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hier aus unter dem Geläute der Glocken in feierlichem Zuge nach der Kirche sich zu begeben. Im Zuge waren vertreten die Staats und städtischen Beamten, die Offiziere und die Mann­schaften des Bezirkskommandos, die Mannschaft der Steuerwache, des Landjägercorps und die bürgerlichen Kollegien. Im festlich geschmückten Saal des Hotels Waldhorn fand das Festmahl statt. Die Beteiligung am Festesten wächst von Jahr zu Jahr und war auch diesmal größer als im Vorjahr. Oberamtsrichter Hölder brachte folgenden Königstoast aus:

Unter den Schätzen des Schillermuseums in Marbach findet sich als Widmung für dieses Museum, von der Hand unseres Königs ge­schrieben, das Wort Schillers:

es ist nichts als die Tätigkeit nach einem bestimmten Ziel, was das Leben erträglich macht.

Unser König, besten 62. Geburtstag festlich zu begehen, wir hier versammelt sind, hat die in jenen Worten enthaltene Lebensregel, in voller Erkenntnis der hohen Pflichten und Anforderungen, die der Herrscherberuf an ihn stellt, sich selbst zur Richtschnur seines Lebens gemacht. Er hat sie während seiner bald 19jährigen Regierungszeit zum Wohl und zum Segen seines schwäbischen Volkes betätigt. Mit Dank anerkennt das württbg. Volk die Bereitwilligkeit des Königs, mit der er wieder­holt zur Erfüllung berechtigter Wünsche und Forderungen des Volks die Hand geboten und sie tatkräftig gefördert hat. Unter seiner Regierung sind langgehegte Wünsche des Volkes gesetzlich geregelt worden; Wünsche, bei denen es sich um Fragen von einschnei­dender Bedeutung für unser württ. Staats­wesen und Volksleben handelte, sofern sie die Aenderung lange Zeit hindurch bewährter, aber schließlich den vorgeschrittenen Anschau­ungen der Neuzeit nicht mehr entsprechender Grundsätze und Gesetze zum Gegenstand hatten. Ich erinnere an die Aenderungen unseres Staatsgrundgesetzes, unserer württ. Ver­fassungsurkunde, hinsichtlich der Zusammen­setzung der Ständeversammlung, an die Aenderungen bezw. Festlegung der Gesetzes­vorschriften über die Verwaltung der bürger­lichen und kirchlichen Gemeinden und die Regelung ihrer ökonomischen Verhältnisse; und endlich an die erst im vergangenen Jahr erfolgten Aenderungen unseres Volksschul­gesetzes, die vor allem die seit Jahrzehnten geforderte Bezirksschulaufsicht als Hauptamt brachten.

Dankbare Anerkennung findet aber auch in allen Schichten und Kreisen unseres Volkes das warme Interesse des Königs für Land­wirtschaft und Industrie, für Handel und Ge­

werbe, für Kunst und Wissenschaft, deren Förderung, Stärkung und Unterstützung er sich angelegen sein läßt und von ihm vielfache Anregung erhält.

Daß unser König ein warmschlagendes Herz für alle Not des Lebens hat und hier zu lindern und zu mildern sucht, wo und so viel er kann, soll bei der Feier seines Geburts­tages zur Ehre seines Namens auch gesagt sein.

Wenn wir heute besonders auf das letztverflossene Lebens- und Regierungsjahr unseres Königs zurückblicken, so gibt das uns noch ganz besonders Anlaß, mit Freude und Befriedigung zu rühmen das unermüdliche Bestreben des Königs, das Verhältnis unseres engeren schwäbischen Vaterlandes zum großen deutschen Vaterland zum deutschen Reich und zum Reichsoberhaupt, dem Kaiser, nicht bloß äußerlich harmonisch, sondern auch innerlich herzlich und freundlich zu gestalten und zu er­halten. Erhebend kam das zum Ausdruck in den Septembertagen des letzten Jahres, als unser König den Kaiser als Gast in seinem Land und seiner Residenzstadt unter dem Jubel des Württemberger Volkes begrüßen und dem Kaiser als dem obersten deutschen BundeS- feldherrn das württemb. Armeekorps vor­führen durfte. In schönster Weise bekundete das Zusammensein der beiden Bundesfürsten ihr herzliches Einvernehmen und ihre gegen­seitigen freundschaftlichen Gesinnungen. Daß den Leistungen unserer braven Truppen, die dank der tüchtigen, von unserem König stets aufmerksam verfolgten und überwachten Aus­bildung, die höchsten an sie gestellten An­forderungen aufs beste erfüllt haben, die kaiserliche Anerkennung und Belobung in reichstem Maße zuteil wurde, erfüllt uns Schwaben mit freudigem Stolz.

