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würde als Versuchsfeld gewählt, weil es für den genannten Zweck das beste Terrain ist.
Tübingen 16. Febr. Die Arbeiten für den Güterbahnhof und zwar zunächst die Erdarbeiten, gelangten zur Ausschreibung. Sie werden in einem Los zu rund 333000 ^ vergeben. Die Gesamtkosten für den Güterbahnhof betragen im Voranschlag 2 930 000 -///. Die Pläne für den Güterbahnhof sind nun endgültig festgestellt, nunmehr geht man auch an die definitiven Pläne zum neuen Werkstättenbahnhof, der zwischen die Gleise der Rottenburger- und Zollernbahn zu liegen kommt. Und schließlich kommen die Pläne zum Generalumbau des Hauptbahnhofes daran. Ehe alle diese umwälzenden Pläne durchgeführt sind, dürfte bei schnellem Arbeiten wohl ein Jahrzehnt vergehen.
Reutlingen 16. Febr. Schon seit Jahren wurden in unserer Stadt die Mittel zur Unterstützung durchreisender Handwerksgesellen durch freiwillige Beiträge aufgebracht. Mit der Aufnahme des Betriebs einer Wanderarbeitsstätte am 1. Oktober v. IS. ist die städtische Unterstützung der Wanderer hinfällig geworden. Einem Beschluß der letzten Amtsversammlung folgend, wurde nun im Bezirk eine Sammlung freiwilliger Beiträge zu den Kosten der Wander arbeits- stätte veranstaltet, die in Reutlingen-Betzingen 2663 Mark ergeben hat. Die Kollekte in den Bezirksorten ist noch nicht abgeschlossen.
Stuttgart 16. Febr. Der Tunnelbau an der Prag wird im Neuen Tagblatt von Professor Dr. E. Fr aas einer eingehenden Besprechung unterzogen. Dr. Fraas kommt zu dem Schlußergebnis, daß zwar der Neubau des Pragtunnels mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat, daß diese aber keineswegs außergewöhnlicher Natur sind, sondern sich ganz ähnlicher Weise geltend machen wie bei anderen Tunnelbauten in den Gipsmergeln. Man kann deshalb auch die sichere Zuversicht hegen, daß es gelingen wird, einen absolut betriebssicheren neuen Tunnel herzustellen. Ebenso besteht kein Zweifel, daß durch entsprechende Ausbesserung des Mauerwerks der alte Tunnel in betriebssicherem Zustand erhalten werden kann.
Gmünd 16. Febr. Ein blutiger Vorgang spielte sich gestern vormittag gegen V-12 Uhr im Hinterhause Kalter Markt 10 ab. Dort machte der 40jährige verheiratete Stahl- graveur B. dem 31jährigen Stahlgraveur H. Vorhaltungen, weil letzterer eine goldene Uhr, die er von B. für einen nicht eingelösten Wechsel als Pfand erhalten, weitergegeben hatte. Es entstand ein Wortwechsel, in dessen Verlauf H. den B. zur Türe hinaus auf den Gang drängte.
Dort kam es zu Tätlichkeiten, die soweit führten, daß B. seinem ihm an Stärke überlegenen Gegner ein Stilettmesser mit 8 Ctmtr. langer Klinge in den Leib stieß. Er stellte sich dann sofort dem Polizeiinspektor. Dieser ließ eiligst nach dem Verletzten schauen und fand die Angaben des B. bestätigt. Der Gestochene wurde von der Polizei rasch ins Spital verbracht, wo sich die Vornahme einer sofortigen Operation an dem zeitweilig Bewußtlosen als nötig erwies. Im Laufe des Nachmittags stellte es sich heraus, daß glücklicherweise keine Lebensgefahr besteht und die Heilung einen guten Verlauf zu nehmen verspricht. Der Täter, der dem Amtsgericht übergeben worden war, wurde infolge des befriedigenden ärztlichen Gutachtens über das Befinden des Verletzten noch am gleichen Abend wieder auf freien Fuß gesetzt. Die Angaben der beiden Beteiligten stehen insofern einander gegenüber, als der Verletzte den Stich empfangen haben will, ehe er B. zu Boden geworfen hatte, während letzterer erst dann zum Messer gegriffen haben will. Bedauerlich bleibt es auf alle Fälle, daß durch diesen Vorfall Schrecken und Kummer in zwei Familien getragen worden sind.
