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Amts- und Anzeigeblatt für den Gberamtsbezirk Calw.
84. Jahrgang.
UrsHsirrungötage: Montci^, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und TamStag. Insertivnsprers t0 Vfg. pro Zeile für Htadt u. VezirkSorLe; außer BeztrHS Pfg.
Amtliche Helanntmachnnger,.
Mittwoch, den 3. November 1909.
gtpr.l.b. Stadt-/^Lhrl. NI. LrLgerl.Mk. I.SK. PostbezugSpr. s. d' Orts- u. Nachbarortsverk. V-jährl. Ml. 1.20, im Fernverkehr Ml. t.Sv. Bestellg. in Württ. »0 Pfg., in Bayern u. Reich 42 Psz.
ES wird daran erinnert, daß die Mitgliederversammlung des BezirkswohltätigkcitsvereinS beschlossen har, den Ktrchengemeinden des Bezirks zu empfehlen, das Kirchenopfer am Ernte- «nd Herbstdankfest womöglich für den BezirkSwohltatigkeitS- verei« zu bestimmen.
Calw, 2. November 1909.
Der Vorstend:
Reg-Rat Voelter.' Dekan Roos.
Stadlschutheiß Conz.
Bekanntmachungen der K. Zentralstelle für Gewerbe «nd Handel.
Die K. Zentralstelle beabsichtigt im kommenden Witter folgende Kurse zu veranstalten: s. Kurs« für Zimmerlente.
1. Kurs im Schiften und Preisberechnung in der Zeit vom 1.—21. Dezember 1909;
2. Kurs im Treppenmacheu und Preisberechnung in der Zeit vom 7.-22. Januar 1910;
3. Kars im Schiften, Treppenmachen und Preisberechnung in der Zeit vom 24. Januar bis 24. Februar 1910.
Sämtliche Kurse stehen unter der Oberleitung der Beratungsstelle für das Baugewerbe. Kurs- lehrer ist der Ztmmermeister Friedrich Kreß in Lustnau. Die Kurse finden in Tübingen statt. t>- Kurse für Maurer «ud Steiuhauer.
1. In der Zeit vom 1.—14 Dezember d. I. einen Kurs mn Unterricht im Aufbau von Bögen, Gewölben und Treppen im Grundriß und Schnitt, im Austragen der Schablonen und der Einzelheiten für die Rüstungen, im Herstellen von Modellen in Gips, in Flächen- und Körst.rberechnurig, sowie in der Kostenberechnung einzelner Bauarbeiten;
2. in der Zeit vom 15 —21. Dezember d. I. einen Kurs mit Unterricht in der Konstruktion einfacher Treppen in Stein, Ermitteln von Treppen für einen bestimmten Grundriß, im Austräger! der Stufen und im Modellieren.
Näheres stehe Gewerbeblatt Nr. 44.
Stuttgart, 28. Oktober 1909.
Mosthaf.
Bekanntmachung, betr. die Banhand- werkerschnle in Hall.
Nach dem Vorgang der vor 2 Jahren ins Leben gerufenen Bauhaudwerkerschule tu Btberach wird am 11. November eiue weitere Schule iu Sch«. Hall errichtet werden. Die Schule ist wie die in Btberach eine StaatSaustalt, die unter der Leitung der Zentralstelle für Gewerbe und Handel steht. Von der Amtskörperschaft und der Stadtgemeinde Hall werden Beiträge zu der Schule geleistet. Die Schule in Btberach ist für die südlichen Landest«!?, diejenige in Hall für de» nördlichen Teil de- Landes bestimmt. Der Zweck der Bauhandwerkerschule ist, Bauhaudwerker, und zwar Maurer, Steiuhauer und Zimmerlevte, tu zwei je fünfmonatlichen Winterlurseu soweit auSzu- bilderr, drß sie den Anforderungen gewachsen sind, die bei einer ernstgenommenen Meisterprüfung auch in theoretischer Beziehung an sie gestellt werden müssen. Der Unterricht erstreckt sich auf Bauzeichnen, Baukonstrukiion, Gebäudekunde, Bauführung, Baukostenberechnung, Buchführung und Gesetzeskunde.
Als Schüler werden solche Leute ausgenommen, die in einem der g«nannten Haadwerkszwetge die Gesellenprüfung erstanden und das 18. Lebensjahr zurückgelegt haben. Vorläufig haben sämtliche Schüler den Besitz der nötigen allgemeinen Vorbildung durch eine einfache Aufnahmeprüfung nachzu- weisen. Die Anforderungen entsprechen dabei im wesentlichen denjenigen, die an einen BolkSschüler bei der Schulentlassung zu stellen find.
Das Schulgeld für jeden der beiden fünfmonatlichen Kurse beträgt 20 Unbemittelten tüchtigen Schülern kann es nach Schluß des Kurses ganz oder teilweise nachgelassen werden.
Für Wohnung und Verköstigung haben die Schüler selbst zu sorgen. Auch haben sie sämtliche zum Schreiben und Zeichnen erforderlichen Gegenstände selbst zu beschaffen.
Aufnahmegesuche find bis zum 8. November ds. Js. an den Schulvorstand in Schw. Hall zu richten, wobei eine kurze Darstellung des bisherigen Ausbtldungsganges und etwaige selbstgefertigte Fachzeichnungen, sowie ein Altersnachweis und das Gesellenprüfungszeugnis anzuschließen find. Es ist zu hoffen, daß die Schule in Schw. Hall ebensolchen Zuzug erfährt, wie dies erfreulicherweise bei der Schule in Btberach, insbesondere aus dem Donaukreise von Anfang an der Fall gewesen ist.
