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Diebstahl bei Juwelier Kaufmann verhafteten Richard und Eugen Rode aus der Haft entlassen worden, weil die Untersuchung nichts belastendes ergeben hat. Nur noch Gustav Rode soll sich in Hast befinden.
Stuttgart 7. Febr. Am Samstag den 5. ds. Mt«., vormittags 10 Uhr, wurde eine Frau von einem aus einem Fenster des 5. Stocks eines Hauses in der Senefelderstraße fallenden Blumentopf getroffen, wodurch sie eine Quetschwunde an der Hirnschale davontrug. — Gestern abend 7 Uhr wurde auf dem Marktplatz in Wangen ein Taglöhner von einem bis jetzt unbekannten Täter durch Messerstiche in beide Arme, in die rechte Brustseite, sowie durch Hautschürfungen am Kopf verletzt.
Cannstatt 7. Febr. In den letzten Tagen hat eine 19 Jahre alte Fabrikarbeiterin heimlich geboren, das ausgewachsene Kind zweifellos sofort nach der Geburt getötet und im Wohn- und Schlafzimmer seit vier Tagen tot liegen lassen, bis die Sache zur Kenntnis der Polizei gekommen ist. Sowohl der Vater des Mädchens, als auch das Mädchen selbst, haben eine Anzeige nicht gemacht und auch keine Hebamme zur Geburt beigezogen, sondern beide seit einigen Tagen neben der Kindsleiche im selben Zimmer geschlafen und auch gegessen. Die Mutter des Kindes wurde polizeilicherseitS mit dem Sanitätswagen ins Krankenhaus und die Kindsleiche in die Totenhalle des Pragfried- hoss verbracht. Die Untersuchung ist im Gang.
Ludwigsburg 7. Febr. Zu der gemeldeten Flucht des Dragoners Mistele von der 5. Schwadron teilt nun dessen Vater, der Taglöhner Mstele, der Ludwbg. Ztg. mit, sie sei dadurch veranlaßt worden, daß sein Sohn öfters mißhandelt wurde und erst am Sonntag, also einen Tag vor seinem Weggang, von einem Gefreiten mit einem spanischen Rohr traktiert worden sei. — Für den 20. Bundeskriege r- tag, der am 5. Juni hier stattftndet, rechnet man angesichts der günstigen Lage Ludwigsburgs auf einen gewaltigen Zufluß alter Krieger. Die nötigen Vorbereitungen sind bereits in Angriff genommen worden und man ist zur Zeit mit der Bildung der verschiedenen Ausschüsse beschäftigt. Die Leitung hat der Bezirksobmann, Gerichtsnotar Brecht.
Weiler a. Zaber 7. Febr. In der sog. „Kinderstunde" der Methodistengemeinde die im Hause von Wagnermeister Fr. Bäuerl jeden Sonntag mittag stattfindet, ereignete sich gestern ein schweres Unglück. Der Zimmerboden brach durch und eine größere Anzahl von Kindern stürzten in den Keller. Mehrere Kinder erlitten erhebliche Verletzungen. Der 9jährige Sohn des
Chr. Mulfinger wurde schwer verletzt und bewußtlos weggetragen, so daß man für sein Leben fürchtet.
Ebingen 7. Febr. Am Samstag abend fiel auf dem Bühl ein dreijähriges Kind drei Stock hoch herab. Es erlitt so schwere Verletzungen, daß es ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben, gestern früh gestorben ist. — Gestern mittag machte Korsettfabrikant WoHatz as (in Firma I. G. Armbruster) ein allgemein geachteter und beliebter Bürger, seinem Leben durch Erhängen ein Ende. Rückgang des Geschäftes und Nervosität werden die Tat veranlaßt haben.
