wendet man allgemeine Teilnahme zu. Da zur Zeit überall der Unfang mit dem Schlüsselbüchsenschießen herrscht, wird der vorliegende traurige Fall wohl ein abschreckendes Beispiel sein.
Gmünd 3. Jan. Gestern mittag ist ein Zimmerofen in der Wohnung des Restaurateurs Kallfaß in der Lorcherstraße explodiert. Der Ofen war mit Coks ziemlich voll angefüllt, es waren aber sämtliche Züge geschlossen, so daß die entwickelten Gase nicht entweichen konnten. In dem Zimmer spielten 5 Kinder, als die Explosion erfolgte. Von diesen erlitt ein 3 Jahre altes Kind, das offenbar dem Ofen am nächsten war, erhebliche Brandwunden und von den Eisenteilen Verletzungen im Gesicht und am Hals, einem andern Kind, sechs Jahre alt, flog ein Eisenstück an den Kopf, brachte ihm aber jedoch nur eine geringe Verletzung bei. Die anderen Kinder kamen mit dem Schrecken davon. Das Feuer wurde von Kallfaß und einigen in der Wirtschaft anwesenden Gästen sogleich gelöscht, sodaß nur ein geringer Gebäudeschaden entstanden ist.
Rottweil 3. Jan. Die Sylvestcrnacht ging hier leider nicht ohne Unfall vorüber. Gegen V-1 Uhr nachts wurde am Friedrichsplatz der 15jährige Adolf Gaß, der beim Läuten in der evangelischen Kirche behilflich gewesen war und im Begriffe stand, die im „Ochsen" gelegene Wohnung seiner Mutter aufzusuchen, durch einen scharfen Revolverschuß in den Rücken getroffen. Der junge Mann glaubte, er sei durch einen Steinwurf getroffen worden, und merkte erst, nachdem er einige Schritte weiter gegangen war und sich heftige Schmerzen und Blutung einstellten, daß er durch einen Schuß verletzt sei. Da der Sitz der Kugel bis jetzt noch nicht festgestellt werden konnte, wird der ohnedies kränkliche junge Mann, der im städtischen Krankenhaus« Aufnahme fand, heute zur Durchleuchtung mittels Röntgenstrahlen nach Tübingen übergeführt werden. Der Täter konnte noch nicht ausfindig gemacht werden.
Oppenheim a. Rh. 3. Jan. (Ein neuer Köpeniker.) Aus Geinsheim wird gemeldet: Am Samstag abend kam ein unbekannter Mann in das Haus des Geinsheimer Gemeinderechners und stellte sich als Revisor vom hessischen Ministerium in Darmstadt mit der Erklärung vor, daß beim Ministerium ein Brief eingelaufen sei, wonach die Gemeindekaffe nicht stimme. Man ging nun gemeinschaftlich an eine vorläufige Durchsicht der Kasse und der Bücher. Später als der Mann fortgegangen war, bemerkte der Rechner, daß ihm 500 ^ fehlten, die ihm der geriebene Gauner gestohlen haben muß.
München 3. Jan. Der Prinzregent
Luitpold ist an einem Bronchial-Katarrh erkrankt.
München 3. Jan. Der Prinzregent konnte am Nachmittag eine Spazierfahrt machen. Im Befinden des Regenten konnten die Aerzte beim Abendbesuch eine leichte Besserung feststellen.
Berlin 3. Jan. Der dritte Sohn des verstorbenen Prinzen Al brecht von Preußen, Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen, hat sich mit der ältesten Tochter des Herzogs Viktor von Ratibor, der Prinzessin Agathe von Ratibor und Corvey verlobt. Der Kaiser gab die Verlobung bei dem Familien-Diner am Neujahrstage im königlichen Schlosse bekannt.
Berlin 1. Jan. Das Militärluftschiff „Groß III" hat gestern vormittag vom Tegeler Schießplatz aus seinen 1. Aufstieg unternommen. Das Luftschiff manövrierte über dem Schießplatz l'/r Stunden, worauf es glatt landete. Das neue Luftschiff übertrifft seine Vorgänger an Größe und Antriebskraft. Es ist 86 m lang und faßt 8000 edm Gas. Die Gondel ist 9 m lang. In ihr sind 4 Motors eingebaut, die 4 Propeller antreiben.
