wiesen wird die Wahl des Abg. Kölle (W. Vgg.). Bei der Wahl des Abg. Kleye (ntl.) wird nach längerer Debatte ein Antrag des Abg. Nau­mann-Hofer (Frs. Vgg.) in namentlicher Ab­stimmung mit 181 gegen 146 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen, wonach die Wahl an die Wahlprüfungskommission zurückgewiesen wird. Die Kommission hatte Ungültigkeits­erklärung beantragt. Die Wahl des Abg. Kaphengst (kons.), die die Kommission ebenfalls für ungültig zu erklären beantragt hatte, wird gleichfalls nach kurzer Debatte an die Kommission zurückverwiesen. Als letzter Gegenstand der Tagesordnung folgt die 3. Lesung des Beamtenbesoldungsgesetzes. Staatssekretär Sydow: Mit Zustimmung der verbündeten Regierungen habe ich zu erklären: Der Reichstag hat gestern zur 2. Lesung der Besol­dungsvorlage über die Gehälter der Unterbeamten und Assistenten Anträge angenommen, die über die von der Budgetkommission vorgeschlagenen Gehaltssätze hinausgehen und von den Vertretern der verbündeten Regierungen bereits als unan­nehmbar bezeichnet worden sind. Der Bundesrat hat gestern noch einmal sich mit der Angelegen­heit beschäftigt und beschlossen, dem Besoldungs­gesetz die Zustimmung zu versagen, falls bei der endgültigen Beschlußfassung von dem Reichstag über die von der Kommission festgesetzten und von der Regierung angenommenen Sätze in irgend einem Punkt hinausgegangen werden sollte. Bei einem etwaigen Wiedereinbringen der Vor­lage im nächsten Jahre werden weitere Zugeständ­nisse von der Regierung nicht zu erlangen sein (Unruhe und Zurufe links) wohl aber würde die Rückwirkung der Vorlage bis zum 1. April 1908 darin nicht mehr in Frage kommen. Spahn (Z.): Infolge dieser Erklärung haben wir uns nochmals mit der Frage zu beschäftigen, ob wir an den gestrigen Beschlüssen festhalten können. Wir glauben nicht die Verantwortung für das Scheitern des Gesetzes tragen zu können. Abg. Singer (Soz.): Daß die Mehrheitsparteien Umfallen würden, war klar. Wir werden für die Aufrechterhaltung der Beschlüsse 2. Lesung stimmen. Abg. Lattmann (w. Vgg.): Die Beamten werden doch erkennen, daß es sich auf Seiten der Linken nur um Demagogie handelt. Wir auf der rechten Seite zeigen in dieser Frage Vernunft, die Linke Unvernunft! (Der Redner wird 2 mal zur Ordnung gerufen.) Abg. Wiemer (frs. Vp.): Die Finanzlage des Reiches ist nicht ausschlaggebend. Wir werden nicht Umfallen. Abg. v. Oldenburg (kons.): Bisher war es der Sozialdemokratie Vorbehalten, Deckung zu ver­sagen, oder Anträge zu stellen. Das scheint auf die Linke übergegangen zu sein. Damit schließt die Debatte. Einem Antrag Dröscher (kons.) entsprechend, wird in namentlicher Abstimmung mit 234 gegen 79 Stimmen die Wiederherstellung der gestern geänderten Kommissionsbeschlüsse be­schlossen bei 14 Enthaltungen. Darauf wird en bloo Annahme der Vorlage beschlossen. In namentlicher Gesamtabstimmung wird die Be­soldungsvorlage mit 317 Stimmen angenommen. 13 Abgeordnete haben sich der Abstimmung ent­halten. Zu dem Entwurf beantragen die National­liberalen eine Resolution, in der eine Beamten­reform im Postwesen verlangt wird, durch die es den Beamten ermöglicht wird, in besser dotierte Stellungen aufzurücken. Nach kurzer Debatte,

in der Staatssekretär Krätke um Ablehnung bittet, wird die Resolution abgelehnt. Damit ist die 3. Lesung des Gesetzes erledigt. Präsident Graf Stolberg konstatiert, daß das Haus am Ende der Tagung stehe. Abg. Bassermann (natl.) dankt dem Präsidenten namens des Hauses für seine Geschäftsführung, darauf verliest Staats­sekretär v. Bethmann-Hollweg eine aller­höchste Botschaft, wonach der Reichstag geschlossen wird. Präsident Graf Stolberg schließt dann die Sitzung mit einem 3fachenKaiserhoch. DieSozial- demokraten hatten inzwischen den Saal verlassen.

