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wurde wieder zurück bis nach Markdorf bei Friedrichshafen getrieben, wo er heute nacht 2 Uhr glatt gelandet ist. Heute früh 6 Uhr wurde die Ballonhülle mittels Fuhrwerk nach Friedrichshafen gebracht.
Karlsruhe 30. Okt. Die heutigen Stichwahlen zum badischen Landtag hatten folgende Ergebnisse (der gesperrte Parteiname bedeutet, daß sie bisher im Besitz des Mandats war):
Rastatt-Stadt: Vogel (Dem.) gewählt (bisher natl.) mit 930 gegen Gräfinger (Ztr.) mit 527 St.
Baden-Stadt: GewähltKölblin (Nat l.) mit 1663 gegen Schmidt (Ztr.) 1403 St.
Konstanz-Stadt: Gewählt Venedey (Dem.)
Offenburg-Stadt: Gewählt Muser (Dem.) mit 1343 gegen Simmler (Ztr.) 1085 St.
Freiburg-Stadt II.: Gewählt Kräuter (S o z.) mit 2145 St. gegen Heitzler (Ztr.) 1813 St.
Schwetzingen: Gewählt Kahn (Soz.) mit 2839 St. gegen Karl (Kons.) mit 2564 St. (bisher Dem.).
Mannheim IV: Gewählt König (Natl.) mit 2722 St. gegen Geck (Soz.) mit 1920 St.
Bruchsal-Stadt: Gewählt Wiedemann (Ztr.) mit 1283 St. gegen Hoffmann (Dem.) mit 1225 St.
Pforzheim-Stadt I: Gewählt Odenwald (Freist) mit 2340 St. gegen Harter (Soz.) mit 2045 St. (bisher Natl.).
Karlsruhe-Stadtll: Gewählt Rebmann (N a tl.) mit 1883 St. gegen Geck (Soz.) mit 1614 St.
Donaueschingen: Gewählt Hilbert (N at l.) mit 3363 St. (897 St. Mehrheit).
Engen-Konstanz: Gewählt Schmidt (Natl.) bisher Zentrum.
Lörrach-Land: Gewählt Breitenfeld (Soz.) mit 2308 gegen Obkircher (Natl.) mit 2269 St.
Schopfheim: Gewählt Müller (Soz.) bisher jungl.
Heidelberg-Eberbach: Gewählt Maier (Soz.) mit 2197 gegen Quenzer (Natl.) mit 2010St.
Lörrach-Stadt: Gewählt Rösch (Soz.) mit 1117 gegen Sutter (Freis.) mit 1004 St.
Heidelberg-Wiesloch: GewähltPfeiffle(Soz.).
Mosbach: Gewählt Bauschbach (Kons.).
Meßkirch-Stockach: Weihhaupt (Natl.).
Durlach-Ettlingen: Gewählt Gierich (Kon st).
Bretten-Bruchsal: Gewählt Schmidt (Bund der Landw.).
Säcking^n-Schopfheim; Gewählt Dieterle (Zentr.) mit 2752 gegen Matt (Natl.) 2432.
Lahr Stadt: Gewählt Mansch (Soz.) mit 1271 gegen Kunzer (Natl.) mit 1037.
Lahr Land: Gewählt Heimburger (Dem.) mit 2946 gegen Schriebe! (Kons.) 2575.
Epping en-Sinsheim Gewählt Geiger (Natl.).
Boxberg-Adelsheim: Gewählt Leiser (Nat l.).
Karlsruhe-Land: Gewählt Neck (Natl.).
Emmendingen: Gewählt Pfefferte (Natl.)
Freiburg Stadt I: Gewählt Fehrenbach (Ztr.) mit 1704 St. gegen Winkelmann (Natl.) mit 1661 St.
Freiburg Stadt III: GewähltGöhring (Natl.) mit 2396 gegen Hauser (Ztr.) mit 1310 St.