Ulm 16. Febr. Im „Ulmer Winkel", wie der angrenzende Teil der bayrischen Nachbarschaft genannt wird, trieb im vergangenen Sommer und Herbst eine Einbrecherbande ihr Unwesen, die zahlreiche Bauerngehöfte heimsuchte und dazu die Zeit abpaßte, in der die Leute auf dem Felde waren. Den Dieben fielen außer Kleidern und Schmuck ganz erhebliche Geldbeträge in die Hände, so in einem Fall 70 in einem anderen 696 in einem dritten 145 und in einem weiteren gar 1460 Als Täter wurden der Taglöhner Joseph Bihlmaier von Bellenberg und der Knecht Alois Baumhauer von B. ermittelt. Das Landgericht in Memmingen verurteilte Baumhauer zu 1 Jahr Gefängnis, Bihlmaier zu 5 Jahren Zuchthaus. Die gestohlenen Sachen und das Geld haben die beiden Einbrecher im Dache eines Bauernhauses versteckt, das inzwischen abgebrannt ist.
Ulm 16. Febr. Die hiesige Tiergroßhandlung von Julius Mohr jr. hat anfangs März 5000 Stück Fasanen nach New-Jork zu liefern. Den Transport, der 7 Eisenbahnwaggons beansprucht, werden einige Angestellte der Firma begleiten.
Berlin 16. Febr. Budgetkommission. Bei dem Kapitel „Instandhaltung der Flotte und Werften 36 872 855 führte Staatssekretär v. Tirpitz aus, daß im allgemeinen die Verwaltungsbeamten der Marine kauf
männischer dächten und handelten, als dies ab und zu angenommen würde. Die Unterbeamten sollten zukünftig vor ihrem Eintritt in den Staatsdienst eine mehrmonatliche kaufmännische Ausbildung durchmachen. Bei den höheren Beamten müsse darauf bestanden werden, daß sie eine vollwertige juristische Ausbildung erhalten. Schwierig sei, ihnen auch die erwünschte kaufmännische Ausbildung zu teil werden zu lasten. Die Anregung der nationalliberalen Abgeordneten, diese Beamten durch zeitweilige Beschäftigung in Privatbetrieben auch kaufmännisch auszubilden, werde dankbar benützt werden. Der Staatssekretär wandte sich dann gegen die Ausführungen des freisinnigen Abgeordneten, der darauf hingewiesen hatte, daß durch den Werftprozeß nicht nur Mißstände auf dem Alteisenhof in Kiel aufgedeckt seien, sondern auch an anderen Stellen. Dieser Behauptung trat der Staatssekretär entgegen. Es habe sich nicht um Millionenunterschleife gehandelt. Auch andere Betriebe als der Alteisenhof in Kiel seien durch den Prozeß nicht bloßgestellt. Nur dort seien Mißstände konstatiert; diese würden abgestellt werden. Auf die Ausführung des Zentrumsredners betonte der Staatssekretär, daß, wenn es ihm möglich wäre, wegen des Werstprozestes bestimmte Personen zu fasten, er dies sicher tun würde. Bisher sei die Möglichkeit durch die Justitiare verneint worden. Er wolle aber die Angelegenheit nochmals untersuchen.
Halle a. S. 16. Febr. (Die Mans- felder Krawalle vor Gericht.) In der heutigen Schlußverhandlung über die Straßenkrawalle in Hettstett während des Ausstandes im Mansfelder Bergbaurevier rvgrden die Angeklagten zu Gefängnisstrafen von 1 Jahr bis zu 6 Monaten verurteilt und zwar sämtlich wegen qualifizierten Landfriedensbruchs, einer außerdem wegen Beamtenbeleidigung und ein anderer wegen versuchter Nötigung.
Paris 16. Febr. Auf Anzeige zweier Kausleute aus Leipzig und London wurden zwei Pelzhändler namens David und Lagrange unter dem Verdacht des Betrugs verhaftet. Sie sollen auswärtigen Pelzhändlern einen Schaden von 500 000 Francs zugefügt haben.
Paris 16. Febr. Jn Wadai, das nach dem französisch-englischen Afrikavertrag zur französischen Einflußsphäre gehört, wurde, wie aus Dakar gemeldet wird, am 4. Januar ein französisches Detachement vom Sultan von Masalit in einen Hinterhalt gelockt und aufgerieben. Der Ueberfall hat drei Tagereisen südöstlich von Abescher, der Hauptstadt von Wadai, stattgefunden. Dabei sind der
lachte, lachte so glockenrein und fröhlich, wie nur je ein junges, weltlustiges Menschenkind.
„Geh, Wendel, wer wird denn schelten, und noch dazu am hellichten Sonntag? Schäm dich, du ungutes Mannsbild du ! Gleich machst mir ein freundliches G'ficht, oder mit uns zwei ist ausgeredet für heut. Für wen Hab ich denn mein neues Gewand angelegt, wann nit für dich, du Querkopf, du bockbeiniger?"
