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bohrt. Die zahlreichen Gäste waren sprachlos vor Entsetzen. Der ganze Vorgang hatte sich in wenigen Augenblicken abgespielt. Der Angeklagte lebt getrennt von seiner Frau. Er zeigte tiefe Reue. Die Geschworenen billigten ihm mildernde Umstände zu. Das Urteil lautete hienach auf 3 Jahre 10 Monate Gefängnis.

Schorndorf 8. Dez. In Weiler ereignete sich gestern vormittag in dem Anwesen des Bauern Friedr. Kolb eine Benzinmotor­explosion, die einen Brand verursachte, dem das ganze Anwesen zum Opfer fiel.

Bitterfeld 8. Dez. Heute vormittag unternahm der neue Parsevalballon unter Führung von Oberleutnant Stelling seine erste Probefahrt. Sie währte eine Stunde und ist vorzüglich gelungen. Besonders hat sich die neue Höhensteuerung gut bewährt.

Hamburg 8. Dez. Durch die Explosion der beiden Gasometer wurden 10 Personen getötet und 41 verletzt. 17 weitere, die noch vermißt werden, gelten ebenfalls als tot. Die riesige Feuersäule war meilenweit zu sehen. Nach Aussage der Aerzte sind die Toten sofort verkohlt. Dann wurden sie durch die ungeheure Hitze der glühenden Eisenmassen weiß und fahl gebrannt, ein entsetzlicher Anblick. Nach der ersten Explosion wollte man versuchen, den zweiten Gasbehälter zu retten, der 50000 edw Gas enthielt. Aus dem brennenden neuen Gasbehälter bewegte sich eine Flamme am Erdboden hin wie eine Schlange gegen die Hochöfen und entzündete sie. Der Branddirektor zog darauf seine Mann­schaften bis auf eine angemessene Entfernung zurück.

Hamburg 8. Dez. Seitens der Direk­tion der Gaswerke wird mitgeteilt, daß sich über die Ursache der Katastrophe noch nichts Bestimmtes sagen läßt, da die eigentliche Unter­suchung erst morgen beginnt. Das große Kohlenlager der Werke hat nur wenig gelitten. Der Betrieb wird in vollem Umfang eingestellt, da die Oefen in Tätigkeit bleiben und das er­zeugte Gas in die Reservoir der Gasanstalt Billwärder umgeleilet wird. Der Schaden, dessen Umfang sich noch nicht genau feststellen läßt, ist durch Versicherung gedeckt. Die Zahl der Toten, die 13 beträgt, hat sich bisher nicht weiter er­höht. Es steht aber nicht fest, ob sich unter den Trümmern noch Leichen befinden. Von der Gasanstalt wird noch ein Mann vermißt, der sich aber möglicherweise unter den im Hafen­krankenhaus noch nicht rekognoszierten Toten befindet; ob auch Privatpersonen vermißt werden, entzieht sich der Kenntnis der Gaswerke. In den Krankenhäusern befinden sich jetzt noch fünf­zehn Schwerverletzte. Die Leichtverletzten sind nach Anlegung von Verbänden entlassen worden. Die Feuerwehr ist an der Brandstätte abgerückt, da nunmehr alle Gefahr beseitigt ist.

Hamburg 8. Dez. Von den bei der Explosion der Gasometer schwer Verletzten ist heute auch der Monteur Friedrich Scheika aus Berlin gestorben, sodaß die Zahl der Toten nunmehr 14 beträgt. Das Befinden von vier Schwerverletzten ist hoffnungslos. Bei der Kata­strophe sind 142 000 odm Gas verloren gegangen. Einer noch größeren Ausdehnung des Unglücks haben die bei den Retorten angestellten Heizer dadurch vorgebeugt, daß sie gleich nach der ersten Explosion trotz großer Lebensgefahr die Oefen ausriffen, um die Bildung von neuem Gas zu verhindern. Der Mangel an Gas macht sich in den Betrieben und noch mehr in den Wohnungen bemerkbar.

Wien 8. Dez. Wie verlautet, wird der Kaiser gestatten, daß für den Prozeß Hofrichter die neue Militär- Strafprozeß - Ordnun g Anwendung findet, nach welcher das Verfahren öffentlich ist und dem Angeklagten ein nicht militärischer Ver­teidiger zur Seite gestellt werden kann.

Amsterdam 8. Dez. Die Diamantenfirma Halberstadt L Hakter in Amsterdam wurde durch einen Hochstapler um 50000^ bestohlen. Der Mann, ein Amerikaner, der sich als Direktor der Waltham-Watch Company ausgab, kaufte Diamanten zum Preise von 50 000 ^ und zahlte mit einem Check auf die Amsterdamer Bank. Dieser Check erwies sich als gefälscht. Man nimmt an, daß sich der Schwindler nach Deutsch­land gewandt hat.