Ja, wir haben in unserem König einen Landesherrn, der seine Lebensaufgabe in treuer ernster, zum Wohl und Segen seines Volkes und Landes gereichender Erfüllung seiner vielseitigen Regentenpflichten erblickt. Er ver­dient es, daß ihm sein Volk die vielgerühmte schwäbische Treue ungeschmälert und von ganzem Herzen entgegenbringt. Liebe um Liebe, Treue um Treue. Unsere Gefühle der Liebe und Treue zu unserem König und Landesherrn, den Gott uns noch lange er­halten möge, lassen Sie uns zusammfassen in den Ruf:

Unser geliebter König und Landes­herr, König Wilhelm II. von Württem­berg, er lebe hoch!

Das Hoch auf den König wurde von den Anwesenden begeistert ausgenommen, worauf die Stadtkapelle die Königshymne intonierte. Das Festmahl nahm bei der guten Tafel und flotten Musik einen vorzüglichen und animierten Verlauf.

gelegentliche Fliehburgen zu betrachten, in welche die Umwohner ihre einzige wertvolle Habe, ihr Herdenvieh getrieben hätten, wenn räuberische Horden oder feindliche Heeresabteilungen die Gegend unsicher machten. Außer den aufgeführten Aufsätzen bringt die Februarnummer noch einen Bericht über einenAusflug von Pforzheim ins Würmtal", ein lustiges GedichtLehmännerstreiche" von Rudolf Müller, verschiedene Mitteilungen über den Hornisgrindeturm, über Fritz Reiß und als SchlußVereinsnachrichten."

Calw 26. Febr. Das Geburtsfest Sr. Majestät des Königs wurde in unserer Stadt in feierlicher Weise begangen. Echte Schwabentreue ist es, die Fürst und Volk mit einander verbindet und die an dem Geburtstage des Herrschers, der auch heute noch wie seine Ahnen ruhig in dem Schoße jedes seiner Untertanen ruhen kann, immer aufs neue wieder zum. schönsten Ausdruck kommt. Es ist wirklich ausrichtige Mitfreude und herzliche Teilnahme an dem Ergehen des Landesvaters, die in den wehenden Fahnen, den Böller­schüssen und nicht zuletzt in der ganzen festlichen Stimmung sich ausspricht, die an diesem Tage im ganzen Volke, in allen Ständen und Schichten sich fühlbar macht. Ein enges Band ist es, das den König mit seinen Untertanen verknüpft. ES ist ja allgemein bekannt, daß unser König ohne schützendes Gefolge sich in den belebtesten Straßen der Haupt- und Residenzstadt bewegt und dabei keinen Anspruch auf besondere Be­achtung und Berücksichtigung erhebt, er will leben als Bürger unter den Bürgern des Lan­des. Darum liebt ihn auch sein Volk von Herzen und seine Regierung, die sich in den Bahnen eines gesunden Fortschritts bewegt, gehört zu den gesegnetsten der Fürsten Württem­bergs. Fürst und Volk fühlen sich innerlich eines Geistes und Sinnes und deshalb wird auch der Geburtstag des Königs im ganzen Land gefeiert wie ein Familienfest. Am Vorabend des Festes zog hier die Jugendkapelle durch die Straßen der Stadt, um der Einwohnerschaft durch Trommelschlag und Pfeifenion das frohe Fest zu verkünden. Der Festtag selbst wurde eingeleitet durch Böllerschüsse, durch die lockenden Weisen der Stadt- und Jugendkapelle. Das schöne Frühlingswetter hatte die Jugend früh­zeitig geweckt und diese brachte durch ihre Be­gleitung der beiden Kapellen bald bewegtes Leben in die Straßen. Der Gottesdienst fand in der Stadtkirche und katholischen Kirche statt. In der evangelischen Kirche wurde gepredigt über den vom König ausgewählten Text Psalm 86 Vers 11: Weise mir, o Herr, deinen Weg, daß ich wandle in deiner Wahrheit. Die Gottes­dienste waren zahlreich besucht. Zum Festgottes­dienst in der Stadtkirche hatten sich die Teil­nehmer auf dem Rathause gesammelt, um von

einem zu gut geht, da wird man leicht übermütig und vergißt alles, was man vordem durchgemacht."

