^§ 230 .

Amtr- und Anzeigeblatt sSr den Gberamkbezirk Calw.

84. Iahrgsrg

Arschemungütage: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und TamStag. JnsertionSpreis ' S Bsg. pro Zetir für Stadt u.B-zirkSorte; außer Bezirk 12 Psg.

Samstag, den 2. Oktober 1909.

BezugSpr.t.b. Stabt'Mhrl.m.Drägeri.Mk. 1.2s, PostbezugSpr, s.d. Orts- u. Nachbarortsverk. '/.iährl. Mk. 1,20, im Fernverkehr Mk. 1.S0. Beftellg, in Württ. so Psg., in Bayern u. Reich 12 Psg-

Tsaessesikkrite«

* Calw 1. Okt. Das Oberamt Calw zählte früher 21, mit Monakam 22 evangelische Pfarrorte und 20 Filialgemeinden. Besonders große Kirchspiele trifft man auf der Waldseite. So hat z. B. Zwerenberg 5 und Altburg 4 Filialen. In den letzten Jahren haben sich die Filialgemeinden etwas verringert und mit Recht, denn die einzelnen Kirchspiele waren für die Kraft eines einzigen Geistlichen zu groß und bei den zum Teil sehr weiten Entfernungen mußte der Kirchenbesuch namentlich im Winter notleiden. Wie nun früher Teinach von Zavel- stein losgelöst und zu einer ständigen Pfarrei erhoben wurde, so ist nun auch, wie unlängst in diesem Blatt berichtet wurde, Würzbach von Alt­burg getrennt und zur eigenen Pfarrei erhoben worden; auch Holzbronn wurde eine ständige Pfarrverweserei. Wie man hört, sollen in Zu­kunft noch weitere Filialgemeinden zu Pfarreien gemacht werden. In Aussicht genommen ist die Abtrennung von Unterhaugstett von Möttlingen und Vereinigung mit Monakam zu einer Pfarrei. Die Zahl der Pfarreien wird" demnach eine kleine Erhöhung erfahren. In Würzbach wurde ein Meues, schönes Pfarrhaus erbaut und ebenso im /vorigen Jahr in Neuhengstett. Auffallend ist, daß diese Pfarrhäuser eine überaus stattliche Größe erhalten haben. Es finden zwar teilweise in denselben auch die Räumlichkeiten für Ge­meindeabende u. s. w. Aufnahme, aber immerhin vermißt man eine gewisse Sparsamkeit. In Neu­hengstett macht das Pfarrhaus einen weit im­posanteren Eindruck als das bescheidene Kirchlein.

Calw 2. Okt. Gestern abend hat sich der 41 Jahre alte Fabrikarbeiter Wilh. He in old in seiner Wohnung in der unteren Lederstraße

erschossen. Heinold arbeitete vor mehreren Jahren in der Deckenfabrik und trat seinerzeit mit anderen Arbeitern in den Ausstand. Seit­dem hatte er verschiedene Stellungen inne und wie man hört, soll er sich in einer derselben der Untreue schuldig gemacht haben.

Stuttgart 29. Sept. Für die Aus­stellung von Erfindungen, die, wie be­kannt von Anfang nächsten Jahres an von der Zentralstelle für Gewerbe und Handel in dem neuen Ausstellungsgebäude auf dem früher Müllerschen Anwesen gegenüber dem Landes­gewerbemuseum veranstaltet wird, sind, wie wir von der Ausstellungsleitung erfahren, von 800 Anmeldern Erfindungen zur Ausstellung zur Verfügung gestellt worden, eine Reihe dieser Anmelder wollen sich mit bis zu 6 Erfindungen beteiligen. Die Ausstellung trägt insofern inter­nationalen Charakter, als auch Ausländer, die deutsche Schutzrechte auf Erfindungen besitzen, daran teilnehmen können und es sind tatsächlich eine Reihe Anmeldungen aus dem Ausland, ins­besondere aus Oesterreich eingelaufen. Der Zweck, den die Zentralstelle mit dieser Ausstellung verfolgt, ist richtig erkannt worden; das geht daraus hervor, daß kein Versuch gemacht wurde, allgemein bekannte und schon auf dem Markt befindliche Fabrikate vorzuführen, es haben vielmehr hauptsächlich kleine Leute ihre Erfindungen, die bis jetzt noch der Verwertung harren, angemeldet. Zu diesem Erfolg hat wesentlich beigetragen, daß die deutschen Patentanwälte für die Mitarbeit an dem Unternehmen gewonnen wurden und daß es weiter gelungen ist, die Handels- und Gewerbe­kammern dafür zu interessieren. Von diesen Seiten ist die nötige Aufklärung gegeben worden. Welche Gebiete die Anmeldungen betreffen, läßt sich zur Zeit im einzelnen noch nicht sagen, da

der Prüfungsausschuß erst in nächster Woche zusammentreten wird, um das ganze eingegangene Material durchzus ehenund diej enigen Anmeldungen, die ausstellungsfähig sind, von denen, die sich für die Ausstellung nicht qualifizieren, zu scheiden. Diese Prüfung dürfte einige Wochen in Anspruch nehmen.

