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Amts- und Anzeigeblatt für den Gberamtsbezikl Calw

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Srscheinunzttaze: Montag, Dienstag, Mittwoch, t'onnerrtaa, Freitag und Samstag, JnsertionSpreis t ^ Pfg. pro Zeile für Stabt u, Bezirlsortc; außer Bezirk 12 Psg.

Dienstag, -en 2. November 1909

BezugSpr.i.d.StadL^/^LHrl.m.Träaerl.Mk. 1.25. PoftbezugSpr. f. d. Orts- u. Nachbarortsverk. ^jährl. Mk. 1 . 20 , im Fernverkehr Mk. 1.9V. Bestellg. in Württ. 30 Pfg.« in Bayern u. Reich 42 Pfg

Tases»eRi^keitev.

8V. Calw 1. Nov. Der Ausflug des hiesigen Schwarzwaldvereins am gestrigen Sonntag erfreute sich trotz des trüben Herbst- wetters einer überaus großen Beteiligung, Gegen 70 Wanderer aus Calw und Umgebung ließen es sich nicht nehmen, die letzte der so beliebten Schwarzwaldvereinstouren mitzumachen. Sie hatten dies sicher auch nicht zu bereuen; denn die ganze Wanderung nahm einen recht gemüt­lichen Verlauf. Der Himmel zeigte zwar be­harrlich sein düsteres Grau; dafür waren aber die Waldungen Dank dem bis jetzt frostfreien Wetter mit den schönsten Herbstfarben geschmückt. Die Wege waren, abgesehen von den wenigen Ortsstraßen, durchweg trocken. Das Wander­tempo wurde niemals beschleunigt; es konnte daher die zahlreiche Jugend ohne Ermüdung gut bis zum Schluß Tritt halten. Dank der unermüdlichen Vereinskapelle war diesmal auch ein solch guterZusammenhalt," daß alles so lang -als. -möglich, wie eine große Familie bei­sammen blieb. Nur im Hirsch in Altburg wurde die fröhliche Schar auseinandergerissen. 4 Räume auf 2 Stockwerken waren nötig zu ihrer Unter­bringung. Das tat der frohen Stimmung aber keinen Eintrag. Nach einem guten Vesper er­schollen bald fröhliche Weisen und zwar unter der Leitung energischer Direktoren in jedem Zimmer jeweils andere. Die Beteiligten störte dies gewiß nicht, höchstens die zahlreichen Zu­hörer auf der Gasse. Auf dem Heimweg wurde die fehlende Mondbeleuchtung ersetzt durch zahl­reiches Feuerwerk, mit dem uns unsere vom Fackeln her noch bekannten Oberfeuerwerker er­freuten. Nach nicht ganz 6ständigem Fernsein erfolgte sehr frühzeitig, schon vor 8 Uhr, die Heimkehr nach Calw. Mit dieser Wanderung

ist die letzte Nummer des Vereinsprogramms pro 1909 abgewickelt worden. Wir können dabei sagen: Auch das Ende gut, und somit alles gut! Darum auch fürs nächste Jahr:Waldheil!"

Calw, 2. Nov. Der auf der Stamm- heimer Straße mit einer Kopfwunde aufgefundene Farrenwärter Gräber hat auch bis heute das Bewußtsein nicht wiedererlangt. Durch die Land- jägermannschaft wurde inzwischen festgestellt, daß ein Verschulden mittelst Automobils nicht vorliegt, indem von fünf die Straße zu jener Zeit pas­sierenden Autos, zwei die Unfallstelle passier­ten, als bereits Personen den Verletzten um­standen und drei erst später in die Stadt einfuhren. Da die meisten Personen, die um diese Zeit von und nach Stammheim unterwegs waren, vernommen werden konnten, so dürfte die Annahme an Wahrscheinlichkeit gewinnen, daß Gräber infolge eines Schwächeanfalls ge­stürzt ist und sich die Verletzungen selbst zu­gezogen hat.