Das sagst du, Theresl, nit ich," erwiderte er mit tiefer Bitterkeit; sein Auge suchte mit durchdringender Schärfe das ihre.Seit der Sixt groß und dem andern, den ich nit nennen will, immer ähnlicher worden ist, seitdem warst du für mich die alte Theres nimmermehr! Der Sixt, der Sixt, und nachher noch einmal der Sixt, hieß es immer und für mich ist ein Bröserl Lieb geblieben, so klein, daß mans kaum finden kann!"

Sie lachte so glockenklar, so frisch und fröhlich, daß man es merkte, sie fühlte sich frei von aller Schuld.

A geh, du alter Gischpel, wirst doch nit neidisch und eifersüchtig sein auf dein eigenes Fleisch und Blut", sagte sie, den Arm um seinen Hals legend,bist allweil noch lappiger wie der Bursch selber. Ich weiß, was ich an dir Hab, Wendel, aber immer mußt nit gerade deinen Kopf aufsetzen und allein das Richtige haben wollen; manchmal muß man auch nachgibig sein. Laß dem Sixt das Dirndl, wann er positiv sein Glück drinn findt!"

Tu mich nit drängen Theres! Es kann und darf nit angehen, glaub mir, es ist Grund und Ursach da", entgegnete er ernst.Nit, daß ichs Dirndl gering achte, ich Habs alleweil gehalten wie mein eigenes Kind, aber meine Schwiegertochter kanns nit werden und damit ist das letzte Wort in dieser Sach geredet!"

Im schweigsamen Ernste kamen die Lindhammer's heim. Der Abend war mild und mondhell, das Firmament überflammt von Sternenpracht. In den Büschen und im Laubwerk der Bäume war ein Flimmern und Schimmern wie von eitel Demantstaub. Unzählige Leuchtkäfer schwirrten in der Luft und gaukelten auf und nieder, in der friedsamen, stillen Johannisnacht einen Zauberreigen aufführend, der alles geheimnisvolle, wundersame Leben und Weben in der Natur hervorrief wie zum nächtlichen

Elfenspuk. Den Blumenhäuptern entstiegen süße Düfte und hier und da erklang ein verspäteter Vogelruf.

Wie ein rosaumsponnenes Dornröschenheim lag die Schneidmühle da vom lichten Mondenglanz umflossen. Weit und breit regte sich kein Laut. Der Tyras schlug erst an, als die Wagenräder über den weiten, gepflasterten Hofraum hallten.

Ich bleib noch eine Weile im Garten herunten, bevor ich zur Ruh geh, Wendel", sagte Frau Therese freundlich zu ihrem Mann, als sie vom Wagen abstieg, manchmal tuts not, daß man ein bissel Einkehr in sich selber hält."

Den Kopf in die Hand gestützt, saß Frau Therese regungslos unter den Linden, das Herz übervoll von widerstreitenden Empfindungen. Ein großartiges, zugleich auch anmutiges Landschaftsbild breitete sich vor ihren Augen aus, allein heute fehlte ihr das innere Gleichgewicht, die Schönheit ihrer Heimat voll zu würdigen. Der Mond umwob die üppig bewaldeten Höhenzüge der Voralpen mit magischen bläulichen Lichtwellen; wie Sil- huetten zeichneten sich die grotesken Felsenbildungen und silberschimmernden Firne von dem dunkel beschatteten Abendhimmel ab. Schäumend und brausend durchflutete der reißende GebirgSstrom die Hänge und Dämme, die Menschenhände geschaffen, um seine ungestüme Naturkraft, den zügel­losen Freiheitstrieb auf ein möglichst ungefährliches Maß einzuschränken. Und hier in der Schneidmühl, da hatte vordem auch so ein wildes, zügel­loses Naturkind gelebt,-ein Naturkind, das keine hemmenden Zügel

dulden wollte, das, nur dem eigenen Willen folgend, weder Eltern noch Frauenliebe, noch einer guten Erziehung irgend welchen bessernden Ein­fluß auf sein Tun und Treiben gestattete-und deshalb auch

zu Grunde gegangen war.

(Fortsetzung folgt.)