44
wurde aber von dem Unbekannten mit einem im Heft feststehenden Meffer, das er ihr vor die Brust hielt, an einer Flucht abgehalten. Nun warf die Angegriffene ihren Geldbeutel, sowie ein Paket auf den Weg. Mit dem Nachsuchen nach den weggeworfenen Gegenständen scheint der Angreifer Zeit verloren zu haben, denn die Bender kam ohne weitere Behelligung in Weifsenhof an. Die Ermittelungen nach dem Unbekannten sind ausgenommen worden.
Pforzheim 14. Jan. Ein Diebstahl, der in seltsamem Gegensatz zu den sonst von hier zu meldenden Golddiebstählen steht, ereignete sich neulich. Vor einigen Wochen ließ eine Grundbesitzerin fünf Wagen „feinsten Mistes" im Werte von 50 ^ auf ihre Wiese fahren. Aber als der Mist, diese „Seele der Landwirtschaft" dieser Tage ausgebreitet werden sollte, siehe da war er von der Wiese weg gestohlen worden. Da fast überall der Dung schon untergepflügt ist, blieb der Täter bisher unermittelt.
Pforzheim 14. Jan. Vor der hiesigen Kammer für Handelssachen begann gestern ein Prozeß von grundsätzlicher Bedeutung. Es handelte sich darum, daß eine hiesige Zeitung zu Weihnachten ihren Lesern billige Bücher als Prämie empfahl. Die zwei hiesigen Buchhandlungen glaubten in einem scharfen Warnungsinserat gegen die Weihnachtsprämienbücher als „unlauteren Wettbewerb" auftreten zu sollen. Der Zeitungsbesitzer (Pforzh. Generalanz.) klagte und erwirkte eine vorläufige Gerichtsentscheidung, die den Buchhandlungen die weitere Erlassung ihres Warnungsinserats verbot. Gestern handelte es sich darum, ob dem Antrag auf Aufhebung des Verbots stattzugeben sei. Das Urteil wurde auf den 20. ds. MtS. vertagt. Dabei ergab sich, daß der gestern begonnene Prozeß noch eine Reihe weiterer im Gefolge haben soll.
Berlin 14. Jan. (Reichstag) Ein schleuniger Antrag auf Erstellung eines gegen den Abgeordneten Albrecht schwebenden Strafverfahrens für die Dauer der Session wird debatieloS angenommen. Sodann wird die erste Lesung der Justiz-Novelle betreffend Aenderung der Gerichts- veifafflmg und Strafprozeß Ordnung fortgesetzt. — Avg. Wagner (kons) hat nichts gegen den En Wurf, der die Berufung zwischen Straskawmer- urtetle bringt, einzvwenden. Mit der kleinen Erweiterung der Zuständigkeit der Amtsgerichte, ebenso mit der kleinen Verschiebung der Zuständigkeit zwischen Schwurgerichten und Strafkammern seien seine Freunde gleichfalls einverstanden. Redner bezeichnet den Entwurf im allgemeinen als eine gute Grundlage für eine Reform und beantragt seine Verweisung an eine Komm sfion. Abg. Heinze (natl.): Die Wiedereinführung der Berufung gegen Strafkawmer- urteile sei erfreulich. Redner bezeichnet es als einen Mangel der Reform, daß die La'en nur mitw rken sollen bei den Strafkamm erurteilen 1. Instanz. Justizminister Beseler: Wenn Sie auch zum Berufungsgericht Laien h'nzuztehen wollen, so machen Sie damit ein Experiment, das die Regierungen nicht witmachen können, ebe nicht noch längere
anderweste Erfahrungen mit dem Laien-Element gemacht find. — Abg. Gröber (Ztr) tritt für Mitwirkung der Laten ein, die mehr Fühlung mit dem Volksleben haben nnd die Gewohnheiten des Volkes kennen. Es empfehle sich deshalb die Teilnahme der Laien auch in 2. Instanz. Redner erklärt sich dann namentlich noch gegen die geplante Einschränkung des Legalitäts-Prinzips für die Anklage- Erhebung. Abg. Müller-Meiningen (frs.Vp) bezeichnet den Entwurf als eine fleißige Arbeit, doch fehlten ihm schöpferische Gedanken. Redner bringt verschiedene Aenderungen zur Sprocke, die er einzufügen für praktisch hält. Abg. Vahrenhorst (Rp.) ist mit dem Er twmf größtenteils einverstanden und bringt gleichfalls Abänderungsvorschläge zur Sprache. Nack weiteren Aeußerungen des Abg. Dziembowski (Pole) vertagt sich das Haus auf morgen 11 Uhr.