Calw, 27. Oktober 1909.
K. Oberamt.
Amtmann Ripp mann.
Tirgesnemgkeiteir.
* Calw 3. Nov. Auf Veranlassung des Gewerbevereins hielt gestern abend der Wanderlehrer der Zentralstelle für Gewerbe und Handel Prof. Dr. Zwiesele im Georgenäum einen öffentlichen Vortrag über „Der Lehrling einst und jetzt". Der Redner zog bei seinen Ausführungen einen Vergleich zwischen dem Lehrlingswesen zur Zeit der Zünfte in den früheren Jahrhunderten und der jetzt geltenden Lehrlingsordnung. Er schilderte die Schwierigkeiten, die sich einem angehenden Meister bei seinem Gesuch um das Bürger- und Meisterrecht entgegenstellten und gab hiezu eine Probe aus einer alten Urkunde über einen hiesigen Meister, der das Bürgerrecht nur dann erhalten sollte, wenn er eine hiesige ausdrücklich mit Namen
Im Llosterhof.
Roman von B. v. Lancken.
(Fortsetzung.)
In demselben Augenblick ein Geräusch an der Tür. Die Kranke lauscht dem Ton. Es ist nur eine kurze Verzögerung, aber sie hat ihre Kräfte überschätzt. Ehe es ihr gelingt, die Hände beider ineinander zu fügen, sinkt sie zurück; Anna fängt die Mutter in den Armen auf. Ein kurzes Röcheln, der Kopf sinkt hintenüber, die Lider sind geschloffen, bis auf einen ganz kleinen Spalt, durch den man die Pupillen sehen kann. — Armand und Inge fallen neben dem Bett auf die Knie.
In der Tür steht Graf Callein, seine Augen sind auf die Tote und auf die Lebenden gerichtet mit einem eigentümlich gespannten Ausdruck. Armands Arme hängen schlaff herab, Jngeborgs Hände sind gefaltet gegen die Tote ausgestreckt. Marianne v. Ferni ist hinübergegangen, ohne die Hände des Brautpaares noch einmal vereinigt zu haben. —
Nun ist sie tot — und in dem hohen, luftigen Gemach schwebt jenes unsichtbare, feierliche, heilige Schweigen des Sterbens, das nur der ganz begreifen und verstehen kann, der einmal an einem Sterbebett gestanden.
Der Tod geht durch den Raum.-
Da wird hastig die äußere Tür aufgerifsen, Callein wendet sich um: der Sanitätsrat. Der Graf macht ihm ein Zeichen, er erschrickt. Flüsternd wechseln sie ein paar Worte; die Leidtragenden machen ihm Platz am Bett. Er erfüllt seine Pflicht, horcht an dem Herzen der Toten, hält ihr den Spiegel vor den Mund — kein Hauch, fühlt den Puls — kein Schlag. Er schüttelt leise den Kopf. — Callein ist der erste, der zu dem Arzt spricht.
„Es ist ganz plötzlich gekommen, lieber Sanitätsrat. — Was ist die Ursache? Es schien gestern abend doch bester —"
Der alte Herr zuckt die Achseln.
„Herzlähmung."
Dagegen ist nichts weiter zu sagen, und mit dieser Tatsache müssen sich die Menschen, denen der Tod in dieser Frau so unendlich viel genommen, abfinden, so gut es geht. Wenn der Tod in einen Kreis tritt und das liebste mit seiner kalten Hand und schonungslosen Macht mordet, fragt er nicht: „Wie trägst Du's?" und „Trägst Du's überhaupt?" — Er nimmt und überläßt den Zurückbleibenden sich damit abzufinden, wie sie's vermögen.
Armand war ganz erschüttert, verstört, fast haltlos in seinem Schmerz. Callein und Anna waren es, die alles zunächst Nötige, was es zu ordnen gab, in die Hand nahmen. Inge fand keine Zeit, an sich selbst zu denken. Sie war nur für Armand da. Er hatte noch niemand durch den Tod verloren, außer seinem Vater; aber er sah ihn nicht sterben — er war ja auch noch so jung — und behielt die Mutter. Der Ernst des Lebens war noch nie an ihn herangetreten, der Gedanke, die Mutter zu verlieren, war ihm nie gekommen, und nun war es geschehen. Sie war tot, und alle Verantwortung, alle Arbeit, alle Besnmmungen würden jetzt auf ihm ruhen. Sie würde ihm fehlen — überqll, sie, die ihm das Leben so leicht, so sonnig und sorglos gestaltete.
„Macht nur, wie Ihr denkt", sagte er zu Callein und Anna, wenn der eine oder die cmdere mit einer Frage an ihn herantrat.
Es war nicht schwer zu bestimmen; in Marianne Fernis Schreibtisch, gleich obenauf, fand sich ein Schriftstück, das alles auf ihre Beisetzung Bezügliche enthielt; sie wollte es genau so haben, wie es bei ihrem im Tode vorangegangenen Gatten gehalten worden war.
Am dritten Tage fand die Beisetzung mit all dem feierlichen Pomp statt, den Reichtum und Stellung der Heimgegangenen erforderten. Es wurden Frau v. Ferni viel ehrliche Tränen nachgeweint; sie hatte, ohne viel Worte darüber zu machen, ein warmes Herz gehabt für viele, und diese Vielen wußten, das kein Ersatz für sie da war. Armand war als