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das Fest der Kircheneinweihung für alle Festteilnehmer eine ungetrübte sein und durch das Fest selber unter denen, für die die Kirche bestimmt ist, die Liebe und Anhänglichkeit an das Gotteshaus und das Wort, das darin verkündigt wird, aufs neue gekräftigt worden sein. -ät.
— Die erste und zweite Dienstprüfung für das humanistische Lehramt hat bestanden und damit die Befähigung zur Anstellung auf humanistischen Lehrstellen zuerkannt erhalten: Weizsäcker, Ulrich, aus Calw.
Bad Teinach 22. Okt. Wie aus dem Inseratenteil ersichtlich ist, findet amDienstag, den 2. November d. I- in Teinach erstmals ein Vieh markt statt. Vermöge der günstigen Lage Teinachs, das für ca. 14 umliegende Ortschaften den Mittelpunkt bildet, ist zu erwarten, daß der Markt sehr zahlreich befahren wird; auch haben die in der Gegend arbeitenden Händler ihr Erscheinen zugesagt.
Ludwigsburg 26. Okt. Die Orgelbauanstalt von E. F. Walcker und Co. hier schickt sich an, eine Riesenorgel aufzuführen, hinter der alle bisher gebauten Orgelwerke der Welt Zurückbleiben. Sie ist für die neue Michaeliskirche in Hamburg bestimmt, umfaßt 140 Register mit mehr als 11 000 Pfeifen, deren größte 11 Meter hoch wird und erhält elektrische Traktur. Gerade auf dem Gebiete elektrisch betriebener Orgeln leistet die Firma Walcker Hervorragendes und steht an der Spitze der deutschen Orgelbaumeister, mit deren ersten sie auch bei Vergebung der Hamburger Orgel, die bis Frühjahr 1912 fertig gestellt sein muß, in Konkurrenz stand. Eine weitere elektrische Orgel mit 91 Registern wurde für eine Kirche in Berlin in Auftrag gegeben.
Stuttgart 26. Okt. Dem Mostobstmarkt auf dem Wilhelmsplatz waren 900 Ztr. zugeführt. Preis 4.80—5.40 per Ztr.
Von den Fildern 26. Okt. Die Krauternte ist seit einiger Zeit in vollem Gange. Das Ergebnis des Rund- wie auch des spitzen Filderkrauts ist gut. Der Versand per Bahn nach auswärts ist ziemlich umfangreich. Oft kommen 6 bis 8 Eisenbahnwagen von der Station Eßlingen aus zur Weiterbeförderung nach allen Richtungen. Der Preis ist dagegen sehr niedrig und ging anfangs von 1 ^ auf 70 c) per Zentner zurück, während im Vorjahr bis zu 3 ^ für einen Zentner bezahlt wurden. Neben dieser starken Ausfuhr wird auch noch viel Ware im Hausierhandel in den umliegenden Orten bei Eßlingen abzusetzen gesucht.
Tübingen 26. Okt. Einem Neuangekommenen Studierenden, der in allzugroßer Sorglosigkeit seine Bude im Neckarbad unverschlossen
ließ, ist sein Geldbestand mit 200—300 ^gestohlen worden. Von dem Dieb fehlt jede Spur.
Crailsheim 25. Okt. Das Fest der goldenen Hochzeit durften in diesem Monat hier zwei Jubelpaare feiern: vor 8 Tagen der Wagnermeister Martin Himmelreicher und seine Gattin Katharine, geb. Ehrmann; heute der Metzgermeister Johannes Dietmann und seine Gattin Maria, geb. Wagner. Der König ließ prächtige Bibeln mit eigenhändig eingeschriebener Losung überreichen.
Altenstadt 25. Okt. Ein hiesiger Einwohner, Fr. Eckhardt, in der Württ. Metallwarenfabrik beschäftigt, hat dem Grafen Zeppelin seine Dienste für die geplante Zeppelin'sche Nordpolexpedition angeboten, die er im Personal der Luftschiffexpedition gern mitgemacht hätte. Der Generalbevollmächtigte des Grafen, Uhland, hat auf das Anerbieten erwidert, daß das notwendige Personal für die Expedition bereits vorgesehen ist, weshalb von dem Angebot kein Gebrauch gemacht werden könne.
Spaichingen 26. Okt. Gestern morgesi wurden wir hier durch den ersten Schnee fall überrascht. Der Dreifaltigkeitsberg hatte, als er vom Nebel frei war, eine weithin sichtbare Schneedecke, die allerdings den bald aus den grauen Wolken hervorbrechenden Sonnenstrahlen nicht lange Stand hielt. Mittags gab es nochmals ein Schneetreiben.