Sprachs und stieg gemächlich die Holztreppe hinab. Ein prächtiges, vom Kopf bis zu den Füßen kerngesundes Weib mit dunkelblitzenden Tlugen, einer wuchtigen, glänzend braunen Flechtenhülle im Nacken, das frische Naturrot auf den Wangen, mit einem allerliebsten Stumpfnäschen und weichgeformten Kinn, bot es in seiner kleidsamen, gefälligen Gebirgs- tracht einen herzerfreuenden Anblick, und ein warmes Leuchten trat in die Augen des Lindhammers, ein zufriedenes Lächeln hob seinen Mund.
„Gerad sauber bist, Theresl, bildsauber", schmeichelte er. „Völlig jung schaust aus, aber es wird halt höllisch viel Geld kosten, das neue Gewand!"
„Wir Habens und können uns etwas erlauben, Wendel!" sagte sie kurz und bestimmt. „Von früh bis spät, jahraus, jahrein rühren wir die Hände und schaffen ohne Unterlaß. Beim Lindhammer kommts auf etliche Hunderter nit an, und ich gehör gewiß nit zu den hoffärtigen Weiberleuten, die ohne Verstand nauSgeben, um wie ein Pfau umeinander zu stolzieren. Nur was sein muß, Lindhammer! Hast vielleicht Verdruß gehabt, weilst gar so herb bist, heut?"
Wie ein Wetterleuchten ging es durch seine Züge. Wenn Frau Therese per Lindhammer mit ihm sprach, war das Barometer ihrer guten Laune stark im Sinken, dann wurde es für ihn höchste Zeit, einzulenken und mildere Saiten aufzuziehen.
„Verdruß über Verdruß, Theresl", erwiderte er, seine Stimme dämpfend, „Es ist nit mehr zum. Aushalten mit dem Sixt, dem Malefizbuben ! Kein Tag vergeht, wo man nit etwas Neues von ihm erfährt,
und nie etwas Gutes. Alleweil hinter der Gaudi her, heut' beim Scheiben- schieß'n morgen beim Jagern und so jeden Tag eine andere Lustbarkeit. So darfs nit fortgehen alleweil, oder es nimmt ein schlimmes End mit uns zwei. Du weißt, Theresl, die Lindhammerschen, die haben harte Köpf!"
„Sell wohl, Wendel", bestätigte sie gelasten. „Die harten Köpf scheinen von altersher ein Erbteil eurer Familie zu sein. Ein bissel Nachgibigkeit hin und her dürft zu Zeiten auch nicht schaden. Aber dir fehlt die rechte Lieb zu dem Buben, schaust ihn noch alleweil für ein kleines Bübl an, das aufs Wörtl folgen müßt und vergißt dabei völllß, daß er sein Militär schon abgedient hat und ein ausgwachsener Mensch worden ist, der seinen eigenen Willen hat und eigene Wege geht und den man nit am Bändel führen kann, wie ein kleines Kindl!"
„Ein Lader und Tagdieb ist er, der nit arbeiten mag und dem zum Sägwerk und gar Landwirtschaft die rechte Freud und Lust fehlt!" brauste der Schneidmüller heftig auf. „Wann ich mir denken müßt, an meinem eigenen Fleisch und Blut dasselbige nochmal zu erleben, was meine rechtschaffenen Eltern-" jählings abbrechend schaute er düsteren Blicke«
in den Hellen Morgen hinein.
Von der tiefer liegenden Landstraße herauf schlugen zwei verstaubte» sonnenverbrannte Handwerksburschen die Richtung nach der Schneidemühle ein. Tyras, der große Leonberger, der in beschaulicher Ruhe langhin- gestrcckt in der Sonne lag, erhob sich knurrend von seinem Platze, doch ein gebieterischer Zuruf seines Herrn gebot ihm Einhalt.
„Veferl!" Die Lindhammerin rief es halblaut durch das geöffnete Fenster in das niedergelegene Wohnzimmer hinein. „Zwei Wanderburschen kommen auf die Schneidmühl zu. Wenn sie ansprechen, gibst ihnen Brot und einen Weidling Milch dazu, doch halt die Leut nit auf. Will mir gar nit gefall'n, daß g'sunde Leut nit arbeiten wollen und es gibt diesmal Arbeit genug im Feld. Aber das Bettelbrot schmeckt alleweil bester wie das verdiente! Gedenk drauf, die Milch zur Bahn zu bringen, halt