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in Amerika, daß 2) diese Föderation sich durch den Beitritt Amerikas erweitern und daß 3) ein BundeS- rat, ein Weltparlament und ein internationaler Schiedsgerichtshof ständig eingesetzt werde. Diese Organisation der Welt habe sich in gewaltiger Weise angebahnt, sie werde sich weiter entwickeln, und dann erst könne sie die Früchte der Wissenschaft und Technik einheimsen, auch die Moral und die Religion werden einen Gewinn haben; wenn die MoralGewalt geht vor Recht" keine Geltung mehr habe, dann werde das Gewissen des einzelnen Staatsbürgers geschärft werden, dann werden die Völker Zusammenarbeiten und in diesem friedlichen Füreinanderwirken erst zeigen, was sie Großes leisten können, dann werde das Dichterwort in Erfüllung gehen:Am Baume der Menschheit reiht sich Blüt an Blüte". Rauschender Beifall folgte den interissanten und geistvollen Ausführ­ungen des Redners, der mit großer Sachkenntnis und voller Hingabe seine optimistischen Ideen ver­trat. Postsekretär Kau ff mann drückte dem Redner noch den besonderen Dank der zahlreichen Versamm­lung aus und forderte sodann zum Eintritt in die deutsche Friedensgesellschaft auf. Eine Diskussion fand nicht statt; das Schlußwort sprach Pfarrer Wagner, indem er in weiteren Ausführungen die Einwände gegen die Friedensbewegung zu ent- kräftigen suchte, die anwesenden Frauen zum Bei­tritt für die schöne und gute Sache ermunterte und olle Zuhörer anfforderte, sich mit der Friedens­bewegung zu beschäftigen und Anlänger desselben zu erwecken. Auch diese Worte fanden große und lebhaf.e Zustimmung.

* Calw 21. Nov. Die Arbeiten zur Korrektur der Stuttgarter Straße sind gestern zum größten Teil vergeben worden. Es hatten sich 14 Bewerber eingefunden; der Vor­anschlag der Arbeiten beläuft sich auf über 110000 Das höchste Abgebot mit 16"/o stellte Bauwerkmeister Alber hier, dem somit jedenfalls die Ausführung des großen Geschäfts übertragen werden wird. Die Vorbereitungen zu der Straßenkorrektion werden bereits getroffen; am Ziegelbach entlang sind die meisten der zu entfernenden Bäume gefällt worden und werden die übrigen Arbeiten nun bald folgen.

Stuttgart 20. Nov. In einem Neu­bau der kleinen Königsstraße, in der Nähe des Wilhelmsbaues, entstand heute vormittag eine Kesselexplosion der im Souterrain unter­gebrachten Zentraldampfheizung. Verletzt wurde glücklicherweise niemand, doch ist ein ziemlich be­trächtlicher Schaden angerichtet worden. So wurden durch den Druck auch ein Schaufenster eines noch nicht bezogenen Ladens, sowie mehrere andere Scheiben herausgedrückt.

Gmünd 20. Nov. Gestern vormittag gegen 11 Uhr ging die Fuhrmannsfrau Bur­kart in der Bachstraße in die Stadt, um einige Einkäufe zu machen, ließ aber ihre drei Kinder im Alter von fünf, drei und eineinhalb Jahren allein zu Hause. Sie schloß die Zimmertüre und auch die Glasverschlagstüre gut ab. Das

fünf Jahre alte Mädchen wollte nach Aussagen des jüngeren Brüderchens, als die Mutter fort war, ein Veilchen an dem stark geheiztem Ofen wärmen. Hiebei muß das Kleid des Kindes sofort Feuer gefangen haben. Das Kind, das aus der verschlossenen Stube nicht hinauskonnte, sprang hilfesuchend auf das Sofa, das auch so­gleich Feuer fing. In demselben Augenblick brannten auch schon die Vorhänge und sonstiger Hausrat. Zu gleicher Zeit fuhr zufällig der Vater der Kinder am Haus vorbei und bemerkte den Brand. Um Hilfe bringen zu können, mußte er zuerst das Fenster der Glastüre und dann die Zimmertüre einschlagen. Inzwischen war das bedauernswerte Kind derart verbrannt, daß es kurze Zeit darauf starb. Die beiden anderen Kinder, die sich vor dem Rauch in das Schlaf­zimmer flüchteten, haben keinen Schaden erlitten. Der Brand wurde durch Hausbewohner gelöscht.

