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Amts- Md AnzeigMatt für den Gberamtsbezirk Calw.
84. Jahrgang
SrscheinungStage: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag. JnssrtionSpreis 'S Big. pro Zelle für Stadtu. Seztrksorte; außer Bezirk tg Psg.
Donnerstag, den 2. September 1909
Vezugspr.i.d. GtadtV^ährl.m. Trägerl. Mk. 1 . 25 . PostSezugSpr. f. d. Orts- u. Nachbarortsverk. r/^jährl. Mk. 1.20, im Fernverkeh r Mk. 1.80. Bestellg. in Württ. 30 Psg., in Bayern u. Reich 42 Pfg.
Eine Erinnerung an die Schlacht bei Sedan.
Wie ein furchtbarer Donnerschlag machte Anfang September 1870 ein nur wenige Zeilen enthaltendes Telegramm des Königs vom Kriegsschauplätze, aufgegcben am 2. September ^-2 Uhr nachmittags vor Sedan, die Welt erzittern: „Die Kapitulation, wodurch die ganze Armee in Sedan kriegsgefangen, ist soeben mit dem General Wimpffen geschlossen, der an Stelle des verwundeten Marschall Mac Mahon das Kommando führte. Der Kaiser (Napoleon) hat nur sich selbst mir ergeben, da er das Kommando nicht führt und alles der Regentschaft in Paris überläßt. — Welch eine Wendung durch Gottes Führung." Ein erschütterndes Stück Weltgeschichte, schwerwiegender als die Bedeutung eines jahrhundertelangen Ganges ruhiger Entwicklung, ist in diesen wenigen, nicht von tönenden Worten und Ueberhehung des Siegers erfüllten, sondern des Allmächtigen gütige Hand schlicht anerkennenden Sätzen enthalten. Die stolze, sieggewohnte französische Armee unter dem berühmtesten ihrer Generale geschlagen und kriegsgefangen und der Kaiser Napoleon sich dem erlauchten Sohne der edlen Königin Luise, die sein Vorfahr im Jahre 1807 bei Tilsit tödlich beleidigt hatte, nun im Jahr 1870 auf Gnade und Ungnade ergebend! — das war etwas so Ungeheures, daß man es in der ganzen Welt im ersten Augenblick nicht recht zu fassen vermochte. So war denn auch in allen deutschen Gauen und überall, soweit die deutsche Zunge klingt, der erste Eindruck dieser Nachricht ein starres, wortloses, Staunen, das dann in unermeßlichen Jubel überging.
Mit einigen Worten sei in ihren Hauptumrissen der Ereignisse gedacht, welche dem Ruhmestage von Sedan vorangingen. Nach den großen Schlachten bei Metz war die französische Armee des Marschalls Bazaine in dieser Festung durch die vom Prinzen Friedrich Karl befehligte Heeresabteilung eingeschlossen, während Marschall Mac Mahon nach der Niederlage von Wörth auf Chalons zurückeilte. Hier erwartete man eine weitere Entscheidung, doch die Geschicke gestalteten sich anders. Man fand das Lager dort leer und niedergebrannt. Mac Mahon war am 22. Aug. von dort abmarschiert; wohin er sich gewendet hatte, ob nach Paris zum unmittelbaren Schutze der Hauptstadt oder nach einer anderen Richtung, blieb zunächst ungewiß. Durch die vorauseilende Kavallerie wurde aber der Schleier bald gelüftet. Sie stellte fest, daß er in nordöstlicher Richtung abgerückt war, offenbar um von Norden her nahe der belgischen Grenze auf Metz vorzustoßen und den Entsatz der dort umklammerten Bazainischen Armee zu bewirken.
General von Moltke entwarf hierauf den vom Könige genehmigten Plan, sofort mit der III. Armee, die unter dem Befehl des Preußischen Kronprinzen stand, rechts, das heißt nach Norden, abzumarschieren und die unter Führung des Kronprinzen von Sachsen neugebildete Maasarmee ebenfalls in der Richtung anzusetzen. Es galt nach den großzügigen Absichten unseres berühmten Heerführers, nicht nur den Marschall Mac Mahon von Metz abzuwehren, sondern ihn von Paris endgültig abzuschneiden und ihn gegen
die belgische Grenze zu drängen, wo dann ein Entscheidungskampf auf Tod und Leben bevor- stand. Verlief er für die französischen Waffen unglücklich, dann war des Marschalls Schicksal besiegelt: entweder mußte sein Heer auf das neutrale belgische Gebiet übertreten, oder es mußte sich ergeben, in beiden Fällen war es für Frankreich verloren. Feldmarschall Moltke sagt in seiner Geschichte des Krieges von 1870/71, man habe im Felde vielfach nur mit Wahrscheinlichkeiten zu rechnen, und das Wahrscheinliche sei meist, daß der Gegner die richtigste, das heißt für ihn günstigste Maßregel ergreift. Als eine solche sei es aber nicht anzusehen gewesen, wenn das französische Heer Paris entblößte; der Zug nach Norden erschien befremdlich, selbst etwas abenteuerlich. Und tatsächlich hat er sich als ein Abenteuer von der für den Kaiser Napoleon und seine Herrschaft verderblichsten Folgen erwiesen.
