Amts- und Anzeigeblatt für den Gberamkbezirk Calw.

182.

84. Jahrgang

IUUU.Z

kW ^>71

- 2LLrLLL^lM>.r

MW.

LrscheinungStage: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag. Freitag und Gamstag. Jnsertionspreis o Pfg. pro Zelle für Stadtu. Bezirksorte; außer BezirklS Pfg.

Samstag, den 7 . August 1909

Bezugspr.i.d. Stadt^jLhrl.m.Trägerl.Mk. 1.26. Postbezugspr. f. d. Orts- u. Nachbarortsverk. V^jährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.80. Beftellg. in Württ. 30 Vfg., in Bayern u. Reich 42 Bfg.

Amtliche Bekanntmachungen.

Die Schultheitzeuämter

werden veranlaßt, die Satzungen der etwa bestehen­den Ortsviehversicherungs-Vereine binnen vier Tagen als portopflichtige Dienstsache hieher ein­zusenden; auch sind etwaige Beschlüsse der Gemeinde­kollegien über Beiträge aus der Gemeindekasse bei Viehoerlusten vorzulegen.

Fehlanzeigen sind zu erstatten.

, Calw, 6. August 1909.

^ K. Oberamt.

Voelter.

FloWerre betreffend.

Die in unserer Bekanntmachung vom 16. Juli 1909 verfügte Floßsperre wird bis einschließlich L0. August verlängert.

Pforzheim, 5. August 1909.

Großh. Bad. Bezirksamt- Keim.

Tagesnerügkeitev.

ß Bad Liebenzell. Am Mittwoch, den 11. August werden günstige Witterung voraus­gesetzt mit Eintritt der Dunkelheit die König Wilhelm-Anlagen festliche Beleuchtung erhalten und um 9 Uhr wird ein von dem Kgl. Hoffeuer­werker Fischer aus Cleebronn ausgeführtes Kunstfeuerwerk abgebrannt werden. Diese Veranstaltung übt jedes Jahr eine ganz besondere Anziehung aus und so ist auch Heuer wieder zu erwarten, daß der Besuch ein außerordentlich starker sein wird. Mit der Illumination ist ein Konzert der Kurkapelle von 810 Uhr abends verbunden. Die Kurverwaltung wird es an nichts fehlen lassen, diesen Abend zur Glanz­nummer der heurigen Saison zu gestalten.

Herrenberg 6. Aug. Wie das Stadt­schultheißenamt mitteilt, findet die Eröffnung

der Teilstrecke HerrenbergPfäffingen definitiv am 12. August ds. Js. statt, während die kommissarische Uebernahme am 10. ds. Mts. stattfinden wird. Eine offizielle Eröffnungsfeier soll erst mit der Eröffnung der ganzen Strecke HerrenbergTübingen stattfinden. Doch werden, wie der Gäubote hört, die bürgerlichen Kollegien der an- und umliegenden Gemeinden des Bezirks sich mit dem ersten Zug talabwärts begeben und in der Bahnhofrestauration Pfäffiingen zu einer Feier des Tages sich vereinigen.

Stuttgart 6.Juli. Die Zweite Kammer beriet heute zunächst den dringlichen Antrag der Volkspartei betreffend die Verschiebung der Kaisermanöver. Nach längerer Debatte ander sich die Abgg. Augst (Vp ), Dambacher (Z), Schock (B.), Kenngott (Soz.) für den Antrag und die Abgg. Vogt (BK.), Hoffmann (DP ), Keßler (Z), Locher (Z) und Röder (DP) gegen den Antrag auSsprachen, und in deren Verlauf Kriegsminister v. Marchtaler betonte, daß die Verschiebung der Kaisermanöver unmöglich sei und daß ihren Vorteilen viel größere Nachteile gegen­überständen, wurde der Antrag mit 51 gegen 32 Stimmen bei zwei Enthaltungen angenommen. Sodann wurde in der Schlußabstimmung die Volksschulnovelle entsprechend den vom Hause gefaßten Beschlüssen mit 52 gegen 25 Stimmen des Zentrums angenommen. Die Sozialdemokraten stimmten motiviert ab. In der nun folgenden weiteren Beratung der Steuererhöhungen und der Reichsfinanzreform erklärte der Abg. Kraut (BK.) vielfach von der Linken unterbrochen, so daß Präsident v. Payer wiederholt aufs ener­gischste um Ruhe bitten mußte, die Parteien, die die Finanzreform zustande gebracht haben, verdienten den größten Dank. Den Karren stehen zu lassen und davon zu laufen, sei keine Kunst gewesen. Die Reichsfinanzreform werde auch für das Land eine solidere Finanzgebahrung ermöglichen. Nur wer Nachweisen könne, daß er eine bessere Reform zu­stande gebracht hätte, sei zur Kritik berechtigt. Die

