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Das Mädchen erklärte, auch die beiden Männer wieder zu erkennen, falls sie ihr vorgeführt würden. Hierauf wurden nun die 12 Verhaf­teten vorgeführt und sie erkannte den stellenlosen Jgedinski und den entsprungenen Fürsorge­zögling Steiner als die Betreffenden. Steiner gestand, daß er mit noch 3 anderen die Tat verübt habe. (St. Mpst.)

Berlin 14. Aug. Die Insassen des Ballons Tschudi betrachten sich, wie aus hierher gelangten brieflichen Mitteilungen her­vorgeht, als Gefangene. Aus einer an die Gattin des Herrn Meßter eingegangenen Ansichts­karte heißt es: Wir sind russische Militär-Ge­fangene, auf einer anderen, wir sind Polizei­gefangene, dürfen aber im Ort frei umher gehen.

Berlin 14. Aug. Kriegsminister General von Heeringen ist in Wilhelmshöhe ein­getroffen und heute Vormittag vom Kaiser emp­fangen worden.

Berlin 14. Aug. In das Rudolf- Virchow - Krankenhaus ist unter choleraver- düchtigen Erscheinungen ein in der Bossestraße 9 wohnendes Mädchen ausgenommen worden. Wenn es auch nach der Sachlage nicht wahr­scheinlich ist, daß es sich um Cholera handelt, so sind doch bereits Ermittelungen im Gange und die nötigen Vorsichtsmaßregeln getroffen worden, bis die bakteriologische Untersuchung Gewißheit über den Charakter der Krankheit gibt.

Holtenau 15. Aug. Der im Kaiser Wilhelm-Kanal gesunkene belgische Dampfer Salomures" ist heute früh von der Kanal- venvaltung gehoben und aus dem Kanalprosil entfernt worden. Die Passage durch den Kanal ist nunmehr für alle Schiffe wieder völlig unbehindert.

Norderney 15. Aug. Mehr als 400 Männer und Frauen aus Wilhelmshafen und Umgegend sind heute mittag kurz nach 12 Uhr hier eingetroffen, um dem Fürsten Bülow zu huldigen. Sie marschierten mit Musik vom Hafen nach der Wohnung des Fürsten. Der Fürst empfing eine Deputation, geführt von dem Rektor Mühlhoff, der eine Ansprache hielt und mit einem Hoch auf den Fürsten schloß. Fürst Bülow erwiderte mit Dankesworten und schloß mit einem Hoch auf den Kaiser.

Paris 15. Aug. Wie die Morgenblätter aus Cherbourg melden, sind dort etwa 50 See­leute unter Vergiftungserscheinungen erkrankt. Die Mahlzeit der Mannschaften be­stand mittags aus gesalzenen Fischen, die in der Stadt gekauft worden waren und abends aus konserviertem Fleisch, das die Marine-Verwaltung geliefert hatte.

Paris 15. Aug. »Ii« kettt karisien*

schreibt: Voraussichtlich wird das internationale Geschwader am Dienstag in einer Stärke von 8 Schiffen vor Kreta vollständig sein. Es wird, wenn bis dahin die Kreter den Forderungen der Mächte nicht nachgegeben haben, zu energischen Maßnahmen greifen. Am Dienstag werden wenigstens gegen 1000 Mann Landungstruppen zur Verfügung stehen. Wenn die Truppen ge­landet werden, wird man auf den Status guo zurückgreifen, wie er vor dem 27. Juli be­standen hat.

Paris 14. Aug. Die Regierung von Kreta hat demissioniert, weil sie die griechischen Fahnen aus eigener Verfügung nicht niederholen lassen kann. Die Regierung will aber bis zum Erscheinen der Truppen der Schutz­mächte die Ordnung aufrecht erhalten. Die Landung der Truppen zur Niederholung der Fahnen auf Kreta soll noch heute erfolgen.

