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300 Mark eines anderen belehrt wurde. Er bezichtigt nun Verwandte des Diebstahls.
Nagold 19. Jan. Die Nagold und Waldach sind über die Ufer getreten; nachts um 1 Uhr war schon die ganze Talsohle der Nagold überschwemmt. Das Master reichte bis in die Baierstraße, wo sämtliche Keller unter Master gesetzt wurden. Die Wiesen am Cleb bildeten einen großen See, was vom alten Zellerhaus einen imposanten Anblick bot. Der Üeber- gang der neuen Brücke beim „Schiff" war nur noch ca. 30 em über dem Master, das Gasthaus zum „Schiff" vom Verkehr abgeschnitten. Kurz nach 4 Uhr wurde das zweite Wachkommando der Feuerwehr alarmiert, was zugleich eine Probe für das Alarmwerk war. Auch die Waldach hatte die Wiesen und die Insel beim Meisterweg samt diesem überschwemmt. Bezüglich des durch das Master angerichteten Schadens ist noch nichts näheres bekannt.
Horb 19. März. (Hochwasser.) Der andauernde Regen hat schwere Hochwasserschäden im Gefolge gehabt. Bei Horb ist der Neckarpegel heute morgen 3,80 Meter hoch. Das Dorf Mühlen ist überschwemmt. Das Dorf Isenburg und das Gut Egelstal sind vom Tal abgeschnitten. Von Rottweil wird noch stetiges Steigen des Neckars gemeldet. Der Schaden, den das Regenwetter an Straßen an gerichtet hat, ist auch sehr groß.
Tübingen 19. Jan. Das Hochwasser, das bis Mittag immer noch stieg, ist nunmehr im Fallen begriffen. In den ersten Nachmittagsstunden fiel das Master sehr rasch. Der angerichtete Schaden dürfte bedeutend sein. Die Seeanlagen am mittleren Wörd waren vollständig überschwemmt und die jungen Anpflanzungen werden nicht ohne Schaden davongekommen sein. Auch bei den Bauten an der Neckarbahnbrücke und am Stauwehr wurde manches weggeschwemmt. Die Steinlach ist schon vormittags stark gefallen. Es hat wiederum ein leichter Regen eingesetzt. Von Mitternacht bis zum Morgen stieg der Neckarwasterstand um 2'/- m. Das Hochwasser war mindestens ebenso stark wie im Jahre 1906.
Tübingen 18.Jan. (Strafkammer.) Zwei betrunkene Fabrikarbeiter in Reutlingen, Alois Eibner und Karl Klaus, begaben sich in der Nackt vom 12. Dez. in die Sternwirtschaft in GminderSdorf und verlangten Bier, das ihnen verweigert wurde. Im Aerger hierüber fingen sie an zu lärmen. Der ebendort als Gast anwesende Zementarbeiter Gottlieb Hacker von Pforzheim wandte sich dem Büfett zu, worauf er von Klaus mit Biergläsern beworfen und verletzt wurde. Eibner, der hinter ihm stand, versetzte dem 'Hacker mit dem geöffneten Taschen
messer einen wuchtigen Schlag ins Gesicht; er hatte das rechte Auge getroffen, auf dem Hacker nunmehr das Sehvermögen verloren hat. Wegen Verbrechen gegen § 224 St.G.B. wurde Eibner zu 15 Monaten Gefängnis und Zahlung einer Buße von 500 ^ an Hacker, Klaus wegen Körperverletzung und Uebertretung gegen Z 366 Z. 7 St.G.B. zu 3 Monaten und 15 Tagen Gefängnis und 14 Tagen Haft verurteilt.
Oberndorf 19. Jan. (Hochwasser.) Durch die Niederschläge der letzten Tage, mehr aber noch durch die starken Regengüsse in der vergangenen Nacht führt der Neckar Hochwasser und ist in einer solchen Ausdehnung über seine Ufer getreten, wie seit längerer Zeit nicht mehr. Das ganze Neckartal bildet eine Wasserfläche. Der Verkehr nach Altoberndorf ist gehemmt, der mit den Ortschaften rechts des Neckars nur durch einen auf der Straße beim Friedhof erstellten Notsteg möglich. Auch der fast immer trocken liegende sogenannte Wasserfall in der Schrambergerstraße sendet starke Wassermassen zu Tal.
