herzen, umsomehr, als Tonerl, der jüngste des Hauses, von Tag zu Tag weniger wurde, sein irdisches Bleiben nur noch eine kurze Zeitfrage bedeutete. Das glänzende Braun ihrer Flechten vermischte sich plötzlich mit lichten Silberstreifen und ihr Blick verlor den lebensfrohen Strahl, der ihm vor kurzem noch zu eigen gewesen.
Der Herbst zog ins Land. Ein lichtheller, sonniger Herbst mit warmen Tagen und linden Nächten. Auf den Wiesenhängen und Wegrainen, wo es vordem in bunter, regelloser Farbenschönheit geblüht, wurde es allmählich kahl und unwirtlich, es verblaßten die letzten, tiefblauen Glockenformen der Kampanilla und die weißen Sterne der Margareten, und das Blattlaub des Hochwaldes stufte sich zu allen Farbentönen ab. Meisterin Natur tauchte ihren Malpinsel in das finkende Abendgold des Sonnenballs und mischte zu den Purpurgluten leuchtendes Goldgelb, dazwischen setzte sie da und dort vereinzette dunkle, düstere Schatten ein, damit dem licht- und farbengedrän gten Bi lde auch der ernst e Ton
Die Wandervögel flogen in Scharen zusammen, hielten in prächtigen Lindenbeständen vor der Schneidmühle einen Heimgarten ab und pflogen ernste wichtige Beratungen; denn die Scheidezeit rückte näher und näher heran und mit der Scheidezeit die Reisestrapazen und Reisegefahren. Da galt es die Kräfte zu sammeln und die Schwingen zu erproben zum wetten Lebensflug.
Auch für Franz nahte die Abendstunde. Abermals hatte ihn sein altes Mütterchen an seine Kindespflicht erinnert, um seine Heimkehr nach
gesucht und dem Schreiben das Reisegeld und einige herzliche Dankesworte für Lindhammers angefügt.
„Wider alles Erwarten und ohne eigenes Zutun sei am Abend ihres Lebens plötzlich eine günstige Wendung für sie eingetteten," schrieb sie ihrem Sohn, „eine Wendung, die sie künftighin aller leiblichen Sorgen überhebe und auch seine Zukunft für immer sicher stelle, — da auf eines der Kirchenbaulose, die sie mit der Hinterlassenschaft ihrer kürzlich verstorbenen Schwester ererbt, der Haupttreffer gefallen-und ihr nach
Abzug aller Unkosten eine runde Summe von 50 000 ^ verblieben sei. „Bei meiner eigenen Bedürfnislosigkeit wäre ja der Glücksfall völlig überflüssig gewesen, mein lieber Sohn", so mdigte Frau Wallner ihr Schreiben, „doch in deinem Interesse habe ich ihn mit aufrichtiger Freude begrüßt, denn das Glück, dich in einer gefestigten Lebensstellung für immer in meiner Nähe zu wissen, wird meine letzten Tage verklären.
„So geh' mit Gott!" Lindhammer sagte es ernst und gab den Brief an Franz zurück, den ihm dieser zum Lesen überreicht hatte, „morgen in der Frühe bringe ich dich mit dem Wagen zum Zug. ES kommt mir nicht leicht an, aber das Mutter! hat das erste Recht auf ihr Kind. Pack am Abend die Sachen zusammen, ThereSl, daß er nicht länger aufgehalten ist von uns."
Zufällig streifte sein Auge Veferl, das damit beschäftigt war, mehrere Stücke goldgelber GebirgSbutter in Pergament einzuschlagen und zum Versandt in eine Kiste zu verpacken. Das Dirndel hielt plötzlich in seiner Beschäftigung inne, um wie geistesabwesend vor sich hinzustarren.
„Na, Veferl, wo fehlts?" Lindhammer sagte es streng. „Der Bursche kann doch nit immer Heimgast bei uns sein und muß doch auch wieder einmal in sein eigenes Heim zurück, das ist doch nit zu verwundern! Hast vielleicht gar gedacht, er bleibt bei uns? Was nit sein kann, kann nit sein, und dadrein muß man sich ergeben, wenns einem auch schon ein biss! schwer ankommen sollt!"