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mobil des Bijouteriefabrikanten Barth von Heilbronn auf der glatten und abschüssigen Straße ins Rutschen, überschlug sich mehrere- male und stürzte den etwa drei Meter hohen Rain hinab. Von den 5 Heilbronner Insassen kamen zwei unter das Auto zu liegen, von denen einer innerlich verletzt wurde. Die anderen drei wurden herausgeschleudert und kamen außer einigen leichten Verletzungen mit dem Schrecken davon. Das Automobil wurde von mehreren herbeigeeilten Personen auf die Straße zurück­gebracht, als plötzlich von entgegengesetzter . Richtung ein zweites Auto in schnellem Tempo dahergesaust kam und nur kurz davor halten konnte. Durch dieses wurde der Verletzte zum Bietigheimer Bahnhof geführt, das beschädigte Automobil jedoch in die naheliegende Werkstätte der Kammgarnspinnerei zur Reparatur verbracht.

Künzelsau 2. Dez. Ein aufregen­der Vorgang ereignete sich am letzten Freitag nachts bei Etzlinsweiler, O.A. Oehringen. Eine Zigeunerbande, bestehend aus zwei Männern und zwei Frauen, kam abends nach Etzlinsweiler, log ihrem bekannten Gewerbe ob und zog sich dann in eine am Waldrand stehende Hütte zurück, wo zur Erwärmung ein Feuer angemacht wurde. Der Stationskommandant von Künzelsau erhielt davon Kenntnis, erschien noch nachts mit einem Landjäger in Etzlinsweiler, umstellte mit Unter­stützung von Zivilpersonen die Hütte und forderte die Eindringlinge zum Verlassen auf. In einem der Männer erkannte der Stationskommandant den längst wegen Straßenraubs gesuchten Karl Zauner von Wachbach. Eine Razzia in der Hütte förderte noch einen weiteren Burschen zu Tag, der von den jungen Burschen von Etzlins­weiler festgenommen wurde. Sicher gefesselt wurde noch Freitag nacht die ganze Bande nach Künzelsau eingeliefert.

VomBezirkRiedlingen 29. Nov. Das diesjährige Jagdergebnis bleibt hinter dem­jenigen des Vorjahres zurück. Namentlich gibt es in manchen Distrikten auffallend wenig Hasen. Die Jäger geben die Schuld hievon hauptsächlich dem naßkalten Sommer dieses Jahres, weiter aber auch dem von manchen Jagdpächtern beliebten wenig weidmännischen Niederknallen jeglichen Getiers, das vor die Flinte kommt. Wenn das Wild in den herrschaftIichen und Staats- revieren nicht mehr geschont würde, so wäre es in absehbarer Zeit um unseren Wildstand geschehen.

r. Friedrichshafen 2. Dez. DieZep- pelin-Gesellschaft teilt uns mit: Wie wir aus Zeitungsmeldungen und aus Vorfragen, die an uns gelangen, ersehen, wird neuerdings an zahlreiche Stadtgemeinden, insbesondere Sachsens, Thüringensund Böhmens,seitens einerDeutschen Luftschiffahrt-Gesellschaft" das Ansuchen gerichtet, ihr Terrain für die Errichtung von Luftschiffhallen oder für Landungsplätze von Luftschiffen zur Ver­fügung zu stellen. Das hat vielfach zu der Ver­wechslung Anlaß gegeben, als ob die kürzlich in Frankfurt a. M. mit 3 Millionen Mark Kapital gegründeteDeutsche Luftschiffahrts-Aktiengesell­schaft" hinter diesen Plänen stehe. Das ist nicht richtig. DieDeutsche Luftschiffahrts-Aktien- gesellschaft" beschränkt sich vorerst bekanntlich auf den Bau einer Halle in Baden-Baden. Ueber die Absichten und die verfügbaren Mittel der ganz ähnlich sich nennenden, nach Vollziehung der Frankfurter Gründung besonders lebhaft vor­gehendenDeutschen Luftschiffahrt-Gesellschaft G. m. b. H- in Dresden ist uns nichts näheres bekannt.

Pforzheim 2. Dez. Einen teuren Scherz leistete sich der Zimmermann Pflüger im benachbarten Ort Jspringen. Er wollte den Glaser Schneider in Pforzheim zum Narren halten und schrieb ihm eine mit Pfarrer Müßle- Ersingen Unterzeichnete Postkarte, in der er Schneider aufforderte, gleich mit seinem Hand­werkszeug nach Ersingen kommen und im Pfarr­haus Einrahmarbeiten vorzunehmen. Schneider kam der Aufforderung nach, mußte aber nach der Wanderung nach dem zwei Stunden entfernten Ersingen mit langer Nase abziehen, da im Pfarrhof niemand etwas von einer Bestellung wußte. Pflüger, der den Schneider schon einmal in den

April geschickt hatte, wurde ermittelt und erhielt für denScherz" zehn Tage Gefängnis.

