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Amts- und Anzeigeblatt sür den Gberamtsbezirk Calw
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Erschetnungstaze: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag, JrHertionspreis tv Bsg-pro Zeue für Stadt n. Bezirksorte; außer Bezirk tü Pfg.
Samstag, öen 11. Dezember 1909
Bezugspr.i,d, Stadt^ührl.m.Lrägerl.Mk. l.LS, Postbezugspr, f.d. Orts- u. Nachbarortsverk. '/.jiihrl. MI. l.20, im Fernverkehr Ml. I.S0. Lestellg. tn Württ. so Pfg., in Bagern u. Reich 42 Big
Amtliche Bekanntmachunger».
Bekauutmachttug Wanderarbeitsstätte betr.
Die Täfelchen „Auswes über geleisteten Beitrag zur Wanserarbeitsstätte" sind wieder bei der Amtspflege eiiigetroffen.
Die OrtLbehöcden wollen solche bet der Amtspfleg« bestellen und möglichst viele Mitglieder für den Arbeitsstätte-Verein gewinnen, um die hohen Kosten dieser Einrichtung bestreiten zu können.
Calw, 9. Dezember 1909
K. Oberamt.
Voelter.
Den Ortsbehörden
gehen in den nächsten Tagen die Formurarien zu den neuen Stammrolle« mit der Weisung zu, dieselben baldtunlichst anznlegen, damit sie bis 20. Januar 1910 dem Oberamt vorgelegt werden können.
Sollte eine Ortsbehörde Geburtsscheine, Er- Lmwigungsschreiben, G-burrsllsteu oder E.suchm-um Vorstrafenverzeichn sie benötigen, so wollen solche vom Oöeramt einoeclangt werden.
Bei Anlegung der Stammrollen sind die Vorbemerkungen auf dem Titelbogen genau zu beachten.
Bezüglich des Eintrags der Vorstrafen in die Rekrutierungsstammrollen wird auf den oberamtl. Erlaß vom 8. Dezbr. 1903, Wochenblatt Nr, 194, hingewiesen und ausdrücklich bemerkt, daß, wenn Registerstcafen nicht vorhanden find, in den Stammrollen zu bemerken ist: Registerstrafe« und sonstige Angabe« keine.
Bemerkt wird, daß nur diejenigen Bestrafungen, welche im Strafregister des Geburtsorts eingetragen find, ausgenommen werden müssen, und daß wegen solcher Militärpflichtigen, die sich auswärts aufhalten,
keinerlei Nachfragen an die Gemeindebehörde des Aufenthaltsorts wegen Vorstrafen gerichtet werden dürfen.
Calw, 10. Dezember 1909.
K. Oberamt. Voelter.
TkMsMM-Mte».
, Calw 10. Dez. Wie wir heute erfahren, hat einer der am Jahrmarkt durch Unachtsamkeit zu Schaden gekommenen Marktbesucher sein verlorenes Geld wiedererhalten. Der Zugbeutel, der das Geld (500-^) enthielt, wurde von von einem Knecht des Ulrich Holzäpfel von Ottenbronn, namens Borghardt, gefunden.
Unterjettingen OA. Herrenberg 10. Dez. Dieser Tage fiel dem fünfjährigen Söhn- chen des Georg Roll ein von der Scheune losgelöster schwerer Stein auf den Hinterkopf, so daß es schwer verletzt weggetragen werden mußte. Der Arzt stellte einen komplizierten Schädelbruch fest. Das Kind wurde in die chirurgische Klinik '»ach Tübinger, gebracht.' ' "
Stuttgart 9. Dez. Das Weinerzeugnis auf der Markung Groß-Stuttgart betrug bei 762 Hektar Weinbaufläche rund 5600 Eimer, womit auf ein Hektar 22 Hektoliter kommen. Der Gesamtwert des Weinertrags betrug 765600 gegen 1745 420 ^ im Vorjahr und 318 300 ^ im Jahre 1907. Die Qualität wird als gut bezeichnet.
Stuttgart 10. Dez. (Schwurgericht.) Die zahlreichen Brandsälle in Untertürkheim in den Jahren 1905 und 1906, die die Einwohner längere Zeit in Aufregung und Schrecken versetzten, beschäftigten gestern und heute das Schwurgericht. Angeklagt der Brand
stiftung in 9 Fällen war der verheiratete 37 Jahre alte Schneider Julius Zwicker von Untertürkheim. Der Fall wurde bereits im Juni 1907 vor dem Schwurgericht verhandelt. Das Verfahren mußte damals vorläufig eingestellt werden, weil der Angekagte am dritten Verhandlungstag einen Tobsuchtsanfall bekam. Er war seither in der Irrenanstalt Winnenden untergebracht. Die Anklage beschuldigt den Angeklagten, am 13. April 1905 das den Witwen Margarete Häberle und Friederike Henle gehörige Wohnhaus, Rotestraße, am 5. Dezember 1905 das dem Weingärtner Jakob Häberle gehörige Wohnhaus mit Scheuer, Eßlingerstraße 10, am 15. Mai 1906 das dem Weingärtner Gottlieb Warth gehörige Wohn- und Stallgebäude, Cannstatterstraße 12, und am 25. Juli 1905 die der Stadtgemeinde Stuttgart gehörige Zehntscheuer vorsätzlich in Brand gesetzt zu haben. Außerdem wird der Angeklagte der versuchten Brandstiftung beschuldigt. Er erklärte, er könne sich an nichts mehr erinnern. Am 5. Aug. 1906 nachts gegen 12 Uhr, wurde in der Scheuer des Hafnermeisters Harschar Feuer entdeckt. Es brannte ein mit Stroh beladener Wagen. Von 2 Nachbarn wurde der Wagen aus der Scheuer herausgezogen und das Feuer gelöscht. Zwicker wurde in dieser Nacht festgenommen. Nach anfänglichem Leugnen gab er zu, das Feuer gelegt zu haben. Auch bezüglich der übrigen Brandstiftungen legte er ein Geständnis ab. Der Angeklagte, der zugleich Feuerversicherungsagent war, hat bei seiner ersten Vernehmung angegeben, er habe die Brandstiftungen begangen, um mit der Feuerversicherung Geschäfte zu machen. Um allen Verdacht von sich abzuwälzen, pflegte Zwicker sich rasch nach seiner Wohnung zu entfernen, und alsbald wieder umgekleidet als Feuerwehr-
Im Klosterhof.