Triberg-Villingen-Wolfach: Gewählt Hummel (Dem.) bisher natl.
Karlsruhe III: Gewählt Willi (Soz.) mit 2383 St. gegen Frühauf (Freis.) mit 2268 St.
Bruchsal-Durlach: Gewählt Kurz (Soz.) bisher kons.
Heidelberg Stadt I: Gewählt Rohrhurst
(Natl.)
H eid elb erg Stadt II: Gewählt Koch (Jungl.) bisher natl.
BeiderheutigenStichwahl wurden gewählt: 13 Nationalliberale, 10 Sozialdemokraten, 5 Demokraten, 3 Zentrumsleute, 2 Konservative, 1 Freisinniger, 1 Bund der Landwirte. Danach setzt sich der neue Landtag zusammen: aus 26 Zentrum (1905: 28), 20 Sozialdemokraten (12), 17 Nationalliberalen (23), 6 Demokraten (5), 2 Konservative (3), 1 Freisinniger (1), 1 Bund der Landwirte (1).
München 30. Okt. Der Polizeibericht meldet: Der Untersuchungsrichter am Landgericht I hat gestern gegen den Schrifsteller Erich Mühsam, zuletzt in Berlin, einen Haftbefehl erlassen. Bis gestern nachmittag hatte sich das Beweismaterial derartig angehäuft, daß außer dem in Hast befindlichen Karl Schultze, vor allem auch der Genannte dringend verdächtig erscheint, im laufenden Jahr in München eine geheime Verbindung geschaffen zu haben mit dem ausgesprochenen Zweck, Verbrecher Und sonstige unlautere Elemente unter der Flagge des Anarchismus zur Begehung strafbarer Handlungen anzureizen. Nach telegraphischer Mitteilung ist Mühsam in Berlin verhaftet worden.
Köln 31. Okt. Die drei Militär- Luftschiffe 2 11, LI II und I I sind heute Nacht zwischen 11'/- und 12'/- Uhr nacheinander
zu einer Dauerfahrt in das nördliche Gebiet der Rheinprovinz aufgestiegen. Die Windstärke betrug gestern Abend bei 1100 m Höhe 6 Sekundenmeter. Die Fahrt dehnte sich bis Wesel aus.
2 II schwenkte kurz vor Wesel südlich ab und landete heute Morgen 7 Uhr 15 Minuten. ? I landete um 18 Uhr und LI II um 10°/« Uhr. Wie wir von der Luftschifferkommission hören, sind die Fahrtergebnisse sehr befriedigend gewesen.
Köln a. Rh. 31. Okt. Das Luftschiff „I III", das sich in inoffizieller Weise an der heutigen Nachtfahrt, der 3 Militärluftschiffe beteiligte, verließ Leichlingen gestern abend um 11.50 Uhr und nahm den Kurs auf Wesel. „2 II" kehrte etwa 20 Klmtr. vor Wesel um. „? I" traf ungefähr 4°/« Uhr, „LI II" um 6 Uhr früh in Wesel ein. Die Orientierung war wegen des herrschenden dichten Nebels sehr schwierig und man hatte erheblichen Gegenwind und zum Teil mit scharfem Sprühregen zu kämpfen, wodurch an den Leistungen sämtlicher Schiffe sehr hohe Anforderungen gestellt wurden. Der Wind wehte aus Nordosten. „? III" traf in Wesel um 4 Uhr ein und umfuhr den Kirchturm. Dieses Schiff fuhr nicht wie die Militärluftschiffe den Rhein entlang, sondern in der Richtung auf Crefeld—Jülich. „? 111" sah auf dieser Fahrt den „? I" südlich von Wesel, ebenso das Luftschiff „LI II". Sie waren sich -auf ungefähr 100 Mtr. nahe gekommen, sodaß sie sich Zeichen geben konnten. Die Schiffe fuhren in Höhen von 200—800 Mtr. II" und „LI II" kamen bis auf ungefähr 700 Mtr., „? 