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Erscheinungüisje: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag. JnsertionSpreis 0 Bfg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirk 18 Pfg.
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Stuttgart. (Staatliche Erfindungsausstellung.) Von der Ausstellungsleitung bei der Kgl. Württ. Zentralstelle für Gewerbe und Handel hört man, daß der Ausschuß für die Vorprüfung der eingegangenen Anmeldungen, ungefähr eintausend an der Zahl, zusammengetreten ist und die endgültigen Ausstellungsbestimmungen festgesetzt hat. Im Anschluß hieran wird jetzt die Einzelprüfung der Anmeldungen stattfinden. — Es sind unter den Anmeldungen wohl alle Zweige der Technik vertreten, von der Dynamomaschine bis zum kosmetischen Verfahren, und vom Rodelschlitten bis zum Zündholzsparer, sodaß wohl ein jeder, der eine Neuheit für seinen Betrieb sucht, unter der Fülle der Ausstellungsgegenstände etwas für ihn passendes herausfinden kann. Nur diejenigen weiteren Anmeldungen zur Ausstellung, welche noch im Laufe dieses Monats bei der Ausstellungsleitung eingehen, werden noch berücksichtigt werden.
Stuttgart 15. Okt. Parseval III hat um 10 Uhr 40 Min. von Augsburg die Fahrt nach Stuttgart angetreten; er passierte 12 Uhr 15 Min. Ulm, 1 Uhr Geislingen, 1 Uhr 25 Min. Göppingen, 2 Uhr 20 Min. Eßlingen und landete 2 Uhr 45 Min. auf dem Exerzierplatz bei Cannstatt.
Stuttgart 15. Okt. Die Fahrt des Parseval III nach Stuttgart war vom herrlichsten Wetter begünstigt und wurde glücklich zu Ende geführt. Dem württembergischen Verein für Luftschiffahrt wurde zuerst mitgeteilt, daß die Abfahrt infolge einiger unbedeutender Havarien, die ? III auf seiner gestrigen Rückfahrt von München nach Augsburg erlitten hat, eine Verzögerung erleiden würde, sodaß die Ankunft des Luftschiffs in Cannstatt erst gegen 5 Uhr !
Samstag, den 16. Oktober 1909.
nachmittags zu erwarten sei. Aber viel eher als man erwartet hatte, war der Luftsegler wieder flugbereit und um 10 Uhr 40 Min. trat Oberleutnant Stellung beim schönsten Herbstwetter die Fahrt nach der schwäbischen Hauptstadt an. Wie der sympathische Führer des Luftschiffs erzählte, war es eine sehr genußreiche Fahrt. Ulm wurde bereits um 12 Uhr 15 Min. passiert, um 1 Uhr war Geislingen, um 1 Uhr 25 Min. Göppingen erreicht. Auf eine solch rasche Fahrt war man hier nicht gefaßt und wer kurz nach 1 Uhr den Cannstatter Wasen betreten hatte, fühlte sich noch ziemlich verlassen auf dem weiten Felde. Man hatte gerade damit begonnen um den Ankerplatz für die Zeppelingesellschaft einen weiten Kreis abzusperren, als nacheinander verschiedene Truppenabteilungen zur Absperrung und Hilfeleistung bei der bevorstehenden Landung eintrafen. Nach 2 Uhr vergrößerte sich die Zuschauermenge, immer mehr Automobile kamen querfeld angefahren und auch Branddirektor Jacoby erschien mit einer Abteilung der Berufsfeuerwehr auf dem Landungsplatz, auf dem ein Feldwebel des bayrischen Luftschifferbataillons > den zur Hilfeleistung abkommandierten Olgagrenadieren die notwendigen Weisungen gab. Inzwischen waren auch viele Offiziere auf dem Wasen erschienen und kurz vor der Landung trafen auch Herzog Albrecht mit seinen Kindern, Herzog und Herzogin Robert, Herzog Ulrich, sowie der Herzog von Urach mit Sohn und Tochter dort ein. Um 2 Uhr 20 Min. kreuzte ? III über Eßlingen und als diese Nachricht auf dem Wasen bekannt wurde, richteten sich alle Blicke auf die im strahlendsten Sonnenglanz schimmernden Weinberge zwischen Obertürkheim und Eßlingen. Um ! 2 Uhr 25 Min. brach die auf der König Karls-
BezugSpr.i.d.Ttadtr/ijährl.m.Träger!.Mk. 1.26. PoftbezugSpr. f. d. Orts- u. Nachbarortsverk. V^äyrl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1 .S 0 . Bestellg. in Württ. 30 Pfg., in Bayern u. Reich 42 Pfg
Brücke harrende Menge in jubelnde Hochrufe aus und genau um 2 Uhr 27 Minuten wurde das Luftschiff über den Höhen bei Eßlingen sichtbar. In langsamer Fahrt, ruhig und sicher kam es auf den Ankerplatz zu, über den es in Spiralen niederging und nach Abgabe von Wasserballast um 2 Uhr 45 Min. unter Jubelrufen und Tücherschwenken glatt landete. Nachdem Hr. Dierlamm Oberleutnant Stelling willkommen geheißen hatte, drängte sich die Menge an die Gondel heran, wo Gem.- Rat vr. Mattes den Führer des Luftschiffs im Namen der Stadt mit etwa folgenden Worten begrüßte: Im Namen der Stadt Stuttgart habe er die Ehre, die Herren auf Stuttgarter Boden zu begrüßen und ihnen zu danken, daß sie den stolzen Segler der Lüfte in glücklicher Fahrt hierher gebracht haben. Oft habe man schon Gelegenheit gehabt, das Luftschiff des Grafen Zeppelin über unserer Stadt kreuzen zu sehen. Dieses Luftschiff aber sei das erste, das in Stuttgart lande. Er könne die Herren versichern, daß Alle, die das Luftschiff in ruhigem, sicherem Gang mit mathematischer Genauigkeit und Sicherheit hier haben landen sehen, überzeugt davon seien, einen großen Moment, der allen unvergeßlich sei, erlebt zu haben und das danke man dem Führer. Seien die Systeme auch verschieden, so sei doch das Ziel dasselbe, denn es gelte die Eroberung und Beherrschung des Luftmeers im Dienste der Menschheit. An den Jubelrufen werde man erkannt haben, wit welchen Gefühlen des Dankes und der Freude man sie hier willkommen heiße. Er wünsche ihnen Glück dazu, die Fahrt siegreich und erfolgreich zu beenden und rufe ihnen ein herzliches „Grüß Gott" zu. Oberleutnant Stelling dankte mit wenigen Worten für die herzliche Begrüßung. Dann begrüßten
Im Llosterhof.
