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Heilbronn 30. Dez. Der Viehtreiber Weihberger war gestern nachmittag mit Ausladen von Schlachtvieh auf der hiesigen Viehrampe beschäftigt. Unter dem ausgeladenen Vieh war ein störriges Tier, dem Viehtreiber gelang es aber nicht, es zu beruhigen, er wurde von dem Tier gegen das Ende der Rampe geschoben, verlor das Gleichgewicht und stürzte auf den etwa 1,70 Meter tiefer gelegenen Schienenstrang. Dabei kam der Viehtreiber auf den Rücken zu liegen, zwei Stücke des Schlachtviehs stürzten nach und fielen mit ihrer ganzen Schwere auf ihn, wodurch er innere Verletzungen davontrug und im Krankenhaus untergebracht werden mußte.
Schwenningen 30. Dez. Gestern abend nach 9 Uhr ist in einem hiesigen Kaufladen ein Brand ausgebrochen, wodurch die Weckerlinie alarmiert werden mußte. Der Brand ist dadurch entstanden, daß der Eigentümer sein Feuerwerk auf die Neujahrsnacht nachsah und durch irgend einen Umstand ein Feuerwerkskörper sich entzündete und den Vorräten mitteilte, wodurch ein gewaltiges Knallen hervorgerufen wurde. Die Nachbarschaft wurde in großen Schrecken versetzt, weil man an eine Explosion glaubte. Die Weckerlinie, die rasch zur Stelle war, löschte den Brand in kurzer Zeit. Der Gebäudeschaden ist gering, der Mobiliarschaden nicht unerheblich.
Oberndorf 30. Dez. Mit Beginn des Jahres 1910 sind 75 Jahre verflossen seit der Gründung einer der volkstümlichsten undweitest- verbreiteten Zeitungen Württembergs, Badens und Hohenzollerns, des „Schwarzwälder Boten". Am 3. Januar 1835 ist das Blatt in Sulz a. N. durch den Buchdrucker Fischer gegründet worden, ging aber noch im gleichen Jahre an den Stadtrat Peter Brandecker in Oberndorf a. N. über, der es für seinen Sohn Wilhelm erworben hatte. 1837 wurde das Unternehmen nach Oberndorf verlegt. Von 1835 bis zu seinem 1887 erfolgten Tode leitete Wilhelm Brandecker das Blatt und brachte es durch Tatkraft und unermüdlichen Fleiß gewaltig in die Höhe. 1838 hatte z. B. der Schwarzwälder Bote, der zweimal wöchentlich erschien, eine Auflage von 1500, die sich 1878 auf 25 000 bezifferte bei sechsmaligem Erscheinen. 1884 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Chefredakteur ist z. Z. ein Enkel Wilhelm Brandeckers, Dr. W. Wolf, der kaufmännische Leiter ist Direktor R. Schenk.
Ulm 30. Dez. Von der hiesigen Gewerbebank ist ein täuschend nachgemachter Hundertmarkschein aus dem Jahre 1905 angehalten worden.
Ulm 30. Dez. Vom 22.-26. Dezember wurde hier die Landesausstellung der württem- bergischen Kanarienzuchtvereine abgehalten, die mit 48 Kollektionen und 192 Konkurrenzsängern beschickt war. Besonders zahlreiche Sänger waren aus Stuttgart, Ulm, Neu-Ulm, Feuerbach, Schwenningen, Eßlingen, Göppingen,
Geislingen und Gmünd eingegangen. Als Preisrichter waren tätig die Herren Niederberger aus Stuttgart, Borzer aus Pforzheim und Jäger aus Karlsruhe. Die besten Preise fielen nach Stuttgart, Gmünd und Schwenningen.
Laup heim 30. Dez. Vor einigen Jahren sind hier zwei große Strohhaufen abgebrannt. Offenbar lag Brandstiftung vor. Ein Täter konnte aber nicht ermittelt werden. Vorgestern hat sich nun ein junger Mann hier selbst beim K. Amtsgericht gestellt und als Brandstifter bekannt.
