293 . Amts- und Anzeigeblatt für den Gberaattsbezirk Lalw. 81 . ?»hk,<W.
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Prschttnungetaz«: Montag. Dienstag, Mittwoch. Donnerstag, Freitag und Samstag. Ansertionspreis w Pfg. pro Zeile sür Stadt u. Bezirksorte! außer Bezirkt» Pfg.
Mittwoch, den 15. Dezember 1909.
Bezuaspr.i.d. Stadt>/^SHrI.in. LrLgerl.Mk. l.rs. Postbezugspr. f.d. Orts- u. Nachbarortsverk. '/^jcthrl. Mk. 1.L0. im Fernverkehr .... , . _ . iPfg., int'
Mk. t.»v. Bestell,, in Württ. so?
i Bagern u. Reich ss Pfg.
Amtliche Bekanrrtmachuugerr.
Bekanntmachung,
betr. die Beschäftigung vo» Arbeiterinnen und jugendliche« Arbeitern in gewerblichen Betriebe u.
Die beteiligten Gewei betreib enden des Bezirks werden auf das am 1. Januar 1910 in Kraft tretende ReichSgrsetz, betr. Abänderung der Gewerbeordnung, vom 28. Dezember 1908 (RGBl. 1908 Seite 667) durch welches insbesondere 88 t36 bis 136 Gewerbe-Ordnung über die B schäMgung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern geändert worden sind, aufmerksam gemacht. Das Gesetz kann auf den Rathäusern eingesehen werden.
Von den neuen Bestimmungen werden folgende hervorgehoben:
I. Beschäftigung vo« Arbeiterinne« über 16 Jahre».
1. Arbeiterinnen über 16 Jahre dürfen nicht länger
als 10 Stnndeu täglich, an Vorabenden der Sonn- und Festtage nicht länger als 8 Stunden täglich beschäftigt werden.
2. Die Arbeitsstunden dürfen nicht in die Nachtzeit zwischen 8 Uhr abends und 6 Uhr morgens fallen.
3. Am Sonnabend, sowie an Vorabenden der Festtage ist die Beschäftigung nach 8 Uhr nachmittags verboten.
4. Nach Beendigung der täglichen A'bettszeit ist den Arbeiterinnen eine ununterbrochene Ruhe- zeit von mindestens 11 Stunden zu gewähre».
5. Arbeiterinnen dürfen vor «ad nach ihrer Niederkunft im ganzen während 8 Wochen nicht beschäftigt werden. Ihr Wiedereintritt ist an den Ausweis gek lüpft, drß seit ihrer Niederkunft wenigstens 6 Wochen verflossen sind.
II. Beschäftigung junger Leute (männliche und weibliche Personen) zwischen 14 und 16 Jahren.
1. Die Arbeitsstunden junger Leute dürfen nicht vor 6 Uhr morgen- beginne« und nicht über 8 Uhr abends danern. Die Arbeiterinnen dürfen überdies am Sonnabend, sowie an Vorabenden der Festtage nicht nach 5 Uhr nachmittags beschäftigt werde«.
2. An den Vorsbenden der Sonn- und Festtage dürfen Arbeiterinnen nicht länger als 8 Stunden täglich beschäftigt werden.
3. Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit ist den jungen Leuten eine ununterbrochene Ruhezeit vo» mindestens 11 Stunden z» gewähre«.
Soweit in Folge der neuen Vorsch iften eine Aenderuug der Arbeitsordnungen notwendig wird, empfiehlt es sich, die erforderlichen Nachträge zu den Arbeitsordnungen unter Beachtung dcr Bestimmungen in 8 134s Abs 2—4, sowie in 8 1346 und 8 134e Gew.-O. alsbald vorzunehmen.
Calw, 12. Dezember^1909.
K. Oberamt.
Amtmann Rippmann.
T>ses«e«islette».
Calw 14. Dez. (Weihnachtspäckerei. — Personensonderzüge.) Um Störungen im Lauf der Personen- und Schnellzüge durch die Beförderung der Weihnachtspäckerei zu vermeiden, wird die Expreßgutbeförderung bei einem Teil dieser Züge in der Zeit vom 21.—24. d. Mts. ausgeschlossen, bei andern nur in beschränkter Welse zugelassen. Zar Vcwältlgang Vs« Exp-op- gut- und Eilgutverkehrs werden andererseits Sonderzüge ausgesührt und in vielen Zügen besondere Wagen hiefür eingestellt. Nähere Auskunft erteilen die Gepäckstellen. — Ueber die Personensonderzüge an den Weihnachts feiertagen und über Neujahr werden Nebersichten auf sämtlichen Stationen angeschlagen.
Stuttgart 14. Dez. Landgerichtsdirektor Theodor v. Kohlhund erlitt gestern abend 11 Uhr, als er nach Anhörung eines Vortrags heimkehrte, in der Friedrichstraße einen Herzschlag und war sofort tot.
Ludwigsburg 14. Dez. Die K. Kreisregierung hat dem Bankhaus Alb. Schwarz in Stuttgart, das bekanntlich unter finanzieller Beteiligung der Amtskörperschaft Ludwigsburg am
Neckar ein großes Elektrizitätswerk zu erbauen beabsichtigt, das Wassernutzungsrecht auf der Strecke Benningen—Beihingen—Pleidelsheim verliehen. Die Wasserkraft ist auf 1700 Pferdekräfte berechnet. Die Gründung eines Aktienunternehmens ist im Gange. Mit dem Ban dürfte im nächsten Frühjahr begonnen werden.
