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Amts- und Anzelge-latt für den Gberamtsbezirk Calw.
84. Iahrgkxg.
Erscheinung-tage: Monta Lonnerrtag, Freitag und Iv Psg. pro L«il«
, Dienstag, Mittwoch, amstag, Jnsertionspreis für Stabt u, Bezirksorte; außer Bezirk iS Pig.
Bezuaspr.i.d,TtadtV«jiihrl,m.TrLaeri,Mk. t.2S, Postbezugspr ^l>. Orts- u. Nachbarortsverk. >/^jLhrl. Mk. t/L 0 , imLernverkehr
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, iniSayrrn u. Reich t2 Psg
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8.V. Calw 3. Okt. Nachträglich werden wir von sehr geschätzter Seite darauf aufmerksam gemacht, daß das Hirsauer Feuerwerk zu Ehren des Schwarzwaldvereins am 20. Sept. in seiner ganzen Pracht erst zur Entfaltung gebracht wurde, als der Sonderzug auf der Bergfahrt um den Welzberg herumfuhr. Unserem Bericht in Nr. 222 ds. Bl., der nur von dem Eindruck sprach, den das irrtümlich als Hauptsache angesehene Vorfeuer auf die auf derPforz- heimer Linie Fahrenden machte, tragen wir daher hiemit ergänzend nach, daß, wie Stuttgarter Gäste berichten, die Hirsauer Beleuchtung überaus gelungen gewesen sei und einen prächtigen Anblick gewährt habe. Sie könne und müsse den anderen Illuminationen des betreffenden Abends als ebenbürdig an die Seite gestellt werden. Wie vor 2 Jahren beim Besuch des Schwarzwaldes durch die beiden Häuser des Landtags die Beleuchtung der Klosterruine den ungeteilten Beifall der Besucher gefunden hat, so ist auch diesmal die effektvolle Wirkung nicht ausgeblieben. Wir beglückwünschen die Herren, die sich bereitwilligst bei der Ausführung der Sache beteiligten, zu ihrem großen Erfolg und sprechen Ihnen hiemit den wohlverdienten Dank aus.
«.V. Calw 4. Okt. Wenige Stunden mit blauem Himmel genügen um auch nach kräftigem Regen die Wege in unserem Schwarzwald wieder gut gangbar zu machen. Solches war auch gestern der Fall und es fiel die Tour des hiesigen Schwarzwaldvereins über den Engelsbrander Aussichtsturm/ und Weißenstein nach Pforzheim aufs Beste aus. Wesentlich trug dazu auch noch bei der Reiz der schönen Gegend, die durchwandert wurde und in ihrem herbstlich geschmückten Kleid von den vielen Aussichtsgelegen
heiten aus den denkbar besten Eindruck machte. Nicht minder ist das gute Gelingen auch der fröhlichen Stimmung der 3 V- Dutzend Schwarz- waldvereinler zuzuschreiben, die dank der unermüdlichen Tätigkeit unserer wirklich guten Vereinskapelle fast immer wie eine große Familie zusämmenhielten bis zur glücklichen Heimkehr kurz nach 9 Uhr.
ück. Liebenzell 1. Okt. Sitzung der bürgerlichen Kollegien. In der Gemeinderatssitzung wurde für den am 1. November d. Js. zurücktretenden Stadtpfleger Schönlen ein neuer Gemeinderechner gewählt; es erhielten Stimmen: Gottl. Weil, Kirchenpfleger, 2 Stimmen, Matth. Weik, Gemeinderat, 6 Stimmen, 1 Zettel war unbeschrieben. Als Gerichtsvollzieher wurde einstimmig H. Wurster in Unterreichenbach ernannt. Betreff der Straßenbeleuchtung in der Frühe wurde beschlossen, dieselbe schon vom 15. Oktober ab einzurichten und am 28. Februar wieder einzustellen. In der sich anschließenden gemeinschaftlichen Sitzung der bürgerl. Kollegien drehte es sich in der Hauptsache um Aenderung des vom Oberamt nicht genehmigten Voranschlags Her Stadtpflege. Der Ortsvorsteher gab sich große Mühe, den Kollegien vorzurechnen, daß das viel besprochene Defizit gar nicht so groß sei, wie man anfänglich habe annehmen müssen; man solle jetzt nur einmal den Grundstockabmangel von ca. 1600 decken und die schwebende Schuld von 5700 ^ bei der Darlehenskasse einstweilen auf sich beruhen lassen. Gemeinderat Deker beantragt diesen Vorschlag anzunehmen und damit dem Verlangen des Oberamts zu entsprechen, während Gemeinderat Michel Erklärt, daß ihn die Ausführungen des Ortsvorstehers absnlut nicht genügend belehrt hätten und für ihn die ganze
Finanzlage höchst ungekärt sei, er beantrage auf dem früheren Beschluß der Kollegien einstweilen zu beharren. Der Antrag Michel wurde bei der Durchzählung mit 10 gegen 9 Stimmen angenommen. — Da es sich gezeigt hat, daß in der Wohnung des Ortsarztes größere Reparaturen notwendig sind, so ist die nachträgliche Einstellung von ca. 450 ^ für diesen Zweck in den Voranschlag erforderlich; die Summe wird mit allen gegen eine Stimme bewilligt. — Ein Gesuch des Musikdirigenten Wohlgemut um außerordentliche Bewilligung einer Unterstützung von 150 wurde vom Gemeinderat einstimmig abgelehnt. — Es kam dann noch ein Gesuch der hiesigen Ziegenbesitzer um Bewilligung eines Beitrags zur Zuchtbockhaltung zur Verhandlung; es wurde beschlossen, einen Beitrag zu bewilligen, falls die Ziegenbesitzer sich zu einem Ziegenzuchtverein zusammenschließen.
