t/!

m

249.

Amts- und AnzeigMatt sür den Dberamtzbezirk Calw.

84. Zahrgisz.

>kr;ch»inunL»taz«: Montag, Dienstag, Mittwoch, <oan,r«tag, Freitag und Samstag, Jnsertinnsprsis 0 Psg. pro Heile für Stadt u, BezirkSorte; außer Bezirt t» Psg.

Bezuaspr.i.d, Stadt'/^jährl.m. Trägerl. Mk, I.SS. PostbezugSpr, f.d. Orts- u. Nachbarortsverk, -/.jährl. Mk. t.so, im Fernoerkehr Mk. l.30. Bestellg. in Württ. »0 Pfg., in Bayern u. Reich 42 Mg

TWösUMigreiLe«.

Calw25.Okt. Der Gesangverein Concordia hat am letzten Samstag im Dreiß'schen Saale die Reihe seiner Winter­veranstaltungen mit einem Konzert eröffnet, das für ihn einen vollen Erfolg bedeutet. Der Konzertsaal und sämtliche Nebenräume waren von einem zahlreichen Publikum aus allen Ge­sellschaftskreisen dicht besetzt, ein Beweis dafür, welch allgemeines Interesse dem Verein in neuerer Zeit entgegengebracht wird. Die Concordia war in den letzten Jahren weniger in der Oeffent- lichkeit hervorgetreten, umso erfreulicher ist ihre rasch emporstrebende Entwicklung, die, insbe­sondere im letzten Jahr, auch den ferner Stehenden aufmerksam machen mußte. Diese Entwicklung hat der Verein 3 Faktoren zu ver­danken, die hier in glücklicher Harmonie Zusammen­wirken und die ihm auch ein ferneres Gedeihen verbürgen: ein umsichtiger, in der guten Sache mit von Herzen kommendem Eifer ausgehender Vorstand, Hr. Karl Beißer, der begabte, temperamentvolle und gewandte Dirigent, Hr. Höfer, und eine Sängerschar, die nach an­gestrengter, beruflicher Wochenarbeit noch über Zeit und Interesse genug verfügt, um sich der Pflege des deutschen Männergesangs zu widmen. Das ist erfreulich und sehr anerkennenswert. Der Männer­gesang ist die Kultur der Masse, er beschenkt tausende mit Musik, deren diese sonst entbehren müßten. Der Männergesang ist ein Organismus, der nur gedeiht, wenn die Individualität verschwindet, der Einzelne im Ganzen aufgeht. Diese Be­dingungen hat die Concordia an ihrem Konzert­abend glänzend erfüllt. Jede einzelne Programm­nummer bewies das instinktive Zusammenwirken der Sänger, das nur durch eifrige, liebevolle Uebung erzeugt werden kann, und die Uebertragung der

Auffassung des Dirigenten auf die Gesamtheit. Der Abend stand wesentlich unter dem Zeichen Wengerts, unseres heimatlichen Componisten, von dessen Männerchören insgesamt vier zum Vortrag gebracht wurden, u. a. auch das PreisliedHeimat­liebe", mit dem der Verein im letzten Frühjahr aus dem Preissingen in Tiefenbronn als erster Sieger hervorging. Die Zahl der aktiven Sänger hat sich in den letzten Monaten erheblich gesteigert, und es war am Samstag wohl manch einer darunter, der zum erstenmal vor einem größeren ^ Publikum das Podium betreten hat. Dies war auch wohl der Grund, warum sich beim Vortrag des ersten Chors eine gewisse Befangenheit geltend machte. Diese war jedoch beim zweiten Auftreten vollständig verschwunden, und die Sänger fanden ihre absolute Sicherheit im Dirigentenstab. Jeder weitere Chor brachte gesteigerten Beifall und insbesondere fanden die fein herausgearbeiteten Pianos lebhafte Anerkennung. Es war Stim­mung vorhanden und der Kontakt zwischen Vortragenden und Publikum ständig hergestellt. Einen vorteilhaften Eindruck machte auch das äußere Auftreten der Sänger. In dankens­werter Weise war für den Abend der Contrabaß­virtuose, Kgl. Kammermusiker Uhlig aus Stuttgart gewonnen worden. Hr. Uhlig, der in Calw kein Fremder ist, hat auch diesmal wieder sein meisterhaftes Können bewiesen, bei dem er echt künstlerisches Empfinden mit einer bewundernswerten Virtuosität verbindet. Er be­herrscht sein schwieriges Instrument mit einer verblüffenden Selbstverständlichkeit und dürfte in seiner Kunst wohl kaum von einem andern über­troffen werden. Der Verein dankte dem Gast durch Ueberreichung eines Lorbeerkranzes. Be­gleitet war der Solist von Hrn. Handelslehrer Kauffmann, der seiner zum Teil schwierigen Aufgabe mit bekanntem Geschick gerecht wurde.

^ Stammheim. Naturfreunden möchten wir raten, die gegenwärtigen Herbsttage zu einem Gange auf die Höhen zu benützen wo meist milder Sonnenschein strahlt, wenn die Täler noch lange in Nebel liegen. Am meisten empfiehlt sich ein Gang auf den Doma türm bei Stammheim. Die Aussicht von demselben, welche den Sommer über oft unter starker Dunst­bildung am Horizont zu leiden hatte, war in den letzten Wochen eine hervorragend schöne. So zeigte sich am letzten Sonntag die schwäb. Alb vom Lupfen bis' zum Hohenstaufen in voller Pracht. Auch die nächste Umgebung erscheint von der Natur mit den glühendsten Farben bemalt, bevor der harte Winter sie in strenge Bande schlägt. Den Schlüssel zum Turme findet der Wanderer bei den Herren Georgii in Calw, sowie Mörsch auf Station Teinach und in den Gasthäusern in Stammheim. Bergheil!

