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auf dem Papier stehen, Sand in die Augen zu streuen. Wer also sein Geld lieb hat, tut gut, auf die Reklame der Lübecker Firma und der zahlreichen anderen ähnlichen Volksbeglücker nicht einzugehen.

hörigen Ballons nach Frankfurt, wo sie sich auf der Jla an den internationalen Wettfahrten Ende des Monats beteiligen.

Stuttgart 20. Aug. Dieser Tage wur­den, als der aus der Schweiz kommende V-Zug MailandBerlin im hiesigen Hauptbahnhof ein­lief, zwei Saccharinschmuggler, gebürtige Böhmen, gefaßt und verhaftet. Sie hatten in Zürich die Schmuggelware, die in unauffällige Cartons verpackt war und ungefähr drei Zentner wog, in dem Aufenthaltsraum des Gepäckschaffners zu verstecken gewußt, was erst nach dem Pas­sieren der Zollgrenze auf dem Wege hierher ent­deckt wurde. Als sie hier die Cartons wieder an sich nehmen wollten, erfolgte ihre Entdeckung.

Aus Hohenheim wird demSchwäb. Merkur" vom 19. August geschrieben: Die Be­wohner der östlichen Villa wurden gestern Abend in freudigste Aufregung versetzt. Um 6 Uhr lockte eine herrliche Abcndbeleuchtung die ganze Familie auf den Balkon, wo die Albaussicht in seltener Pracht erstrahlte. Plötzlich gewahrte man im Osten, gerade über Denkendorf, hinter dem sonst flaches Hügelland den Horizont begrenzt, mit einem Male grüne Matten und Berge und darüber, direkt unter einer bleigrauen Regen­wolke zeigten sich zwei hohe zackige Zinken, deren helleuchtende Gletscher sich deutlich vom schwarz­braunen Gestein abhoben; eine Fata Morgana (Luftspiegelung) in einzigartiger Pracht! Drei Minuten später, und die Regenwolke senkte sich wie ein ausgefranzter Vorhang herab, um die ganze Herrlichkeit auf Nimmerwiedersehen zu verhüllen. Der Luftlinie nach müssen es Zinnen aus den Salzkammer-Alpen gewesen sein, die so unverhofft in unser Schwabenland hereingeschaut haben.

Alpirsbach 20. Aug. Gestern abend vor acht Uhr ist in dem Gasthof zum Löwen (Post) hier, Feuer ausgebrochen, dem das Anwesen im Laufe weniger Stunden vollständig zum Opfer siel. Pferde und Vieh konnte ge­rettet werden, die Fahrnis dagegen ist größten­teils verbrannt. Den Anstrengungen der Feuer­wehr gelang es, zumal da Windstille herrschte, den Brand auf seinem Herd zu beschränken und die gefährdeten Nachbarhäuser zu retten. Als Ursache wird Brandstiftung angenommen.

Friedrichshafen 20. Aug. Gestern ist aus Brunnen, wo sie zur Zeit verweilt, die Königinwitwe Marghuerita von Italien

im Automobil hier eingetrosten, um die Zep- pelin'schen Anlagen zu besichtigen. Sie wurden ihr von dem Dr. ing. Grafen Zeppelin jun. und Direktor Colsmann gezeigt.

Friedrichshafen 20. Aug. S. M. der Kaiser sandte dem Grafen Zeppelin eine außerordentlich freundlich gehaltene Depesche, worin er ihm mit Rücksicht auf seine Rekonvales­zenz in liebenswürdigster Weise den Vorschlag machte, mit der kaiserlichen Familie zusammen die Ankunft des Luftschiffes in Berlin zu er­warten. Graf Zeppelin dankte in seiner Ant­wort für den huldvollen Beweis der kaiserlichen Fürsorge um ihn und bat, die Einladung ablehnen zu dürfen, da die kurze Luftfahrt von Bitterfeld nach Berlin für ihn eher eine Erholung be­deuten würde.