Berlin 2. Dez. DasArmee-Ver­ordnungsblatt" veröffentlicht eine kaiserliche Kabinettsordre aus Anlaß des Ablebens des Herzogs Karl Theodor in Bayern. Darin heißt es: Der Verewigte stand meinem Herzen besonders nahe. Die Menschenfreundlich­keit dieses edlen Fürsten wird unvergeßlich bleiben. In der Kabinettsordre wird sodann bekannt gegeben, daß mit der Vertretung des Kaisers bei den Trauerfeierlichkeiten der Kronprinz be­traut worden ist, daß die Offiziere des Dra- goner-Rgts. Nr. 5 auf 5 Tage Trauer anlegen und eine Osfiziersabordnung desselben Regiments an der Trauerfeierlichkeit teilnehmen soll.

Berlin 2. Dez. In den Wandelgängen des Reichstags verlautete gestern, daß am Freitag der Abgeordnete Erbprinz zu Hohen- lohe-Langenburg, Hospitant der Reichs­partei zur Wahl als 2. Vizepräsident vor- geschagen und auch gewählt werden wird.

Berlin 2. Dez. Bei der Baumwoll- exportfirma Gebrüder Friedländer und Maaß wurden wegen fortgesetzter Diebstähle, deren Wert 100 000 ^ übersteigt, mehrere Verhaf­tungen vorgenommen. Die Diebe lieferten auf Grund fingierter Lieferscheine große Posten durch den Fahrstuhlführer an einen Rollkutscher ab, der die Waren dann auf dem Transport durch Berlin verschwinden ließ.

Wien 2. Dez. Der Divisionskommandeur Feldmarschalleutnant Weigel in Linz erhielt ein anonymes Schreiben, in dem behauptet wird, Hofrichter sei unschuldig und der Wiener Giftbriefabsender sei ein naher Verwandter des Schreibers. Nach einer anderen Leseart gehöre er hohen Kreisen an. Die Schrift scheint ab­sichtlich verstellt zu sein.

Brig (Wallis), 2. Dez. In Geppenstein wurde unter den Arbeitern des Lötschbergtunnels ein Komplott zur Ermordung der In­genieure und Aufseher entdeckt, dem 40 Personen meist Kalabreser, angehören. Die Die Mitglieder des Komplotts scheinen ein Zweig der Mafia zu sein. Die Polizei nahm sieben Verhaftungen vor.

Paris 2. Dez. Zu der Vergiftungs- Affäre in Verdun wird noch gemeldet: Der verhaftete Unteroffizier erklärte dem die Untersuchung führenden Major, daß er sich nur einen Scherz habe machen wollen und daß er nun über die unheilvolle Wirkung der in die Suppe getanenen Substanz bestürzt sei.

Paris 2. Dez Der Malin meldet aus Brest: Ein furchtbarer Sturm wütet auf dem Kanal. Ein Radio-Telegramm des Panzer­schiffes Charles Märtel, welches nach Cherbourg zur Begrüßung des Königs von Portugal ge­fahren war, berichtet, daß das Schiff schwere Beschädigungen erlitten hat und nicht mit eigener Kraft nach Brest fahren kann. Wegen des Sturmes ist es nicht möglich, dem Schiff Hilfe zu bringen.

Vermischtes.

Wie Herzog Karl Theodor ein Augenleidendes Kaisers behandelte. . Es dürfte nicht allgemein bekannt sein, daß zu der großen Anzahl von Patienten, die der vr. weck. Herzog Karl Theodor vom Jahre 1880 an behandelte, auch Kaiser W ilh elm gehörte. Kaiser Wilhelm hatte sich, wie derInf." aus Hofkreisen geschrieben wird, während einer seiner Nordlandreisen ein kleines Augenleiden zugezogen, das durch eine Erkältung entstanden war und in einer inneren Entzündung seine Ursache hatte. Während der Nordlandreise ließ der Kaiser das kleine Leiden, das ihnwenig belästigte, nicht behandeln, da er es nur von einem Fachmanne untersuchen lassen wollte. Schon auf der Nord land reise erklärte er, daß er zu der medizinischen Kunst seines ihm befreundeten Vetters, des Herzogs Karl Theodor, das größte Zutrauen habe und bei ihm vor­sprechen werde. Kaum hatte er die Nordlands­reise beendet, als plötzlich unangemeldet in der Tegernseer Klinik des fürstlichen Augenarztes

ein sehr hoher Patient erschien, der auf dm in seinem weißen Operationskittel dastehenden Herzog zueilte, um ihn zu begrüßen. Herzog Karl Theodor erkannte mit großer Freude in dem Patienten den deutschen Kaiser und war gern bereit, ihm seine ärztliche Kunst zu widmen, wenn er auch schweren Herzens daran ging, da er die Verantwortung fürchtete. In wenigen Tagen war aber der Kaiser glücklich hergestellt und teilte dies dem Herzog telegraphisch mit.