Biberach 25. Okt. Das Hornstein'- sche Schloß in Bußmannshausen, OA. Laup- heim, ist abgebrannt. Das Schloß, ein wunderschöner Sitz im Rottal, ist zurzeit unbewohnt. Besonders die Kapelle und die Bibliothek mit wertvollen Büchern bedeuten einen großen Verlust. In der Kapelle wurde seit längerer Zeit nicht mehr zelebriert. Baron Hornstein, der Besitzer des abgebrannten Schlosses residiert im gegenüberliegenden Orsenhausen. Dem Vernehmen nach ist nachts in dem Schloß ein Einbruch verübt, worden. Die Täter zündeten nach vollbrachter Tat das Schloß an.
Friedrichshafen 26. Okt. Das Luftschiff 2 III ist heute nachmittag 2 Uhr 20 Min. zu einer längeren Probefahrt aufgestiegen.
Friedrichshafen 26. Okt. DieVer- suchs führten mit dem Luftschiff „2 III" erstrecken sich insgesamt noch auf ca. zwei Aufstiege, dann ist Schluß der diesjährigen Luftschiffsaison. Alsdann erfolgt die Uebersiedlung nach dem Areal auf dem Riedlepark.
Aus Baden 26. Okt. Die Gemeinden Gräfenhausen, Arnbach, Schwann, Conweiler, Feldrennach und Langenalb streben seit Jahren die
Erbauung einer normalspurigen Nebenbahn Brötzingen-Marxzell an. Bei der Beratung dieses Planes im württembergischen Abgeordnetenhause zeigte sich aber größere Geneigtheit dafür, einem Plan zuzustimmen, welcher als Ausgangspunkt der Bahn einen Ort im oberen Enztal vorsieht. Deshalb wollen diese Gemeinden ein neues Projekt ausarbeiten lassen. Als Ausgangspunkt soll Neuenbürg gelten. Die Neuenbürger Kollegien beschlossen, den neuen Plan nach Möglichkeit zu unterstützen.
Vom Bodensee 25. Okt. Von gestern auf Heutetratein gewaltiger Wettersturz mit ausgiebigen Niederschlägen ein. Heute früh bot das Gebirge, das gestern noch vollkommen herbstlichen Charakter zeigte, winterlichen Anblick. Die Vorberge, sogar der Pfänder und der Rorschacher- berg, waren in der Frühe bis zu 600 m herab mit Neuschnee bedeckt.
Frankfurt 26. Okt. Der Sonderzug des Kaisers von Rußland ist um 2.25 Uhr auf der Station Frankfurt-Oppenheim eingetroffen. Nach herzlicher Verabschiedung von seinen Verwandten, die hier den Sonderzug verließen, setzte der Kaifer seine Reise über Sachsenhausen— Bebra fort.
Worms 26. Ökt. Der Hofzug des Kaisers Nikolaus traf um 1.44 Uhr auf dem hiesigen Bahnhof ein, wo Prinz und Prinzessin Heinrich von Preußen, der Großherzog und die Großherzogin von Hessen und die Prinzessin von Battenberg sich eingefunden hatten. Die hohen Herrschaften begrüßten den Kaiser herzlich und bestiegen dann den Zug, um den Kaiser bis Frankfurt zu begleiten.
Dresden 26. Okt. Das hies. Regierungsorgan, das „Dresdener Journal", bringt heute folgende amtliche Erklärung: Die von einem Berliner Blatte gebrachte Meldung, Minister Graf Vitzthum v. Eckstädt habe sich dahin geäußert, daß die Regierung über das Eindringen der Sozialdemokraten in den Landtag keineswegs besorgt sei, es sei vielmehr der Wunsch der Regierung, daß sich die sozialdemokratischen Abgeordneten auch tatsächlich an den Arbeiten zum Wohle des Volkes beteiligen möchten, ist von Anfang bis zu Ende erfunden.
Berlin 26. Okt. Wie der Vorstand des Berliner Vereins für Luftschiffahrt mitteilt, wird Ingenieur Grade den Bewerbungsslug um den Lanz-Preis der Lüfte in Gegenwart des Stifters des Preises, Dr. Lanz-Mannheim, am Samstag, den 30. ds., nachmittags 3 Uhr auf dem Flugfelde der deutschen Flugplatzgesellschaft bei Johannistal-Adlershof ausführen.
Umgegend ihr gewissermaßen huldigten, wo alle Aufmerksamkeit nur ihr' galt, wo ihr Verlobter, Marianne und Anna sie mit Zärtlichkeiten verwöhnten, mit fürstlichen Gaben überschütteten. Sie — die Arme, die Heimatlose-
„Mama", rief sie einmal und schlang überwältigt von allem die Arme um den Hals Frau v. Fernis, „Mama, bin ich würdig so vielen Glückes, und wie soll ich es vergelten?"
