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Blatt erschienen war und in dem der Kronprinz ehrerbietigst gebeten wurde, keine Luftfahrten mehr zu unternehmen, da sein Leben als zukünftiger Träger der Krone zu kostbar sei, um es aufs Spiel zu setzen. Der Kronprinz wurde bei der Lektüre des Artikels recht nachdenklich und versprach, keine Aufstiege mehr zu unternehmen. Wenige Wochen später erst erfuhr er, daß der Autor der betreffenden Notiz die Kronprinzessin selbst gewesen war. (St. Mpst.)
Berlin 13. Dez. (Reichstag) Präsident Graf Stolberg eröffnet die Sitzung um 1'/. Uhr. Am Bundesratstisch haben der Reichskanzler v. Bethmann-Hollweg und die Staatssekretäre v. Schön nnd Delbrück Platz genommen. Zunächst wird einem Antrag entsprochen, die gegen die Abgg. Kirsch (Zlr) und Stücklen (Soz) schwebenden Strafverfahren für die Dauer der Session einzustellen. Dann folgte die Interpellation der Freisinnigen betr. das Kaltsyndikat. SraatSstkcetär Delbrück sagt die Beantwortung der Interpellation nach Wied r- aufnahme der Sitzungen im Januar zu, ohne einen bestimmten Tag festsetzen zu können. Reichskanzler v. Bethmann-Hollweg: Gin ge Ausführungen der Abgg. Hertling, Bassermann und Höff-l nötigen mich, mit kurzen Worten auf die Verhältnisse in Elsaß-Lothringen zurückzukirmmen. Ueber die Totenfeier in Wcißenbmg sind sowohl in französischen wie in deutschen Blättern Uebertreibungcn nnter- gelaufen. Trotzdem bleibt bestehen, daß in diese Feier vielfach Momente hineingebracht wurden, die unier allen Umständen hinten fern bleiben müssen. (Sehr richtig!) Es läßt sich leider nicht bestreiten, daß man die Feier beeinflusse, um sie politischen Zwecken dienstbar zu machen. (Sehr richtig!) Es ist Vorsorge getroffen, daß sich beranke Ausschreitungen in Zukunft nicht wiederholen we.den. (Bravo!) Die Erregung hierüber hat durch den Vorgang in Mülhausen neue Nahrung erhalten. Die Regierung von Elsaß-Lothringen hat aber durch schnelles und energisches Eingreifen gezeigt, daß sie derartige Herausforderungen nicht dulden will. Ich bin überzeugt, daß die elsaß lothringische Beoölkei nug mir in dieiem Bestreben zustimmr. In Deutschland denkt kein Mensch daran, den Elsaß Lothringern die pietätvolle Erinnerung an die Vergangenheit zu verübeln. Es kommt nur auf die Art an, wie dieses Gefühl betätigt wird, dabet geht es nicht an, daß die nnter der d> irischen Herrschaft geborenen Generationen künstlich zu Trägern vergangener Erinnerungen gewacht rm.rdcn. (Sehr richtig) Das Reich wünscht und fordert, daß das Reichsland, wenn es eine Tlweiterrng se ner politischen Selbständigkeit verlangt, im Interesse des Reiches auch Bürgschaften gibt, die in erster Linie die Elsaß-Lothringer selbst bieten müssen. Die einfache Erfüllung der gewöhnlichen staaisbürgerllchen Pflichten genügt dazu nicht. Die Erfüllung des an sich berechtigten Wunsches „Elsoß-L thringen den Elsaß-Lothringern" wird durch eme Agitation erschwert, welche die an sich kern
deutschen Elemente des Volkscharakters verkümmert und eine weder geographische noch geschichtlich berechtigte Verwelschung des Landes erstrebt. (Lebh. Beifall.) Diese Agitation erschwert es auch, .die V er fassan gs wünsche Elsaß-Lothringers zu erfüllen. Auf anderer Seite aber will man jeden in Elsaß- Lothringen cuftretenden Wunsch als Ablehnung gegen den Reichsgedanken ansehen. Berechtigte Eigenart soll man anerkennen. Hüben und drüben soll man frei von chauv'nistischen Uebertreibungcn bleiben, dann wird Elsaß-Lothringen nicht mehr der Schauplctz nationaler Streitigkeiten sein und das Land wird sich gemäß seinem Wunsche als ein wertvolles Glied der deutschen Völkerfamilie betätigen. (Lebhafter Beifall) Abg. Schräder (frs. Vgg.) sehr schwer verständlich, führt aus; Fürst Bülow tst gestürzt worden, weil er eine Politik des Fortschritts wollte. Die antikatholische Agitation in Sachsen können auch wir nicht billigen. In der Mannesmann- Angelegenheit dürfen die deutschen Interessen nicht p eisgegeben werden. Das deutsche Volk, namentlich der Mittelstand > nd die Ai beiter, ist mit Verbrauchssteuern überlastet. Besonders bei den Ausgaben für Herr und Marine muß gespart werden Abg. Gans-Edler