Paris 3. Jan. Prinzessin Luise von Koburg hatte unlängst von Köln aus gedroht, sie würde der erstaunten Welt neue Enthüllungen über das Leben an den europäischen Höfen vorsetzen und namentlich den Schleier lüften, der immer noch über dem Drama von Meyerling liege, für den Fall, daß man ihr in Belgien Schwierigkeiten bei dem Antritt der Erbschaft ihres Vaters bereiten wollte. Schon heute führt sie einen Teil der Drohungen aus, indem der ihr nahestehende Dr. H. im „Matin" eine zweispaltige Darstellung über den Vorfall von Meyerling bringt, die nicht wesentlich von dem abweicht, was man schon hie und da erfahren hatte. Das einzig Neue, was Dr. H. aus eigener Verantwortung anführt, ist, daß er behauptet, Erzherzog Rudolf sei nicht von einem einzelnen Manne getötet worden, sondern gewissermaßen einem Massenzornausbruch zum Opfer gefallen und einer seiner Mörder soll der Prinzessin Luise von Belgien nahe gestanden haben. (St. Mpst.)
Paris 3. Jan. (Schneefall in Algier.) In Constantine und in Setif im Süden Algeriens war gestern zum größten Erstaunen der arabischen Bevölkerung Schnee gefallen. Die Schneedecke war so dick, daß stellenweise der Eisenbahnverkehr unterbrochen wurde.
London 3. Jan. (Schiffs-Zusammenstoß.) Der Dampfer Aryshire, welcher Samstag mit 200 Paffagieren von London nach Australien abgegangen war, kollidierte im irischen Kanal bei dichtem Nebel mit dem Dampfer Arcadian. Letzterer sank binnen wenigen Minuten. Ein Teil der Besatzung konnte
gerettet werden. 13 indische Heizer sind ertrunken. Der Aryshire erlitt schwere Beschädigungen am Vorderteil und mußte in Dock gehen.
Petersburg 3. Jan. Für die Bestattung des Großfürsten Michael sind ganz außerordentliche Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden. Die Straßen, durch die der Leichenzug geht, sind von 7 Uhr früh durchweg gesperrt. Dem Publikum ist aufs strengste untersagt, dem Leichenzug zu folgen.
New-Uork 3. Jan. (Entführung einer Millionärstochter.) Die 16jährige bildhübsche Tochter eines bekannten Millionär» von Philadelphia ist von einem Hotel-Angestellten namens Cowpen entführt worden. Der Vater des Mädchens ist seit einigen Jahren Witwer und führte keinen eigenen Haushalt, sondern wohnte im Hotel. Er ging meist seinem eigenen Vergnügen nach, während die Tochter Langeweile hatte. Sie knüpfte mit einem verheirateten Kellner ein Liebesverhältnis an, das schließlich zur Flucht des Paares führte.
— Eine Ausfuhrsteuer auf d.j e Mitgift der amerikanischen Erbinnen sieht ein Antrag des Kongreßmitglieds Sabbath vor. ES soll die Abwanderung der großen Vermögen nach dem Auslande verhindert werden. Wenn die Mitgift 100 000 Dollar übersteigt, soll der Schwiegervater noch extra zur Steuer herangezogen werden. Sabbath erklärt, daß vom nationalen Standpunkt aus es sehr bedauerlich sei, wenn Großkapitalien nach dem Ausland gehen.
Gottesdienste.
Klscheiurmgsstft, 6. Jan. Vom Turm 116 Pretigt- lied222,1—3: Hüter, ist die Nacht verschwunden rc. Kirchenchor: Eine Herde und ein Hirt. 9'/- Uhr: Vormitt.-.Predigt, DekanRooS. 5 Uhr: Missionsstunde im Verei shauS, Missionar Schaible.
Das Hpfer ist vor- und nachmittags für die Basler Mission in Kamerun bestimmt.
Kreit«-, 7. Jan. Anmeldung der Konfirmanden: nachm itt. >/--2 Uhr Knaben, ',«3 Uhr Mädchen. Die Konfirmanden dcS 1. Stadtpfarrers werden im oberen Saal des Vereinshauses, die des 2. Stadt- pfarrerS in dessen Amtswohnung angemeldet.
Hffentticher Wortrag
im Saale des Georgenäums
Freitag, den 7. Januar, abends 8 Uhr,
wird Herr vr. Reihten aus Stuttgart sprechen über „Reisebilder aus den Ansiedelungsdörfer« iu Posen n. Westprcntzen, von der Oftmarkensahrl süddeutscher Parlamentarier u. Journalisten".