Stuttgart 24. Okt. Es war ein richtiger Herbsttag, an dem sich heute die Ratio nal- liberale Partei(DeutschePartei) zur Herbst­wanderversammlung in Marbach a. N. versammelte, wenige Tage vor jenem großen Gedächtnistag, an dem vor 150 Jahren der größte Sohn des Schwabenlandes, Friedrich Schiller, in jenem stillen, weltentrückten Städtchen das Licht der Welt erblickte. Der Herbststurm ging über das Land, schüttelte die Bäume und trieb die Menschen hinein in die stillen Gaffen und alten Häuser, wo man sich gütlich tat an dem neuen Rebensaft von den alten Stöcken, die flußauf- und abwärts seit jenem Tage nichts von ihrer Güte verloren haben, als man noch nicht ahnen konnte, wie dermaleinst die Blicke der ganzen Kulturwelt auf jenen Erdenwinkel gerichtet sein würden, wo derjenige Mann seinen Ausgang genommen hat, der dem

Im Llosterhof.

Roman von B. v. Lancken.

(Fortsetzung.)

Arme Tante Marianne!" Das war der erste Gedanke, der sich klar aus allen andern loslöste.

Der Arzt hatte eine Gehirnerschütterung und einen doppelten Hüftenbruch konstatiert, im übrigen aber keine Verletzung innerer, edler Organe gefunden und Frau v. Ferni die trostreiche Hoffnung hinterlassen, daß Lebensgefahr, wenn nicht ganz unvorhergesehene Komplikationen ein- treten würden, ausgeschloffen sei.-

Nun folgte ein vielleicht lange währendes Krankenlager Armands, das um so schwerer für die Umgebung war, als seine Lebhaftigkeit und Ungeduld mit der fortschreitenden Genesung wuchsen.

Außer einer barmherzigen Schwester und seinem Kammerdiener Geiser teilten sich die Mutter, Anna und Inge in seine Pflege. Ohne falsche Prüderie, einfach, schlicht und herzlich hatte Inge Frau Marianne darum gebeten, ein tiefes Rot auf den Wangen, ein liebes Flehen in den schönen, grauschwarzen Augen. Und wie sie dann an seinem Lager saß, da hörte sie's selbst, wie ihr Name so oft während der wilden Fieber­phantasien über seine Lippen kam, so oft, so zärtlich, kosend, sehnsuchtsvoll. Aber auch anderes enthüllte sich ihr. Bilder und Vorstellungen aus seiner toll verlebten Jugend, andere Frauennamen klangen an ihr Ohr; Er­innerungen an lustig verlebte Stunden entrollten sich vor ihr.

Ihr reines, unberührtes Mädchengemüt schreckte manchmal zurück vor dem Einblick in diese ihr fremde, unbekannte Welt, aber ihr scharfer, klarer Verstand zwang sie zum Denken, zum ruhigen Denken, und sie sagte sich, daß einem jungen, schönen, reichen Manne die Versuchungen des Lebens in jeder Gestalt nahen. Sie war mit ihren dreiundzwanzig

Jahren kein törichtes Kind mehr. Sie sah, an welchem blumengeschmückten Abgrund Armand gewandelt, und nur noch sehnlicher wurde das Verlangen, ihm in seinem ferneren Leben zur Seite zu stehen. Sie vertraute dem Einfluß ihrer Liebe, wie jede Frau es tut.

Eine linde Sommemacht zog herauf, das Fenster im Krankenzimmer war geöffnet. Schwere, duftgeschwängerte Luft drang von außen herein; Bosketts, Bäume und Rasenplätze waren in den weißen, silbernen Glanz des Mondes getaucht, der bis ins Zimmer fiel und dort mit dem matt­rötlichen Schein der Nachtlampe um den Vorrang stritt.

Der Kranke lag, die Arme auf der Decke ausgestreckt, den Kopf mit dem schwarzen Verband leicht zur Seite geneigt, hinter dem blau­seidenen Paravgnt festschlafend in den Kiffen. In dem Lehnstuhl am Fenster saß die Mutter. Marianne Femis Züge zeigten heute ganz besonders den Ausdruck tiefer Sorge, ihre Augen hingen an dem gestirnten Nachthimmel, die feinen Hände, die gefaltet im Schoß lagen, preßten sich zuweilen noch fester aufeinander wie in heißem Ringen um das teure Leben.

Leise, ganz leise wurde die Tür geöffnet, und nach vorsichtigem Spähen erschien Inge auf der Schwelle. Marianne wandte den Kopf und machte ihr ein Zeichen, näher zu treten; sie streckte dem jungen Mädchen die Hand entgegen.

Inge, mein liebes Kind," sagte sie leise, das junge Mädchen näher ziehend,setze Dich ein Viertelstündchen zu mir. Ich ich habe etwas Ernstes mit Dir zu reden."

Inge zog ein niedriges Polster heran, nahm neben Marianne Platz und blickte, ihre Hände in die der Frau legend, zu ihr auf. Ein paar Augenblicke noch schwieg Marianne; sie sah in die stille Sommernacht hinaus und dann in die Augen des jungen Mädchen, die mit einem so warmen, tiefen Ausdruck den ihren begegneten.

Inge, der Doktor war vor einer Stunde hier," begann sie dann.

i'