Stuttgart 1. Okt. (Strafkammer.) Ein Vorfall, der sich am 18. März am Hellen Mittag in der Königsstraße zwischen dem Notar Calw er und dem Rechtsanwalt Eßlinger II abspielte, beschäftigte die erste Strafkammer. Notar Calwer war der öffentlichen und tätlichen Beleidigung angeklagt. Die Ursache ist folgende: Im März erstattete Rechtsanwalt Eßlinger im Auftrag eines Teilhabers der Baggerei-Gesellschaft Hedelfingen an das Amtsgericht eine Disziplinar- anzeige gegen Notar Calwer, indem er darauf hin­wies, daß Calwer sich im Auftrag seiner Mandanten zu Geschäftsmanipulationen hergebe, die den guten Sitten widersprechen. In der Anzeige erörterte Rechtsanwalt Eßlinger des näheren einen Fall, den er als einen besonders schmutzigen bezeichnete. In der Anzeige wurde Notar Calwer vorgeworfen, er habe im Aufträge des Geschäfts­führers der in Schwierigkeiten stehenden Baggerei- Gesellschaft und eines Hypothekengläubigers einen unsauberen Vertrag angefertigt. Damach wären zwei andere Gesellschafter mit ihren Einlagen völlig durchgefallen, wenn die Rechte aus dem Vertrag geltend gemacht worden wären. Als dem Notar die Anzeige zur Aeußerung übergeben wurde, schrieb er an den Rechtsanwalt einen beleidigenden Brief und als er diesen am andern Tag nach­mittags halb 1 Uhr in seinen offenen Hausgang in der Königsstraße hineingehen sah, lief er ihm nach und riefgemeiner Feigling" hinter ihm her. Als der Rechtsanwalt sich umdrehte, kam

Das Haus gegenüber,

Kriminal-Roman von E. Kent.

(Fortsetzung.)

Du vergibst mir also?"

! Er küßte ihr die Hand und flüsterte ihr ins Ohr:

Aber, Liebling, wie verhält sich's mit deiner Scheidung?"

O, darüber hat Papa mich schon vor einer Woche beruhigt! Er war auf einer Reise unterwegs, und seine Briefschaften waren ihm nicht nachgeschickt worden. Darum hatte er natürlich auf alle meine vielen Briefe und Telegramme nicht geantwortet. Er schrieb mir, meine Scheidung sei völlig in Ordnung auf diesen Grund hin kannst du mich also nicht loswerden, Larrie!"

18. Kapitel.

Das Atkinssche Paar hatte sich entfernt, und Merritt und ich waren wieder allein.

Wahrhaftig!" rief ich aus.Die Aufklärung des Geheimnisses scheint in weiterer Ferne zu sein denn je!"

Es sollte Ihnen doch genügen, daß ihre Freundin, Frau Atkins, von der Last des Verdachtes befreit ist."

Darüber bin ich herzlich froh. Aber wer kann der Täter sein?"

Der Detektive zuckte die Achseln.

Wissen Sie's denn nicht?" fragte ich.

Ich habe keine Ahnung," antwortete er.

Aber wie ist es denn mit derTäterin", von der Sie so viel schon sprachen?"

Na, lieber Doktor die Wahrheit zu gestehen: dieser Fall ist einer von denen, die über meine Kräfte gehen. Sehen Sie mal, gegen

keine einzige von den Beteiligten liegt genügend Verdacht vor, um sie auch nur eine Stunde lang daraufhin in Haft behalten zu können! Frau Atkins kannte den Mann und hatte ein Motiv, ihn zu töten; aber sie hatte kein Versteck in ihrer Wohnung, und sie hat keine Schritte getan, um den Schlüssel in ihren Besitz zu bringen. Gegen Argot liegt ein starker Verdacht vor. Er ist bis zum Wahnsinn eifersüchtig gewesen, auch ehe noch sein Wahnsinn ausbrach. Andererseits aber wäre es ihm unmöglich gewesen, ohne die Beihilfe seiner Frau den Leichnam zu verstecken. Und ich möchte daraus schwören, daß Madame Argot von dem Verbrechen nichts weiß und niemals etwas gewußt hat sie müßte denn eine geradezu phänomenale Komödiantin und Lügnerin sein."

Das ist sie sicherlich nicht."

So bleibt also nur noch Fräulein Derwent. Sie konnte sich mit leichter Mühe in den Besitz des Schlüssels setzen; sie hätte auch die Leiche verbergen können. Aber es ist absolut nicht der geringste Umstand vor­handen, durch den eine Verbindung zwischen ihr und dem Ermordeten her­gestellt werden könnte. Trotzdem war ich von Anfang an der Ueber- zeugung, sie müsse etwas von der Sache wissen müsse mehr wissen als wir anderen alle. Und darum sprach ich sie gestern an und erzählte ihr, daß wir Frau Atkins als des Mordes verdächtig verfolgten. Ich tat das, gerade weil ich von der Unschuld der kleinen Frau überzeugt war, denn ich traute Fräulein Derwent nicht zu, daß sie eine Unschuldige im Gefängnis schmachten lassen würde, wenn sie die Wahrheit wußte. Ich erwartete bestimmt, heute morgen einen Brief von ihr zu erhalten. Dieser Brief ist nicht gekommen. Ich hatte mich also in meinen Annahmen geirrt, und wenn Fräulein Derwent Mitwisserin eines Geheimnisses ist was ich immer noch bestimmt glaube, so hat dieses jedenfalls mit dem Rosemere-Mord nichts zu tun."

Davon bin ich stets überzeugt gewesen."

Aber es bleibt doch die Tatsache, daß ein Mensch erstochen worden