Hamburg 14. Jan. Die Verhandlungen des Direktors Colsmann von der Deutschen Luftschiffahrtsgesellschaft mit den Hamburger Zeichnern haben dazu geführt, daß im Laufe dieses Jahres eine Luftschiffhalle in Hamburg gebaut wird. Es sind 800000 ^ gezeichnet. Die Halle wird errichtet zur Einführung des Luftschiffverkehrs mit den Nord- seeb ädern. Heute reist Colsmann in gleicher Absicht nach Kiel.
Zürich 14. Jan. (Saccharin- Schmuggler) An der schweizerisch-italienischen Grenze überraschten Zollwächter eine große Bande von Saccharin-Schmugglern und beschlagnamte'n eine große Menge Saccharin und Taback. Ferner wurden Schriftstücke bei ihnen gefunden, die die Verhaftung von 40 Personen ermöglichten.
Paris 14. Jan. Auf 45 Gepäckstücke der Prinzessin Luise, die seit einigen Wochen in Paris wohnt, ist gestern von ihren Pariser Gläubigern B e s ch l a g gelegt worden. Die Angelegenheit hat in beteiligten Kreisen peinliches Aufsehen erregt. Die Pariser Gläubiger der Prinzessin wollen nun alle Höflichkeit außer Acht lasten.
Paris 14. Jan. (Gefährliche Granaten.) Der „Eclair" bringt heute eine Mitteilung, wonach die französischen Arsenale bedeutende Vorräte an Granaten enthalten, von denen wenigstens ein Drittel unbrauchbar seien. Die Granaten könnten nur unter Lebensgefahr der Bedienungsmannschaften angefaßt werden. Zum Beweis für diese Mitteilung bringt das Blatt einen Bericht, der im Kriegsministerium liegt. Der Kriegsminister hat angeordnet, daß diese Granaten nur in absolut dringenden Fällen vewendet werden dürfen.
Venedig 14. Jan, (Ein Natur- Schauspiel.) Ein eigentümliches Natur- Schauspiel hat sich gestern hier abgespielt. Die Stadt war in dichten Nebel gehüllt, während das Meerwasier sich zurückzog. Zahlreiche Schiffe sind auf Grund geraten. Man glaubt, daß dieses Natur-Ereignis mit unterirdischen Vulkan- Ausbrüchen im Zusammenhang steht.
Lo ndon 14. Jan. Im Kilburnviertel steht ein großer Bazar der Firma Ivans in Flammen. Das weibliche Personal stürzte beim Ausbruch des Feuers in großer Panik auf die Straße, doch konnten sämtliche Angestellte
gerettet werden. Ein großer Komplex von Neben- gebäuden wurde ebenfalls vom Feuer ergriffen. Große Summen stehen auf dem Spiel.
London 14. Jan. (Der Warenhausbrand in Kilburn.) Der gestern in
der Vorstadt Kilburn ausgebrochene Brand hat 10 große Läden eingeäschert. Glücklicherweise
waren die meisten Läden zur Zeit des Ausbruches des Feuers wegen Jnventuraufnahme früher als sonst geschlossen, sodaß der Verlust von Menschenleben nicht zu beklagen ist. Der angerichtete Schaden beläuft sich auf 2 Millionen Mark.
Standesamt Calw.
Geborene.
5. Jan Hermann Christian, S. d. Hermann Heid, Schleifers.
10. „ Friedrich Karl, S. d. Friedrich Martini,
Gipsers.
11. „ Maria Helene, T. d. Johannes Hartmanu,
Schmiedmeisters.
G etraute.
8. Jan. Heinrich Wangner, Telefonarbeiter von
Untergröningen OA Gaildorf u. Em lie Baumann von Bürgstadt in Bayern.
G estorbene,
9. Jan. Gottlob Ludwig Rentschler, gewes. Bäcker
meister, 81 Jahre alt.
14. „ Jakob Heinrich, lediger Taglöhner, 50Jahre 11 Monate alt.
W 8ie «ler Herr
äer eins vrirkiiob keine, aromutisolrs Oigsrett« kür 2^/s kkx. ck. 8t. suobt? Dann lrauksn 8is
Hiria
ii
OiAurstten. — Ibre Li-rvurtuusssn rveräen bei zvsitom üderti-oiksn rveräen. — Uiriunr - OiAurntken. Nur sollt inikNirmn: „Vsniärv". vsutsolrluuäs xrössts lkndiM kür Ukruäardsit - LiKursttsu.