Schnetzenhausen OA. Tettnang 29. Dez. Zwei Handwerksburschen, die am Abend zuvor wegen Bettels hier festgenommen und im Ortsarrest in Spaltenstein untergebracht worden waren, haben dort aus Mutwillen den Ofen abgebrochen und total demoliert, sodaß der Gemeinde ein Schaden von etwa 50 entstand. Die beiden Gutedel wurden dem Gericht übergeben.
Landau (Pfalz), 29. Dez. Der von dem früheren Bürgermeister Mahla gestiftete Bismarck-Turm, dessen Richtfest morgen stattfinden sollte, stürzte heute mit gewaltigem Krach in sich zusammen. Der Einsturz erfolgte in der Mittagspause um '/«I Uhr, wo die siebzehn am Bau beschäftigten Arbeiter abwesend waren. Der Turm bildet einen einzigen Trümmerhaufen.
Berlin 30. Dez. Ein Derember- gewitter entlud sich gestern in der vierten Nachmittagsstunde, als der seit mehreren Tagen aus Südwesten wehende warme Winde plötzlich in einen kälteren böenartigen mit Schneegestöber verbundenen Nordwestwind umsprang. Nach kurzer Zeit hatte er so an Heftigkeit gewonnen, daß er einen aus Holz und Eisen erbauten Gerüstaufzug in der Kaiserin Augusta-Allee quer über die Straße warf. Dabei wurden drei Straßenbahnmasten verbogen und die Drahtleitung durchschlagen. Es entstand eine zwei Stunden dauernde Verkehrsstörung. Weiter wurde durch den Sturm bei der Bartholomäuskirche ein 7 Meter hoher Baum entwurzelt und umgeworfen. Personen erlitten keine Verletzungen. In der Nähe von Freiberg in Sachsen mußte infolge des heftigen Sturmes der München- Dresdener Schnellzug auf freier Strecke anhalten. Zahlreiche entwurzelte Bäume stürzten vor die Maschine und hinderten sie am Weiterfahren. Auch gegen die Personenwagen fielen Bäume und Neste, wobei fast sämtliche Fensterscheiben zertrümmert wurden.
Berlin 30. Dez. Der Lokalanz. meldet aus Düffeldorf: Unter dem Namen Rheinische Luftschiffbau A. G. Zorn und Hense ist hier eine Gesellschaft mit einem Grundkapital von zwei Millionen gegründet worden, die den Bau und Vertrieb von Motorluftschiffen System Zorn, die Errichtung von Luftschifflinien, Herstellung und Vertrieb von Sauerstoff und Sauer- stoffgaS bezweckt. Die Gemeinde Gräfrath bei
Krefeld stellt der Gesellschaft ein Gelände von 12 Morgen zur Verfügung.
London 29. Dez. Ein dichter Nebel, der am Weihnachtsabend und am ersten Feiertag über Exeter lagerte, hat den Tod eines deutschen Seemannes zur Folge gehabt. Zwei Deutsche namens Max Hohlfeldt und August Brahstedt waren von ihrem Schiff „Conrad", welches in Exeter lag, anLand gegangen, und als sie im Nebel nach ihrem Schiff zurückgehen wollten, fiel Hohlfeldt in das Wasser und ertrank. Sein Kamerad sprang ihm trotz des dichten Nebels sofort nach, aber er konnte Hohlfeldt nicht mehr finden. Brahstedt selbst wurde in bewußtlosem Zustande aus dem Wasser gezogen, und die Leiche Hohlfeldts wurde später in einiger Entfernung von der Unglücksstelle gefunden.
Konstantinopel 30. Dez. Derrussische Kreuzer Bogatyr mit der Leiche des Großfürsten Michael an Bord, hat mit Erlaubnis des Sultans denBosporus passiert. Der Sultanließ durch einen Vertreter dem die Leiche begleitenden Großfürsten Nikolaus Nikolajewitsch sein Beileid aussprechen.
Standesamt Calw.