„Mache meinen Armand glücklich, Inge, und sei ihm die treue, feste Stütze, die er bei seinem weichen Herzen so sehr bedarf."
Anna stand seitwärts. Als ihre Mutter das Zimmer verlassen, trat sie an Inge heran, und ihre Hand nehmend, sagte sie:
„Mach Dir doch nicht so viele Gedanken darüber, Inge, was Du alles an Dank schuldig bist. Ich liebe meinen Bruder, aber ich kenne ihn sehr genau. Du wirst es nicht leicht neben ihm haben."
Das Diner ist vorüber, das Brautpaar ist angefeiert, angetoastet, überall stehen jetzt plaudernde, scherzende Gruppen zusammen, während die Diener den Mokka herumreichen. Armand ist strahlend, die Verkürzung des Fußes ist nicht gar so schlimm, wie man anfangs gefürchtet, wenn auch immerhin bemerkbar, aber Inge, gut und klug und liebevoll, hatte es verstanden, ihn mit dieser nun einmal unabänderlichen Tatsache allmählich auszusöhnen, und so schreitet er, seine schöne Braut am Arme, von einer Gruppe zur andern. Er ist stolz auf Inge, und die Bewunderung, die ihr von allen Seiten zuteil wird, schmeichelt seiner Eitelkeit.
Frau v. Ferni wird nicht müde, immer und immer wieder die Vorzüge ihrer Schwiegertochter zu rühmen, und nur Anna ist stiller als sonst. Ihre großen klugen Augen schweifen jetzt, während sie ziemlich unbeachtet am Ende der Terasse steht, mit einem Blick tiefer Sehnsucht in die Ferne, als suche sie dort ein schönes, unerreichbares Glück. Anna v. Ferni trug die kostbarste Toilette, die seltensten Steine, die Blicke der Frauen folgten ihr oft mit stillem Neid — und sie fühlte sich ärmer als alle. Die feinen, überschlanken Hände mit den funkelnden Ringen auf die Ballustrade
gestützt, den schmalen Kopf zur Seite gewendet, so träumte sie in den Sommerabend hinaus.
„Guten Tag, Anna."
Ein warmer Hauch streifte ihre Wange, eine tiefe, volle Stimme tönte an ihr Ohr. Ein heimlicher Schauer rieselt bei dem Klang dieser Stimme durch ihre Glieder, sie wendet sich um. Vor ihr steht Graf Callein.
„Markus," flüstert sie, „Markus — woher kommst Du?"
Er lacht. „Direkt von Hackburg, und wie mir Köpke sagt, gerade zu Armands Verlobung. Die Anzeige erhielt ich am Tage meiner Abreise von New-Aork und wollte meinen Glückwunsch nun selbst darbringen. Du siehst, ich habe mich gleich festlich umgekleidet, habe Tante Marianne schon gratuliert, tue das gleiche bei Dir, der glücklichen Schwester und Schwägerin, und habe nun Zeit, mir die Verlobten von hier aus anzusehen. Wo sind sie denn?"
„Dort das junge Mädchen neben der Baronin Thieß, das ist Inge. Ein liebes prächtiges Geschöpf. Siehst Du sie denn nicht, Markus? Dort!"
„Ja freilich, sehe ich sie. Diese ist es, diese?"
Markus Calleins Augen richteten sich aus Inge; Staunen, Erschrecken und noch etwas anderes, glomm plötzlich darin auf. Dies Gesicht kannte er, diese vornehme Gestalt, die eleganten Bewegungen, diese langbewimperten Augen, o — er kannte das alles — er hatte dieses Mädchen gesehen. Nur für wenige, flüchtige Minuten war sie aus der bunten Menge des Großstadtlebens vor ihm aufgetaucht, kurz und flüchtig war ihr Blick dem seinen begegnet, und er hatte sie nicht wieder vergessen. Wie wenig er sie vergessen, das fühlte er erst in dieser Stunde. Vieler, vieler Andenken, die Hand in Hand mit ihm ein Stück Wegs gewandert — ist verblaßt, diese Eine, mit der er kein Wort und nur einen Blick gewechselt, sie ist ihm unvergeßlich geblieben. —
Ueber der Terrasse schwebt der rote Abendglanz der scheidenden Sonne, und in diesem Glanz stand Inge in ihrem weißen Kleid, die entblößten Schultern nur mit einem leichten Florschal umhüllt; der purpur-