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Darnach handelt es sich um ein Einbrecherbande, die von England aus geleitet wird und dort organisiert wurde. Auf Nachforschungen fand man wirklich im Walde vergrabene wertvolle Bücher aus dem Schloßraub zwischen Baustetten und Bußmannshausen. Der eine der Einbrecher gab die Stelle an. Nun wird eifrig nach weiteren Komplizen gefahndet, die es auf Schlösser im Oberland abgesehen haben sollen. Die Schlösser hier oben liegen meist außerhalb der Ortschaften auf einsamen Höhen und haben geringe Dienerschaft, auch fast keinen Schutz gegen Eindringlinge von außen. Nachdem die internationale Eigenschaft der Räuberbande fest­gestellt wurde, ist auch erklärlich, wie die Spott­karten aus Weltstädten nach dem Brande an den geschädigten Baron gelangen konnten.

Friedrichshafen 29. Nov. Die namentlich durch die österreichische Presse gehende Notiz, daß seitens der Deutschen Luftschiff­fahrts-Aktiengesellschaft schon jetzt der Bau von Hallen in böhmischen Kurorten und die Etablierung eines Luftverkehr zwischen solchen Orten geplant sei, ist nicht richtig. Vorgesehen ist zunächst nur die Veranstaltung von Luftfahrten von Friedrichshafen und von der in Baden-Baden zu beschaffenden Ballonhalle aus, sowie eine gelegentliche Routenfahrt zwischen diesen beiden Städten. Ein Anlauf des einen oder anderen böhmischen Platzes anläßlich einer eventl. Fahrt des Grafen Zeppelin nach Wien liegt natürlich im Bereiche der Möglichkeit, und vielleicht gehen die fraglichen Meldungen hierauf zurück.

Altkrautheim O.A. Künzelsau 27. Nov. (Ein Scherz mit unangenehmen Folgen.) Saßen wie die Jpf- und Jagst- zeitung schreibt, gemütlich zwei ältere Jünglinge, mit zusammen 154 Jahren, an einem Tisch in Frankenbach beisammen. Neugierig schaute aus der Tasche des Einen ein angebrochener Weiß­brotstollen hervor, den mit sehnlichem Verlangen der alte Tyras, des Hauses treuer Wächter, beguckte und beschnopperte. Und da der ältere der beiden Jünglinge, der Achtundfiebzigjährige ein gutes Herz besaß, so paßte er nur auf einen günstigen Moment, den Stollen aus feines Nachbars Tasche zu lancieren und dem guten Tyras zuzuschieben. Hochbeglückt stolzierte dieser in ein stilles Eck, in Ruhe seinen Stollen zu verschmausen. Doch der Nachbar nahm es anders auf, als er den Verlust bemerkte. In seiner bösen Laune zeigte er den Vorfall bei Gericht an. Und das, obwohl der andere mit 6 Pfg. seinen Spaß bezahlen wollte. Nun ist am 2. nächsten Monats strenge Verhandlung des Falls vor dem Schöffengericht in Künzelsau wegen Sachbeschädigung" einer Sache im Werte von 6 Pfg. Auf den Ausgang dieser tragi-komischen Geschichte ist jedermann gespannt, zumal der

Spaßvogel eine gute, ehrliche alte Haut ist, aber leider ärmer als die ärmste Kirchenmaus!

München 29. Nov. Wie aus Bad Kreuth gemeldet wird, ist bei dem Herzog Karl Theodor eine Bronchitis hinzugetreten. Atem- beschwerden und Herzschwäche nehmen zu. Der Zustand des Herzogs gilt als sehr ernst. Die Prinzessin Rupprecht von Bayern und das belgische Prinzenpaar find am Kranken­lager eingetroffen.

Bad Kreuth 29. Nov. Das über das Befinden des Herzogs Karl Theodor aus­gegebene Bulletin lautet: Nach unruhiger Nacht und der Zunahme von Bronchitis besteht bei dem Herzog große Schwäche fort. Der Zustand ist ernst.

Halle a. d. S. 29. Nov. Bei Wimmel­burg bemerkte ein Bahnwärter in der ver­gangenen Nacht, wie zwei unbekannte Männer, anscheinend Wilddiebe, einen gleichfalls un­bekannten, etwa 25jährigen Mann vor dem Ein­laufen eines Zuges auf den Bahnkörper der Strecke HalleKassel legten und hinter einer Hecke die Folgen ihrer Tat erwarteten. Der Zug verstümmelte den Körper des Unbekannten. Die Wilderer flüchteten. Weder sie noch der Tote sind bekannt.

