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Ziegelbach OA. Waldsee 4. Jan. Ein Mutterschwein des Oekonomen Sonntag im nahen Krattenweiler bescherte seinen Besitzer auf Neujahr mit 21 lebenden Jungen.

Repperweiler OA. Saulgau 4. Jan. ES muß ein aufregender Augenblick sein, ganz unerwartet einen verborgenen Schatz zu entdecken. Das ist kurz vor Weihnachten einem hiesigen Bürger widerfahren. August Schreck halte im Hause seines Nachbars den Sockel einer Keller­stiege zu erneuern. Als er nun den alten, aus mehreren Steinbrocken zusammengesetzten Sockel mit der Stockhaue entfernte, rollten gleich beim ersten Hieb mehrere große Silberstücke hervor. Da lohnt sich ein weiteres Nachgraben, wird wohl Schreck gedacht haben. Er fand dann auch in der Tat eine größere Anzahl.

München 4. Jan. Im Befinden des Prinzregenten von Bayern wurde beim gestrigen Abendbesuch der beiden Leibärzte eine leichte Besserung konstatiert. Der Prinzregent machte gestern nachmittag einen Spaziergang.

Wiesbaden 4. Jan. (Mord und Selbstmord aus Eifersucht.) Der ledige 27 Jahre alte Geflügelhändler Embach schoß gestern in seiner Wohnung in der Körnerstraße aus Eifersucht dem Geflügelhändler Debusmann eine Kugel in den Kopf, wodurch dieser schwer verletzt wurde. Alsdann flüchtete er sich in den Keller des Hauses und brachte sich selbst zwei Schüsse bei. Da diese aber den Tod nicht herbeiführten, hängte er sich auf.

Kassel 4. Jan. (Geisterbeschwörer und Betrüger.) Der Geisterbeschwörer und Spiritist Adolf Gottschalk aus Kassel wurde gestern von der hiesigen Strafkammer wegen Betruges und Kurpfuscherei zu 9 Monaten Ge­fängnis verurteilt. Gotischalk hatte Krankheiten aller Art durch das Beschwören guter Geister rc. kuriert.

Kassel 4. Jan. (Selbstmord im I) - Zuge,) Im N-Zuge Berlin-Kassel-Frankfurt a. M. erschoß sich in der Nähe der Station Eichenberg die 28jährige Telephonistin Gertrud Weiland aus Berlin. Als auf der dortigen Station die Pastagiere den Zug besteigen wollten, fanden sie die junge Dame mit gestütztem Kopf tot auf dem Polster sitzend. Ueber das Motiv der Tat ist nichts bekannt.

Paris 4. Jan. Der Aviatiker Delag - ränge ist bei einem Flug in Paux abgestürzt und war sofort tot. Der tötliche Unfall ereignete sich heute Nachmittag bei Paur. Der Aviatiker erhob sich mit seinem Apparat bei einem Winde von 8 Meter in der Sekunde und machte zahlreiche wohlgelungene Flüge als bei einem weiteren Rundflug plötzlich ein Flügel brach und der Aviatiker aus einer Höhe von

etwa 10 Metern mit seinem Apparat herab­stürzte. Der Schädel wurde vollständig zer­trümmert, der Brustkasten zerquetscht, beide Beine gebrochen. Der Aviatiker war sofort tot.

Paris 4. Jan. Diebeiden Soldaten Grabit und Michel, die unter dem Verdachte des Mordes an Madame Gouin verhaftet worden waren, haben in einem Geständnis den Mord zugegeben. Grabit ist der Sohn eines Beamten der Pariser Sicherheitspolizei. In der Wohnung des elfteren wurden Haussuchungen abgehalten um nach den Schmuckgegenständen zu suchen.

Paris 4. Jan. (Pariser Giftmord- Affäre.) Die Untersuchung in der Vergiftungs- Affäre, welcher der Opernsänger Godard zum Opfer gefallen ist, hat Beweise erbracht, daß die Beschuldigte, Fräulein Bouriette, die Gewohnheit hatte, anonyme Briefe zu schreiben und daß sie sehr rachsüchtig war. Verschiedene anonyme Briefe sind von Schriftkundigen als von ihrer Hand stammend bezeichnet worden.

