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Amts- und Anzeigeblatt für den Gberamkbezirk Lalw
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^ Calw 15. Nov. Der ev. Kirchen - gesangverein brachte am gestrigen Ernte- und Herbstdankfest in der Stadtkirche unter der Leitung von Friedrich Gundert das Oratorium „Die Schöpfung" von Jos. Haydn zur Aufführung. Als Solisten wirkten bekannte Kräfte mit: Fräulein H. Kaus! er (Sopran), Konzertsänger Saut er (Tenor) und K. Huber (Baß). Das Orchester wurde wie bei den übrigen Aufführungen des Vereins von einem Teil der Kapelle des Jnf.-Reg. 121 in Ludwigsburg (Obermusikm. Zoller) und von hiesigen Musikfreunden gestellt; die Orgelbegleitung hatte Organist Heinrich Bin 90 n übernommen. Die Aufführung war in allen Teilen hoch gelungen, ein sicheres Gefühl beherrschte Mitwirkende und Zuhörer und die Gemüter wurden von der großartigen Schönheit und Kraft des herrlichen Oratoriums mächtig hingerissen und entzückt. Haydn hat ein Tongemälde geschaffen, das an Erhabenheit, Klangfülle und eindrucksvoller Weihe seinesgleichen sucht und das die Schöpfung von Erde und Himmel wunderbar veranschaulicht. Das Oratorium hat prächtig angelegte und mit edler Harmonie durchgeführte Partien. Mt welcher Allgewalt erscheint und wirkt die Schaffung des Lichts, wie verzweifelt gestaltet sich der Sturz der Höllengeister, wie kräftig walten die Naturerscheinungen an den einzelnen Schöpfungstagen, wie sanft rauscht der helle Bach im stillen Tal, wie frohlocken Vögel und Tiere, mit welcher majestätischen Würde tritt der Mensch auf und wie ergreifend ist das Glück der beiden ersten Menschen geschildert! Von überwältigender Wirkung war das Terzett „In alle Welt ergeht das Wort", ergreifend war die Arie „Auf starkem Fittige schwinget sich der Adler stolz", glänzend der Schlußchor: „Singt dem Herrn alle Stimmen".
Montag, den 15. November 1909.
Der Chor wies vorzügliche Leistungen auf, er fühlte sich seiner Aufgabe in jeder Hinsicht gewachsen und in sicherer Ruhe wußte er seinen Darbietungen Geltung zu verschaffen. Aber auch die Solisten erfreuten durch ihre großartigen, herzerquickenden Gesänge die gespannt lauschenden Zuhörer und es kann über diese Leistungen nur eine Stimme des Lobes geben. Die vorzügliche Begleitung der Orgel und die Leistungen des Orchesters sind hinlänglich bekannt und waren auch diesmal von vornehmer Ausführung. Es gehört ein großes Geschick und eine umsichtige Führung dazu, um ein solches Werk aufführen zu können. Der Dirigent des Vereins hat es meisterhaft verstanden, Chor und Solisten in feines Zusammenwirken zu bringen, ihm und seiner tüchtigen Sängerschar gebührt deshalb volle und aufrichtige Anerkennung.!
Weltenschwann. (Egsdt.) Schon längere Zeit wird von den Gemeinden Weltenschwann und Speßhardt angestrebt, eine gemeinschaftliche Schule zu erhalten: erstens, weil die Kinder, welche nach Zavelstein in die Schule gehen, im Winter bei schlechtem Wetter große Strapazen durchzumachen haben; zweitens soll nach dem neuen Schulgesetz in Zavelstein eine zweite unständige Lehrstelle errichtet werden, und weiter muß in Altburg, wo die andere Hälfte der Kinder von den beiden Orten die nötige Bildung für den Lebensweg erhält, sofort mit einer weiteren ständigen Lehrstelle gerechnet werden. Beide Schulverbände würden dadurch zu großen baulichen Veränderungen, bezw. zu Neubauten gezwungen werden. Am 9. ds. Mts. wurde deshalb eine Versammlung der Vertreter der betreffenden Schulverbände im Beisein von zwei Herren der Regierung, sowie der HH. Regierungsrat Voelter, Verw.-Akt. Staudenmeyer und noch anderer mehr, behufs Los-.j
«ezugLpr.i.d. Stadt'/.j-ihrl. m. Träger!. Mi. I.ÜS. PostbezugSpr. f. d. OrtL- u. Nachbarortsverk. Vzjährl. Mk. 1 . 20 . im Fernverkehr Mk. 1.80. Vestellg. in Württ. 30 Pfg., in Bayern u. Reich 42 Pfg.