London 6. Dez.Daily Mail" meldet aus New-Dork: Ein angeblicher Vetter des letzten Reichskanzlers Fürsten Bülow, Eduard v. Bülow, beging Selbstmord, indem er sich im Mississippi ertränkte, v. Bülow heiratete 1902 ein Mädchen, das durch einen Elternteil von Negern abstammte. Vor einiger Zeit wurde diese bis dahin geheim gehaltene Tatsache entdeckt. Bülow, seine Frau und Kinder wurden seitdem verhöhnt, schließlich sogar verbannt, da Misch-Heiraten im Staate Luisiana gesetzlich verboten sind. Gegen Bülow wurde ein Gerichtsverfahren eingeleitet und Termin angesetzt. Die Verzweiflung über die Zerstörung seines Glückes scheint ihn in den Tod getrieben zu haben.

Vermischtes.

Ein Loblied auf das deutsche Volk. In der Daily Mail, einem englischen Blatte, von dem man nicht gerade behaupten kann, daß es sehr für Deutschland eingenommen sei, hat unlängst der bekannte englische Sozialist Robert Blatchford einige Artikel veröffentlicht, die seine auf einer Reise durch verschiedene deutsche Städte empfangenen Eindrücke schildern. In einem Artikel über Berlin behandelt er mehr die Deutschen im allgemeinen und singt darin deutschem Wesen und deutschem Leben ein

begeistertes Loblied. Die Reichshauptstadt Berlin nennt Blatchford die reinlichste Stadt, die er gesehen habe, ebenso kenne er keine andere Stadt, die des Tages so hell und des Nachts so gut beleuchtet sei wie Berlin. Berlin sei aber auch durch und durch eine neue Stadt, so neu wie die Bedeutung Deutschlands auf allen Gebieten; sie zeige überall Wohlstand und Ord­nung und sei vielleicht die am besten angelegte und in Ordnung gehaltene Stadt Europas. Alle Straßen, Häuser und öffentlichen Gebäude zeigten einen bürgerlichen Geist, den man vergeblich in einer englischen Stadt suchen würde. Von den Deutschen im allgemeinen sagt der englische Sozialist, man brauche nicht zu glauben, daß sie Engel seien, aber sie würden besser regiert, weniger verzogen und besser erzogen. So etwas wie dieApachen" in Paris sei in Deutschland ganz unmöglich. Die Deutschan würden kurzen Prozeß mit solchen Halunken macken; sie würden sie jagen und vertilgen wie die Ratten. Wenn nötig, würden sie eine Kavalleriebrigade auf­bieten und die Gesellen über die Grenze oder ins Gefängnis jagen. Eine BandeApachen" in Berlin würde eine reine Unmöglichkeit sein. In einer Woche würden sie Gänsemarsch lernen, Straßen bauen und Hanf zupfen; denn deutsche Beamten duldeten keinen Unfug. Das Volk selbst achte das Gesetz und liebe die Ordnung. Die Erklärung dafür sei, daß fast alle Männer gediente Soldaten wären. Das bedeute viel mehr, als das englische Volk sich vorstellen könne, mehr als ein allgemeiner Drill in den Manövern; es bedeute, daß jeder junge Mann an Disziplin und Ordnung gewöhnt werde. Das Gefühl der Gemeinschaft und der bürgerliche Geist würden dadurch geweckt, und so würde das deutsche Volk eine Nation, nicht eine aus widersprechenden Elementen zusammengesetzte Menge. Die Deutschen liebten Musik und Blumen, aber auch das ge­sellschaftliche Leben. Das deutsche Volk freue sich des Lebens, und seine Herrscher ermutigten die Freude und nähmen ein Interesse an seinem Leben und seinen Vergnügen. Die Deutschen seien viel höflicher als die Engländer, und diese Höflichkeit sei keine oberflächliche Politur, sie sei der ungezwungene Ausdruck einer freundschaft­lichen und gesellschaftlichen Veranlagung. Von den Deutschen werde nicht jeder Fremde mit Argwohn betrachtet, noch halte man es für nötig, sein natürliches Wesen hinter.einer Maske kühler Reserve zu verbergen. Wenn man in ein deutsches Restaurant eintrete und eine» Gast anblicke, so werde dieser nicht einen anstarren, sondern lächelnd sich verbeugen. Er ist nicht überrascht, daß auch ein anderer den Raum be­tritt, in dem er sich befindet, er wundert sich nicht darüber, daß auch ein anderer Lagerbier und Würstchen gern mag. Wenn man dagegen in einem englischen Restaurant einem Engländer

hoffnungsvollen Blick mit seiner Gattin; den Leuten, die in der Entfernung herumstanden, füllten sich die Augen mit Tränen.