2u baden in cken einscblägiZen ckurck kllalcate lrenntlicb Zernacbten OeacbMen.
Vertreter:
8elilo8S-8trn88e 71.
Sie stehen vor dem Wirtshaus. Da geht's heut hoch her, und die Lrautwein'scheu machen unerwartet das glänzendste Geschäft im Jahr.
Von weit und breit bis aus der letzten Hütte sind die Leute nach Friedau gekommen, um ihre Kerzen weihen zu lassen. Von den umliegenden Bergen, aus den abgelegensten Gräbern und verstecktesten Ortschaften, denn Lichtmeßkerzen braucht jedes Haus.
Darauf schwört zu Friedau noch jeder rechtschaffene Bauer, wenn auch sein vorwitziger Bub darüber heimlich lachen sollte.
Jetzt sind sie also alle im Dorf angelangt nach mehr oder minder großen Mühen und hören, daß das Hochamt verschoben ist, weil der Pfarrer nicht da ist. Was können sie besseres tun, als im Wirthaus auf ihn warten? Erst geht freilick jeder zum Krämer und kauft ein, was er braucht. Die Nägel sind zu Ende und eine neue Mistgabel ist vonnöten oder sonst etwas für die Wirtschaft. Die Bäurin braucht Zucker und Kaffee, die Kuhdirndl eine neue Schürze.
So wird eine Weile gehandelt. Aber als der Pfarrer inzwischen immer noch nicht zurück kommt, muß man doch ins Wirtshaus gehen, das Wetter ist zu grob zum Draußenstehen. Und die Friedauer selbst, die schon über eine Stunde angezogen sind zum Kirchengehen, werden endlich auch ungeduldig daheim und machen ein „Stander!" beim „lustigen Stechrer."
Der liegt gegenüber der Kirche, und da sieht man doch gleich, wenn der Hockwürdige zurückkommt und es los geht mit dem Hochamt.
Der Kleekamp hat am Herrentisch Platz genommen, wie es ihm als reichen Hofbesitzer gebührt.
Fried! und die Knechte sitzen am Burschentisch, der heute zu einer langen Tafel geworden ist. Außerdem sind, dem plötzlichen Bedarf ent
sprechend, eine Reihe kleinerer Tische hereingestellt worden, an denen Männer und Weiber in buntem Durcheinander sich niederlaffen.
An einem derselben sitzen auch Stini und Sanna, an einem anderen entdeckt des Kleekamps scharfes Auge die Hobeinin mit Franz und ganz zu hinterst in der Ecke sitzt eine andere allein, das Bierglas vor sich; die Lori. Bei ihrem Anblick legt sich eine finstere Wolke auf des Kleekamp Gesicht, und er rückt seinen Stuhl um ein kleines nach links, daß er sie nicht zu sehen braucht, wenn er aufblickt.
„Hätt' auch gestern schon zurück können in ihren Höllgraben", denkt er ärgerlich. Aber obwohl er nun die Lori nicht mehr sehen kann, hebt sich des Kleekamp Laune nicht, denn jetzt sieht er dafür wieder direkt auf die Hobeinin und deren Gehaben verdrießt ihn erst recht.
Eine Saubere ist sie, das muß ihr der Neid lasten mit ihrem schwarzen Samtspenzer um die volle Büste und dem großen schwarzen Seidentuch, das im Nacken geknotet ist und in langen Zipfeln über die Schulter fällt. Ihr Gesicht ist frisch und rotwangig, die Augen dunkel wie Kirschen, dabei lachte sie heute wie die gute Stunde selber.
Neben ihr sieht der Stiefsohn hölzern und eckig und häßlich aus. Ueber der vorspringenden Adlernase blicken die Augen finster in die Welt und werden immer finsterer, je freundlicher die Stiefmutter lächelt.
Die beiden sind bald der Gegenstand allgemeinen Interesses. Ganz Friedau weiß, wie der Hobein Franz mit der jungen Hobeinin steht, dafür haben schon die Dienstboten gesorgt, daß es herum kommt.
Und jetzt sitzen sie auf einmal friedlich nebeneinander, und die Bäuerin gibt sich ersichtlich Mühe, die liebevolle Mutter zu spielen.
(Fortsetzung folgt.)