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Mailand 29. Nov. In einem hiesigen Vorort wurde durch eine Feuersbrunst ein großes Arbeiter-Wohnhaus vollständig eingeäschert. Ein Feuerwehrmann stürzte bei den Rettungsarbeiten von einem Balkon ab und war sofort tot. 45 Familien sind obdachlos, der Schaden ist bedeutend.
Vermischtes.
— Aus Toulouse wird berichtet: Mehrere Arbeiter waren an Bord des Panzerschiffes „Bouvet" mit Einladen der Geschosse beschäftigt. Dabei ließen die Arbeiter ein Geschoß einer 164 miü-Kanone aus einer Höhe von 3 Metern in die Granatkammer fallen. Nur einem glücklichen Zufall ist es zu verdanken, daß das Geschoß nicht explodierte. Die Arbeiter stoben entsetzt auseinander und weigerten sich, ihre Arbeit forizusetzen. Der Kommandant des „Bouvet" mußte schließlich das Geschoß ins Meer versenken lasten. Die Untersuchung ergab, daß die Arbeiter sich die Geschosse, anstatt sie von Hand zu Hand zu reichen, einander zugeworfen hatten. In Marinekreisen hält man es für möglich, daß die vor zwei Jahren erfolgte Explosion auf der „Jena" durch eine ähnliche Unvorsichtigkeit hervorgerufen morden ist.
— Der Nordpolfahrer Dr. Cook ist schwer erkrankt. Er befindet sich in einem Zustande des Nervenniederbruchs und hat sich völlig von der Außenwelt abgeschloffen.
Nach 36 Jahren Blindheit sehend. Durch eine glückliche Operation ist es in einem
Krankenhause in der Nähe von London gelungen, einer 36jährigen Frau, die von Geburt an blind war, das Augenlicht wieder zu schenken. Die aus 36jähriger Finsternis endlich Erlöste hat einem Besucher die ersten Eindrücke und Gefühle geschildert, die sie überkamen, als sie zum ersten Male die Dinge wirklich sah, die sie bisher nur aus einem langwierigen Abtasten durch die Finger wahrgenommen hatte. Es bleibt merkwürdig, daß sie von allen Gegenständen, die sie vorher nur durch den Tastsinn kennen gelernt hatte, sich eine Vorstellung gebildet hatte, die völlig mit dem übereinstimmte, was sie nun mit eigenen Augen sah, sodaß hier aus dem Zusammenwirken der vier Sinne fast genau dasselbe Wahrnehmungsbild konstruiert wurde, wie sehende Menschen es mit Hilfe ihrer Augen gewinnen. Ihr Erstaunen — und auch ihr Grauen — begannen erst bei den Dingen, die sie in der Zeit ihrer Blindheit abzutasten nie Gelegenheit gehabt hat. Mit einem Schlage verändert sich das ganze Weltbild, tausend nie wahrgenommene Formen, Gegenstände und Wesen tauchten plötzlich auf, deren Art und Bedeutung der Vorstellung der einst Blinden noch fremd waren; sie fühlte sich hilflos und verlassen in diesem Meer von noch unerklärten Neuerscheinungen und zu dem Gefühle des Wunderbaren gesellte sich eine Angst und eine Furcht, die die ersten Stunden des Sehens fast zu einer seelischen Marter machten, bis endlich die Freude über das gewonnene Augenlicht siegreich alle anderen Gefühle übermannte. Von allen Farben hat Grün den stärksten Eindruck auf sie gemacht, noch heute
kann sie vor Grün ein dumpfes Gefühl der Angst und der Beklemmung über dies Wunder nur schwer überwinden. Die Dinge, deren Zweck man ihr in den Tagen der Blindheit erklärt und deren Wesen man ihr beschrieben hatte, die aber abzutasten ihr die Gelegenheit völlig fehlte, flößten ihr beim Sehen zunächst unsagbares Entsetzen ein. So hatte sie z. B. niemals ein Pferd berührt. Als sie nun zum ersten Mal ein Pferd sah, begann sie zu zittern, obwohl sie genau wußte, daß dies ein Pferd war, war sie doch schon mehrfach im Wagen gefahren. Das Gefühl namenlosen Grauens aber steigerte sich, als sie das Pferd nun laufen sah und anfangs vermochten keine Erklärungen ihren Schrecken zu bannen. Aber die harten Prüfungen währten nur kurze Zeit und heute ist die Schwergeprüfte überglücklich, daß sie all das sehen kann, dessen Form und Wesen sie vordem nur dunkel und ungewiß ahnte.
Reklameteil.
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empfiehlt zum Wintersport
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Amtliche und Privatanzeigen.
Ve kannlmachung, bitr. die WanSLrarbLilsslaltL.