Der Bortrag wird durch Lichtbilder illustriert werden.
Zu zahlreichem Besuche ladet freundlichst ein
der Georgeniiumsrat.
Da lacht er laut auf in wildem Hohn, und geht mit großen, starken Schritten nach Friedau hinab. Auf die Hütte am Ausgang des Reitengrabens fällt kein Blick.
An diesem Tag ist's zum ersten Mal, daß der Hohbein-Franz die Kirche versäumt und statt dessen ins Wirtshaus geht.
Dort ist die Stube voll Burschen, die mit wüsten Gesichtern an den Tischen kümmeln und von Zeit zu Zeit einen heiseren Rundgesang anheben.
Die ganze Nacht haben sie gelärmt und gezecht, denn „wie das neue Jahr anhebt, so geht es weiter," heißt's in Friedau.
Mitten unter ihnen sitzt der Kleekamp Fried!. Die Nächte im Wirtshaus verlumpen, ist sonst just nicht seine Art und am allerletzten die Neujahrsnacht, wo nur leichtes Volk und wüste Gesellen sich zusammentun, um das alte Jahr auszusingen und das neue einzutrinken. Aber diesmal ist er der Wildeste von allen.
„Ersäufen will ich das ganze alte Jahr mit allem Gift und aller Galle, die's mir gebracht hat!" schreit er, so oft die Viktl ein neues Glas vor ihn hinsetzt und schaut ihr boshaft triumphierend in die schwarzen Augen, die ihn vorwurfsvoll anblicken.
Als sie um Mitternacht ans Heimgehen mahnt, schlägt er trotzig auf den Tisch: „Justament bleib' ich da!" Und wie sie am Morgen vom Kirchgehen spricht, lacht er mit weinseligen Augen: „O je! Die Kirchen bleibt's ganze Jahr am selben Fleck stehen — die lauft uns nicht davon!"
In diese von Kälte, Rauch und Alkoholdunst widrig erfüllte Stube tritt der Hobein Franz. Einen Augenblick ist's ihm, als er in die übernächtigen Gesichtern blickt, als müsse er umkehren, aber da sind sie ihn schon gewahr geworden und begrüßen ihn mit lautem Hallo!
Der Fried! hat sich sogar erhoben und tritt schwankenden Schrittes auf ihn zu.
„Kommst auch einmal her ins Wirtshaus?" sagt er in einem Anflug von Versöhnlichkeit ungewöhnlich freundlich. „Recht hast! Ist nirgends bester wie da . . ." und er streckt dem andern die Hand entgegen. „Trag Dir nichts mehr nach, Kamerad!"
Franz scheint es nicht zu sehen. Ihn, den Nüchternen, ekelt vor dem Burschen da. Und dann: es ist der Sohn vom Kleekamp. Dem Stolzen, Harten, der sich zu hoch dünkt, eines Sterbenden Wunsch zu erfüllen.
Ueberhaupt ist er nicht hergekommen, um Kameradschaft zu suchen. Es ist ihm nur so, als müsse er die Leere in sich mit irgend etwas auS- füllen. Dazu dünkt ihm der Wein am besten.
Schwerfällig läßt er sich in eine Ecke fallen, abseits von den anderen. Daß es der Herrentisch ist, an dem er sitzt, merkt er nicht. Weiß es vielleicht nicht einmal. Eine Magd, welche bedient, während die Viktl in die Kirche gegangen ist, bringt ihm Wein, und er gießt zwei Gläser nacheinander hinunter.
Draußen auf der Gaffe tönt Musik. Von Haus zu Haus ziehen die Musikanten und bringen ihre Ständchen dar zum Jahranfang.
Die Burschen in der Wirtsstube fangen an zu tuscheln. Der Kleekamp Fried! erzählt ihnen, warum der Hobein ihm wahrscheinlich nicht die Hand geben will. Blicke fliegen hinüber zum Herrentisch, Gekicher wird laut, zuletzt ruft einer höhnisch:
„Hast schon recht Fried! — laß ihn nicht heran an die Sanna! Dein gehört sie und so ein Hereingeschneiter soll sie Dir nicht nehmen!"
Das Wort fällt wie ein Blitz in die Seele des Franz. Wär'S möglich, daß sie ihn darum abgewiesen hat? Aus Liebe zu dem jungen Kleekamp oder aus Furcht vor ihm?
(Fortsetzung folgt.)