In den letzten Tagen des August war die zur Entscheidung erforderliche Vereinigung der deutschen Streitkräste durchzeführt; ihr folgte ° eine Reihe der glänzendsten Kämpfe mit dem bekannten Enderfolge von Sedan: am 29. Aug. das Gefecht bei Nouart, am 30. die Schlacht bei Beaumont, die mit einer völligen Ueber- raschung der mit einer Mittagsmahlzeit beschäftigten Franzosen begann und endlich das heiße Ringen um Sedan am 1. September. Trotz dichten Nebels begann der Kampf schon am frühen Morgen bei Bazeilles, wo die Bayern ein äußerst heftiges Gefecht zu bestehen hatten und Haus für Haus erobern mußten; auf der ganzen Linie entspann sich ein gewaltiges Artilleriefeuer, unter dessen Schutz die Infanterie, deren Vorgehen durch Waldstücke und tief eingeschnittene Schluchten erschwert wurde, allmählich vordrang und den Ring um den Feind von Stunde zu Stunde enger zog, bis dessen Kraft nach heldenmütigem Widerstande erlahmte. In regellosen, von den deutschen Granaten begleiteten Haufen drängten die Franzosen von allen Seiten nach Sedan hin zusammen, bald stiegen Feuersäulen aus der Stadt auf, bis etwa um st-5 Uhr nachmittags weiße Fahnen auf den Türmen sichtbar wurden und der Kampf erlosch.
Der glänzende Sieg hatte den Deutschen 460 Offiziere und 8500 Mann gekostet, der Verlust der Franzosen betrug das Doppelte, etwa 17 000 Mann. Außerdem fielen schon während des Kampfes 21000 und durch die Kapitulation 83000 Mann in Gefangenschaft, etwa 3000 Mann waren auf belgischem Gebiet entwaffnet worden. Zwei Armeekorps mußten die Bewachung und Begleitung dieser Massen auf dem Transport nach der deutschen Grenze übernehmen. Unter dem stürmischen Jubel der Truppen begab sich der König am späten Abend vom Schlachtfelds in sein Hauptquartier Vendresse, wo er im Kreise seiner Mitarbeiter den denkwürdigen Trinkspruch ausbrachte: „Wir müssen heute aus Dankbarkeit auf das Wohl meiner braven Armee trinken. Sie, Kriegsminister von Roon, haben unser Schwert geschärft; Sie, General von Moltke, haben es geleitet, und Sie, Graf Bismarck, haben seit Jahren durch die Leitung der Politik Preußen auf seinen jetzigen Höhepunkt gebracht. Lassen Sie uns
also auf das Wohl der Armee, der drei von mir Genannten und jedes einzelnen unter den Anwesenden trinken, der nach /einen Kräften zu den bisherigen Erfolgen beigetragen hat." 2io.
Tagesrrerügrette».
Stuttgart 1. Sept. Auf dem Fangelsbachfriedhof fand heute abend wie in früheren Jahren eine Totenfeier an den Gräbern der dort beerdigten Krieger statt. Unter dem feierlichen Geläute sämtlicher Kirchenglocken setzte sich um 8 Uhr der Zug vom Vorplatz aus nach dem mit Pflanzen geschmückten Kriegerdenkmal in Bewegung. Voraus schritt die Stadtgarde, dann folgten Mitglieder der bürgerlichen Kollegien, das Präsidium des Württbg. Kriegerbundes, die Veteranen- und Militärvereine mit umflorten Fahnen, Kriegsminister v. Marcktaler mit dem Stadtkommandanten, aktive und inaktive Generale und zahlreiche Offiziere aller Waffengattungen. Der Krieger- und Sängerbund »Herzogin Wera" eröffnete die Feier mit dem Lied „Ueber den Sternen", worauf Stadtpfarrer Stockmayer die Gedächtnisrede hielt. Sodann wurden namens der Stadtverwaltung und der militärischen Vereine Groß-Stuttgarts Kränze niedergelegt. Mit dem Lied „Auferstehen, ja auferstehen", schloß die ernste Feier.
Stuttgart 1. Sept. (Schöffengericht.) Am22.Juninachtsnach1lUhrstießeninderKönigs- straße zwei hintereinander fahrende Straßenbahnwagen zusammen. Der Zusammenstoß erfolgte, als der erste Wagen in die Poststraße einbiegen wollte und wurde dadurch herbeigeführt, daß der Führer des Hinteren Wagens den vorgeschriebenen Abstand von 50 Metern nicht einhielt. Durch den Anprall wurde ein auf einem Anhängewagen stehender Fahrgast in das Wageninnere geschleudert und erhielt unbedeutende Quetschungen. Die Wagen wurden leicht beschädigt. Der Wagenführer Christ hatte sich nun vor dem Schöffengericht wegen Transportgefährdung zu verantworten. Das Urteil gegen ihn lautet auf 10 ^ Geldstrafe.
S t ut tg a rt 31. Aug. (VomMüller- verband für Württemberg und Hohenzollern.) Am 30. August ds. Js. fand im Saale des Stadtgartens hier eine Versammlung der im Handwerkskammerbezirk Stuttgart wohnenden Verbandsmitglieder statt. Der Sektionsvorsitzende Landtagsabgeordneter G. Hahn- Waiblingen eröffnete die Versammlung. Nachdem über die Vorberatungen der verschiedenen gewerblichen Verbände betreffend die bevorstehenden Wahlen zur Stuttgarter Handwerkskammer berichtet worden war, wurde von der Versammlung einstimmig Tapeziermeister Theodor Fischer-Stuttgart, Vorsitzender des württembergischen Landesverbands der Tapeziermeister, als Mitglied der Handwerkskammer gewählt. Hierauf nahm der Verbandsvorsitzende I. Blank-Kanzach, das Wort, um die Stellungnahme des Müllerverbands zu dem „Hansabund" zu kennzeichnen. Auf der Gründungsversammlung in Berlin habe der Großmühlendirektor Artmann-Ludwigshafen unter dem großen Beifall der ganzen Versammlung die Bestrebung des Müllergewerbes um Erhaltung