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Schloß Mainau 31. Aug. Heute mittag kurz nach 12 Uhr traf der Dampfer „Kaiserin Elisabeth" mit dem Kaiser von Oestreich an Bord hier ein. Der Kaiser, in östreichischer Generalsuniform mit dem Bande des badischen Hausordens der Treue, wurde vom Groß- herzog, der die Uniform seines östreichischen Regiments mit dem Bande des Stefansordens trug, sowie von der Großherzogin, dem Prinzen und der Prinzessin Max begrüßt. Der Kaiser und die großherzoglichen Herrschaften begaben sich ins Schloß, wo ein Imbiß eingenommen wurde. Der Besuch trug einen familiären Charakter. Um 1 Uhr erfolgte nach herzlicher Verabschiedung der beiden Monarchen die Weiterfahrt des Dampfers „Kaiserin Elisabeth" nach Friedrichshafen. Das Publikum brachte herzliche Ovationen dar. Im Gefolge des Großherzogs befand sich u. a. der badische Minister des Auswärtigen Frhr. v. Marschall.
Wien 31. Aug. Dem am Samstag in einem Eilzug von Wien nach Krakau fahrenden polnischen Rittergutsbesitzer Korowski wurden, da er während der Fahrt Zeichen des Irrsinns zeigte, zwei Eisenbahnbeamte zur Bewachung beigegeben. Plötzlich zog Korowski einen Revolver und tötete einen Beamten durch einen Schuß ins Herz. Als der andere ihn entwaffnen wollte, sprang er aus dem fahrenden Zug, der Wächter ihm nach. Es entspann sich ein langer Kampf bis es schließlich gelang, den Irrsinnigen zu fesseln.
London 31. Aug. Der gestern in Plymouth aus New-Doik eingetroffene Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd, „Kaiser Wilhelm der Große" stieß 3 Tage nach seiner Abfahrt mit einem schlafenden Walfisch zusammen, der verwundet wurde und ungeheure Anstrengungen machte, sich zu befreien. Da er zu fest am Schiffe saß, verfiel man darauf, den Dampfer mit voller Kraft rückwärts gehen zu lassen, wodurch nunmehr der inzwischen verendete Walfisch loskam und der Dampfer seine Fahrt fortsetzen konnte.
2 m aus der Fahrt von Gerlin.
Bülzig 31. Aug. Ob die durchgeschlagene Ballonzelle an 2 111 durch eine neue ersetzt werden wird, ist noch nicht bestimmt. An dem Stumpf des abgeschlagenen Propellers erkennt man noch genau die Ursache des ersten Unfalles. Das Propeller-Lager ist vollständig aus Aluminium gearbeitet. Auch das Kugellager und der Lagerdeckel sind aus dem gleichen Metall gearbeitet. Die beiden Verschraubungen sitzen jetzt noch fest daran, dagegen ist der mittlere Teil des Lager
deckels glatt herausgeschlagen. Es ist der Beweis dafür, daß das Aluminium bei derartigen Propellern den Anforderungen nicht genügt. Der Unfall von gestern früh dürfte auf die gleichen Gründe zurückzuführen sein. Beim Fortfliegen des herausgerissenen Propellers, das diesmal nach innen erfolgte, ist das Gerüst des Luftschiffes sowohl an den Seitenträgern wie an den Quer-Verbänden verletzt worden.
