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Amtr- und Anzeigeblatt sür den Gberamtsbezirk Calw

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Urscheinnngrtaze: Montaz, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Lamstag. JnsertionspreiS 0 Vsg. pro LeUe sür Stadt u.»«zirksorte; außer Bezirk 1s Pfg.

Dienstag, den 21. Dezember 1909.

Sezugspr.i.d. Stadt'/^LHrl.m.Trägerl.M!. 1.2b. Poftbezugspr. s.d. Orts- u. Nachbarortsverk. ivjährl. Mk. 1 . 2 V im Fernverkehr Ml. I.so. Bestellg. in Württ. so Psg., in Bayern u. Reich «2 Pfg

Tszesserüßkettm

Nagold 19. Dez. Heute hielt der neu­ernannte Dekan Pf lei derer, seither Lehrer an der Predigerschule zu Basel, seine Antritts­predigt und wurde von Prälat Hermann für sein Amt eingesegnet. Ansprachen hielten Stadt­pfarrer Merz von hier als Amtsbruder, Pfarrer Burger von Spielberg als Vertreter der Pfarrer der Diözese, Seminarrektor Dieterle für das Lehrerseminar und Stadtschulthsiß Brodbeck für die Stadtgemeinde.

Stuttgart 20 Dez. Der gestrige goldene Sonntag" dürfte im allgemeinen das gehalten haben, was sich die Geschäftsleute von ihm versprochen haben. In den Haupt­straßen herrschte bis in die Abendstunden ein starker Verkehr. Als kaufendes Publikum traten auch gestern die Bewohner der Umgegend stark in den Vordergrund. Auf der Weihnachtsmesse wogte eine große Menschenmenge, doch war die Zahl der Neugierigen größer, als die der Käufer. Das beste Geschäft dürften die Warenhausinhaber gemacht haben.

Stuttgart 20. Dez. Das Befinden des Grafen Zeppelin, der sich zur Zeit noch immer im Katharinen-Hospital befindet, ist an­dauernd befriedigend.

Stuttgart 20. Dez. Nachdem die Vereinbarung über die gegenseitige Anerken­nung der Reifezeugnisse die Zustimmung aller deutschen Bundesregierungen gefunden hat, ist sie nach einer Verfügung des K. Kultministe­riums vom 10. Dezember für Württemberg so­fort in Kraft getreten. Da Klagen darüber laut geworden sind, da die an den höheren Schulen üblichen Klaffenausflüge zuweilen eine übermäßige Ausdehnung nach Zeit und Entfernung annehmen und dadurch den Eltern unverhältniß-

mäßig große Kosten verursachen und auch die Schüler manchmal überanstrengen, so hat die Ministerialabteilung für die höheren Schulen die Aufmerksamkeit der Schulvorstände auf diesen Punkt gelenkt.

Stuttgart 20. Dez. Heute nachmittag 2'/? Uhr war der im Tietz'schen Warenhaus als Fahrstuhlführer angestellte 21 Jahre alte David Lehle am Warenaufzug im Dachstock mit Verladen von Kisten beschäftigt. Eine größere Kiste stand bereits auf dem Aufzug, dessen Fußboden mit dem des Dachstocks in einer Höhe sich befand. Um eine zweite Kiste auf die erste zu bringen, ließ Lehle den Fahr­stuhl sich senken und beugte sich nachdem die beabsichtigte Höhe erreicht war, in diesen hinein, um den Abstellhebel aufHalt" zu stellen. Hierbei wurde Lehle vom Hebel erfaßt und zwischen diesen und den Aufzug gedrückt, so daß der Tod augenblicklich eintrat.

Heilbronn 20. Dez. In der Nacht vom vergangenen Freitag auf Samstag bemerkte eine Schutzmannspatrouille nachts gegen 11 Uhr in der Südstraße einen Mann, der in bewußt­losem Zustande auf dem Boden lag. Der Hilfs­bedürftige, dessen Persönlichkeit alsbald festgestellt werden konnte, wurde in seine Wohnung gebracht und ein Arzt herbeigerufen. Letzterer konstatierte, daß hier ein Vergiftungsversuch vorlag, weshalb der Kranke sofort dem Krankenhause übergeben wurde, wo er noch in derselben Nacht ver­storben ist.

Oberndorf 20. Dez. Dem Geh. Kom­merzienrat Paul Mauser ist von der Tech­nischen Hochschule in Stuttgart die Würde eines vr. iax. bonoris euusu verliehen worden.

Ravensburg 20. Dez. Dis 40 Jahre alte Witwe des vor 2 Jahren gestorbenen Dro­

gisten H. Geyer hier hat am Freitag abend ihre Wohnung verlassen, angeblich um in der Nachbarschaft noch einige Einkäufe zu machen, und wird seither vermißt. Am Samstag vor­mittag ist nun am Schuffenkanal ein Frauenhut und ein Pelz gefunden worden, die als der Ver­mißten gehörend erkannt wurden. Da von der Fundstelle Fußspuren gegen den Kanal hinführen, ist zu vermuten, daß die Bedauernswerte, bei der in jüngster Zeit Anzeichen von beginnender Schwermut bemerkt wurden, den Tod im Wasser gesucht und gefunden hat. Trotzdem die ganze Schüssen auf weite Strecken abgesucht wurde, konnte die Leiche bis jetzt noch nicht gefunden werden.

