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Stadtschultheiß Conz-Calw, welcher von Herrn Wagner-Ernstmühl begleitet war, entgegen zu nehmen. Nach kurzer Ansprache über die Bedeutung der Medaille heftete sie Herr Stadt­schultheiß Conz an die Fahne und brachte ein Hoch auf Se. Maj. d. König aus. Nun ging es unter Vorantritt der hiesigen Musikkapelle ins Gasthaus z.Rößle", wo ein Essen stattfand, das zur allgemeinen Befriedigung ausgefallen war. Während desselben begüißte Herr Schultheiß Rauser in kernigen Worten die Anwesenden und überbrachte dem Jubelverein die Glück­wünsche der Gemeinde. Er legte die Bedeutung, Ziele und Aufgaben der Kriegervereine klar. Sein Hoch galt Herrn Stadtschultheiß Conz, als dem eifrigen Förderer der Militärvereinssache. Hierauf überbrachte Herr Stadtschultheiß Conz die Glückwünsche des Präsidiums des Württ. Kriegerbundes und betonte vor allem, daß, dank der trefflichen Leitung des Vereins durch Vor­stand E. Strinz im Verein alles in Ordnung sei. Die lebhafte Teilnahme am Fest zeuge von der Beliebtheit des Vereins. Es sei Pflicht der Militärvereine sich auch im bürgerlichen Leben die Achtung der Mitbürger zu erwerben, durch die gegenseitige Hilfeleistung der Kameraden unterscheiden sich die Kriegervereine um ein Wesentliches von andern Vereinen. Die kernigen Worte des Redners fanden begeisterten Ausdruck in dem Hoch auf Vorstandschaft und Festverein. Herr Wagner-Ernstmühl toastete auf Kaiser Wilhelm. Schullehrer Letsch beglückwünschte den Verein namens des Liederkranzes. Vorstand Strinz gab nun zahlenmäßig in einer warm empfundenen Rede die Leistungen des Vereins für bedrängte Kameraden in Krankheits- und Sterbefällen an. Seine Rede klang aus in das Hoch auf Se. Maj. den König, den stets hilfs­bereiten Freund und Gönner seiner treuen Soldaten und Kriegervereine. Herr Sattler Mann stellte in mit Humor gewürzter Rede die bürgerliche und soziale Bedeutung der Kriegervereine ins rechte Licht und ließ unser deutsches Vaterland hochleben. In begeisterter Rede feierte Schul­lehrer Letsch das Häuflein anwesender Veteranen, denen vor allem der Dank gebühre dafür, daß wir solche Feste im einigen Deutschland feiern dürfen. Mit Blut und Eisen haben sie das deutsche Vaterland geschmiedet. Das auf die alten bärtigen, grauen Häupter ausgebrachte Hoch fand brausenden Widerhall. Veteran Fr. Kömpf gab in bewegten Worten Erinnerungen aus dem glorreichen Feldzug 1870/71. Er ehrte die Helden von dazumal, die nun im kühlen Erdenschoß ruhen. Weitere Ansprachen hielten noch Veteran Furthmüller, Kamerad Schütz, Ernst Kirch- herr, Schullehrer Kömpf. 11 Mitglieder, die 25 Jahre dem Verein angehörten, wurden durch Ueberreichung von Ehrendiplomen geehrt. Noch wechselten Reden und Gegenreden. Verschönt wurde die Feier durch schöne Vorträge der Musik­kapelle und durch patriotische Chöre des Lieder­kranzes, die von der tüchtigen Schulung desselben durch den Dirigenten, Schullehrer Letsch, Zeugnis gaben. Den Schluß bildeten Abschiedsworte des Herrn Stadtschultheiß Conz, durch welche er seiner Befriedigung über das bestgelungene Fest be­redten Ausdruck gab. Die Scheidestunde war gekommen. Das Fest wird aber, in seltener Einmütigkeit der Vereine gefeiert, gewiß jedem in guter Erinnerung bleiben. Möge der statt­liche Verein in ferner Zukunft wachsen und blühen! gf Z WWM«'

- Degerloch 6. Dez. In der Nacht von Samstag auf Sonntag haben zwei 13jährige Burschen aus Heslach den auf dem hiesigen Bahnhof aufgestellten Automaten eingeschlagen und seines Inhalts beraubt. Die beiden Burschen wurden jedoch bereits ermittelt und sind auch eines Einbruchdiebstahls in einer auf dem ehe­maligen Exerzierplatz stehenden Holzbude über­führt, aus der sie Kleidungsstücke und anders entwendet haben.