Liebenzell. Der mit LI gezeichnete Privatbericht über die am 29, v. Mts. statt­gefundene Sitzung der bürgerlichen Kollegien, bedarf der Ergänzung. In dem­selben heißt es, daß die Mehrheit des Ge­meinderats die Durchsicht der Jahresrechnung bescheinigt habe. Hier ist zu bemerken, daß auch der Ortsgeistliche ohne Bedenken Unterzeichnete und daß im Gemeinderat nur das Mitglied Michel die Bescheinigung versagte. Ferner könnte es den Anschein erwecken, als ob der Vorsitzende sich mit der Vornahme der vom Bür­gerausschuß gewünschten genaueren Durchsicht der Rechnungen und Belege nicht ohne Weiteres hätte einverstanden erklärt. Dies ist nicht der Fall; denn der Vorsitzende wies schon zu Be­ginn der Verhandlung ausdrücklich darauf hin,

daß sämtliche Rechnungsakten den Gemeinde­kollegien zur Einsicht aufliegen. Nur bezüglich der Einräumung des Rathaussaales zu diesem Zweck an einem Sonntag behielt sich der Vor­sitzende Bedenkzeit vor. Ferner besagt der Ar­tikel, die Verwaltung der Gemeinde gewähre höchst unerfreuliche Einblicke. Da dies Ver­dächtigungen gegen die Gemeindeverwaltung gleichkommt, so wäre es zu begrüßen, wenn ein­mal die Vorgesetzte Behörde Grund in der Sache machen würde. Ganz falsch ist die Behauptung des Berichterstatters, daß die Verhandlungen an diesem Abend zu einem Resultat geführt hätten, wenn nicht einige Mitglieder des Gemeinderats die Sitzung vorzeitig verlassen hätten. Diese Gemeinderäte waren aber mit allem Willen für Erledigung des oberamtlichen Erlasses und wirkten stundenlang bis nach 10 Uhr nachts darauf hin, daß die Angelegenheit der Grundstocksergän­zung, die landauf, landab vorzukommen pflegt, hier aber in überschwenglicher Weise aufgebauscht wird und unnötiger Weise zur Unzufriedenheit der hiesigen Börger führt, in Ordnung komme.

Neuenbürg 1. Nov. Eine ungünstige Kameradschaft schloß im Oberamtsgefängnis hier der Säger Klumpp von Besenfeld mit dem Dreher Haas von Reutlingen. Beide gingen nach der Entlassung miteinander auf Wanderschaft, doch schon im Walde bei Schwann überfiel Haas den Klumpp, raubte ihm das Geld mit über 30 ^ und floh H errenalb zu.

Hirschlanden O.A, Leonberg 1. Nov. Am Samstag nachmittag wurde bei dem Bauern Schäufele eingebrochen. Dem Dieb, von dem man noch keine Spur hat, fielen 1100 ^ in die Hände.

Stuttgart. (Bürgerliche Wohnungs Ausstattung.) Zur Erlangung kunstgewerb-

Im Klosterhof.

Roman von B. v. Lancken.

(Fortsetzung.)

In diesen Tagen erkennt Armand v. Ferni erst in vollem Um­fang, was diese Frau ihm gewesen, wie viel auf ihren Schultern geruht, was sie geleistet und wie leicht ihm das Leben gewesen durch ihre rastlose Tätigkeit. Eine Furcht vor der Zukunft überkommt ihn, die stillen, ernsten Gesichter seiner Umgebung beängstigen ihn; der Frohsinn ist aus den Räumen des Schlosses verbannt, ein ernster Gast, die Sorge, ist einge­treten in den glänzenden Hallen, und eine noch ernstere Gefolgschaft steht unsichtbar draußen an der Pforte, Einlaß heischend. Callein weilt oft am Krankenbett der Verwandten; er hält oft ihre abgemagerte, fi-bernde Hand, er streicht ihr lind und leise das von Schweiß feuchte Haar aus der bleichen Stirn, er sieht ihr gütig und liebevoll ermutigend in die einst schönen, jetzt fieberhaft glänzenden Augen.