Ulm 7. Nov. (Schwurgericht.) In der Nacht zum 25. Oktober v. I. brannte das dem Frhr. v. Hornstein gehörige Schloß Bußmannshausen bei Laupheim ab. Der Augenschein ergab, daß unzweifelhaft Brandstiftung vorlag, und schon einige Tage später konnte man den Maurer Christ. Fritz von Neuenhaus und den Taglöhner Anton Kentner von Heidenheim als Täter festnehmen. Fritz, ein gefährlicher Bursche, auf den sich auch der Verdacht des Mordes richtet, legte sofort ein volles Geständnis ab und machte auch andere Einräumungen aus denen sich eine Untersuchungssache von ungeheurem Umfang entwickelte. Bis jetzt ist ermittelt, daß sich bei dem Viehhändler Reuter in Eningen bei Reutlingen die Zentrale einer weitverzweigten Diebes- und Einbrecherbande befand, von der aus die Unternehmungen geleitet wurden und bei der die Beute zusammenlief, um der Verwertung zugeführt zu werden. 30 Personen, die dieser Bande angehören, sind bereits in Haft und täglich erweitert sich der Kreis. Die beiden Angeklagten kamen nach Vollführung einer ganzen Reihe von Einbrüchen in der Reutlinger Gegend am 24. Oktober v. I. nach Orsenhausen bei Laupheim. Da sie kein Geld hatten, stiegen sie unter Benützung des Blitzableiters in das seit dem Tode des früheren Besitzers leerstehende Schloß in Bußmannshausen ein, wo sie aus der Bibliothek einen Teil wertvoller Urkunden stahlen und dann, aus Ueber- mut und Haß gegen den Besitzenden, das Schloß anzündeten, trotzdem ihnen bekannt war, daß der frühere Besitzer für Leute der Landstraße immer einen Taler bereit hatte und darum in Kundenkreisen der „Goldonkel" hieß. Fritz hatte die Frechheit, wiederholt in das Schloß einzusteigen, um das in der Bibliothek angelegte Feuer anzufachen. Das Feuer verrichtete denn auch ganze Arbeit und vernichtete das auf 100 000 ^ gewertete Gebäude gänzlich. Die gestohlenen Urkunden, unter denen sich sieben Kaiserurkunden, eine von Kaiser Karl VIl., eine andere von
Schertlin v. Burtenbach, 18 Kapselsiegel, ein überaus wertvolles Buchwerk über Lehensrecht befanden, sind beigebracht. Fritz wurde zu 9'/r Jahren, Kentner unter Einrechung einer anderweitig zuerkannten einjährigen Gefängnisstrafe zu 9 Jahren Zuchthausstrafe verurteilt. Fritz hat weitere 25, Kentner noch 8 Einbrüche zugestanden.
Wiesbaden 7. Febr. Infolge eines Geständnisses einer in dem pfälzischen Ort Jakobsweiler verstorbenen Frau wurden dort vier Arbeiter unter dem Verdacht verhaftet, vor 8 Jahren einen bisher unaufgeklärten Mord an einem Kurgast bei Wiesbaden verübt zu haben, wobei den Mördern 2800 in die Hände fielen.
Kiel 7. Febr. Die Strafkammer verurteilte nach Vernehmung von etwa 20 Zeugen den Kaufmann Frankenthal zu 300 ^ und den Prokuristen Rosenblüh zu 1500 ^ Geldstrafe wegen Bestechung von Beamten der kaiserlichen Werst behufs Erlangung von Informationen über Submissionsergebniffe.
Berlin 5. Febr. Die beiden 9 und 11 Jahre alten Knaben Maschke und Wiehe wurden seit gestern nachmittag in Potsdam vermißt. Als man spät abends zu einer alten Truhe auf dem Hofe des Palastes Barberini kam, entdeckte man in ihr die beiden Knaben vollständig ermattet und ohne Lebenszeichen. Sie hatten am Nachmittag mit der Truhe „Arche Noah" gespielt und waren hineingekrochen, der Deckel schnappte ins Schloß und die Kleinen waren hilflos eingeschlossen. Sie verloren schließlich daS Bewußtsein und brachten so sechs Stunden in ihrem Gefängnis zu. Endlich kam man auf den Gedanken, daß die Kinder in der riesigen Truhe stecken könnten, und ließ diese von einem Feuerwehrmann aufbrechen.
— Aus Anregung eines Wiener Blattes findet, wie aus Wien gemeldet wird, die Unterzeichnung einer Massen Petition der Wiener Bürgerschaft an den Kaiser Franz Josef statt, worin die Bitie zum Ausdruck gebracht wird, der Kaiser möge die O e ffentlich keit des Prozesses gegen Hofrichter anordnen, da die öffentliche Meinung das tiefste Mißtrauen gegen die Heimlichkeiten der alten, noch aus absolutistischer Zeit stammenden Militärstrasprozeß-Ordnung hege. Zahlreiche hervorragende Mitglieder der Bürgerschaft und viele Abgeordnete haben die Petition bereits unterzeichnet. Oberleutnant Hofrichter erhielt kürzlich die Nachricht von dem Tode seines Schwagers Gersdorfer, der sich um seine Angelegenheit sehr eifrig angenommen hatte, und
hat sich freiwillig zur Geleitschaft angeboten. Ein Mord in der stillen, friedlichen Gegend ist ein großes Ereignis, und sie werden ihn alle beneiden, daß er hat mit dabei sein dürfen, wie sie den Mörder in Arrest schaffen.