Ulm 6. Dez. Im Russischen Hof fand vorgestern und gestern die Tagung des Gaues Württemberg der Deutschen Kolonial­gesellschaft statt. Am Samstag fanden Vor­träge durch den Vorsitzenden der hiesigen Ab­teilung, Lazarettdirektor Mezger, über die Dia­mantensunde in Deutsch-Südwestafrika und vom

ehemaligen Reichsschullehrer Fischer, nunmehr in Feuerbach, über das Leben und Treiben der Kameruner Küstenneger ein zahlreiches und dankbares Publikum. Gestern besichtigten die von auswärts eingetroffenen Teilnehmer an der Tagung vormittags die Stadt und ihre Sehens­würdigkeiten, mittags vereinte ein gemeinsames Essen die Gäste im Russischen Hof und gegen Abend fanden die Ausschußberatungcn statt. Sie erstreckten sich über verschiedene innere Ange­legenheiten und befaßten sich in der Hauptsache mit der im kommenden Jahre in Stuttgart ab­zuhaltenden Versammlung der Deutschen Kolo- nialgesellschast. Gestern abend sprach der frühere Redakteur Pfeiffer von der Deutsch-Ost­afrikanischen Zeitung über wirtschastlische Ver­hältnisse in Deutsch-Ostafrika. Er bezeichnte die Arbeiterfrage neben der Islam- und Jnderfrage als eine der wichtigsten, trat dem Märchen von der schlechten Behandlung der Schwarzen durch die Pflanzer entgegen und beleuchtete insbesondere auch das Verhältnis der Pflanzer zur Regierung, das besonders durch Erlassung einer den Pflanzer stark belastenden Arbeiterordnung eine scharfe Trübung erfahren hatte, aber durch das Ver­sprechen, daß eine rigorose Durchführung des Gesetzes nickt beabsichtigt sei, sich wieder gebessert hatte. An Hand von Lichtbildern wurden dann die großen Pflanzungen und industriellen An­lagen in Usambara, darunter auch die Baum- wollanlage von Kommerzienrat Otto in Kiloßa, besprochen. Gencralstaatsanwalt Dr. v. Rupp, der Vorsitzende des Gaues Württemberg schloß mit dankenden Worten die Tagung.

Ravensburg 6. Dez. Ein Kaufmann von Scheer, der den Rest echter Maggi Suppen­würze durch Zusatz von Zuckercouleur und Salz- wafser verdünnte und unter Verschweigung dieser Verfälschung aus einer Originalflasche als echte Maggi Suppenwürze verkauft hat, wurde von der hiesigen Strafkammer zu 100 Geldstrafe verurteilt.

Konstanz 5. Dez. Einen tragischen Tod fand Bäckermeister Scheich in Kreuzlingen. Donnerstag früh wurde der Mann aus dem Bette gerufen, da ein Kaminbrand ausge­brochen sei. Herr Scheich scheint nun stark er­schrocken zu sein, denn als er in der Eile sich anziehen wollte, fiel er rücklings tot auf sein Bett zurück. Ein Herzschlag hatte ihn getötet.