Berlin 13. Juli. Der Abgeordnete Bass ermann hatte gestern abend die na- tio^alliberale Fraktion des Reichs­te zu einem kleinen Abschiedsessen in den Ausstellungshallen am Lehrter Bahnhof ein­geladen. Zugleich waren eine Anzahl der Partei nahestehender Vertreterder Presse gebeten worden. Der Abgeordnete Bassermann hob in seiner Be­grüßung hervor, daß die nationalliberale Fraktion einig in den Kampf um die Reichsfinanzreform gegangen sei und ihn durchgeführt habe, obwohl sie viele Freunde dabei verloren habe. Mit besonderer Anerkennung gedachte er des Reichs­kanzlers Fürsten Bülow, der den dankenswerten Versuch gemacht habe, den Liberalen einen Platz an der Sonne zu verschaffen. Prinz Schönaich- Carolath leerte sein Glas auf den Führer der nationalliberalen Reichstagsfraktion, der in seiner Entschlußkraft und in seinem conzilianten Wesen die ganze Fraktion hinter sich gehabt habe. Mit einem Hoch des Abgeordneten Bassermann auf das deutsche Vaterland, das begeistert aus­genommen wurde, schloß die Feier.

Berlin 13. Juli. Wie dasBerliner Tageblatt" hört, hat Frau v. Bethmann- Hollweg heute vormittag in Begleitung der Fürstin Bülow und mehrerer Herren die Räume des Reichskanzlerspalais eingehend be­sichtigt. Die Fürstin und der Hausinspektor, der die Führung unternommen hatte, geleiteten Frau v. Bethmann-Hollweg auch zu den Diener­wohnungen und den Ställen. Frau v. Bethmann- Hollweg schien sich für die Verteilung der Räume und die Einrichtung des Reichskanzlerpalais lebhaft zu interessieren.

Abschied von seinen Mitarbeitern. Beim Reichskanzler Fürsten Bülow fand am Samstag ein Diner statt, zu dem Staatssekretär v. Schön, die Unterstaatssekretäre v. Löbell, v. Conrad und Dr. Günther, sowie die Herren des auswärtigen Amtes Einladungen erhalten hatten. Im Verlauf des Mahles er­hob sich Staatssekretär v. Schön zu einer An­sprache an den Fürsten Bülow und seine Ge­mahlin, in der er dem fürstlichen Paar dafür dankte, daß es seinen Gästen die Ehre erwiesen habe, noch ein letztes Mal in diesem so gastlichen Hause seine gütige Gastfreundschaft zu genießen. Der Staatssekretär schloß mit der Versicherung warmer Dankbarkeit und mit herzlichen Wünschen für das fürstliche Paar. Als das Hoch ver­klungen war, antwortete Fürst Bülow, er habe die Herren gebeten, sich noch einmal um seinen Tisch zu versammeln, weil es ihm ein Bedürfnis sei, ihnen bei seinem Scheiden aus dem aller­höchsten Dienst persönlich zu danken für die treue und treffliche Unterstützung, die er während seiner

Amtsführung bei ihnen gefunden habe. Er bat die Anwesenden, ihm ein freundliches Andenken zu bewahren und sagte ihnen Lebewohl mit dem Wunsche und der Zuversicht, daß das Auswärtige Amt, den Blick gerichtet auf die mahnende Ge­stalt des größten deutschen Mannes, des ersten deutschen Reichskanzlers, der ihm seinen Stempel aufgedrückt habe, stets auf dem Posten bleiben werde für Deutschlands Interessen, für die Ehre und die Wohlfahrt des Volkes, für Kaiser und Reich.

B erlin 13. Juli. DerMilitärballon 2 I wurde nach einem Privattelegramm aus Metz gestern gefüllt und soll heute oder morgen je nach Lage der Witterung in Gegenwart des Generalinspekteurs der Verkehrstruppen, Frhr. v. Lyncker, der heute in Metz eintrifft, einen Aufstieg unternehmen. In der letzten BMHe wurde festgestellt, daß der Ballon weder durch die unfreiwillige Landung noch durch den Auf­enthalt in Mittelbiberach noch auch durch die Ueberführung nach Metz irgend welche Be­schädigung erlitten hat. Er liegt zur Zeit wohl­geborgen in seiner Halle auf der Insel Frescaty.