Roman von B. v. Lancken.
(Fortsetzung.)
Von dieser Zeit an führte die Herrschaft den schlichten Namen „der Klosterhof", obgleich der eigentliche Wohnsitz, ein mächtiger Bau mit Renaissancefassade, Türmen und einer monumentalen Freitreppe an der Hinterfront, einen hochtönenderen Namen vertragen hätte. Das Schloß lag mitten im Park, die breite Freitreppe führt, von allerlei blühendem Gesträuch umbuscht, zu einer großen Terrasse hinab, aus deren Grün in seltsamem Gegensatz zu dem ehrwürdigen Namen des Besitzes weiße heidnische Götterbilder hervorleuchten, auf der sich buntfarbige Teppichbeete ausbreiten, und reizende Ruheplätze zum Niedersitzen einladen.
Von dieser Terrasse hatte man den schönsten Blick auf den See und die Klosterruine mit dem zierlichen Glockenhaus, in dem noch dieselbe Glocke hing, deren Läuten einst vor Jahrhunderten über den See in die Welt ringsum hinausklang. Sie hatte allen Wechsel überdauert; das Kloster war zerfallen, die Nonnen schliefen unter den eingesunkenen Gräbern des Friedhofes, das Geschlecht der „Kraniche" war fortgezogen und ausgestorben, die Glocke aber schwebte noch immer oben im Glockenhaus und wurde geläutet, wenn in der Familie Krusemark eine Familienfeier stattfand, sei es, daß man ein Kind zur Taufe trug, daß eine junge Herrin einzog, oder daß man einem das Geleit gab aus seinem letzten Gang. So wars bei den Kranichen gewesen und so hatten es die Krusemarks und jetzt die Fernis beibehalten.
Der Familienkreis, in den Inge eintreten sollte, bestand aus Frau v. Ferni, Anna und Armand und der Tante Mathilde, die aber jetzt als allezeit Gütige und Hilfbereite, zur Pflege einer erkrankten Nichte nach Dresden gereist war.
Das Zimmer Inges war durch einen kleinen Salon von dem Annas getrennt. Es war eine Turmstube mit drei Fenstern, von denen man über die im Aehrenschmuck prangenden, in starken Wellenlinien sich hinziehenden Felder eine schöne Fernsicht hatte, unterbrochen durch saftgrüne Wiesen, begrenzt durch den prächtigen Wald, belebt durch die glänzende, schillernde Wasserfläche des Sees. Ein reiches, stilles Landschaftsbild im Glanz der sinkenden Sonne. So sah Inge es zum ersten Mal, als Anna sie gleich nach der Ankunft hinaufführte in ihr kleines Reich.
„Sehen Sie, liebe Inge, hier ist mein Schlafzimmer, unser Salon, Ihr Schlafzimmer; ich hoffe, Sie werden sich bald heimisch fühlen. Ihre Sachen werden gleich heraufgebracht, ich hole Sie dann zum Souper ab, machen Sie sichs noch ein Stündchen bequem."
Sie nickte ihr freundlich zu, und dann war Inge allein. In ihrem schwarzen Trauerkleid, das Hütchen noch auf dem Kopf, stand sie inmitten des behaglichen Raumes, in den die Abendsonne hineinleuchtete, und vor dessen offenen Fenstern die Schwalben zwitscherten. Ein Gefühl unendlichen Verlassenseins überkam sie, ein Gefühl grenzenloser Vereinsamung, eine Niedergeschlagenheit, eine Hoffnungslosigkeit, wie sie sie noch nie in ihrem Leben empfunden. Was war sie denn? Eine Almosenempfängerin, eine aus Barmherzigkeit und Mitleid Aufgenommene, eine, die nirgends in der Welt daheim war. Und was konnte sie tun, um jemals die Dankesschuld abzutragen, die die Güte dieser Frau auf ihre Seele lud — was konnte sie tun? Nichts! —
Nichts! Mit ihrem stolzen Sinn und ihrem stolzen Herzen würde sie nehmen, immer nur nehmen müssen und nie geben dürfen.
Langsam streifte sie die Handschuhe von den Händen, legte das Hütchen ab und sank wie gebrochen in einen der kleinen Lehnsessel am Mittelfenster, ihre Augen füllten sich mit aufsteigenden Tränen, und der Schmerz um die tote Mutter mischte sich mit all den andern jammervollen Empfindungen, die ihr Herz zusammenpreßten. Sie dachte daran, wie