Rastatt 17. Dez. Die von Mechaniker Stolz in Niederbühl erfundene und in jahre­langer mühevoller Arbeit hergestellte Flug- maschine wurde kürzlich im Zwangswege um 200versteigert. Herr Stolz teilt das Mißgeschick vieler mitteloser Erfinder, auch er ist um die Früchte seiner jahrelangen Bemühungen gekommen.

Baden-Baden 19. Dez. Die Stadt­verordneten genehmigten mit allen gegen eine Stimme einen Antrag des Stadtrats, 50 000 ^ Reservefondskapitalien in Aktien der Deutschen Luftschiffahrts-Aktien-Gesellschaft anzulegen und die Genehmigung zu erteilen, daß für die Sume von 36 000 ^ Privataktien aus Kreisen der Stadt von der Stadtgemeinde eine Zinsgarantie von jährlich 3°/o auf 5 Jahre ge­leistet werde. Die Zinsgarantie soll in Wegfall kommen, wenn während zwei aufeinanderfolgender Jahre eine Dividende von mehr als 6°/« ge­zahlt wird.

Frankfurt a. M. 20. Dez. (Familien­drama.) Der Bergerstraße 86 im 4. Stock

Die Leute vom Aleekamphof.

Roman von Erich Ebenstein.

(Fortsetzung.)

Gelobt sei Jesus Christus," grüßt er,und Beinwurz Hab' ich Dir mitgebracht, Kleekamp, für's Rheumatische."

Ist gut. Sitz' nieder und rast' aus," antwortete der Bauer, und rückt ein Stück weiter auf der Bank, wobei sich zeigt, daß noch Platz genug ist auf ihr für eine dritte Person.Ist schön von Dir, Stini, daß Du Dich wieder einmal anschauen läßt. Jetzt wirst Deine Ochsen wohl bald abtreiben müssen. Wird bald grobes Wetter kommen, was?"

Freilich, freilich. Auf die Woche, denk' ich, kommen wir herunter. Ist schon höllisch kalt am Mitterboden oben. Wirst Freude haben an Deinen zwei Paar Ochsen, Kleekamp! Haben sich mächtig stark gefressen, auf der Mitterboden-Alm!"

Der Bauer schiebt dem alten Ochsenhalter gnädig seinen Humpen zu.

Na, ist gut. Trink eins, Stini, wirst durstig sein!"

Stini blinzelt verlegen.Mußt's nicht für ungut nehmen, Kleekamp, aber Wein trink ich keinen. Bin's nicht gewöhnt . . . aber wenn Du nichts dagegen hast . . . einen Trunk an Deinem Brunnen möcht ich schon tun." Er stand auf.

Wie Du willst", lacht der Kleekamp,so trink halt Wasser."

Während der Stini zum Brunnnen geht, wirft er einen Blick auf das Mädchen auf der Hausbank und gleich darauf läuft er freudig zu ihm.

Ja, die Sanna!" ruft er hell und schüttelt ihr die Hände.Wie kommst denn Du daher? Hab' Dich noch drin im Höllgraben geglaubt bei der Ebeseder Lori ..."

Die beiden Männer unter der Linde sitzen indessen verlegen schweigend da. Endlich ermannt sich der Pfarrer.

Du bist mir noch die Antwort schuldig, Kleekamp.Was ist's mit der Sanna?"

Nichts, Hochwürden", knurrt der Bauer.Auf den Kleekamphof kommt mir kein Frauenzimmer, so lang' ich lebe. Das solltet ihr wissen."

Der Pfarrer lachte gemütlich.

Mußt Du denn alleweil noch so närrisch sein, Kleekamp? Glaub's Dir ja, daß es Dir hart ankam damals, als Dein Weib mit dem Buben im Höllgrabengewände verunglückte und daß du Dich nach keiner zweiten umschautest, obwohl ich eine kenne, die ganz gut zur Kleekamphoferin ge­taugt hätte, und der Du in jungen Jahren auch nicht feind warst . . "

Hochwürden!" Der Kleekamp macht eine heftige Bewegung und sein Gesicht färbt sich dunkel.

Na, na, ich red' schon nichts weiter von der Lori! Mußt nicht gleich so wild dreinschauen. Schließlich kannst ja tun, was Du willst. Aber von der Sanna muß ich reden. Schau, dies Dirndl ist Dir doch verwandt"

Im siebenten Suppenschnittel ja!" warf der Bauer wegwerfend ein.

Wenn auch weitschichtig sie hat doch niemand sonst auf der Welt. Die Lori kann sie nicht länger behalten. Weißt ja selbst, was die für ein Leben hat in ihrer Schenke zu tiefst im Höllgraben! Nichts als lauter halbwilde Holzknechte und Jägerburschen ... Da paßt keine junge Dirne hin. Sich selber kann die Lori schützen, sie ist ein mann­haftes Frauenzimmer, das den Revolver Tag und Nacht bei sich trägt. An sie traut sich keiner, vor ihr haben sie alle Respekt. Aber die Sanna ist sechzehn Jahre und bildsauber . . . Drum hat die Lori sie zu mir geschickt mit einem Gruß für Dich"

Brauch keinen Gruß von der Ebeseder Lori!"