Niederstetten 14. Dez. Das Warenhaus Tietz in Stuttgart hat den Laden im Kaufmann'schen Neubau in Blaufelden gemietet und richtet im nächsten Frühjahr dort ein Warenhaus ein. Das ist der erste Versuch eines großkapitalistischen Warenhauses in einer rein Landwirtschaft treibenden Gegend mit Kleingewerbe ohne Industrie.
Ulm 13. Dez. (Strafkammer.) Im Oberland hat sich seit einer Reihe von Jahren der Tierheilkundige Lorenz Alb recht mit der Ausübung der Tierheilkunde abgegeben. Er ist dabei in zahlreichen Fällen mit den Behörden in Konflikt gekommen, weil er sich Tierarzt nannte, und hat wegen unberechtigter Titelführung auch eine Anzahl von Strafen zuerkannt erhalten. Zuletzt erfolgte vor etwa einem Jahr wog»»» V-» gleichen Verfehlung Strafverfolgung. Albrecht entzog sich aber durch eine Reise nach Amerika der Verhaftung. Er wurde zwar in Liverpool verhaftet, aber wieder freigelafsen. Erst nach seiner Rückkehr gab er seinen Aufenthaltsort selbst bekannt und wurde daraufhin hieher in Untersuchungshaft verbracht. Im Lauf der Voruntersuchung gab Albrecht an, er habe von 1900—1902 in Indianapolis im Staat Ohio bei einem Professor einen Privatkurs in Tierheilkunde mitgemacht und sich^auf Grund dessen für berechtigt gehalten, den Titel Tierarzt zu führen. Seine letzte Reise nach Amerika habe den Zweck gehabt, sich eine Bescheinigung über den Besuch dieses Kurses auszuwirken, da die ursprüngliche verloren gegangen sei. Tatsächlich legte Albrecht auch eine mit
Im Llosterhos.
Roman von B. v. Lancken.
(Fortsetzung.)
Auf eine leere Seite des Briefes aber hatte Anna geschrieben.
„Inge fängt an, wieder aufzublühen, lieber Markus, sie wird reizender als zuvor und ist lieber und herziger denn je. Sie ist ein Charakter, und ich wünsche nichts aufrichtiger, als sie noch einmal recht glücklich zu sehen. Gott befohlen, kehre nun bald heim, wir alle freuen uns darauf und nicht zum wenigsten Deine Cousine Anna."
Das Morgenrot färbte schon den Horizont, da schlief Anna von Ferni mit tränenmüden Augen ein, aber am Frühstückstisch erschien sie mit klarem Blick und einem ernsten, gütigen Lächeln, das ihr durchgeistigtes Gesicht wunderbar verschönte.
Seitdem sind nun Monde ins Land gezogen, die Korrespondenz wird in gleicher Weise fortgesetzt. Anna hat ihren Plan in Angriff genommen, es wird ein schönes, geräumiges Haus am Ausgang des Dorfes aufgeführt, aber von Markus Heimkehr verlautet noch nichts, und Inge schlägt heute das Herz voll Sehnsucht. Sie geht den Weg durch den herbstfarbenen Wald, nach der Ruine, sie schreitet über den Kirchhof, und in einer aufwallenden Regung drückt sie einen Strauß von Gräsern und blaßlila Herbstzeitlosen, die sie unterwegs gepflückt, dem Jesuskindlein in die Arme und schlingt eine Ranke vom wilden Rosenstrauch um das Haupt der Gottesmutter. — Wie lange, lange, wohl Hunderte von Jahren, hatte keine Hand die hohe Frau geschmückt und dem Himmelskind einen Blumenstrauß gespendet. — Inge lächelt und zu dem verwitterten Steinbild auf
blickend, sagt sie halblaut, schalkhaft: „Wirst Du Dich mir auch dankbar erweisen für die Blumen und das Kränzlein, liebe Himmelskönigin?" Dann setzt sie sich auf eine kleine Steinbank, die an der äußeren Mauer des Kreuzganges steht, und folgt mit den Augen dem Flug zweier Schmetterlinge, die auf und ab um eine blaue Glockenblume schweben, die ihre zarten Blüten über ein halbversunkenes Grab neigt — — — Inges Augen folgen erst mit Interesse, ein Lächeln um die Lippen, den leicht beschwingten, anmutigen Geschöpfen, allmählich wird der Blick gleichgültig, sie sieht die Tiere, aber sie freut sich nicht mehr an ihnen, und das Lächeln
verschwindet-Gedanken regen sich in ihr, die an die Vergangenheit
anknüpfend, in die Zukunft hinüberreichen.
Sie denkt des Toten und des Lebenden und neben der Wehmut, die sie dem einen schenkt, regt sich die Sehnsucht nach dem andern, der in weiter unbekannter Ferne weilt. Wenn ihre Gedanken, ihr liebendes Verlangen die Macht besäßen, ihn herzuzaubern — wenn diese Gedanken Zauberkraft hätten, Zauberkraft, die über Meere und in die Weite reichte! Leise faltet sie die Hände, und leise flüstern ihre Lippen seinen Namen; den sie in ihrer Phantasie so deutlich vor sich sieht in all seiner lässigen, selbstbewußten Vornehmheit, mit dem Ausdruck unbeugsamen zielbewußten Willens in den Augen, auf der weißen Stirn — — Ein raschelndes Geräusch, wie von nahenden Schritten, ein Brechen von dürren Aesten, Inge hebt den Blick, und beinahe hätte sie laut aufgeschrieen — den schmalen, grasbewachsenen Weg, unter dem hängenden Gezweig der wildwachsenden Bäume kommt er entlang, er, an den sie eben gedacht,-
Markus Callein.
Sie wagte nicht, sich zu rühren, sie verharrt regungslos, nur ihre Blicke hängen an ihm, und ihr Herr jauchzt ihm entgegen. Er muß sie