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Wartung, daß wir zu einem langfristigen Handels­abkommen gelangen würden. Das ist uns jetzt gelungen. Die langdauernden Verhandlungen haben sich bis in die letzte Zeit hingezogen, so daß dieses Abkommen erst jetzt vorgelegt werden kann. Amerika hat dabei eine große Reihe von Forderungen gestellt, die einen starken Eingriff in unsere gesetzgeberische und namentlich veterinär­polizeiliche Autonomie nötig machen. Es gelang aber doch, einen in dieser Beziehung ausreichen­den Tarif zu erreichen, nachdem wir vorher alle beteiligten Ressorts gehört hatten. Wir möchten den 7. Februar nicht vorübergehen lasten, ohne vorher zu einem festen Abkommen mit Amerika gelangt zu sein, weil sonst der Maximaltarif in Kraft treten würde. In dem vorliegenden Ab­kommen bietet uns Amerika nicht nur seinen Minimaltarif, d. h. die Meistbegünstigung, sondern hat sich auch bereit erklärt, die Handhabung des Vertrages entgegenkommender zu gestalten. Ich bitte keine Kommission einzusctzen und hoffe, daß der vorliegende Entwurf die Zustimmung des Hauses finden und den Beziehungen Amerikas zum befreundeten Deutschen Reich entsprechen wird. Unsere Schiffahrt" wird besondere Vorteile genießen und eine Störung in unseren Bezieh­ungen wird nicht eintreten, sobald der kritische Tag, nämlich der 7. Februar, überstanden sein wird. (Beifall.) Damit schließt die erste Be­ratung, da Wortmeldungen nicht vorliegen. Die zweite Lesung schließt ohne Debatte. Die Vor­lage wird gegen einige Stimmen der Rechten angenommen. Vizepräsident Dr. Spahn schlägt vor, die nächste Sitzung eine Viertelstunde später abzuhalten, um die dritte Lesung der Vorlage zu erledigen. Abg. Bassermann (natl.) empfiehlt, die dritte Lesung sofort vorzunehmen. Es erhebt sich kein Widerspruch. Die Vorlage wird darauf in dritter Lesung ohne Debatte erledigt und so­dann endgültig angenommen. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Nächste Sitzung Donners­tag nachm. 1 Uhr. Tagesordnung: Militäretat.

Berlin 5. Febr. Die Abgg. Dr. Hieber und Bass ermann haben zum Etat des Reichs- amts des Innern folgende, von der gesamten nationalliberalen Reichstagsfraktion Unterzeichnete Resolution eingebracht:Der Reichstag wolle beschließen, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, die Gründung und Unterhaltung einer Reichsanstalt für Luftschifsahrt und Flug­technik in Friedrichshafen möglichst bald in die Wege zu leiten." Durch die Form der Resolution, in die der von der nationalliberalen Fraktion zu demselben Gegenstand gestellte Initiativantrag fitzt umgewandelt worden ist, ist die Möglichkeit geschaffen, die Frage zur Errichtung einer solchen Reichsanstalt in Friedrichshafen schon in nächster Zeit im Reichstag zu erörtern.

Berlin 5. Febr. (Die preußische Wahlrechtsvorlage.) Der Entwurf eines Gesetzes zur Abänderung der Vorschriften über die Wahlen zum Hause der Abgeordneten, so lautet der offizielle Titel der Wahlresorm, ist heute im Druck erschienen und im Abgeordnetenhause ver­teilt worden. Die Vorlage besteht aus vier Artikeln. Die Artikel 1 und 2 zählen die Be­stimmungen der Verfassung auf, die durch das neue Gesetz aufgehoben werden sollen. Artikel 3 enthält in 27 Paragraphen die neuen Vor­schriften und Artikel 4 setzt fest, daß bei einzelnen Neuwahlen, die vor der nächsten nach dem In­krafttreten dieses Gesetzes stattfindenden allge­meinen Wahl erforderlich werden, die bisherigen Vorschriften angewendet werden.