Herr zu Putlitz (kons.): Ich leae Verwahrung e n gegen die Aeußerungcn des Abg. Scheidemann, daß der Worlbruch sozusagen zu den erhabensten Traditionen der preußischen Könige gehört. (Beifall rechts.) Ich holte es für schmachvoll, daß etwas derartiges im Reichstag gesagt werden kann. (Brausender Beifall rechts — Pfuirufe — Lärm bei den Soz.) Solche strafbaren Majestäisbeleidigurigen müssen verhindert werden. (Großer Lärm. — Rufe bei den Sozialdemokraten: „Historische Wabi heit!" — Dröhnender Beifall rechts.) Abg. Frank Mannheim (Soz ) ist der Ueberzeu^ung, daß der Fortschritt in Deutschland nur über die Junker hiuweggehen kann. In seinen weiteren Ausführungen übt Redner Kritik an der inneren und äußeren Politik Deutschlands und bespricht die Idee des Großblocks, die jetzt in Baden ermöglicht worden ist. Abg. Fehlend ach (Zlr.) pel-mrstert gegen den Vorredner und betont, ein Zusammengehen der rechts stehenden Parteien und des Zentrums sei notwendig tur Interesse des Staates. Württem- bergischer Ministerialdirektor Schleehanf weist eire Bemerkung zurück, die Gröber am Samstag gewacht habe, als ob bei Vergebung von Spar- kvssengeldrrn in einem bestimmten Falle nach Partei- Rücksichten verfahren worden sei. Abg. Mütler- Meiningen (frs Vp.) erörtert d!L Blc ck-Aera, polemisiert gegen Sozialdemokratie und Zentrum und schließ: mit der Hoffnung, doß der Liberalismus olle jetzigen Unbilden überwinden werde. Abg. Erz derger (Zir.) bestreitet die Mitschuld des Zentrums an der Firanznrisere. Staatssekretär v. Schön wendet sich gegen eine Blättermeldung, wonach er sich Jnstrukiionen wegen der beiden deutschen Syndikate in Morokko, von einem Vertreter Frankreichs erbeten habe. Das würde geradezu an Vaterlandsverrat streifen. Damit schließt die
erste Lesung des Etats. Dieser geht wie üblich in seinen wichtigsten Abschnitten an die Budget-Kommission. Morgen 11 Uhr: Interpellation betreffend Zwangsarbeits-Nachweis des Zecheu- Verbandcs, vorher zweite Lesung des Nachtrags- Etats.
Konstantinopel 13. Dez. Bei seinem gestrigen Aufstiege wurde der Aeroplan BleriotS durch einen Windstoß gegen ein Haus geschleudert und vollständig zertrümmert. Bleriot fiel heraus und erlitt leichte Verletzungen. Der Unfall fall ist durch einen Defekt an der Steuerung verursacht worden. Bleriot verletzte sich bei seinem Sturze an der Hand und den Hüften. Er liegt im französischen Hospital.
Harden über „Politische Aufgaben." In Berlin hielt Maximilian Harden wiederum einen politischen Vortrag im Blüthner-Saal, zu dem sich ein zahlreiches Publikum eingefunden hatte, das den geistvollen Ausführungen des Redners mit großer Aufmerksamkeit folgte. Harden hatte sich das Thema: „Politische Aufgaben" gestellt und entwickelte nun seine Ideen über die Zukunft des Reiches und über die Qualitäten des neuen Reichskanzlers. Ausgehend von dem Gedanken der vielgeforderten preußischen Wahlreform erhob er die Mahnung, vom politischen Hader abzulafsen in einer Zeit, die andere und wichtigere Forderungen stellt. Er erblickt die politischen Aufgaben für die nächste Zukunft in einer Zusammenfassung aller nationalen Kräfte, in der jeder einzelne mitzuwirken berufen sei, um Reich und Regierung in den Stand zu setzen, politische Zumutungen von außen abzuwehren. Die Gefahr eines nahen Angriffs sieht er von England her drohen, da England vor dem Bankerott seiner Dreadnoughtpolitik angelangt sei und sich von einer Toryregierung ein um so schnelleres und eingreifenderes Ausnutzen der politischen Einkreisung Deutschlands erwarten lasse. In diesem Sinne unterstrich er die Bedeutung des englischen Verfassungskonfliktes für Deutschland, das dem gegenüber auf keinen zuverlässigen Freund rechnen könne. Leicht schloß sich hieran die Frage, weshalb Deutschland keinen Freund habe trotz seines beispiellosen wirtschaftlichen Aufschwunges und seiner ökonomischen Zuverlässigkeit. Eine Macht habe sich das deutsche Volk geschaffen, mit der eine verständige und vor allem mutige Regierung sich nach außen durchsetzen könne. Einen mutigen Reichskanzler bezeichnet er als das dringendste politische Erfordernis für Deutschland.
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