Innsbruck 13. Juli. Die andauernden Regengüsse verursachten im Zillertal große Verheerungen. Der angeschwollene Altbach riß eine Brücke weg, zerstörte die erst im Vorjahr errichteten Schutzbauten und überschwemmte Wiesen und Felder.

Salzburg 13. Juli. Der Millionär und Weingroßhändler Ignaz Weickl stürzte sich heute nach einem heftigen Kampf mit seinem Diener vom Balkon seines Hauses auf die Straße, wo er mit zerschmetterten Gliedern tot liegen blieb. Der Un­glückliche dürfte die Tat im Irrsinn begangen haben.

Bern 13. Juli. Am Sonntag ist zwischen Kandersteg und Adelboden der englische Kurgast Percy Shannon aus London abgestürzt. Hilfe kam infolge des dichten Nebels, des Neuschnees und der drohenden Lawinengefahr zu spät. Der Bruder Shannons hielt trotz des furchtbaren Wetters 14 Stunden lang die Wacht bei dem Toten. Er konnte sich in dieser Zeit nicht einmal setzen, da jede Bewegung gefährlich werden konnte.

Davos 13. Juli. Das Andermatt und andere bekannte Winterkurorte melden Schneesportwetter im Hochsommer. Inden Voralpen schneit es bis herab zu 1400 Meter Höhe. Auf dem Säntis liegt der Schnee 2 Meter hoch. Seit Menschengedenken haben um diese Zeit nie solche Schneemassen gelegen.

New-Aork 13. Juli. Ein 20jähriger amerikanischer Aeronaut namens Coodale überquerte gestern mit seinem Lenkballon den Hudson in einer Höhe von 1500 Fuß und kehrte dann nach einem 10 Meilen langen Fluge nach seinem Aufstiegsplatz in New-Jersey zurück. Der Flug erregt in der Stadt großes Aufsehen.

"" Reklameteil.

Gegen Brechdurchfall und Darmkatarrh

schützt man Säuglinge am besten, wenn man sie mit Kufeke" und Milch ernährt. Beides zusammen wird im Magen gut verdaut und geht im Darm weniger leicht wie Kuhmilch allein zur Gärung über. Kufeke" verleiht der Milch einen höheren Nähr­wert, wird von allen Kindern gern genommen und ermöglicht einen rationellen Uebergang zur festen Nahrung.

Amtliche und Privatanzeigen.

Zwangsversteigerung.

Im Wege der Zwangsvollstreckung sollen die auf Markung Deckenpfronn belegenen, im Grundbuch von Deckenpfronn, Heft 405 Abteilung I Nr. 1, 3, 4, 5, zur Zeit der Eintragung des Versteige- rungsvermerkes auf den Namen des Philipp Adam Lehrer, Tag- löhners in Deckenpfronn und seiner Ehefrau Anna Maria, geb. Lutz, je zur Hälfte auf Grund landrechtl. Errungenschaftsgesellschaft eingetragenen Grund­stücke:

gcmeinderätl. Anschlag:

Geb. Nr. 174 31 qm Wohnhaus,

19 Hofraum,

50 qm außen im Dorf. 1000

Parz. Nr. 2300/2 1 a 26 qm Land aufm Brühl. 40

4907/1 11 32 Acker im Forst. 60

5889 1016 Acker,

_ 33 Oede,

10 a 49 qm auf dem Lehen. 80 ^

am Freitag, den 16. Jrrtt 1SVS, vormittags S Uhr,

auf dem Rathaus in Deckenpfronn versteigert werden.

Der Versteigerungsvermerk ist am 16. April 1909 in das Grundbuch eingetragen.

Es ergeht die Aufforderung, Rechte, soweit sie zur Zeil der Eintragung des Versteigeruugsvermerkes aus dem Grundbuch nicht ersichtlich waren, spätesten» im Versteigerungstermine vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten an» umelden und. wenn der Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen, widrigen- alls sie bei oer Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt und b«t der Verteilung des Versteigerungserlöses dem Ansprüche des Gläubigers mck den übrigen Rechten nachgesetzt werden.

Diejenigen, welche ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht Heck«, werden aufgefordert, vor der Erteilung des Zuschlags die Aufhebung oder einstweilige Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls fm da» Recht der Vcrstcigerungserlvs an die Stelle des versteigerten Gegenstände» tritt.

Stammheim, den 25. Mai 1909.

Komuüfsiir

Bezirksnotar.-H.-A. Ehrmann.