Berlin 29. Nov. DieVoss. Ztg." meldet aus Bern: Das Schweizerische Bundes- gericht hat die Automobilfabrik Megevet u. Co. Genf, die einen Automobilkühl­apparat der Motorfabrik Daimler nach­geahmt hatte zu einer Entschädigung von 300.000 Frs. verurteilt. Daimler hatte 7 673 000 Frs. gefordert.

Wien 29. Nov. Der östreichische Par- sevalballon, der heute seine offizielle Probe­fahrt absolvieren wird, unternahm gestern mehrere Fahrten, darunter eine über der Stadt Wien, wobei auch der Kaiser von den Fenstern seiner Gemächer aus eine Reihe von Manövern beob­achtete. Alsdann kehrte der Ballon nach ins­gesamt 2'/-ftündiger Fahrt zurück.

Wien 29. Nov. Die Familie des Ober­leutnants Hofrichter glaubt felsenfest an seine Unschuld. Sie begründet dies damit, daß Hof­richter aus seiner Reise nach Wien kein Ge­heimnis gemacht, die Schachteln gekauft habe, um daraus Knopsbehälter anzufertigen und nie­mals einen Hektographenapparat besessen habe.

Wien 29. Nov. Während die Mehrzahl der Blätter behauptet, daß der Indizienbeweis für die Schuld des Oberleutnants Hofrichter geschloffen sei, verweisen einige Blätter darauf, daß die schweren Beschuldigungen Hofrichters allerdings durch die Feststellung, daß er eine Schapirogrophenplatte in Quartformat gekauft und nach seiner Angabe vernichtet habe, verstärkt

werde, daß jedoch der Indizienbeweis noch viel­facher Ergänzungen und Verstärkungen bedürfe, namentlich hinsichtlich der Beschaffung einer größeren Quantität Cyankali. Die Familie Hof­richters, insbesondere seine Frau, ist von seiner Unschuld fest überzeugt. Rach übereinstimmenden Meldungen dauert die am Sonnabend nachmittag eingetretene Depression Hofrichters an, der an­fangs völlige Ruhe und Selbstbeherrschung zeigte. Heute vormittag wurde das erste Verhör des Beschuldigten vor dem Garnisonsgericht vorge­nommen.

Paris 29. Nov: Zu Ehren des Königs Manuel von Portugal fand gestern abend ein Diner statt, bei dem Präsident Fallier es einen Toast auf König Manuel ausbrachte. Er trank auf das Wohl und die Gesundheit der Königin, der königlichen Familie und auf das Blühen und das Gedeihen Portugals, des Freun­des Frankreichs. König Manuel dankte für den charmanten Empfang. Die herzlichen Gefühle seinem Vaterlande gegenüber erfüllten ihn mit Genugtuung und würden in feinem Lande, das mit Frankreich in so enge Bande und durch geistige Verwandtschaft und tiefe Freundschaft verbunden sei, den wärmsten Widerhall finden. Der König trank auf das Gedeihen Frankreichs, des Freundes Portugals. Nach dem Diner unterhielt sich der König mit Loubet, Briand, Friffon, Dubost, Pichon und anderen politischen Persönlichkeiten.

Paris 29. Nov. Frau Steinheil ist gestern nach London abgereist. Sie äußerte, daß sie infolge der Beschränktheit ihrer sonstigen Mittel beabsichtige, ihre Stimmittel auszunützen und sich als Sängerin auszubilden.

London 29. Nov. Frau St ein heil traf gestern in Begleitung ihres Arztes hier ein. Sie war an Bord des Dampfers, auf dem sich nur wenige weibliche Passagiere befanden, er­kannt worden. Im ersten Hotel, in dem sie ab- steigen wollte, wurde sie von dem Besitzer, nach­dem er ihren Namen erfahren hatte, abgewiesen. Frau Steinheil beabsichtigt, London wieder zu verlassen, um sich nach Liverpool zu begeben. Vor ihrer Abreise aus Paris hat sie einem Journalisten ihre Erlebnisse diktiert und hierfür 15 000 Francs erhalten. Auch die Daily Mail hat fürihre Memoieren die Summe von 25 000 Francs bezahlt.