Gegen Mittag endlich kommen sie zurück in dem ersten Boot. Callein geht, wie er Inge erblickt, ein Zucken über das blaffe, abgespannte, übernächtige Gesicht.

Nun?" rufen die Mädchen ihm entgegen.Sag's nur, sag's, die Ungewißheit martert uns," fleht Anna. Callein gibt Pastor Roebke ein Zeichen, dieser tritt neben Inge und legt den Arm um ihre Schulter. Sie haben das Boot gefunden und die Ruder; das Boot trieb langsam auf dem Wasser, in der Richtung nach Solitüde hinüber" Ein jammervoller Aufschrei durchzittert die Luft. Es ist Anna, die ihn ausstößt, Inge brach lautlos zusammen, Pastor Roebke fängt die Ohnmächtige in seinen Armen auf.

Ja, sie haben Ruder und Boot gefunden und noch etwas, den kleinen, schwarzen Filzhut Armands. So ist kein Zweifel mehr möglich, jede Ungewißheit ausgeschloffen. Er ist tot.

Aus Graf Calleins Aufzeichnungen:

Neudeck, Ostermontag 19 . .

Es ist spät, eben bin ich vom Klosterhof zurückgekehrt und habe mich in meinem Zimmer hier oben eingeschlossen. Ich will allein und ungestört sein. Armand ist tot. Das Schicksal hat gegen ihn und für mich ent­schieden; er hätte ebensogut mit dem Leben davon kommen können, er hätte es ja nicht zu tun brauchen, hätte es nicht getan, wenn er nicht wahnsinnig in die Horst verliebt gewesen, und wenn er überhaupt ein Charakter gewesen wäre. Für einen Charakter gibt es hundert Gelegen­heiten, sich zu äußern. Menschen von dem Schlage Armands kennen nur eine Charakterstärke, das ist der Trotz. Zudem hatte er sehr viel Pommery und Greno getrunken, das hätte er nicht tun sollen. Ich habe nichts

getan, als die mir günstigen Konjunkturen ausgenutzt; tun unsere Staats­männer, tut der Bankier, tut einer, der irgend etwas im Leben erreichen will, etwas anderes? Kümmert er sich darum, welche Opfer dabei fallen? Haben wir nicht Beispiele in der Geschichte, daß um der Politik willen ganze Völkerschaften vernichtet, Kriege heraufbeschworen wurden, die tausende von Leben forderten? Daß große Börsenfürsten, die den Geld­markt beherrschen, ohne Rücksicht auf den Ruin anderer ein Papier zu schwindelnder Höhe emportreiben und ein anderes zum Sinken bringen? In der Staatskunst, an der Börse, im Leben, überall wird der den Sieg davon tragen, der mit zielbewußtem, unerschütterlichen Willen, die ihm günstige Konstellationen auszunützen versteht.

Ich wußte ja schon, daß alles vorüber war, als ich am Morgen heimfuhr, ich hatte den weißen, schaukelnden Punkt richtig für das erkannt, was er war, das leere Boot. Ich will mich hier vor mir selbst nicht anders hinstellen, als ich bin. Der Anblick hatte mir etwas Peinliches,

beinahe etwas Unheimliches.-Es liegt eine furchtbare Tragik

in diesem Ende; die Ursache ist hier, wie so oft im Leben, dasWeib". Um vor dem Weibe, dem seine verbotene Leidenschaft gehörte, nicht schwach und klein zu erscheinen, aus Trotz, weil ich vor ihr seinen Mut in Zweifel zog, ging er in den Tod. Um einer tiefen, großen, starken Liebe zu einem Weibe, das er niemals besitzen durfte, habe ich, die mir günstigen Umstände und Momente ausgenutzt.

Merkwürdig, daß bei den meisten Männern verwandschaftliche und freundschaftliche Gefühle schweigen, wenn eS sich um den Besitz eines Weibes handelt. Armand, armer Junge, wenn ich denke, wie wir mit­einander Pferd spielten, ich damals schon ein Jüngling und später, wie Du in Heidelberg studiertest und ich Dich besuchte, und dann noch später in Paris, wo Du schon die ersten Schritte auf der abschüssigen Ebene getan. (Forts, sogt.)