Berlin 6 Dez. «Reichstag.) Präsident Graf Stollberg eröffnet die Sitzung um 2*/< Uhr Am Bundesratstisch ist Staotssikretär von Tirpitz erschienen. In der Hofloge wohnt der Chef des Marinekabinetts den Verhandlungen bei. Zu­nächst stehen die Interpellationen der Freisinnigen Volkspartet und der Srz'aldemokrotie betr. die Zustände auf der Kieler Werft zur Ver­handlung. Auf eine Anfrage des Präsidenten erklärt sich Staatssekretär Tirpitz zur sofortigen Beantwortung der Interpellationen bereit. Abg. Leon hart (Frs. Vpt) begründet die freisinnige Interpellation und führt aus: Im Verlaufe des Prozisses haben sich Zustände herausgestellt, die zur Verurteilung des auf der Werft geübten Systems fübren mußten. In der Hauptsache ist zu bemängeln, daß den Avssichtsbeamten j gliche Fachkenntnis fehlte. Der vngesunde Einfluß der Bureaukratie hat sich besonders bei diesem Betriebe gezeigt. Speziell haben sich d'e Verhältnisse in der Magozin- v rwaltung als unhaltbar berausyestellt. Die Ge­hälter der Magazinoufseher sind derartig unzulänglich, daß es ausfallen müßte, wenn sie, die mit Hundert­millionenobjekten zu tun haben, nickt über kurz oder lang auf Abwege kämen. Gne Buchführung im kaufmännischen Sinne hat die kaiserl'che Werft nicht gekannt. Es fehlte an jeder Uebersicht. Alles wurde der Revisionskowmssion Vorbehalten, die aber auch nicht die tatsächlichen Verhältnisse übersehen kann. Daher muß das Revtfionswesen auf eine andere Grundlage gestellt werden. So kamen jahrelang große Unredl chkeiten vor. Bei dem herr­schenden Verwaltungssystem ist das Verantwortlich- keitsgefühl abhanden gekommen. Man braucht kaufmännische Hilfsarbeiter und Bilanzen, Einrich­tung der Submissionen und größere Sparsamkeit, namentlich muß den Technikern ein größeres Maß von V rantwortlickkeit eingerärmt werden. Die bürgerlichen Parteien find ausnahmslos der Mei­nung, dost wir eine einer Großmacht würdige Flotte haben müssen, auf der anderen Seite aber, daß das Geld der Steuerzahler nicht so verpulvert werden darf, wie wir es in den letzten Wochen gesehen haben.