17.
Diesmal ist der 12-Mugust in Friedau kein bloßer Sonntag. Schon die Sonne hat bewiesen, daß sie heute etwas besonderes tun will, denn als sie früh morgens im Osten heraufkommt, war der Himmel voll schwerer Wolken, die eher Regen verheißen als Sonnenschein.
Aber die Sonne guckt gern in der Trautwein Viktl lustiges Gesicht, und heut muß es ja besonders darin strahlen. Drum spießt sie mit ihren goldenen Strahlenspeeren einen Nebelfetzen um den anderen einfach auf und schiebt sie weit von sich das Unterland zu. Dort mag's heute in Gottesnamen regnen, zu Friedau sieht der Himmel wie gekehrt aus, als sich die Hochzeitsgäste nach und nach auf den Weg machen.
Im „Lustigen Steirer" sind sie schon seit der Nacht auf den Beinen. Die ganze Woche ist gekocht und gebraten worden. Hunderte von Krapfen stehen bereit, daneben Torten, Backwerk, und was man sonst braucht für so viele hungrige Gäste.
Jetzt steht Mutter Trautwein schon im Sonntagsstaat in der Küche und überwacht das Zurichten der Braten, das sie heute leider fremden, zur Aushilfe gemieteten Händen überlassen muß.
Vater Trautwein macht noch einmal einen Rundgang durch Haus und Keller. Oben im ersten Stockwerk, wo der große Tanzsaal ist, steht schon die lange Tafel gedeckt mit Torten und Aufsätzen und künstlichen Blumen.
Viktl aber steht in ihrer Kammer, legt den Hochzeitsstaat an und läßt sich von ihrer Patin, der reichen Lexbäuerin, die heute Brautmutter ist, daS Kränzlein ins dunkle Haar setzen.
„Die Augen mußt fein Niederschlagen, Du," mahnt die Lerbäuerin, und nicht zu laut darfst das „Ja" sagen, so gehört sich'S."
Viktls Wangen brennen wie wilde Rosen im Mai, und sie lacht die würdige Brautmutter schier ausgelassen an.
„Selb kann ich Euch nicht versprechen. Mir ist's gar nicht zum Augen Niederschlagen . . . Müßt nicht, warum? Lachen und Juchzen möcht ich, daß der hohe Göll ins Wackeln kommt! ..."
„Wird Dir schon vergehen, das Lachen," brummt die Brautmutter; „wer am Hochzeitstag lacht, der weint nachher in der Ehe . . ."
„O je, das glaub ich nicht!"
Plötzlich springen sie beide zum Fenster und lugen neben dem roten Vorhang hinab auf die Straße, wo der Marchelbauer im langen Bratenrock, auf einen bunt bebänderten Stab gestützt, mit lauter Stimme nach dem Hausherrn ruft.
Der Trautwein kommt auch gleich aus der Stube und tut sehr erstaunt. Was der Marchelbauer wohl von ihm will? Da hebt der zu reden an, er hätte vor etlichen Worten dem Bauern eine saubere Braut zum Aufheben gegeben. Jetzt möchte er sie gerne wieder sehen, was denn aus ihr geworden ist?"
Vater Trautwein tritt ins Haus zurück und kommt gleich darauf mit einer alten, buckligen Magd zurück, wovei er schelmisch nach dem Kleekamp Friedl hinüberschielt, der etwas entfernt zwischen seinem Vater und den „Kranzelbuben" steht.
„So, Bidlmann — dieselbe wirds wohl sein?"
„Gehst mir gleich weiter mit der! Eine Junge Hab ich Dir eingestellt!"
Da holt Vater Trautwein seine Kuhmagd, die schielende Mirzl.
„Etwan meinst die?"
„Nicht einmal denken! Schwarzhaarig war sie, mit Augen wie die Kirschen!"
Nun entschließt sich der Vater endlich, Viktl zu holen, die mit lautem Hallo als die richtige Braut erkannt wird. Jetzt darf auch Friedl näher treten, wenn auch der Bidlmann die Braut nicht von seiner Seite läßt. Im Hausflur tritt ihnen die Trautweinin entgegen. (Forts, folgt.)