Oehringen 20. Nov. Dieser Tage ist es hier gelungen, die Grundlagen für die Er­richtung eines großen Elektrizitätswerks im Kochertale zu schaffen. Die Gesamtkosten dieses Werkes, das zwischen Ohrnburg und Mög­lingen errichtet werden soll, sind auf 1200 000 berechnet worden, denen eine Einnahme von 89 000-^gegenübersteht, was eine Verzinsung von nahezu 8"/» nötig machen würde. Von der Gesamtsumme entfallen 500 000 auf das Werk und 700 000 auf die Fernleitung und die Leitungsnetze. Es haben bereits 31 Gemeinde­vorsteher bezw. Vertreter ihren Beitritt zu der Ueberlandzentrale erklärt und es ist nicht zu bezweifeln, daß in Bälde weitere Gemeinden diesem Beispiel folgen werden. Der Beschluß

zur Gründung wurde dieser Tage in einer von vierhundert Interessenten besuchten und von dem Mitglied der Ersten Kammer, Oekonomierat Schmidt-Platzhof geleiteten, hier abgehaltenen Versammlung gefaßt.

Ulm 20 Nov. In der gestrigen Sitzung der Bürgerlichen Kollegien kam man auf die Beschwerden wegen des Zutriebs von mageren, ausgemolkenen Kühen zum hiesigen Schlachthaus zu sprechen. Polizeirat Goll führte aus, die Zahl solcher minderwertiger Kühe sei in den letzten Jahren sehr hoch geworden, auf der anderen Seite seien aber auch die Bean­standungen durch die Fleischbeschau außergewöhnlich gewachsen. Eine Erklärung für die Mehrung des Zutriebs solcher Tiere sehe er darin, daß die Metzgerinnung eine Viehversicherung einge­führt hat, die den Schaden auf sich nimmt, den ein Metzger hat, wenn ihm eine solche Kuh weg­gesprochen wird. Gesetzlich oder polizeilich könne der Zutrieb solcher Tiere nicht verboten werden. Nur die Fleischbeschau habe man beauftragen können, sehr streng vorzugehen und das geschehe, wie sich aus der Zahl der Beanstandungen ent­nehmen lasse. Der Obermeister der Metzger­

innung, Kräß, erklärte, es sei den Metzgern selbst nicht recht, daß solche Kühe hereinkommen, aber solange es hier keinen Schlachthof gebe und die Tiere leben, müsse man sie hereinlassen. Die Innung sei selbst dafür, daß die Fleischbeschau möglichst streng gehandhabt werde. Die Kollegien legten der Innung eine Aenderung der Satzungen ihrer Versicherungskasse nahe, damit der Zutrieb so heruntergekommener Kühe aufhöre, auch wünschen sie eine nachdrückliche Handhabung der Fleischbeschau. Der Zuzug von Wanderern zur hiesigen Wanderarbeitsstätte wird, immer stärker und hat annähernd die Zahl 50 pro Tag erreicht. Es kann deshalb der Fall eintreten, daß die vorhandenen Räume nicht mehr ausreichen. Diesem Mißstande zu be­gegnen, soll nach einem Beschluß der Ortsarmen­behörde in provisorischer Weise ein geeigneter Raum mit zehn Lagerstätten ausgestattet werden. Der Ortsverband gegen der Alkoholis­mus hat die Einführung der Polizeistunde in den hiesigen Wirtschaften beantragt. Der Stadtvorstand gab in der gestrigen Sitzung des Gemeinderats zu, daß es wünschenswert wäre, wenn bei den Nachtcafös eine Polizeistunde ein­geführt werden könnte, das sei aber gesetzlich nicht zulässig. Eine allgemeine Polizeistunde könne wohl nicht in Betracht kommen, da ja der Gemeinderat auch schon im September 1906 ein gleiches Gesuch abgelehnt habe. Der Gemeinderat beschloß deshalb Uebergang zur Tagesordnung.

Oggelshausen OA. Riedlingen 20. Nov. In der Wirtschaft z. Rößle funktionierte der Acetylen-Apparat nicht mehr. Die betreffende Person, die den Apparat sonst ver­sorgte, war nicht gerade anwesend. Es wurde deshalb Löwenwirt Dangel, der ebenfalls einen derartigen Apparat besitzt, herbeigerufen. Durch das Zunahekommen mit einem Licht entstand eine Explosion, wodurch Dangel leicht, zwei Knechte dagegen ziemlich schwer verbrannt wurden, so daß letztere ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußten.

München. Hier wird seit Mitte November eine im 61. Lebensjahre stehende alte Dame vermißt. Die Dame stammt aus Dissen am Ammersee. Sie ist am Sonntag nachmittag nach Weilheim und von dort nach München zurück­gefahren. Seit dieser Zeit fehlt von der Ver­mißten jede Spur.