Abg Legten (Soz) führt aus: Aehnliche Ver­hältnise wie in Kiel bestehen auch in Wilhelmshaven, sonst hätte ein Magazinbeamter mit 1800 Mark Jahresaeholt dort sich nicht ein Vermögen von vielen Tausenden ansommeln können. Gefordert werden muß, daß die in dem Prozeß bloßgestellteu Beamten nicht weiter in ihren Stellungen belassen werden. Es wäre angebracht, Herrn Frankenthal zum Wcrfrdirektor zu ernennen. (Heiterkeit.) Wir werden bei der 2. Etatsberatung die Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission bean­tragen. Auf der Kieler Werft sollen Schiffe auf Stapel gelegt fein, für die der Reichstag noch nicht einmal die Mittel bewilligt hat Das Beawten- personal ans der Werst ist viel zu groß. Wenn der Staatssekretär nicht so brüsk die Beschwerden der Arbeiter zurnckgewiesen hätte, hätten die Beamten nicht so wirtschaften können. Staatssekretär v Tir­pitz führt aus: Was die in den beiden Interpella­tionen erwähnten Unter schleife betrifft, so scheiden diese aus, weil in dem Prozeß wegen Unterschleifen Freispruch erfolgt ist. Soweit der Prozeß in Frage kommt, handelt es sich nur um die Abteilung.Alt­material". (Abg. Ledebour ruft dazwischen: Alles das scheidet aus! Heiterkeit.) Der Magazinverwalter Heinrichs ist so lange im Amte geblieben, als er das Vertrauen seiner Vorgesetzten genoß Es ist Vorsorge getroffen worden, daß die vorgekommenen Unregelmäßigkeiten sich nicht wiederholen. Insbe­sondere soll die Gewichtskontrolle besser werden. Die Aufsicht der höheren Vorgesetzten hat bisher nicht ausgereicht. Deshalb ist verstärkte Aufsicht ungeordnet worden. Das Verladen soll auch nur während der Bureauzeit statrfinden. Altmaterial soll vor dem Verkauf verlesen und sortiert werden. Bei Submissionen sollen die Angebote genau bekannt gegeben und geprüft werden. Ferner werde ich die Aufsicht dadurch zu verstärken suchen, daß die Ver- waltungsdirekioren mehr als jetzt vom Bureavdienst entlastet werden urd die Möglichkeit erhalten, in den Außendienst persönlich einzugreifen. Gegen Untreue kann niemand, auch die Privatwerften nicht, etwas tun. Bei dem bemängelten unrentablen Verkauf des Mastes find die Transportkosten (900 Mark) und die Zerschneidungskosten nicht berücksich­tigt. Unsere Angebote an Ausstellungen n. s. w. wurden deshalb abgelehnt. Außerdem weicht auch das amtliche Stenogramm der Prozeßverhandlungen sehr wesentlich von den Preßberichten ab. Die kaiserliche Werft hat nicht den Charakter. eines Fcbrikbetr ebes oder Gewerbes, sondern muß auch auf die Dauer die Instandhaltung besorgen. Die Jn- sinvmion, als ob die Beamten sich aus den Ueber- ichüssen, die ja übertragbar sind, bereichern, weise ich energisch zurück. Auch bestreite ich, daß Schiffe vor Bewilligung der Mittel auf Stapel gelegt werden. Wo ist das geschehen? Der zweite Teil der Interpellation frägt noch den Anordnungen, die zur Sparsamkeit und kaufmännischen Grundsätzen für Buchführung und Kontrolle führen. Die Bureau­kratie in den technischen Betrieben habe gerade ich befestigt. Unsere Magazinaufseder sind nicht zu schlecht bezahlt. Sie werden bezahlt wie überall urd baben eine Aufbesserung um 20 Proz. bckrmwen. Die Zahl der Beamten ist wesentlich dieselbe wie die auf den Privatwerftcn. Die Behauptung, daß Materialüberschnsse nach Beendigung der Fahrten nicht abgerechnet und obgeliefert werden, beweist, wie wenig der Interpellant informiert ist. ES be­stehen direkt entgegengesetzte Anordnungen darüber. Für Beschwerden bin ich stets dankbar. Ich habe in den letzten zwölf Jahren die Betriebe frei gemacht von der Bureaukratie und werde darin fortfahren. Ich habe auch gesucht, jeden Taler, der ausgegebev wurde, möglichst auszurritzen. Die Werften haben stets bewiesen, doß sie gut funktionieren, selbst bei großem Arbeitsandrang. Tatsächlich ist der Ar­beitseffekt von Jahr zu Jahr gesteigert und die Unkosten sind trotz steigender Tendenz der Arbeits­löhne und der Preise für Material geringer gemacht worden. Die Danziger Werft z. B. hat hinsichtlich der Unterseeboote auf den ersten Anhieb dasselbe geleistet, wie alle anderen der Welt. (Beifall rechts.) Auf keinem einzigen Schiffe ist bisher ein technischer Zusammenbruch vorgekommen. Um der durch den Prozeß bervorgerufenen Beunruhigung evtgegen- zutreten, wollte ich diese Leistungen unserer Wersten betonen. Auf Einzelheiten eingehend kündigt der Staatssekretär Versuche mit kaufmännischer Buch­führung, laufende Inventuren und strenge Aufsicht an. Tie Unregelmäßigkeiten werden sich meiner Ansicht nach nicht wiederholen. Verallgemeinerungen lehne ich im Interesse meines Personals, dem ich in jeder Beziehung Dank und Anerkennung schulde, und im Interesse der kaiserlichen Marine und Deutschlands energisch ab. Darauf wird die Be­sprechung der Interpellation beschlossen. Abg. Kreth (Kovs.) will alle vorgebrachten Einzel­heiten in der Budget-Kommission genau prüfen. Auf ein sparsames Wirtschaften müsse besonders