Roman von B. v. Lancken.
(Fortsetzung.)
die Du Dir genommen, und die Du nicht liebtest und die Du langsam zu Tode gemartert haben würdest mit Deinem Leichtsinn und Deiner Untreue. Inge, die ich liebte, unbewußt, vom ersten Moment, wie sie mich — Inge — süße, über alles Geliebte, Du Uebergewissen- hafte Du Uebertreue, wärest Du weniger gewissenhaft und weniger treu gewesen, vielleicht lebte er heute noch. Aber warum jetzt noch fragen, was hätte sein können? Warum von einem „vielleicht" sprechen? Es gibt jetzt nur eine Tatsache, mit der wir zu rechnen haben. Er ist tot, und Du, Inge, bist frei. —
werden ja noch Minuten kommen, die aufregen. — Sie werden ihn finden, der See wird die Leiche herausgeben — dann die Bestattung. — Aber allmählich wird das Leben doch in seine Rechte treten — und die Zeit wird ihre Hand auf die Wunde legen, die die davongetragen, die ihn liebten. Anna in allererster Linie — und Inge? Sie liebt ihn ja nicht mehr, hat ihn nie geliebt, aber sein Tod wird doch wieder Gefühle in ihrem Herzen lebendig werden lasten, die momentan stärker sind, als alles andere. Das wird vorübergehen, ich weiß es, und was sich dann aus all den Schlacken herauslöst, das ist das Wahre, das Bleibende, das Echte, und das gehört mir, hat mir längst gehört. Die Vergangenheit ist dann tot, muß tot sein. „Volo!" —
Flimmernder, bleicher Mondenstrahl liegt auf dem Master, das leise glucksend ans Ufer ebbt und die schwarze Gestalt umspült, die das Weidengestrüpp, das sich hier entlang zieht, mit den biegsamen, feinen Zweigen umschlungen hält. Der Kopf liegt ein klein wenig höher, aber auch über das blasse Gesicht zittert noch leise die Flut, der Schein des Mondes fällt
darauf, und wenn die Wellen ihr bewegliches Spiel treiben, dann ist es, als ob die Gestalt sich rege, als ob ein Zucken über das Antlitz gehe. Das blonde Haar schwimmt von der Stirn zurückfallend im Wasser und umgibt, wenn der Mondglanz sich darin fangt, wie ein Heiligenschein das jugendliche Männerantlitz.
So finden sie ihn, die Leute, die wieder und immer wieder am Ufer daherkommen, um nach der Leiche zu suchen. —
In dem schwarzdrapierten Saal des Schlosses, wo vor wenigen Monden Marianne Ferni aufgebahrt gewesen, steht nun der mit Blumen überdeckte, geschlossene Sarg Armands. Pastor Roebke hält die Rede, und um die nächsten Leidtragenden ist der große Kreis der Nachbarn und Gutsleute versammelt; bis draußen hinaus, den Schloßhof füllend, steht die Menge. —
Dieser Todesfall hat etwas Erschütterndes, und wenn auch nicht alle mit dem Tun und Leben des Verstorbenen einverstanden gewesen, er war immerhin ein liebenswürdiger Mensch und die Mehrzahl doch sehr geneigt, ein mildes Urteil walten zu lassen.
Die meiste Teilnahme konzentrierte sich zunächst natürlich auf Inge; bleich, fast schattenhaft schmal war das Gesicht geworden; sie sitzt zwischen Gräfin Lie und Anna, hinter den Damen steht Callein, ruhig und vornehm wie immer. Er hat die Honneurs des Hauses gemacht, die Ankommenden begrüßt, den Frauen der Gesellschaft die Hände geküßt, die der Herren geschüttelt. Inge und Anna schluchzten bitterlich; Inge hält zeitweise das Taschentuch mit beiden Händen vor'S Gesicht gepreßt und schluchzt leise, aber so heftig, daß ihre Gestalt zittert und zuckt. Dann ist die Rede zu Ende, der Sarg wird gehoben und während die Träger sich draußen in Bewegung setzen, die Damen die Wagen besteigen, der übrige Zug sich ordnet, beginnen die Glocken der Dorfkirche zu läuten, und über den See herüber schwebt der Helle Ton des alten Klosterglöckleins. —
Inge vermochte es noch immer nicht zu fassen, daß sie ihn verloren,