Vom Ammertal 19. Jan. (Hochwasser.) Infolge des gestrigen reichen Schneefalls und des darauffolgenden anhaltenden Regens ist die Ammer über ihre Ufer getreten und hat das Gelände bei den oberen Mühlen, bei Allingen, Poltringen und Pfäffingen überschwemmt, so daß die Postbestellgänge teilweise nicht ausgeführt werden können, so namentlich von Pfäffingen über Poltringen nach Oberndorf.
Eßlingen 19. Jan. Am Samstag wurde auf dem Felde bei Kennenburg ein Kirschbaum im Werte von 15 Mk. gestohlen. — Der Redaktion der „Schwäbischen Rundschau" wurde heute, am 19. Januar, ein Sträußchen blühender Erdbeeren übersandt.
Plochingen 19. Jan. (Hochwasser.) Das Steigen des Neckars hielt in den Vormittagsstunden so rapid an, daß bei Deizisau der Austritt erfolgte und die Straße von hier nach Pfauhausen unter Wasser gesetzt wurde. Bei Altbach steht das ganze Tal unter Wasser, so daß dort selbst über die alte Neckarbrücke jeder Verkehr abgeschnitten ist. Auch die Körsch ist bei der Körschbrücke ausgetreten und hat dort verschiedene Ortschaften überschwemmt. Weiteres Steigen steht noch immer zu erwarten. Wie groß der Schaden ist, läßt sich noch nicht übersehen.
Vaihingen a. E. 19. Jan. Auch hier ist Hochwasser eingetreten, das während der Nacht so überraschend gekommen ist, daß Schweine aus den Ställen von den Fluten fortgeristen wurden.
Ludwigsburg 19. Jan. In einer Konferenz der sozialdemokratischen Vertrauensmänner des 2.Württembergischen Reichstagswahl
kreises (Cannstatt-Ludwigsburg) wurde beschlossen, für die bevorstehende Landtagsersatzwahl in Ludwigsburg-Stadt einen eigenen Kandidaten zu nominieren. Die Aufstellung soll, im Einverständnis mit den leitenden Faktoren, von den Ludwigsburger Genossen geschehen.
Ellwangen 19. Jan. Ein furchtbarer Sturm brauste vergangene Nacht über unsere Stadt hin, da und dort Beschädigungen anrichtend. Am evang. Schulhaus riß er den Kamindeckel ab, wodurch die Telephonleitung stark beschädigt wurde, sowie das Dach des Schulhauses und das benachbarte Dach der Bierbrauerei z. grünen Baum; er stürzte in der Schlafstätte des Knechts zu Boden, zum Glück ohne jemand zu verletzen. — In vergangener Nacht ist die Jagst über die Ufer getreten und überschwemmte das ganze Tal.
Bruchsal 19. Jan. (Entgleisung eines Güterzugs.) Gestern abend um 10 Uhr 16 Min. sind von einem Güterzug Stuttgart-Bruchsal bei der Durchfahrt durch Bietigheim 10 Güterwagen entgleist. Auf der Bergseite ist das Bahnsteigdach eingestürzt. Die zwei Hauptgleise der Bergseite sind auf einige Stunden gesperrt. Verletzt wurde niemand. Der Betrieb ist nicht gestört.
Leipzig 19. Jan. (Ein frecher Einbrecher.) Gegen 12 Uhr Mittags schlich sich heute ungesehen ein Einbrecher in den Plenar- Arbeitssaal des neuen Leipziger Rathauses, erbrach dort einen Schreibtisch und entnahm einer darin befindlichen Geldtasche den Betrag von 10 Dann nahm er das Seitengewehr und den Mantel eines Rathausdieners mit sich, legte die Sachen an und verließ unerkannt den Saal. Auf der Treppe kam ihm ein Schreiber entgegen, der, als er den fremden Mann sah, Lärm schlug. Der Einbrecher versetzte ihm darauf einen heftigen Fußtritt in die Magengegend, sodaß er zusammenstürzte und schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Von dem Täter fehlt bi? her jede Spur.
Essen (Ruhr) 18. Jan. (Schweres Unglück.) Ein schweres Unglück hat sich hier in der Steelerstraße ereignet. Das Pferd eines Metzger-Fuhrwerks scheute vor einem Automobil, ging durch und überrannte zwei Personen. Eine davon erlitt einen Schädelbruch und liegt in hoffnungslosem Zustande darnieder, die andere trug schwere innere Verletzungen davon.