Die Bezirksangehörigen werden ersucht, behufs Deckung der nicht unerheblichen Kosten der Wanderarbeitsstätte die Täfelchen mit der Aufschrift: „Ausweis über geleisteten Beitrag zur Wanderarveitsstätte, Bettel verboten" abzunehmen und an ihre Häuser anzuschlagen.
Durch Beschluß des Bezirksrats wurde der jährliche Mindestbeitrag auf 1 Ml. festgesetzt; angesichts der großen Kosten sind höhere Beiträge sehr willkommen.
Die Täfelchen verbleiben im Eigentum der Amtskorporation und werden zurückgezogen, sobald der jährliche Beitrag eingestellt würde.
Das mit der Wanderarbeitsstätte verbundene Arbeitsamt (Telefon Nr. 113) vermittelt die Beschaffung von Arbeit. Die Herrn Arbeitgeber (Landwirte und Gewerbetreibende rc) wollen ihren etwaigen Bedarf an Arbeitern dem Aufseher Widmann Mitteilen.
Die Wanderer stehen von vorm. 8—11'/» und nachm, von 1—6 Uhr zur Verfügung. Für die Stunde werden 20 Pfg. berechnet, welche an den Aufseher Widmann zu bezahlen sind.
Sämtliche Bezirksangehörige werden dringend aufgefordert, keinem Wanderer mehr ein Almosen zu verabreichen, vielmehr ihn an die Wanderarbeitsstätte zu verweisen. Auch machen wir darauf aufmerksam, daß Umschauen verboten und als Bettel bestraft wird. Wir bitten dringend um Beiträge, ! dann braucht kein Bezirksangehöriger mehr einem Handwerksburschen die ! Schmach anzutun, ihm einen Bettelpfennig zu reichen.
Die Herren Ortsvorsteher wollen ihre Gemeindeangehörigen in geeigneter Weise hierauf aufmerksam machen und sie zur Abnahme der Täfelchen veranlassen.
Calw, 29. November 1909.
K. Oberamt. Sladtschultheitzermmt.
Voelter. Conz.
Lteveuzell, 29. Nov. 1909.
Statt jeaer besonderen Unreige.
Todesnachricht.
Schmerzerfüllt teilen wir Verwandten, Freunden und Bekannten mit, daß mein lieber Mann, unser teurer Vater, Bruder, Schwager und Onkel
Carl Emenbörfer, Waldhornwirt, Sonntag Nachmittag im Alter von 50'/- Jahren sanft entschlafen ist.
Um stille Teilnahme bittet im Namen der Hinterbliebenen
die tieftrauernde Gattin:
Adelheid Emendörfer
mit ihren Kindern.
Beerdigung Mittwoch Nachmittag 3 Uhr.
Wahlvorfchlag
des Bürgerdereins zur Gemeinderatswahl.
Gruft Hippelem, Fabrikant.
Friedrich Kleinbub, Tierarzt Hermann Marquardt, Conditor.
Wilhelm Stickel, Uhrmachermeister.
Georg Wagner, Fabrikant.
Die Wahl findet am Donnerstag, den 2. Dezember, von vormittags 9 Uhr bis 2 Uhr statt. "
ahlvorschlag
des Volksvereins zur Gemeinderatswahl.
Gehriug, Friedr», Privatier.
Hippeleilt, Ernst, Fabrikant.
Stickel, Wilh., Uhrmacher.
Kleiubnb, Fr, Stadttierarzt Wagner, Georg, Fabrikant
Die Wahl findet am Donnerstag, den 2. Dezember, von morgens 9 Uhr bis nachmittags 2 Uhr statt.
Gaben
für die wohltätigen Anstalten des Landes entgegenzunehmen ist gerne bereit
Dekan Roos.
Hirsau.
Wahlvorschlag zur GenlkindrratswM.
Ernst Ludwig Wagner, Sägwerk- besttzer, Ernstmühl.
Georg Bauer, Sattlermeister, Hirsau.
Mehrere Wühler.
Laufmaschen
wird gesucht von
Frau Hcinr. Rühle,
Altburgerstraße.
Ia. Kieler Bücklinge
empfiehlt
Kr. Lampartev a. Markt.
Wohmmgsgesuch.
Für eine kleine Familie wird auf 1. April oder 1. Juli eine Wohnung von 2 Zimmern gesucht.
Zu erfragen bei Frau Hoferer, ZeitungsauSträgerin.
Der Verein Erholungsheim für Familienaugehörige von Uuterofst- zieren des XIII. (K. W.) Armeekorps sucht vom 1. Mai bis 1. Nov. jeden Jahres in gutem Haus, möglichst mit Garten, in freier Lage
3-4 Zimmer
mit voller Pension
zu mieten.
Gest. Offerte mit Preisangabe unter 8. v. 9824 an Rudolf Moffe, Stuttgart.