Wien 4. Jan. Seit Donnerstag werden 3 junge Handelsakademiker, die einen Ausflug auf den Hochse eberg unternahmen, vermißt. Man ist in Sorge um sie, da in der vergangenen Woche in jenem Gebirge starke Schneestürme und Schneefälle geherrscht haben.

Prag 4. Jan. (Bank-Unterschla­gungen.) Bei der vor etwa zwei Jahren gegründeten all-tschechischen Bank sind größere Unterschleife eines Beamten entdeckt worden. Die Unterschlagungen sollen die Höhe von 600000 Kronen erreicht haben. Der schuldige Beamte wurde damals verhaftet. Nunmehr hat sich herausgestellt, daß an den Betrügereien der Besitzer einer Wiener Wechselstube und dessen Prager Vertreter beteiligt waren. Auf Veran­lassung der Wiener Polizei wurden die beiden verhaftet.

Kopenhagen 4. Jan. (Dr. Cooks Papiere.) Der Sekretär Cooks erklärte dem Korrespondenten des Daily Telegraph, daß Cook alle seine, auf die angebliche Nordpol-Entdeckung bezüglichen Papiere der Universität Kopenhagen überreicht habe. Der Sekretär will wissen, daß Cook das Ergebnis der Untersuchung durch die dänische Universität noch nicht wisse. Er beab­sichtige aber, Cook jetzt die reine Wahrheit darüber zu sagen. Er müsse es aber noch immer ablehnen, die derzeitige Adresse Cooks zu nennen.

Liverpool 4. Jan. (Gelandete französische Schiffbrüchige.) Von dem DampferLa France" sind hier 85 Seeleute gelandet, die bei den letzten Stürmen bei Oporto und Vigo Schiffbruch gelitten hatten.

London 4. Jan. Das hiesige Kriegs­ministerium erklärt denEvening News" zufolge

die Meldung eines Pariser Blattes, daß Bleriot mehrere Aerop lan e an die britische Regierung verkauft habe, für unwahr. Das Kriegs­ministerium beabsichtigt vorläufig keinen solchen Ankauf.

London 30. Dez. Der Londoner County-Council hat soeben einen offiziellen Rattenfänger für London mit einem Jahres­gehalt von 1000 angestellt. Der Erwählte ist Mr. John Jarvis aus Camberwell, dessen männliche Linie bis zum Jahre 1803 zurück ihr Leben dem Rattenfang gewidmet hat. In seinem Beruf ist Jarvis ein derartiger Meister, daß er sämtliche Rattenfänger von Großbritannien zu einem Wettfang herausgefordert hat, um zu sehen, wer am meisten von dem Ungeziefer in einer gegebenen Zeit vernichtet. Bedingung ist, daß weder Hunde noch Frettchen zum Jagen benutzt werden dürfen. Mr. Jarvis behauptet, mit Unterstützung seines Onkels fähig zu sein, tausend Ratten in drei Nächten zu fangen. Einem Pressevertreter gegenüber äußerte der merkwürdige Champion sich wie folgt:Sehen Sie, Ratten töten kann ein jeder, aber sehr wenige verstehen sie lebendig zu fangen. Für tote Ratten gibt es keinen Markt, aber für lebendige kann ich von 38 Schillings pro Dutzend erhalten. Das Mittel, das ich anwende, um sie lebendig zu fangen ist ein Geheimnis, das seit vier Generationen nur meiner Familie bekannt ist. Ich werde es Ihnen natürlich nicht verraten, kann Ihnen aber sagen, daß es ähnlich auf Ratten wirkt wie Chloroform auf Men­schen. Der Köder, den ich anwende, ist der­artig verlockend, daß nach wenigen Minuten die Raiten nur so herumtanzen. Der kleinste Bisten ist genug, um sie zu betäuben; will ich sie wieder munter haben, brauche ich nur ihre Nase in Wasser zu stecken. Ich trage geräuschlose Stiefel und einen schwarzen Anzug bei meiner Jagd. Zuweilen kämpfen die Ratten in meinem Sack u verzweifelt unter einander, daß manch­mal beim Oeffnen desselben die Hälfte tot ist. Einst in einem großen Londoner Hotel griff ein ganzer Schwarm von Ratten einen meiner besten Hunde an, den sie nach kurzer Zeit töteten. Ich selbst wurde einst von einer Ratte angefallen, die sich in meinen Arm verbiß und es dauerte fünf Minuten, ehe ich sie losgelöst hatte. Es war die größte Ratte, die ich je gesehen habe und wog t?/s Pfund."