Vom Lande 20. Aug. Vor einem neuen Los schwinde! muß gewarnt werden. In dieses Gebiet gehört sein von demBankgeschäft" Heinrich C. Ohlert in Lübeck veröffentlichter Prospekt, der offenbar massenweise verbreitet werden soll. Hiernach werdenstaatlich garantierte Losobligationen, die an allen Börsenplätzen offiziell gehandelt werden und deren Spiel gesetzlich überall gestattet sei", angeboten. lim welche Lose es sich handelt, wird überhaupt nicht gesagt. Aber frühere Vorfälle lassen es als nicht zweifel­haft erscheinen, daß es sich um den Verkauf von Türkenlosen handelt. Es sollen nurganze Lose" gegen Kasse oder auf Kredit verkauft werden, auf ein ganzes Originallos soll der übliche Reichs­bankzins sowie eine neue Provision für Spesen und Verwaltung mit monatlich nur ca. A.10 ^ berechnet werden. Damit wird das Publikum grob übervorteilt. Für die Lose, die jetzt zu dem Kurse von 144.80 ^ in der Börse käuflich sind, fordert dieseVerwaltung" nur für die Spielchance eines einzigen Jahres und für Ver­waltungsspesen 37.20 Der eigentliche Preis der Lose ist gar nicht angegeben, dafür aber diese Summe von 3.10 so stark durch Fett­druck hervorgehoben, so dicht unter den Haupt­gewinn von 600 000 gesetzt, daß der flüchtige Leser den Eindruck gewinnen muß, er könnte für 3.10.>//einen erheblicken Treffer erzielen. Schon wiederholr sind solche Warnungen von der Presse und von amtlichen Stellen ergangen, das Publikum ! schenkt ihnen aber zu seinem eigenen Sckaden nickt ; die nötige Beachtung. GeschickteUnternehmer"

! wissen zudem Laien mit Scheintreffern, die nur

. gewesen allerdings, das gebe ich zu, eine sehr schmerzlicke Pflicht,

' Fräulein Derwent gestern verhaften zu lassen."

Aber warum denn nur?"

Weil alle Beweise gegen sie zeugen, und weil mein Glaube an ihre Unschuld lediglich auf einem instinktiven Gefühl beruht. Instinktives Gefühl aber ist ein unsolider Grund, worauf man nicht bauen kann."

Aber was zeugte denn gegen sie als die Aussage eines Neger­jungen, der der Meinung war, der Ermordete sehe Herrn Maurice Greywood ähnlich!"

Ah! Sie geben also zu, daß ihr Besucher Herr Greywoch war?"

Ja, dessen bin ich sogar ganz sicher. Aber was folgt denn daraus? Ich bin fest überzeugt, er ist gar nicht ermordet worden."

Aber warum sind Sie davon überzeugt?" fragte der Detektive. Nun hören Sie einmal folgende Schlußfolgerungen: Der Leichnam wird von zwei Personen als der des Malers Maurice Greywood festgestellt. Greywood verschwindet ungefähr um dieselbe Zeit, da das Verbrechen begangen wird. Wir wissen, daß der Leichnam vierundzwanzig Stunden lang irgendwo im Rosemere-Hotel versteckt gehalten sein muß. Wo hätte man ihn leichter verstecken können als in der Derwentschen Wohnung, die kein Dienstbote und kein Besucher betrat? Ferner waren zwei Personen nötig, um die Leiche auch nur eine kurze Strecke zu tragen; da aber die junge Dame nicht allein war, sondern die von Ihnen beobachteten Personen, einen Herrn und eine Dame, bei sich in der Wohnung hatte, so ist diese Schwierigkeit aufgeklärt. Aus allen diesen Umständen ziehe ich den Schluß, daß die Derwentsche Wohnung der Schauplatz des Verbrechens war."

Aber warum hätte denn Greywood ermordet werden sollen?" rief ich aus.Was für ein Beweggrund konnte hierzu vorliegen?"

Nun, Beweggründe lassen sich leicht genug auffinden, wenngleich ich nicht behaupten will, darunter den richtigen getroffen zu haben. Was sagen Sie zum Beispiel zu der folgenden Annahme: Fräulein Derwent weiß, daß ihr Bruder jeden Tag in die Lage kommen kann, einen Zufluchtsort nötig zu haben, und hat ihm darum den Schlüssel zu ihrer Hintertür gegeben. Sie kommt nach New-Dork, trifft Greywood, speist mit ihm zusammen und ladet ihn ein, den Abend bei ihr zu verbringen. Während dieses Besuches geraten sie in einen heftigen Streit, in dessen Verlauf plötzlich der junge Derwent auf der Bildfläche erscheint. Nehmen wir zugleich an, daß er betrunken ist. Er findet seine Schwester allein

Pforzheim 20. Aug. In der Schneider­werkstätte eines hiesigen Konfektionsgeschäfts stritten sich gestern zwei Schneidergesellen im Scherz. Dabei hielt der eine dem andern einen Revolver vors Gesicht und drückte die, wie er glaubte, nicht geladene Waffe ab. Eiw Sck entlud sich aber und die Kugel drang dem Schneidergesellen namens Hildcnbrand in den Kopf. Der Verletzte wurde ins Spital gebracht, doch dürfte er mit dem Leben davon kommen.