Landungsplatz des 2 111 bei Bülzig 31. Aug. Das Wetter war heute nachmittag den Ausbesserungsarbeiten außerordentlich ungünstig. Das Luftschiff war fortwährend heftigen Regenböen ausgesetzt. Der Wind schlug zeitweise in Sturm um. Die Windstärke betrug durchschnittlich 15 Sekundenmeter. Die Wittenberger Mannschaften hatten beim Halten, namentlich der Hinteren Gondel, außerordentlich schweren Stand. Sie wurden oftmals sekundenlang in die Luft gehoben. Der gestrige Tag hatte ihnen jedoch, wie die heutigen Schwierigkeiten zeigten, eine gute Vorbildung gegeben und so gelang es ihnen ein Aufschlagen der Gondel auf den Erdboden zu verhindern. Die Leiterwagen-Verankerung der vorderen Gondel hat sich bewährt. Die Aluminiumspitze, an der der Anker hängt, ist durch Ausstößen beschädigt und deshalb durch eine Versteifung aus Birkenstämmen noch verstärkt worden. Die inneren Ausbesserungsarbeiten an dem Gerüst sind vollendet. Es müssen außer den kleineren Arbeiten an der äußeren Hülle nur noch das Vorgelege und die Propeller angebracht zu werden, eine Arbeit, die ; bei günstigem Wetter in kürzester Frist geschehen kann. Das Luftschiff wird aus der Rückfahrt also hinten mit Zweiflügel-Propellern und Stahlbandantrieb, vorn mit den Dreiflügel-Propellern des 2II und Zahnradantrieb ausgerüstet sein. Die Wetteraussichten für die Nacht und für morgen vormittag sind ungünstig, da nach amtlichen Wetterberichten Windverstärkung bevorsteht. Morgen nachmittag soll der Wind abflauen. Man hofft deshalb, dann oder im Laufe des Abends die Heimreise antreten zu können. Damit die Arbeiten auch in der Nacht keine Unterbrechung erleiden, werden Scheinwerfer aus Wittenberg herbeigeschafft werden. Gegen Abend erfreute die Kapelle des 20. Jnf.-Rgts. die Monteure und die Bewachungsmannschaften des Luftschiffs mit einem Konzert auf der Landungsstelle.
Friedrichshafen 31. Aua. Laut Mitteilung der Zeppelin'schen Lustschiffbaugesellschaft ist die letzte Sendung Hilfsmannschasten mit Material heute früh 7 Uhr auf dem Landungsplätze eingetroffen. Das Luftschiff wird nach einer aus Bülzig hier eingetroffenen Aeußerung des dort weilenden Direktors Colsmann voraussicht
lich heute abend flugbereit sein und man rechnet hier mit seiner Rückkehr in der Nacht von Mittwoch zum Donnerstag. Infolgedessen wird wahrscheinlich eine Absage des Besuches von Bundesrats und Reichstags nicht notwendig werden. Die Entscheidung darüber fällt aber erst im Laufe des heutigen Vormittags.
Friedrichshafen 31. Aug. Die neue Kraftübertragung am 2 111 durch Stahlbänder hat sich wie schon bei früheren Versuchen am 2 II nicht bewährt und dürfte erst nach eingehenden Proben wieder in Betracht kommen. Desgleichen haben sich auch die zweiflügligen Propeller nicht bewährt, wenn sie auch mit ihrem 3 in-Durchmesser und 1400 Umdrehungen in der Minute leistungsfähiger sind als die drei- flügligen Propeller, die nur einen m Durchmesser haben und 1000 Umdrehungen in der Minute machen. Man wird in Bülzig wieder die alte bewährte Kraftübertragung mit Transmission und Schneckenwellen anbringen, ebenso die dreiflügligen Propeller.
Friedrichshafen 31. Aug. Laut Mitteilung der Luftschiffbaugesellschast wird die Reparatur des 2 lll im Laufe dieser Nacht beendet sein, und das Luftschiff am frühen Morgen seine Rückfahrt antreten. Da aber keine bestimmte Sicherheit besteht, daß das Luftschiff bis zum 3. September sich wieder in fahrbereitem Zustande in Friedrichshafen befindet, sind die Mitglieder des Bundesrats gebeten worden, ihren Besuch auf den folgenden Tag zu verlegen und gleichzeitig mit den Mitgliedern des Reichstags die Zeppelin'schen Anlagen zu besichtigen, wobei freilich zu berücksichtigen ist, daß angesichts der letzten Zwischenfälle mit den neuen Propellern auch für den Termin des 4. September heute noch keine unbedingte Garantie geleistetwerden kann.
Berlin 31. Aug. Veranlaßt durch die Havarie des Luftschiffes 2 111 ist die für den 3. Sept. in Aussicht genommene Besichtigung des Luftschiffes durch Mitglieder des Bundesrats und der obersten Reichsbehörden auf Sonnabend, den 4. Sept., verlegt worden und findet nunmehr zusammen mit der Besichtigung durch die Mitglieder des Reichstages statt. Für den Bundesrat wird ein eigenes Dampfboot vorhanden und abends ein Essen in Lindau sein.