London 29. Nov. Die deutsche Bark Selene", von Tocopilla nach Hamburg unter­wegs, traf in Falmouth ein, um die Leiche des Kapitäns zu landen. DieSelene" hatte eine sehr ungünstige Fahrt. Auf der Höhe von Ecuador starben der Kapitän und 11 Seeleute an Fieber. Es wurde ein neuer Kapitän und eine neue Mannschaft ausgenommen. Auf der Heimreise erkrankte derneueKapitän und starb auch.

konnte den Mann nicht verurteilen, ich verurteile niemand, der den Mut hat, für seine Ueberzeugung alles einzusetzen. Wie ich die Lauheit, Halb­heit und Unentschlossenheit verachte, so schätze ich ein zielbewußtes Handeln, das alle Konsequenzen mutig auf sich nimmt."

Auch wenn durch dieses rücksichtslose Handeln andere unglücklich werden?" fragte Inge.

Unter Umständen auch dann ja. Wenn man ein Ziel im Auge hat, kann man nicht immer Rücksichten nehmen auf die, die sich uns bei der Erreichung des Zieles in den Weg stellen. Man wird ja nicht wie blind und toll irgend etwas Minderwertigem nachjagen."

Plötzlich den Ton ändernd, setzte er scherzend hinzu:Denken Sie daran, Inge:Volo."

Aber sie konnte kein Lächeln auf ihre Lippen zwingen, sie hörte ihm nur zu, ohne die Augen zu heben. Lieben oder Hassen! Diese beiden Begriffe kreuzten sich in ihrem Kopf, und ihr Herz gab immer nur die eine Antwort: sie liebte ihn und von diesem Manne geliebt zu werden, das fühlte sie, müsse die höchste irdische Seeligkeit sein.

Sehen Sie," fuhr er dann wieder ernst werdend fort,so ist es mir auch mit den Frauen und mit der Liebe gegangen; daß es da sehr viel Geringes gibt, werden Sie mir glauben. Es hat mir auch nie eine Frau solche Liebe erweckt, daß ich die Ueberzeugung gewonnen hätte, sie könnte mein Leben ausfüllen/'

Sie machen vermutlich sehr hohe Ansprüche," sagte Inge halblaut.

Vielleicht, ja, vielleicht liegt es daran. Es darf zwischen einer Frau, mit der ich mir ein dauerndes Zusammenleben möglich denke und mir vor allen Dingen der seelische und geistige Kontakt nicht fehlen -- und ich muß gestehen, daß ich dem Sprichwort von den berührenden Extremen immer ein gewisses Mißtrauen entgegen gebracht habe; meiner Ansicht und Beobachtung nach sind nicht alle Charaktere dazu disponiert,

sich an anderen abzuschleifen. Je stärker eine Individualität entwickelt ist, desto schwerer wird sie sich verleugnen können, und ich finde, es liegt auch eine gewisse Grausamkeit, eine gewisse Brutalität darin, einem Menschen seine Individualität rauben zu wollen, um ihn den eigenen Wünschen und Anschauungen untergeordnet zu sehen."

Er war aufgestanden und schritt hastig im Zimmer hin und her.

Es muß etwas Großes, etwas Herrliches sein, das Weib im Leben zu finden, das eine, einzige, das wirklich einzige, in dem man ganz auf­gehen könnte, dem man sich ganz zu eigen fühlt. Erinnern Sie sich jener Stelle aus derBraut von Messina", fragte er, plötzlich vor Inge stehen­bleibend,jener Stelle, wo Don Cesar den Eindruck schildert, den Beatrice beim ersten Begegnen auf ihn gemacht? Ich glaube, daß bei einer großen Leidenschaft kein Widerstand hilft, daß wir uns auch den Gegenstand einer solchen großen, alles beherrschenden Liebe nicht wählen, daß vielmehr ein unerklärliches, aber machtvolles Etwas einen zum andern zieht, und daß oft schon im ersten Sehen, das Schicksal unserer Zukunft liegt. Es gibt Begegnungen," fuhr er langsam fort,bei denen man sich nur mit einem Blick trifft, und in diesem Blick liegt ein magnetischer Funke, der von einem zum andern überspringt und in unserer Seele zündet. Habe ich recht, Inge? Glauben Sie, daß es solche Begegnungen gibt?" setzte er, hinter ihren Stuhl tretend und sich zu ihr niederbeugend, mit gedämpfter Stimme hinzu.

Ich ich weiß es nicht," antwortete sie tonlos, den Kopf noch tiefer senkend, die Hände fest zusammenpressend.

Inge, es ist das zweite Mal, daß Sie mir auf eine Frage die Wahrheit verbergen wollen und sie haben es heute noch nicht bester gelernt, als vor Wochen," sagte er ruhig.

(Fortsetzung folgt.)