Paris 15. Aug. DieLiberts" hat die hiesige türkische Botschaft über den griechisch- türkischen Konflikt befragt nnd folgende Erklärungen erhalten: Wir kennen genau den Text der türkischen Note nicht. Wir wissen nur, daß sie in energischen Ausdrücken gefaßt worden ist und daß sie von Griechenland formelle Ver­sicherungen bezüglich seiner zukünftigen Haltung Kreta gegenüber fordert. Man wird nicht ab­leugnen können, daß wir stets großes Entgegen­kommen gezeigt haben, aber wir sind an der äußersten Grenze der Konzessionen angelangt. Die Ansicht, welche Hilmi Pascha vor 14 Tagen ausgesprochen hat, besteht noch heute unverändert. Die Türkei wird niemals erlauben, daß Griechen­land seine Hand auf Kreta legt. Lieber wird die Türkei zu den Waffen greifen. Als wir am Tage nach der Erlangung unserer Freiheit in die Abtretung Bosniens und der Herzegowina an Oesterreich einwilligten und die Unabhängig­keit Bulgariens anerkennen mußten, befanden wir uns in einer Zwangslage. Wir hatten damals vollständig mit unseren eigenen Angelegenheiten zu tun. Heute aber liegen die Verhältnisse anders. Wir haben vor einigen Jahren Kreta Europa in Verwahrung gegeben. Jetzt verlangen wir unser Depot von den Schutzmächten zurück und das ist recht und billig. Mit dieser Forderung steht unsere Regierung nicht allein, sondern hat das ganze türkische Volk hinter sich. Freilich erscheint die Lage ziemlich ernst. Hoffentlich aber führen die Ereignisse nicht zu einem Krieg und hoffentlich läßt Europa Gerechtigkeit wider­fahren unseren Forderungen, die gerecht sind.

Stockholm 14. Aug. Die Zufuhr von Lebensmitteln ist andauernd zufriedenstellend. Die städtischen und staatlichen Betriebe funktio­nieren gut. Der Straßenbahnverkehr ist am

Tage lebhaft. Für den Streik der Eisenbahner für den die Entscheidung am Montag fällt, sind nach wie vor keine Aussichten auf Erfolg vor­handen. Die Zeitungen erscheinen regelmäßig, können aber in Stockholm nicht bestellt werden. Bis jetzt ist die Ruhe nicht gestört worden, ob­gleich jeden Abend größere Versammlungen vor den Straßenbahndepots Vorkommen.

Konstantinopel 14. Aug. Die neue türkische Note an Griechenland ist gestern mittag 12 Uhr in Athen überreicht worden. Sie hat, wie gemeldet wird, die Form eines Ultimatums. Man glaubt jedoch, daß Griechen­land völlig befriedigende Erklärungen geben wird.

Konstantinopel 15. Aug. Wie aus Saloniki gemeldet wird, ist der Sekretär des griechischen Konsulats in Feres, namens Coussts, von einem Unbekannten ermordet worden.

Tokio 15. Aug. Am Freitag nachmittag wurde ein starkes Erdbeben in den Distrikten des Biwasees verspürt. In Kyoto und Osaka sind viele Häuser eingestürzt und verschiedene Unglücksfälle zu verzeichnen. Mehrere Züge mußten angehalten werden. In Tokio selbst verspürte man den Stoß nur leicht.

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Ich habe entdeckt aber es ist wohl bester, wenn ich mit dem Anfang anfange und Dir so genau und ausführlich wie nur möglich erzähle, auf welche Weise die nachstehend mitgeteilten Tatsachen zu meiner Kenntnis kamen. Du wirst dann ihren Wert bester zu beurteilen ver­mögen. Die Wahrheit ist eben doch kein unbewegliches, unempfindliches Marmor-Götterbild, sondern geradezu ein Chamäleon, das im Nu die Farbe seiner Umgebung annimmt. Ein aus dem Zusammenhang gerissener Satz z. B. kann hundert verschiedene Bedeutungen haben je nach dem Wann, Wo und Wie. Aber genug der Entschuldigungen gut 8'«-x6U8e, s'aoeuse.