Aus Baden 20. Aug. Eine gewiß seltene Feier fand in Bräunlingen nach dem Nachmittagsgottesdienst statt. Wurden doch von vier Familien hier je ein Kind (zwei Mädchen und zwei Knaben) zur Taufe getragen. Das interessanteste daran ist, daß die gleichen vier Familien voriges Jahr anfangs September an einem Sonntag zusammen das gleiche Fest ge­feiert haben, indem sie je ein Kind zur Taufe tragen ließen, nur hatten diesmal diejenigen, die voriges Jahr Mädchen hatten, diesmal Knaben und die, die Knaben hatten, dieses Jahr Mädchen.

Metz 20. Aug. Soldaten des in Bitsch garnisonierenden Infanterie- Regiments 143 fanden auf dem dortigen Uebungsplatz eine Granate. Beim unvorsichtigen Hantieren mit dem Geschoß explodierte dieses plötzlich, wodurch vier Soldaten schwer verwundet wurden.

Frankfurt a. M. 20. Aug. Wie nun­mehr festgestellt ist, sind bei dem gestrigen Unglück am Main 6 Mädchen ertrunken. Rur 2 Mädchen konnten gerettet werden. Es waren etwa k>0 Mädchen im Alter von 10 Jahren, die von der Lehrerin Steits von der Mathildenschule in Ostenbach aus einem Spaziergange am Main begriffen waren. Die Ursache des Unglücks ist: darauf zurückzuführen, daß badende Knaben den Hebel der Klappe an der Schleusentrommel: auszogen, wodurch das aufgcstaute Wasser mit. großer Heftigkeit durch die Floßrinne strömte. Das Unglück wäre noch größer geworden, wenn nicht einige der Mädchen, welche den im Wasser sich Tummelnden zusahen, viele ihrer Mit­schülerinnen erfaßt und ans Lund gezogen hätten.

mit einem Mann an, den er nicht kennt. Sie streitet sich mit diesem Mann. Instinktiv fühlt er das Bedürfnis, als ihr Beschützer aufzutrcten. Sein Blick fällt auf eine Waffe, die zufällig das können wir ruhig, mal annehmen auf dem Tische liegt. Er ergreift sie, taumelt in seinem trunkenen Zorn auf Greywood zu und stößt sie diesem, ins Herz. In welcher entsetzlichen Lage sieht sich jetzt das Mädchen! Natürlich ist sie gezwungen, ihren Bruder zu schützen. Sie ersinnt also einen Plan, um den Verdacht von ihm abzulenken, und dieser Plan würde auch gelungen sein, wenn nicht auf eine ganz unbegreifliche Weise das Schicksal dazwischen getreten wäre. Wie Sie sich erinnern werden, wurde festgestellt, daß sie im Laufe des Mittwochs sehr viele Ausgänge gemacht hat. Bei einer dieser Gelegenheiten gelingt es ihr, den Schlüssel der leeren Wohnung abzuziehen, ein zweites Exemplar davon anfertige» zu kaffen und ihn wieder an Ort und Stelle zu bringen, ohne daß sei» Fehlen bemerkt wird. Hierauf warten Bruder und Schwester bis zu des Morgenstunden; dann erst wagen sie es, die Leiche zu entfernen. Sie tragen sie an den Ort, wo sie nachher aufgefunden wurde. Unglücklicherweise aber schloffen sie den Leichnam ein und erleichterten dadurch ihre Entdeckung. Denn nun war die Zahl der Verdächtigen aus drei beschränkt nämlich auf jene drei Personen, die den Schlüssel, wenn auch nur auf ganz kurze Zeit, in ihrem Besitz gehabt haben konnten. Als sie in ihre Wohnung zurück­kommen, entdecken sie, daß sie einen sehr wichtigen Gegenstand verloren haben. Der junge Mann sucht lange und eifrig nach diesem Gegenstand. Er findet ihn nicht" . . .

Woher wissen Sie, daß er ihn nicht fand?" unterbrach ich den Detektive.

Weil ich ihn fand!" rief dieser mit einem Ausdruck des Triumphes.

Ah! Und was war es für ein Gegenstand?"

Der Griff oder genauer gesprochen: der obere Teil der Todeswaffe."

Und Sie fanden ihn? Wo denn?"

Er war in die Beinkleider des Ermordeten hinabgerutscht und hatte sich in die Falten seines Hemdes geschoben."

Dann muß der Gegenstand also sehr klein sein."

Klein ist er. Sehen Sie selber."

Und der Detektive legte einen etwa anderthalb Zoll langen, mit Juwelen besetzten Dolchgriff vor mir auf den Tisch.

(Fortsetzung folgt.)