Eine versinkende Stadt. Es ist ein tragisches Schicksal, das die Zukunft drx amerikanischen Kohlenstadt Scranton bestimmt: Scranton versinkt buchstäblich in einer Kohlen­mine. Erst jetzt ist man der furchtbaren Wahr­heit gewiß geworden; die ganze Stadt unter­miniert, auf Erdschichten von nur 412 Meter Dichte hat man Häuser und Bauten errichtet, die nun alle verurteilt sind, unterzugehen. Die Gewissenlosigkeit der früheren Kohlenkönige hat die Katastrophe herbeigeführt; während man annahm daß die Unterminierung des Stadt­gebiets vertragsmäßig unterblieben sei, haben die früheren, heute längst nicht mehr bestehenden Kohlengesellschaften unter Häusern, Kirchen und Schulen auf der Jagd nach der kostbaren Kohle den Boden gehöhlt und die Tragkraft der Erde gebrochen. Vor kurzem erst, so wird imAmerican Magazine" berichtet, begann man in Scranton das Schreckliche zu erkennen. Schon früher war es vorgekommen, daß an der Peripherie des Stadtbildes sich bisweilen unerwartet ein Erdspalt bildete, der mit dem Zusammensturz einer Hütte verknüpft war. Nun aber haben die Erscheinungen sich gehäuft, in allen Stadt­teilen ist der Boden versunken, mit ihm ganze Häuser, überall gähnen schwarze tiefe Spalten und weitere Untersuchungen haben gezeigt, daß das ganze Stadtgebiet unterminiert ist und daß es in ganz Scranton keine Stelle mehr gibt, wo man nicht befürchten müßte, stündlich ver­sinken zu können. Das Versinken eines Hauses ist jetzt eine so alltägliche Erscheinung, daß die Zeitungen kaum noch davon Notiz nehmen; die Einwohner haben sich an das Unvermeidliche gewöhnt, und da verhältnismäßig nur selten der Verlust von Menschenleben zu beklagen ist, hat man sich mit dem Unabänderlichen abgefunden. Das große Waisenhaus balanciert auf einem 6 Meter tiefen, breiten, dunklen Spalt, nur mit Tannen, Kelten und Stützen wird der Bau einst­weilen noch aufrecht erhalten, zweimal im ver­gangenen Jahre kam es auf dem Rangier­bahnhof zu Unglücksfällen, weil in der Nacht auf der Schienenstrecke ein Spalt sich gebildet hatte, in den die Lokomotive hinabfiel. Immer wieder erlebt man es, daß ganze Fuhrwerke mit Pferden oder Ochsen plötzlich in den Bereich eines solchen Erdrutsches kommen und in die Tiefe sinken. Mit Seilen versucht man dann die Tiere zu retten, doch meist bleiben die Be­mühungen fruchtlos, der Steinrutsch verschüttet die Versinkenden, die im selbstgeschaffenen Grab ersticken. Der ganze Kirchhof ist kreuz und quer von dunklen Erdlöchern und Spalten durchzogen; Hunderte von Grabmälern sind zerstört, auch das prachtvolle Mausoleum, das man mit einem Kostenaufwand von 200 000 ^ für den Bischof Hobau aufgeführt hatte, ist in den Tiefen ver­sunken. Die einzige Möglichkeit, das Schicksal der Stadt aufzuhalten, wäre der sofortige An­kauf der heute brachliegenden Minen und die Neuaufführung der stützenden Pfeiler. Aber auch damit wäre absolute Gewißheit nicht ge­wonnen. Die Minen aber würden Millionen und Abermillionen kosten und dazu noch im Preise sofort auf das Dreifache emporschnellen, wenn die Stadtbehörde in solcher Zwangslage an einen Kauf denken könnte. Aber der Beutel von Scranton ist leer und so ist das Schicksal nicht aufzuhalten.

Gottesdienste.

2. Adveut, 5. Dez Vom Turm: 634. Predigtlied: 640, Wir warten dein rc 9'/- Uhr- Vormitt.- Predigt, Dekan Roos. 1 Uhr: Christenlehre mit tenTöchtern. 5 Uhr: Bibelstunde im Vereinshaus» Stadtpfarrer Schund.

Z»o«»er»ta-, 9. Dez. 8 Uhr abends: Bibelstunde im VereinShauS, Stadtpfarrer Schmtd.