Berlin 6. Febr. Heute früh versuchte die Frau des Möbelpolierers Liedtke ihrem Mann, der kurz vorher von einem Maskenball, nach Hause gekommen war, aus Eifersucht mit einem Rasiermesser den H a l s zu durchschnei­de n. Liedtke, schwer verletzt, erwachte und schrie um Hilfe. Während dessen sprang die Frau aus dem Fenster in den Hof und erlag bald darauf ihren erlittenen Verletzungen.

Cairo 6. Febr. Heute wurde in Helio- polis dieAsiatische Woche" eröffnet. Während des ersten Flugversuches geriet der Aeroplan des Fliegers Gobron in Brand. Gobron blieb jedoch unverletzt.

Konstantinopel 5. Febr. Heute be­gibt sich der griechische Gesandte Grybarys gemäß Instruktion seiner Regierung zur Pforte, um dem Großwesir und dem Minister des Aeußern die freundliche Haltung des neuen griechischen Kabinetts gegenüber der Türkei zu erklären. Zugleich modifiziert der Gesandte offiziell den Großwesir, daß die Na­tionalversammlung, deren Zutritt auf Ende ds. Js. festgesetzt sei, sich ausschließlich mit Fragen der inneren Reorganisation beschäftige und Auswärtige Angelegenheiten nicht berühren werde, die die freundschaftlichen Beziehungen beider Regierungen zu trüben geeignet wären.

Savannah 5. Febr. Die Mannschaft des in Seenot befindlichen DampfersKentucky" der Alaska Pacific^ Linie wurde von dem Dampfer Alamo" ausgenommen. Kurz darauf ging dieKentucky" unter.

Prinzessin Viktoria Luise. Eine Londoner Zeitschrift, die mit den dortigen Hof­kreisen gute Fühlung hat, meldet, die Prinzessin Vikoria Luise von Preußen, die einzige Tochter des deutschen Kaiserpaares, werde der Königin Alexandra von England während dieses Frühjahrs oder Sommers einen Besuch rein privater Natur in Sandringham abstatten. Die Königin habe die Prinzessin, die ihr besonderer Liebling sei, vor einiger Zeit selbst eingeladen. Später würden Kaiser Wilhelm II. und die Kaiserin Auguste Viktoria zu einem Besuch offiziellen Charakters nach England kommen und dann würden zu ihren Ehren, und um die junge Prinzessin gewissermaßen in die englische Gesellschaft einzuführen, auch ein großer Hofball im Schlosse Windsor gegeben werden. Ob diese Meldung den Tatsachen entspricht, entzieht sich unserer Feststellung. Vielleicht hängt sie mit dem schon früher erwähnten Gerüchte zusammen, daß die Prinzessin Viktoria Luise dem Prinzen Artur von Connaugt als Gemahlin zuge­dacht sei. Prinz Artur, der einzige Sohn des Herzogs und der Herzogin von Connaught, einer Tochter des Prinzen Friedrich Karl von Preußen, ist 27 Jahre alt, Kapitän im Regiment Royal Scots Greys und persönlicher Adjutant des Königs Eduard VII. An dem ihm so nahe ver­wandten Berliner Hofe hat der Prinz, der auch L Irc iwitk des preußischen Zieten-Husaren-Re- giments geführt wird, sich des öfteren im Auf­träge seines königlichen Oheims aufgehalten, so z. B. bei der Vermählung des Kronprinzen und der Kronprinzessin.

Ansiedelung in Posen.

Von einem aus den Calwer Bezirk stam­menden Ansiedler in Posen erhalten wir ein Schreiben, in welchem die unfern Lesern bereits bekannten Ansiedelungßbedingungen bestätigt wer­den und noch einiges Interessante aufgeführt ist. Wir bringen den Inhalt im Wesentlichen zum Abdruck:

Mit Interesse habe ich den Bericht über den Vortrag des Herrn Dr. Reihlen und den Artikel in Nr. 13 Ihres Blattes gelesen, denn als alter Schwarzwälder halte ich auch in Posen das Calwer Wochenblatt. Ich möchte Ihnen einiges über meine Erfahrungen Mitteilen, das Ihnen als Ergänzung des bereits in Ihrem Blatt gebrachten dienen könnte. Es ist wohl wenig Aussicht, daß viele Schwarzwälder nach Posen kommen, denn die Leute stellen sich vor, daß hier noch Wölfe Hausen und man den Wald erst zu Feld machen müsse. Dies trifft nicht zu. Aus einem Rittergut wird eine Gemeinde ge­bildet. Eine Schule wird auf Staatskosten in jeder Ansiedelung gebaut, blos die Kirche haben einige Orte gemeinschaftlich. Die beste Zeit zum Zuzug ist das Frühjahr, dann können bis zur Ernte die Bauwesen fertig sein. Die Ernte gehört dem Ansiedler, er hat keine Arbeit gehabt; zudem hat er 3 Jahre keinen Zins (Rente) zu bezahlen. Ich frage: wo bekommt man eine ganze Ernte geschenkt? An Rente ist pro Morgen (25 ur) 710 zu bezahlen. Am besten ist es, wenn man guten Mittelboden, Weizen- und Zuckerrübenfähig nimmt, mit Rente von 910 Mark der Morgen, also zum Preis von 3320

Mark der Morgen. Wer zuzuziehen wünscht, sollte sich erkundigen ob in der Nähe von Württembergern sich eine Gelegenheit findet. In der ganzen Provinz gibt es nur eine An­siedelung, Korntal, in der alle Württemberger sind. Wenn mehr kommen werden sie gut aus­genommen. Hier in B. könnten noch 2 Familien mit wenig Geld ankommen. Am besten wäre es, wenn sich etwa 30 Familien zusammenschließen würden und ein größeres Areal besetzten, so machen es die Westfalen. Die Schwaben können sich immer schwer entschließen und doch hätten sie viel leichter anzufangen als z. B. in Amerika. Uns geht es gut, sowie den allermeisten Ansiedlern, die ich getroffen; arbeiten muß man tüchtig, aber Armut fand ich bei fleißigen An­siedlern dann auch keine. Was die Polen be­trifft, so wäre das Verhältnis zwischen ihnen und den Deutschen nicht so schlimm, wenn nicht die polnische Geistlichkeit in ihrem Deutschenhaß sich immer zwischen beide stellen würde.

Zum Vogelschutz.

Wie aus der gestern erschienenen Anzeige ersichtlich, hat es der hiesige Obstbauverein und in dessen Auftrag Herr Kaufmann Knecht hier in sehr dankenswerter Weise übernommen, den Verkauf von Nisthöhlen, und andern Vogelschutz­gegenständen zum Selbstkostenpreis zu vermitteln. Nun man diese günstige Gelegenheit zum Ein­kauf hat, möge auch ein recht ausgiebiger Ge­brauch davon gemacht werden! Da aber die besten Nichthöhlen, wenn sie nicht richtig hängen, wertlos sind, mögen im folgenden einige Rat­schläge gegeben werden:

1. Man hänge die Nisthöhlen jetzt schon auf, damit sich die Vögel vor dem Nisten daran gewöhnen und jetzt schon ein Winterquartier haben.

2. Man hänge sie senkrecht, womöglich etwas nach vorn geneigt, ja nicht nach hinten über; solche Höhlen werden nicht angenommen, ibeil der Regen ins Flugloch eindringt.

3. Die Höhlen müssen fest hangen, dürfen nicht wackeln.

4. Das Flugloch soll nach Osten oder Süd­osten zeigen, abgewandt von der Wetterseite.

5. Wer keine Katzen zu fürchten hat, hänge besonders Meisenkästen recht nieder, da nieder hängende Höhlen von den Spatzen nicht bevölkert werden.

Wenn allmählich immer mehr der Obst­baumbesitzer zur Einsicht kommt, wie großen Nutzen ihm die Schar der Meisen, Staren und der anderen Höhlenbrüter bringt, wird er auch immer mehr darauf verwenden, seine Obstgüter mit Nisthöhlen auszustatten; es kommt ihm reichlich herein.

In welcher Weise den Buschbrütern, Gras­mücken, Rotkehlchen usw. ein Ersatz für die alle Jahre mehr schwindenden Hecken und Büsche geboten werden kann, davon ein andermal ein praktischer Vorschlag. Für heute wiederholen wir den Wunsch: Hängt viele und gute Nist­höhlen in den Obstgärten auf, dem Obstbaum zum Nutzen, Euch selber zur Freude!

L. RIi.

Reklameteil.

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