Also:

Ich verbrachte den Morgen auf unserer Gartenterrafse. Wie ich nun so dalag und auf die schwachen Klänge der altvertrauten Choräle horchte, die aus der Ferne durch die offenen Fenster unserer Dorfkirche zu mir herüberdrangen da mußte ich unwillkürlich denken, wie schlecht diese friedevollen Töne zu meinen trüben und zerstreuten Gedanken paßten. Ich sehnte mich danach, mit May zu sprechen, um mir ein eigenes Urteil über die Lage bilden zu können. Ich war daher sehr erfreut, als ich nach dem Gottesdienst Frau Derwent durch unsere Gartenpforte eintreten sah. Sie spricht oftmals nach der Kirche vor, um ein paar Minuten mit meiner Mutter zu plaudern. Bald aber merkte ich, daß sie bei diesem Besuch eigentlich nur die Absicht hatte, mit mir zu sprechen. Warum? das vermochte ich nicht zu erraten. Die für gewöhnlich so ruhige und würde­volle liebe Dame war ganz aufgeregt und vergaß ein paarmal geradezu mitten im Satz, was sie hatte sagen wollen, sah mich ein paar Minuten lang mit ihren großen Augen schweigend an, bis sie plötzlich meine Ver­legenheit bemerkte, mit einer gewaltsamen Willensanstrengung sich zusammen­nahm und das Gespräch auf ein neues Thema brachte. Zuletzt fühlte meine Mutter, daß ihre Gegenwart unserer Besucherin unerwünscht war; sie entschuldigte sich daher unter irgend einem Vorwand und ging ins Haus. Aber selbst dann sprach Frau Derwent noch nicht sofort, sondern

saß schweigend da, indem sie in nervöser Aufregung ihre langen schmale« Hände schloß und wieder öffnete.

Fred," sagte sie zuletzt,ich habe Sie gekannt, seitdem Sie ein kleiner Junge waren; und da ich in großer Unruhe bin, so komme ich zu Ihnen, in der Hoffnung, daß Sie mir helfen können."

Liebe Frau Derwent Sie wissen, es gibt nichts, was ich nicht für Sie und ihr Haus tun würde", antwortete ich.

Ich möchte mit Ihnen über May sprechen; ich fürchte, sie ist wirklich sehr krank."

O! Das tut mir aufrichtig leid. Was fehlt ihr denn?"

Das weiß ich nicht., Seit einiger Zeit schon ist sie ganz verändert."

Ich habe davon gehört. Wissen Sie einen Grund für ihr Leiden ?"

Sie ist nicht eigentlich krank gewesen; sie ist nur anders als für gewöhnlich. Aber ja ich fürchte, ich weiß, warum sie in letzter Zeit sich so verändert hat!"

Ah!"

Ja. Es ist recht unglücklich zugegangen", fuhr sie fort.Sie wissen, wie sehr May im letzten Winter in der Gesellschaft bewundert wurde; sie erhielt mehrere glänzende Anträge, denen ich ohne Ausnahme von Herzen gern meine Beistimmung erteilt hätte. Natürlich habe ich es durchaus nicht eilig mit ihrer Verheiratung; denn wenn mein Kind von mir geht, was bleibt mir dann noch im Leben? Trotzdem lassen solche Erwägungen sich nicht vermeiden, und wenn ihre Wahl auf einen Würdigeren gefallen wäre, so hätte ich mit Freuden meine Einwilligung gegeben. Aber der einzige, für den sie sich dem Anschein nach wärmer interessierte, war ein sehr bedenklicher, junger Mann ein Künstler. ES war jener Maurice Greywood, von dessen mutmaßlicher Ermordung Sie ohne Zweifel im heutigen Morgenblatt gelesen haben."

(Fortsetzung folgt.)