Liberalen hätten aber nicht einmal die fertige Idee zu einer Reform gehabt. Durch die Talonsteuer­hinterziehung werde die Steuerwilligkeit dieser Kreise in ein grelles Licht gerückt. Die Konservativen wollten den Block nicht zum Sprungbrett liberaler Ansprüche benutzen lassen. Der Redner befürwortete dann noch die Erneuerung der alten Beziehungen zwischen seiner Partei und der Deutschen Partei. Finanzmintster v. Geßler betonte, das Nichtzustande­kommen der Reichsfinanzreform hätte die unheil­vollsten Folgen auch für das Land gehabt und besprach dann die vorgesehenen Steuererhöhungen. Abgeordneter Gröber (Zentrum) wandte sich in einer mehr als zweistündigen Rede ebenfalls zunächst den Steuererhöhungen zu und vertrat dabei den Standpunkt der KommtsfionSmehrhett. Wäre die Reichsfinanzreform nicht zustande gekommen, so wären 500 Millionen Matrikularb eiträge aufzubringen gewesen, was für Württemberg eine ungeheuerliche Belastung und zwar die Verdoppelung der direkten Steuern zur Folge gehabt hätte. Im stillen Käm­merlein werde die Regierung mit der Reichsfinanz­reform nicht so ganz unzufrieden sein. Der Redner rechtfertigte dann die Haltung des Zentrums. Seine Partei habe stets genügend Steuern bewilligt, sie der Regierung sogar aufdrängen müssen und sei deshalb an dem Ftnanzelend nicht schuld. Spar­samkeit habe sie geübt, selbst auf die Gefahr hin, daß der Reichstag aufgelöst und die Partei als antinational verschrien werde. Sie habe auch stets für die Deckung der notwendigen Ausgaben gesorgt, während der Block sofort mit der Suspendierung der Schuldentilgung begonnen und aus Blockrück­fichten die Finanzreform verschoben habe. An dem Finanzelend des Reiches trage Bülow mit seiner Blockpolitik die Schuld, die nahezu drei Milliarden neue Schulden gebracht habe. Der Redner kritisierte die Haltung der Nationalliberalen und der Volks­partei bei der Reichsfinanzreform und rechtfertigte sodann die neuen Steuern. Aach die Liberalen seien bereit gewesen, den indirekten Steuern zuzu­stimmen. Die Wirkung der neuen Steuern bringe für die Erwerbsstände eine große Entlastung. Die Ausgaben für Heer und Marine kämen durch den

Das Haus gegenüber.

Kriminal-Roman von E. Kent.

(Fortsetzung.)

Ich möchte eigentlich glauben, der Mann weiß etwas, was er nicht sagen will!" rief der Coroner.Na, jetzt haben wir alle hier gehabt bis auf die Arbeiter", fuhr er ermüdet fort, indem er sich den Schweiß von der Stirn wischte.Ich glaube nicht, daß einer von denen was weiß, aber wir werden sie doch wohl hören müssen." Mit diesen Worten ging er an die Tür und winkte sie alle heran.

Sie waren fünf, mit Einschluß des Vorarbeiters, dem Anschein nach lauter ruhige und anständige junge Leute. Nachdem sie den toten Mann mehrere Minuten lang scharf gemustert hatten, erklärten sie übereinstimmend, sie hätten ihn nie in ihrem Leben gesehen.

Hat jemand von Ihnen während der drei Tage, die Sie hier auf Arbeit gewesen sind, irgend einen Menschen gesehen, der den Schlüssel hätte an sich nehmen, ein paar Stunden bei sich behalten und dann wieder an seinen Platz stecken können, ohne daß Sie es zu merkten brauchten?" fragte der Coroner.

Wir haben keine fremden Menschen gesehen", antwortete der Polier vorsichtig.

Wen haben Sie denn sonst gesehen?"

Der Polier war offenbar auf diese Frage vorbereitet, denn er ant­wortete ohne Zögern:

Wir haben alles in allem sechs Personen gesehen: Jim, Joe und Tony, Herrn Macgorry, Fräulein Derwent und den Franzosen.

Wann kam der Franzose zu Ihnen herauf?"

Gestern morgen. Er sagte, er wollte sich die Dekorationen ansehen.

Und ungefähr um drei kam er nochmal. Er blieb aber nicht lange. Ich hatte keine Lust, ihn fortwährend um mich rum zu haben und seine Be­merkungen anzuhören."

Benahm er sich dabei in irgend einer Weise verdächtig?"

Nein, das nicht."

Und Fräulein Derwent? Wann sahen sie diese?"

Ich selber habe sie am Morgen nicht gesehen, aber der da" mit einem Kopfnicken nach einem von den Leuten hinsah sie hinein­gucken, während sie auf den Lift wartete; und am Nachmittag war sie richtig bei uns drinnen."

Sagte sie irgend was?"

Jawohl. Sie sagte, die Malereien und die Tapeten seien ganz reizend."

Was tat Fräulein Derwent, als Sie sie sahen?" fragte der Coroner den ihm vom Polier bezeichneten Mann.

Sie stand auf dem Korridor."

Hatte sie ihre Hand auf dem Türgriff?"

Darauf Hab' ich nicht geachtet."

Sagte die junge Dame irgendwas?"

Als sie merkte, daß ich mich nach ihr umsah, sagte sie bloß:Wie hübsch!" - und damit ging sie."

Hat jemand von Ihnen, seitdem Sie hier auf Arbeit sind, Herrn oder Frau Atkins oder eins von ihren Dienstmädchen gesehen?"

Diese Frage wurde von allen verneint.

Gerade in diesem Augenblick erschien der Polizeiarzt, mit vielen Entschuldigungen wegen seines späten Eintreffens. Ich hatte also keinen Vorwand mehr, noch länger zu bleiben und empfahl mich. Unten in der Halle wimmelte es bereits von Zeitungsreportern, die nach dem oberen Stockwerk zur Leiche hinauf zu gelangen suchten und von dem wütenden