111" bis auf ungefähr 780 Mtr. Höhe, während sich „I 1" am niedersten hielt und ungefähr 350 Mtr. Höhe erreichte. Gelandet sind die Militärluftschiffe an der Halle in Bickendorf in folgenden Zeiten: 2 II 7.52, II 9.55 und LI II um 11.10 Uhr vormittags, ? III geriet in der Gegend von Neuß in sehr dichten Nebel, sodaß es zur Orientierung sehr tief heruntergehen mußte. In der Nähe von Welldorf hielt man es für sicherer, zu landen, um besseres Wetter abzuwarten. Die Landung erfolgte um 9.10 Uhr. Nur einige Dorfbewohner waren behilflich. Nachdem das Wetter besser geworden war, stieg das Luftschiff ebenfalls ohne jede Hilfe um 11.35 Uhr wieder auf und landete mittags 1.25 Uhr in Leichlingen. Man ist mit den Fahrten der Luftschiffe sehr zufrieden, da sie unter schwierigen Verhältnissen ungefähr sieben Stunden in der Finsternis und zum Teil in dichtem Nebel mit böigem Gegenwind fuhren und trotzdem mit eigener Kraft ihren Hafen wieder erreicht haben. Eine besondere militärische Aufgabe war den Luftschiffen nicht gestellt. Es sollte lediglich eine Nachtfahrt in die nördliche Rheinprovinz sein. Morgen findet kein Aufstieg statt.
Berlin 30. Okt. Der vor nahezu zwei Jahren von dem Groß-Industriellen Lanz für denjenigen deutschen Aviatiker gestiftete Preis von 40 000 der von einer 100 m langen Fahrtlinie 2 000 in von einander entfernte Marken umfliegt, davon die zweite Marke in entgegengesetzter Richtung wie die erste und dann zur Startlinie, die gleichzeitig Zielnnie ist, zurückkehrt, wurde heute zum ersten Male offiziell von dem Magdeburger Ingenieur Grade auf dem Gelände der deutschen Flugplatz-Gesellschaft zu Adlershof, Johannistal, bestritten. Zahlreiche Interessenten und eine große Zuschauermenge hatten sich eingefunden, um dem Fluge des deutschen Aviatikers beizuwohnen. Witterung und Windverhältnisse waren günstig. Kurz nach
3 Uhr brachte Grade seinen Monoplan, der mit den zahlreichen Verbesserungen, die Grade in der letzten Zeit noch vorgenommen hat, einen vorzüglichen Eindruck machte, aus der Halle. Nach Ablauf von ca. 20 m auf der Auffahrtsstrecke vor den Tribünen stieg der Apparat hoch und flog in einer Höhe von 6—8 m dem zweiten Markpfosten zu, umflog diesen mit einer Linksdrehung und kehrte unter Einhaltung der vorgeschriebenen Bedingungen zum Ausgangspunkt zurück. Die von dem Apparat ausgeführte Kurve war sehr elegant und gelang vollkommen. Grade landete glatt, nahm dann aber nach Absolvierung des Preisfluges noch einige Flugmanöver vor, die gleichfalls von Erfolg gekrönt
waren. Auch morgen wird Grade auf dem Flugfelds seinen Monoplan vorführen.
Berlin 30. Okt. Aus London wird gemeldet: Als Dr. Cook gestern abend in Hamilton (Montana) einen Vortrag über seine Nordpolreise hielt, sah er sich plötzlich dem Führer Barrill, mit dem er zusammen den Berg Mc Kinley erstiegen haben will, gegenüber. Barrill unterbrach den Vortrag und rief mit lauter Stimme: „Dr. Cook, ich bin da und will bestätigen, daß Sie den Mc Kinley nicht bestiegen haben, als Fred Prinz und ich Sie begleiteten!" Dr. Cook erklärte, sein armer Führer habe sich durch die Feinde Cooks und durch Geschenke zu Erklärungen bringen lassen, die mit den Tatsachen nicht übereinstimmten. Das Publikum wollte jedoch davon nichts wissen und erhob einen großen Lärm.