lösung von den alten Verbänden anberaumt. Leider lief aber die Sache nicht so glatt ab, wie gehofft wurde. Altburg verlangte keine Entschädigung, will aber auch keinen Beitrag zur Ansammlung eines Baufonds bezahlen, womit Speßhardt und Weltenschwann einverstanden waren. Dagegen sollte Zavelstein auf 10 Jahre an den neuen Verband eine jährliche Abfindungssumme von 250 ^ bezahlen. Bei Aufstellung dieser Entschädigungssumme wurde davon ausgegangen, daß Zavelstein durch Abgang der beiden Gemeinden lange noch vor weiteren Schulausgaben verschont bleibe und zudem voriges Jahr das dortige Schulhaus mit einem größeren Geldaufwand gut renoviert wurde. Aber o weh! die Sache sollte anders sein. Die Herren von Zavelstein wollten von Geben gar nichts wissen, vielmehr wollen sie die beiden Gemeinden überhaupt nicht los lassen, in der Befürchtung, es werden die alten Bäckerwaren von Zavelstein keine Abnehmer mehr finden. Es wurden natürlich noch weitere gewichtige und weniger wichtige Gründe vorgebracht. Der Hauptgrund liegt aber dem Schreiber dieses im Dunkeln und meint derselbe, da die beiden Gemeinden von einer Entschädigung abgesehen haben, sollten die Herrn Vertreter von Zavelstein sich zum Wohl der Kinder von Speßhardt und Weltenschwann zu einer freiwilligen Ablösung bereit erklären, und nicht anderweitige Sachen die beiden Gemeinden fühlen lassen.
Herrenberg 13. Nov. Bei der heutigen Landtagsersatzwahl im hiesigen Oberamt für den verstorbenen Abgeordneten Guoth (D.P.) wurden von 5290 Wahlberechtigten 4083 gültige Stimmen gleich 77 Prozent abgegeben. Davon erhielten Schultheiß Gärttner von Gärtringen (D.P.) 1569 Stimmen, Schultheiß Schund von Tailfingen (Bund der Landwirte) 2063 I Stimmen, und Bäckermeister Bötzel (Soz.) in
Im Klosterhof.
Roman von B. v. Lancken.
(Fortsetzung.)
Tante Lie sitzt auf einem niedrigen Taburett am Fenster, zu dem die noch regenfeuchten, dunkelgrünen Blätter und Zweige eines Pfirsich hineinschauen, der, am Spalier gezogen, sich an der Mauer ausdehnt. Armand tritt ein; die Reithandschuhe abstreifend, ist er bemüht, seinem Gesicht einen möglichst unbefangenen und harmlosen Ausdruck zu geben.
„Guten Morgen, Tante Lie."
„Guten Morgen, Armand."
„Ich komme, mich zu entschuldigen, bei Dir und Inge, aber es war doch unmöglich, eine Einladung, die ich einmal angenommen, rückgängig zu machen, nicht wahr?"
„Freilich. Inge und ich haben das auch ganz natürlich gefunden. Setz' Dich, Inge wird gleich kommen. Bitte, klingle mal. Danke."
Dem eintretenden Diener befahl sie, Inge zu benachrichtigen.
„Du bleibst doch zum Frühstück?"
„Wenn Du erlaubst. Ah, guten Morgen, Schatz."
Er ging Inge entgegen, die eben eintrat. Sie sah sehr bleich aus, und die Augenlider waren leicht gerötet. Armand liebte keine Frauen mit verweinten Augen; er runzelte die Stirn, bezwang sich aber, zog sie in seine Arme und küßte sie. Nur ganz heimlich flüsterte er ihr ins Ohr :
„Aber, Inge, geweint? Kindsköpfchen!"
Er streicht über ihr Haar und lacht.
„Eifersüchtig?" fährt er halblaut fort, den Arm um ihre Taille legend und sie langsam mit sich in das andere Zimmer führend. Inge
schlägt die Augen zu ihm auf, diese klaren, wunderschönen Augen, ein stolzer Zug prägt sich um den kleinen Mund.
„Eifersüchtig? Nein! — Aber-"
„Nun aber?" Er hob ihren Kopf und sah ihr in die Augen.
„Aber ich fürchte, die Baronin hat keinen — keinen guten Einfluß auf Dich."
Wäre Inge weniger ehrlich und etwas welterfahrener gewesen, dann hätte sie dies nicht gesagt. Eine Ader zeichnete sich auf Armands Stirn, und sekundenlang kam und ging eine Röte über sein Gesicht; er sah mit einem Male sehr verändert aus, abweisend und beleidigt zugleich, sein Arm glitt von Inges Schulter.
„Du scheinst mich für einen Schulknaben zu halten", sagte er. „Ich lasse mich nicht beeinflussen, nie und von niemand."
„Eine übertriebene Empfindlichkeit", denkt sie, trotzdem sagt sie sanft und ruhig:
»Ich sehe nichts Schulknabenhaftes darin, wenn man sich manchen Einflüssen nicht gleich entzieht — nicht gleich entziehen kann, es kommt nur darauf an, daß man die bösen von den guten unterscheidet."
„Und Du fürchtest also, ich könnte das ohne Deine gütige Anleitung nicht herausfinden? Du hast in der Tat eine hohe Meinung von meinem Scharfsinn und meinem Urteil."
„Das wollte ich nicht andeuten, aber Du kannst doch nicht leugnen,
daß die Baronin Horst Dir — wie soll ich sagen-sympatisch ist,
daß Ihr in Eurer Auffassung vom Leben in vielen Punkten übereinstimmt."
„Gewiß", rief er hochfahrend, „gewiß, weil wir beide das Leben, das heitere, frohe, genießende Leben, lieben; ich bin nun einmal keine Natur, die unter den fortwährend sich gleichbleibenden Alltäglichkeiten sich glücklich fühlt, ich bin auch kein Alltagsmensch, der nur büffelt und sich