Frankfurt a. M. 20. Nov. Der vom Kaiser derJla" zur Verfügung gestellte Ehrenpreis für die beste Leistung auf dem Gebiete der gesamten Luftschiffahrt und Flugtechnik soll dem Major Parseval zuge­sprochen werden, und zwar in Anerkennung seiner hervorragenden Leistungen mit seinem Luftschiff ? III während der Dauer der Ausstellung und insbesondere für seine Dauerfahrt nach Nürnberg München, Augsburg, Stuttgart und wieder zurück'

Sie haben gewartet, Baronin? Mille pardons, ich traf meinen lieben Vetter Callein, und er hielt mich länger auf, als ich gewollt."

Der Schatten, der bei der Nennung des Namens Callein über ihre Züge huschte, war schnell verflogen; sie ließ sich auf einem mit einer schillernden Tigerdecke bekleideten Diwan nieder und forderte Armand auf, neben ihr in einem niedrigen Sessel Platz zu nehmen. Zunächst drehte das Gespräch sich um die Ponys, um den Preis, die Vorzüge und Nach­teile der Anschaffung, und ganz allmählich leitet Evelin das Thema auf ein Gebiet hinüber, das zu berühren sie bisher vermieden. Sie sprach von ihrer Vergangenheit.

Ich war noch so jung, als meine Eltern starben, ich war ihr einziges Kind, die gute Tante Carolin nahm mich zu sich. Meine Jugend war arm und entbehrungsreich. Als ich erwachsen, schenkte ich meine Neigung einem jungen Manne, er war vermögenslos wie ich, aber ich glaubte an seine Liebe und Treue, aber mein Glaube betrog mich, er war ein Elender. Lasten Sie mich schweigen von den Enttäuschungen dieses kurzen, jammer­vollen Brautstandes." Sie stützte den Arm in die Hand und verbarg ihm ihr Gesicht, seine Blicke hingen mit Bewunderung und Mitleid an ihr.Dann lernte ich einen Amerikaner kennen, Mister Humpfreys", fuhr sie fort,er bot mir alles, was Liebe und Reichtum einem Mädchen zu bieten vermögen, und ich war so arm so arm, Armand" es war das erstemal, daß sie ihn bei seinem Vornamen nannteArmand verdammen Sie mich, daß ich seine Werbung annahm? Heute tue ich es selbst, damals mein Gott, ich war achtzehn Jahre, Tante Carolin hatte auch so wenig"

Nein, nein, ich verstehe Sie, Evelin, ich verstehe Sie vollkommen", rief Ferni. Sie sah ihn an mit einem tiefen Blick und einem verführerischen Dankeslächeln.Ich wurde sein Weib. Diese kurze Ehe war für mich eine schwerernste Prüfungszeit. Humpsrey war ein wüster Rouee, und

ich habe alles Elend und alle Erniedrigungen kennen gelernt, die ein Weib an der Seite eines körperlich und geistig bankerotten Mannes durchzu­machen hat. Ich war drei Jahre Witwe, da lernte ich Alhard v. Horst kennen. Ueber diese Heirat und Horsts Tod werden Sie gehört haben, was die Welt davon weiß; ein heiliges Versprechen bindet mich, zu schweigen über den wahren Sachverhalt. Es war eine Verknüpfung un­seliger Verhängniste, die dabei mitspielten, nur das eine kann ich Ihnen sagen, ich war unschuldig verleumdet, und Alhard, der Gute, Edle, opferte sein Leben, um meine Ehre zu retten, die niedrige Klatschsucht in den Staub ziehen wollte; aber ich verlor dadurch das Beste, treueste Herz, das für mich geschlagen. Mein Gatte fiel im Duell. Armand ich bin hart verurteilt von der Welt, aber sie ist ungerecht; ich habe unsäglich gelitten." Ihr Haupt sank auf die Lehne des Sofas, sie schluchzte herz­brechend, ihr ganzer Körper bebte.

Ferni glitt an dem Sessel herab neben ihr auf die Knie ich werde Sie gegen die ganze Welt verteidigen, wenn Sie es verlangen."

Langsam richtete sie sich auf und die Hand auf sein lockiges Haupt legend, sah sie ihm tief in die Augen.

Ich glaube Ihnen, Armand, und ich danke Ihnen von ganzer, ganzer Seele, aber Ihr Herz und ihre Hand gehören einer anderen. Ich habe nicht das Recht, dieses oder jenes in Anspruch zu nehmen. Ihre Freundschaft, Ihre Hochachtung sind mir ja schon wertvoll; diese schenken Sie mir."

Armand Fernis Arm sank langsam von ihrer Schulter, seine Hand gab die ihre frei, er richtete sich auf und lehnte, in dem Sessel Platz nehmend, sich weit zurück, während seine Blicke in denen Evelins mit

einem leidenschaftlichen Verlangen hafteten.-

(Fortsetzung folgt.)