Tante Marianne, Mut, nur Mut!" flüsterte er leise, sich zu ihr mederbeugend oft steht Inge neben ihm. Sie spricht nichts mit ihm, als was auf die Kranke Bezug hat, kein Blick ihres herrlichen, leuchtenden Auges begegnet ihm anders als kühl, gleichgültig, sie verkehren zusammen ganz korrekt, genau so, wie es zwischen Vetter und Cousine, zwischen einem vornehmen Mann und einer Dame ihrer Kreise Sitte ist, aber nichts Herzliches, Freundschaftliches will zwischen ihnen Platz greifen, was doch so natürlich gewesen wäre.-

Es ist Nacht; die barmherzige Schwester hat sich ins Nebenzimmer zurückgezogen, die Müdigkeit hat sie überwältigt, sie hat die weiße Flügel­haube gelöst und ist in eine Sofaecke gedrückt, .fest eingeschlafen. Die Tür zum Krankenzimmer ist halb geöffnet, Inge sitzt am Bett der Leiden­den. Die Nachtlampe, leicht verschleiert, beleuchtet nur die nächsten

I Gegenstände, den nächsten Kreis ums Bett herum, der übrige Raum liegt in geheimnisvollem Halbdunkel, unsicher, schemenhaft treten die Umriffe der Möbel daraus hervor. Durch einen Spalt der vor dem geöffneten Fenster herabgelassenen Vorhänge fällt ein schmaler, bleicher Lichtstreif des Mondes und zeichnet einen weißen Schein auf den dunklen Teppich. Die Kranke ruht mit geschloffenen Augen und gefalteten Händen, sie atmet ruhiger als sonst, das Fieber hat etwas nachgelassen; seitwärts im tiefen, altertümlichen Lehnstuhl hat Inge ihren Platz. Das Haupt ist zurückge­sunken, die dunklen Wimpern liegen auf den blassen, schmalen Wangen, die Lippen sind leicht geöffnet, sie ist von einer Art Halbschlaf umfangen. Leise, ganz leise öffnete sich die Tür Callein tritt über die Schwelle. Sein Fuß stockt; sein Blick ist gefesselt dort die Totkranke und da- neben die blasse schmalwangige zarte Pflegerin. Sein Blick hängt an ihr, sein Atem geht schneller, wie ein Schauer rieselt's durch seine Glieder, er will fort; die Lippen fest zusammengepreßt, bleibt er noch stehen

dann wirft er trotzig den Kopf zurück, zieht die Tür leise hinter sich ins

Schloß und tritt ein. Er nähert sich nur langsam, sehr langsam, er fürchtet, Inge könne erwachen, ja er fürchtet dies Erwachen. Jetzt ist er nahe, ganz nahe; er hört den röchelnden Atem der Kranken, den leisen, gesunden, gleichmäßigen des Mädchens, er meint den Hauch zu spüren, der den halbgeöffneten, roten Lippen entströmt. Neben dem Tisch mit der Nachtlampe steht er still, die Hand darauf gestützt, die Augen

unverwandt auf Inge gerichtet.-Unruhig wendet sie einigemale

den Kopf von rechts nach links, er sieht sie an, sie seufzt tief auf, eine

Bewegung geht über ihre Züge, er sieht sie immer noch an, die Lider

zittern, zucken öffnen sich. Ihr Blick begegnet dem des Grafen. Sekunden, Minuten lang ist es ganz still ringsum. Die Nachtlampe blinkt matt, der Mondschein spielt auf dem Teppich, die Kranke schläft. Langsam erhebt sich Inge, das Sitzen, der Halbschlaf, in dem sie befangen, alles wirkt auf sie; sie taumelt, steht unsicher, greift nach der Stuhllehne.