Berlin 19. Jan. (Reichstag.) Vizepräsident Spahn eröffnet die Sitzung um 1'/« Uhr. Am Bundesratstisch sind Staatssekretär Delbrück und Frhr. v. Schön anwesend. Zunächst steht die erste Lesung des Handelsver-
Männer beeilen den Schritt. Jedem verlangt es zu wissen, wer da so plötzlich gestorben ist. Der Kleekamp allein hat anderes im Kopf. Er trachtet der Lori in die Nähe zu kommen. Ihm ist, als müßte er sie um vieles fragen. Aber sie weicht ihm ersichtlich aus und hält sich immer inmitten der Männer, dicht neben dem Pfarrer. Und als der Zug die ersten Häuser von Frieda» erreicht, ist sie plötzlich verschwunden, als hätte der Erdboden sie verschlungen.
Beim Trautwein ist es leer geworden. Es geht gegen die Dämmerung zu und viele von den auswärts Wohnenden haben den Heimweg angetreten. Unter den Zurückgebliebenen ist Stini. Von ihm erfährt der Hobein Franz, für wen die Sterbeglocke geläutet wird: Sein Vater, der Hobein Ambros, ist vom Schlag getroffen worden, just, als die Bäuerin ihm das Esten in die Kammer tragen wollte.
Wie vor den Kops geschlagen steht er bei dieser Nachricht. Jetzt hat der Alte die Augen zugetan und er war nicht bei ihm! Und das war dem Vater seine Angst immer gewesen: Nur nicht so jäh dahinsterben ohne Sakrament, und ohne daß der Franz neben ihm steht und ihm ein gutes Wort mit auf den langen Weg ins Jenseits gibt. Oft und oft hat er's zu Franz gesagt: „Nur das versprech' mir, daß Du bei mir bleibst, wenn's zum letzten End' geht . . . könnt sein, daß ich Dir noch etwas zu sagen hält', das ich nicht mit hinüber nehmen möcht' in die Ewigkeit!"
Jetzt hat er's doch mitnehmen müssen. Den Hobeinbuben packt es jäh wie ein wilder Schmerz. Alles Gute fällt ihm ein, das der Alte zeitlebens an ihm getan. Es kommt nicht oft vor, daß zwei so gut stehen miteinander, wie der Hobein mit seinem Buben . . .
„Jetzt hast alles verloren", fährt es ihm durch den Sinn, keinen Menschen hast mehr auf dieser Welt, der Dir nachfragt um Leben und Sterben . ."
Dann stülpt er den nassen Hut auf die Stirn und verläßt dann das Wirtshaus. Draußen, in der sinkenden Dämmerung, steht der Kleekamp und wartet auf ihn.
„Gehst heim?" fragt er mit gepreßter Stimme.
„Ja."
„Ist ein hartes Heimkommen heut' für Dich, Bub ... ich mein', er hat's alleweil rechtschaffen gut mit Dir gemeint."
„Ja, das hat er. Hält' mir nie einen besseren Vater wünschen können."
Der Kleekamp holt den Atem tief aus der Brust und schweigt.
Beim Wegkreuz, wo sich die Steige trennten, sagt er noch: „Bist jetzt Habererbauer, und ich hoff', wir werden allzeit gute Nachbarschaft halten ... Du. Wenn Du einen Rat brauchst, komm zu mir!"
Franz antwortet nicht. Das kann der Kleekamp ja nicht wissen, daß der Hof seit langem der Bäuerin verschrieben ist . . .
„Gute Nacht!" sagt er kurz und schlägt den Kirckweg ein, der zum Habererhof führt.
11 .
Das Lichtmeßwetter hat die Bauern nicht betrogen: über Nacht ist es Frühling geworden und der Winter hat ausgespielt.
Der Februar geht hin unter Düngerführen, im März läßt der Kleekamp Pflüge und Eggen hervorholen und in Stand setzen, denn wenn das Wetter so bleibt, geht es bald auf die Felder hinaus zum Pflügen und Säen.
Aber Fabian schüttelt manchmal den Kopf, wenn er den Bauer heimlich betrachtet. Es ist ein unruhiges Gehaben über den Kleekamp gekommen. Er schlendert zwecklos im Hof herum, oder sitzt stundenlang grübelnd in der Stnbe drin. Die Wirtschaft ist ihm Nebensache geworden.
Fried! geht ihm scheu aus dem Wege. Seit jenem Lichtmeßtage hat der Alte eine Art, ihn zu übersehen, oder, geht das nicht, von oben herab zu behandeln, daß dem Buben abwechselnd das Blut zu Kopf steigt vor Zorn oder der Trotz ihn hart und kalt macht. Der Kleekamp merkt weder das eine, noch das andere.
(Fortsetzung folgt.)