Geborene.
19. Dez. Enil, S. d. Johann Gottlnb Baier, H lfrb emsers.
22. „ Maria, T. d Gottlob Weiß, BiersührerS.
27. „ Frida Maria, T. d Paul Friedrich
Heugle, MetzgermetsterS.
G estorbene.
27. Dez. Johanra Mäußnest, Tochter des
Johannes Mäußnest, Zugführers, 23
Jahre alt.
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„Und dann ..."
Die Bäurin an der Tür schrickt plötzlich zusammen und macht einen Satz gegen den Eßtisch hin.
Eine tiefe, kalte Stimme, die sich kaum Mühe gibt, die Verachtung zu verbergen, hat ihr zugerufen: „Bäurin, was macht Ihr denn da an der Kammertür?"
Der junge Hobein steht vor ihr. Er zieht den schweren lodenen Wettermantel aus und hängt ihn an den Ofen. Den Hut wirft er auf die Ofenbank und setzt sich selbst daneben.
Die Bäurin hat sich gefaßt.
„Hab' bloß sehen wollen, ob er schläft," sagt sie und zieht die Tischlade auf, der sie Löffel und Eßbestecke entnimmt, um sie dann auf dem Tisch zu verteilen, denn es geht auf die Abendeffenszeit.
„So", sagt Franz spöttisch, „habt's wohl nicht gewußt, daß der Stini bei ihm ist?"
„Nein."
„Hm . . ."
Sie steht auf einmal vor ihm.
„Du — wegen dem Stini möcht' ich Dich grad einmal fragen, was der alleweil herumsitzt bei uns? Alle fingerlang holst ihn herauf!"
„Ihr wißt, Bäuerin —"
„Alleweil, Bäurin! Kannst nicht Mutter sagen, wie sichs gehört?"
„Nein. Es gehört sich nicht, denn Mutter seid Ihr mir nicht. Und wegen dem Stini wißt Ihr ganz gut, daß er mehr versteht als mancher Doktor, und daß dem Vater allemal leichter wird, wenn er ihm was eingibt."
„Er kommt nicht bloß zum Eingeben. Heimlichkeiten haben sie miteinander!"
Franz mißt sie mit einem kalten Blick.
„Und wenn? Geht's Euch was an? Ihr kümmert Euch wenig genug um den Vater, möchtet Ihr ihm auch das noch nehmen, daß er mit einem, den er als Bub schon gekannt hat, plauschen kann? Dafür, daß der Vater tun kann, was ihn freut, bin ich da, das merkt Euch!"
In diesem Moment öffnet sich die Kammertür und der Stini tritt heraus. Er muß die letzten scharfen Worte des Franz noch gehört haben, denn in seinem Runzelgesicht lauern tausend Sprühteufelchen des Spottes, als er die Bäuerin ansieht.
„Guten Abend, Hobeinin," sagt er lustig, „das lob' ich mir halt, wie Du bist: alleweil fleißig bei der Arbeit und sriedsam im Haus! Ja, ja, Bub," nickt er Franz zu, „so eine findest nicht bald!"
Franz schweigt, aber die Bäurin fährt auf: „Das möcht ich mir ausbitten, daß Du mich in meinem Haus foppen Lust!"
„Foppen?" Stini scheint grenzenlos erstaunt. „Aber Bäurin!"
„Glaubst, ich weiß nicht, wie Du's meinst? Und jetzt wird's mir bald einmal zu viel sein Dein Herumschleichen da. Von mir aus brauchst Dich nicht mehr blicken zu lasten am Habererhof."
„Meine liebe Hobeinin," sagt der Stini ganz sanft, „daß Du eine gute Seele bist, weiß ich lang, aber diesmal tust mir zu viel Ehre an, wenn Du meinst, ich wär' zu Dir in Heimgarten kommen. Beim Bauer war ich."
j „Das ist alles eins! Frau bin ich und wen ich nicht mag in meinem ! Haus, der soll mir auch nimmer herein!" (Forts, folgt.)