Stuttgart 31. Aug., abends 9 Uhr. Wie die Luftschiffbaugesellschast in Friedrichshafen dem „Südd. Corr.-Bur." mitteilt, ist das Lufschiff 2 111 wieder vollkommen ausgebessert und liegt flugbereit auf der Landungsstelle. Die Abfahrtszeit sei jedoch angesichts der ungünstigen Witterungsverhältnisse noch nicht genau bestimmt.
die Straße. Niemand war zu sehen außer dem dicken Mann, und dieser war inzwischen nach der anderen Seite der Straße hinübergegangen und trollte gemächlich seines Weges. Er befand sich jetzt beinahe genau meinem Haus gegenüber, so daß ich ihn näher betrachten konnte; nach einer einer scharfen Musterung kam ich jedoch zum Schluß, cs sei im höchsten Grade unwahrscheinlich, daß dieser dicke Mann der Mensch wäre, den ich so schnell hatte laufen hören.
Aber wer war denn dies gewesen?
Ich fürchtete beinahe, die Mordgeschichte hätte auch meine Nerven in Unordnung gebracht. Jedenfalls beschloß ich, die Fenster zuzumachen und die Vorhänge herunterzulassen, was ich sonst bei heißem Wetter niemals getan hatte. Aber ich wünschte nicht, daß mir der Mensch mit dem weißen Gesicht unvermutet auf den Hals käme, besonders, solange sich Madame Argot in meiner Wohnung befand.
„Nun, wie geht cs?" fragte ich sie, als ich endlich Zeit für sie fand.
„O viel, viel besser, Herr Doktor."
Die Wunde, die ich sofort besichtigte, hatte wirklich sehr schöne Fortschritte in der Heilung gemacht.
„Herr Doktor", begann sie, während ich die wunde Stelle auswusch, „ist nicht mein Mann heute morgen hier gewesen?"
„Jawohl."
„Und was sagte er?"
„Ach, das kann ich Ihnen nicht gut wiedersagen. Es würde Ihnen auch nicht angenehm sein, glaube ich, wenn ich ihm alles erzählte, was Sie mir über ihn gesagt haben."
„Nein, aber mit mir ist es etwas anderes. Ich weiß, er sagte von mir, ich sei eine schlechte Frau. Das weiß ich, jawohl, das weiß ich längst!"
„Gott bewahre — davon hat er gar nichts gesagt. Und wenn Sie nicht ein bißchen ruhiger sitzen, so werde ich wahrhaftig mit meiner Arbeit niemals fertig werden können."
„O Verzeihung! Ich will auch ganz artig sein!"
„Ach, was mir einfällt — war nicht Herr Merritt heute bei Ihnen?"
„Ah, Sie meinen den Herrn, der dabei war, als ich die Leiche an- sehen mußte?"
„Ja."
„Er ist einer von den Ersten bei der Polizei, nicht wahr?"
„Na, zu den Allerersten gehört er nicht gerade", antwortete ich lächelnd; „aber er leistet der Polizei sehr wichtige Dienste."
„Wichtige Dienste. Hm, ja. Aber was wollte er von meinem Manne? Wissen Sie's vielleicht? Ich kann mir's nicht erklären, und mein Mann kann sich's auch nicht erklären."
„Dann hat er also nicht mit Ihrem Manne gesprochen?"
„Nein. Argot war nicht zu Hause."
„Hm, na, ich glaube, Herr Merritt sucht nach einem Hut, worin die Anfangsbuchstaben U. stecken; er wollte Ihren Mann fragen, ob er vielleicht zufällig diesen Hut gefunden habe."
Sie fuhr von ihrem Stuhl auf und rief:
„Ah, par sxewplk-, oui! Jawohl, das hat er!"
„Ihr Mann hat solch einen Hut gefunden?"
„Ja, ja. Ich sagte es Ihnen ja schon! Er machte mir eine Szene wegen dieses Hutes", rief sie ärgerlich.
„Aber warum denn? Welche Ursache hatte er denn, eine Szene zu machen?"
„O", antwortete sie mit einem koketten Zurückwerfen ihres Kopfes, obwohl ihre Stimme immer noch ärgerlich klang, „er sagt, der Hut gehöre meinem Liebhaber!"
„So? Haben Sie denn einen Liebhaber, dessen Namen mit den Buchstaben .4. U. anfangen?"
„Ich. habe überhaupt keinen Liebhaber, Herr Doktor! Aber ich habe einen Vetter, besten Namen mit diesen Buchstaben beginnen!"
„Ich verstehe. Aber wie kam denn Ihr Mann zu diesem Hut?"
„Das weiß ich nicht. Eines Abends kam Argot nach Hause" . . . .
„An was für einem Abend?" unterbrach ich sie.
„Am Dienstag voriger Woche" . . . (Forts, folgt.)