Wien 31. Okt. Nachdem der Kaiser seit drei Tagen das Schloß Schönbrunn nicht verlassen hat und der für gestern angesagte Empfang der hier weilenden türkischen Gäste verschoben wurde, zirkulieren (Mächte, daß der Kaiser erkrankt sei. In Hofkreisen werden zwar diese Gerüchte als unbegründet erklärt.
London 30. Okt. Der „Daily Telegraph" bringt einen interessanten Bericht über die Anfänge des Militärputsches, den Kapitän Typaldos gestern improvisierte. Als gestern die Morgennummer der Zeitung „Chronos" die Ausstoßung Typaldos aus den Reihen der Militär-Liga veröffentlichte, verließ er mit einer Schar befreundeter Offiziere Athen mit der Absicht, das Arsenal von Salamis zu besetzen. Als die Regierung davon erfuhr, ordnete sie seine sofortige Verhaftung an. Er war aber bereits verschwunden. Er hatte sich vom Piräus auf einem Boote nach Perama begeben, wo er von den ihm unterstellten Unterseebooten Besitz nahm und etwa 400 Macedonier in Dienst stellte. In diesen Booten fuhr er nach Reros, wo er von den fünf Torpedobooten, die dort stationiert waren, zwei bemannte, nur 9 Offiziere folgten seiner Aufforderung, sich ihm anzuschließen. Den übrigen gebrach es an Mut dazu. Sie kehrten nach Athen zurück. Die Regierung ordnete die Verhaftung dieser Offiziere an. Die Regierungstruppen haben im Kampfe gegen die Aufrührer zwei Mann verloren. Die Verluste der Meuterer sind unbekannt. Die Wiedereroberung des Zeughauses durch die Regierungstruppen wird offiziell bestätigt. Die Torpedoboote haben sich infolgedessen noch nicht ergeben. Der Kampf dauerte nur 20 Minuten. Torpedos wurden nicht geschleudert.
Athen 30. Okt. Der Torpedobootszerstörer Sfendoni eröffnete das gestrige Gefecht. Der Panzerkreuzer Hydra antwortete sofort. Eine Granate des Panzers Spetsai tötete auf dem Sfendoni 5 Heizer, eine andere tötete 2 und verwundete einen Matrosen. Leutnant Kanaris wurde verwundet. Auf der Hydra fielen 2 Matrosen, einer wurde verwundet. Ein Schuß des Panzers Psara traf das Krankenhaus des Arsenals. Zwei Kranke wurden dadurch getötet und einer verwundet. Ein anderes Geschütz zerstörte die Werkstättenabteilung des Arsenals. Zwei Torpedoboote der Meuterer sind noch in der Salamisbucht, das dritte flüchtete nach Poros. Die Zerstörer sind alle beschädigt, außer einem, der bei dem Arsenal geblieben war. Nach dem Gefecht dampften die Kriegsschiffe nach Keratsini ab und ankerten außerhalb des Piräushafens.
Berlin 30. Okt. In Paris verlautet, Typaldos habe sich auf einem der Torpedoboote bei Nacht mit seinen Genossen nach Brindisi geflüchtet. Von unterrichteter Seite wird erklärt, daß Tybaldos über bedeutende Geldmittel verfügt, ebenso über Geheimakten, wie die Führungslisten, durch deren zweckmäßige Verwendung es ihm gelang, die beförderungslustigen Offiziere, denen das Warten zu lange dauerte, für seine Pläne zu gewinnen. — Ueber die Vorgeschichte der Meuterei wird über Paris noch gemeldet: Vorgestern berief Typaldos seine Freunde zusammen, um sie zu veranlassen, ge-