New-Aork 4. Jan. (Schießerei in einem Ballsaal.) New-Dork war gestern der Schauplatz eines echten Wildwest-Gewaltaktes. Das Drama spielte sich in Brooklin während eines öffentlichen Balles in der Lyritz-Hall ab. Es drangen 5 Mann der berühmten Celly-Bande in den Saal und fingen an, wie toll, auf ihnen persönlich bekannte Mädchen zu schießen. Der

miteinander. Die Greise aus dem Armenhaus sind's, welche Neujahr wünschend von Hof zu Hof ziehen.

Eigentlich gehören auch die Weibsleute dazu, aber die haben sich nicht ganz herangewagt an den Kleekamphof. Etwas weiter unten am Kirchweg stehen sie zusammengedrängt und lugen scheu hinauf zum Haus desWeiberfeindes."

Jetzt macht der Kleekamp das Stubenfenster auf und im selben Moment beginnen die draußen auch schon zu singen mit ihren dünnen zittrigen Stimmen:

Was sollen wir dem Hausherrn wünschen Zu einem neuen Jahr?

Wir werden ihm wünschen Ein' goldnen Tisch,

Auf jedem Eck Ein' goldenen Fisch;

Bei der Mitt em Glas Wein,

Das soll dem Hausherrn Seine Gesundheit sein.

Das wünschen wir mit Hall und Schall Zu einem neuen Jahr!"

Schon gut!" unterbricht sie der Kleekamp und zieht seine Börse, um jedem ein Geldstück zu geben. Dabei blinzelt er dem Felix über die Achsel zu:Du Lixl, die glauben am End gar, bei uns gibt'S keine Krapfen, weil kein Weibsbild im Haus ist . . . leicht hast noch ein paar Stück . . . ," worauf Felix stolz einen Schrank öffnet und einen Korb hervorzieht, aus dem er den Armen Krapfen auszuteilen beginnt.

Der Bauer hat sich jetzt im Ernst an die Suppe gemacht, da schreckt ihn ein Ruf des Felix von der Haustür her abermals auf.

Jeff' Marand Josef . . . Bauer . . . kommt schnell ein bissel her . . ."

Der Kleekamp geht hinaus.

Da setzten sie an der Haustür die Bahre nieder mit dem Friedl.

Eine Menge Leute sind mitgekommen von Frieda» herauf. Die Viktl steht weinend daneben und der Herr Pfarrer hat auf alle Fälle gleich das Allerheiligste mitgebracht, denn viel Leben scheint nicht mehr zu sein in dem schneeweißen Gesicht des Kleekampbuben. Der Bader hat ihn wohl verbunden, aber zum Bewußtsein hat er ihn noch nicht gebracht.

Aufrecht wie ein Bild aus Stein steht der Kleekamp unter der Haustür und sieht auf seinen Knaben nieder. Da sagt einer aus der Menge halblaut:Arg hat er ihn zugerichtet, der Hobein Franz . . .!"

Wie ein Keulenschlag fährt der Name auf den Kleekamp nieder. Jetzt erst läuft ein Zittern durch seinen mächtigen Leib, jetzt erst klammert er sich in plötzlicher Schwäche an den Türstock, während sein Auge mit einem solchen Ausdruck des Entsetzens ins Leere geht, daß die Leute ringsum schier ein Grausen befällt und sie sich scheu abwenden.

Zwei-, dreimal setzt er zum Sprechen an, aber es will kein Laut über die verzerrten Lippen. Fabian macht der Sache endlich ein Ende. Er nimmt den Kleekamp unter den Arm und führt ihn die Stube zurück, während er die übrigen bedeutet, den Friedl nach links in die Kammer zu tragen.

Willenlos wie ein Kind läßt sich der Kleekamp an die Ofenbank führen. Dort sitzt er regungslos und stiert vor sich hin.

Zeit laßt's ihm," flüstert Fabian den Knechten zu und treibt sie aus der Stube,zu jäh ist's über ihn gekommen: sein Einziger und so zugerichtet! Ein schöner Jahranfang!"

Der Kleekamp aber murmelt aus blaffen Lippen vor sich hin:Gar ans Leben haben sie einander wollen, die zwei ... hat denn der Herr­gott, der alles weiß, kein Einsehen haben können?"

(Fortsetzung folgt.)