Herrenberg 2. Okt. Oekonomierat Ruoff in Niederreuthin hat zum großen Bedauern Vieler seine Landtagskandidatur zurückgezogen. Die Kandidatur wurde infolgedessen Stadtschultheiß Haußer hier angetragen, der sie aber ablehnte. Anfangs nächster Woche soll nun eine Versammlung stattfinden, um die endgültige Aufstellung eines neuen Kandidaten zu beschließen.
Stuttgart 2. Okt. Eine große Zentrumsversammlung, in der Reichstagsabg. Erzberger über die Reichsfinanzreform sprach, fand gestern Abend im überfüllten Saal der Brauerei Wulle statt. So groß war der Andrang, daß Hunderte im Garten blieben und vor den geöffneten Türen die Vorgänge im Saal verfolgten. Nachdem Vizepräsident v. Kiene die Versammlung, insbesondere aber den Referenten begrüßt und besonders betont hatte, das Hausrecht unter allen Umständen zu wahren, verteidigte
Das Haus gegenüber.
Kriminal-Roman von E. Koni.
(Fortsetzung.)
Dazu brummte er vor sich hin: „Mich dünkt, die Dame hier Hab' ich noch nie in meinem Leben gesehen."
Er versuchte sich zusammenzuraffen und machte mir eine linkische Verbeugung. Ich verhielt mich regungslos. Der Mensch sah mich mit einem greulichen Lächeln an. Natürlich hätte ich — jetzt sehe ich das ein — freundlich und ruhig bleiben sollen; statt dessen war ich so unvorsichtig, auf sein Anstarren mit einem zornigen Blick zu antworten. Dies machte den Menschen augenscheinlich wütend, denn er sprang mit einem lauten Fluch auf mich los. Ich hatte ihm eine solche Gelenkigkeit nicht zugetraut, und der Angriff traf mich daher völlig unvorbereitet.
Er packte mich am Handgelenk. Ich versuchte, mich von ihm loszumachen, aber er war sehr stark, und ich merkte bald, daß ich ganz hilflos in seiner Gewalt war. Trotzdem wollte ich mich nicht ergeben, sondern fuhr fort, mich zu wehren. O, es war entsetzlich!
Endlich war es mit meiner Widerstandskraft zu Ende. Er hatte mich in eine Ecke gedrängt. Flucht war unmöglich. Ich stand mit dem Rücken gegen die Wand und vor mir die Riesengestalt des greulichen Menschen. Seine Fäuste hielten meine Schultern gepackt, und sein schnapsduftender Atem blies mir ins Gesicht. In wahnsinniger Angst blickte ich um mich. Noch hoffte ich auf Rettung, obwohl eigentlich keine Rettung mehr war. Da fiel mein Auge auf die Hutnadel, die in meinem Hut stak, den ich auf den unmittelbar an meiner Seite befindlichen Tisch geworfen hatte, als sich ein paar Stunden vorher mit Herrn Greywood in meine Wohnung gekommen. nLr: Die Nadel hatte die Form eines Dolches, und vielleicht brachte dies- 'tnwh auf den Gedanken, -sie als Waffe zu be
nutzen. Ich ergriff sie und setzte ihre scharfe Spitze meinem Angreifer auf die Brust. Ich hatte inzwischen bemerkt, daß dieser nicht wahnsinnig, sondern nur betrunken war; darum rief ich, in der Hoffnung, ihn einzuschüchtern: „Lassen Sie mich los! Sonst stech' ich Sie tot!" Ja, das habe ich gesagt — ich muß es zugeben. Aber ich hatte in Wirklichkeit nicht die Absicht, es zu tun. Ich dachte nicht einmal daran, daß ich eine Waffe in der Hand hätte.
Was dann folgte, weiß ich nicht genau. Ob er ausglitt oder ob er so betrunken war, daß er das Gleichgewicht verlor — das vermag ich nicht zu sagen. Soviel ist gewiß: er fiel mit seiner ganzen Schwere gegen mich an. Hätte ich nicht gegen die Wand gelehnt gestanden, er hätte mich zu Boden gerissen. Wohl eine Minute lang war ich wie betäubt. Dann nahm ich alle meine Kraft zusammen und stieß ihn von mir. Er taumelte zurück und fiel plötzlich zu meiner höchsten Ueberraschung, so lang er war, auf den Fußboden.
Ein Röcheln drang aus seiner Kehle — aber ich wußte nicht, was es bedeutete. Und was stak aus seinem Hemd heraus, unmittelbar über dem Herzen? Konnte das meine Hutnadel sein? Ich blickte auf meine Hände hinunter — sie waren leer. Langsam dämmerte mir eine Ahnung von der Wahrheit auf.
Ich glaubte, ich würde wahnsinnig! Ich versuchte, meine Nadel aus seiner Brust herauszuziehen, aber dies gelang mir nur mit größter Anstrengung, und bei dem letzten Versuch brach der Griff ab.
Dann fiel ich in Ohnmacht. Wie lange ich so dalag, weiß ich nicht. Als ich erwachte, eilte ich besinnungslos in mein Schlafzimmer hinauf. Nur fort aus dem Zimmer, worin der Tote lag. Oben schloß ich mich ein und versuchte, über meine Lage nachzudenken. Aber ich konnte es nicht. In dumpfer Betäubung kauerte ich hinter meiner verschlossenen Tür und horchte auf jedes Geräusch im Hause. Mehrere Mal kam es mir vor, wie wenn jemand mit leisen Schritten die Treppe hinaufschliche.
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